BT-Drucksache 17/1465

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/983 - Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates

Vom 21. April 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1465
17. Wahlperiode 21. 04. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/983 –

Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates

A. Problem

Im Rahmen der Föderalismusreform II ist zur Vermeidung von Haushaltsnot-
lagen der Stabilitätsrat eingerichtet worden, der die Haushalte des Bundes und
der Länder fortlaufend überwachen wird. Um Aufgabenüberschneidungen und
parallele Strukturen zu vermeiden, soll der Finanzplanungsrat daher abgeschafft
werden.

Mit Blick auf die Aufgaben des Stabilitätsrates bleiben einige der bisherigen
Aufgaben des Finanzplanungsrates auch weiterhin unerlässlich. Zur Koordinie-
rung der Haushalts- und Finanzplanungen der Gebietskörperschaften sind die
Beratungen über deren volks- und finanzwirtschaftliche Grundannahmen fort-
zuführen. Darüber hinaus soll die Erörterung der Fortschrittsberichte „Aufbau
Ost“ sowie der Stellungnahme der Bundesregierung dazu beizubehalten werden.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf sieht vor, den Finanzplanungsrat abzuschaffen und seine
fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat zu übertragen.

Im Ausschuss sind zudem Änderungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
und des Zukunftsinvestitionsgesetzes angenommen worden.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen
Unveränderte Annahme oder Ablehnung des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht keine Kosten vor.

Drucksache 17/1465 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Durch die vom Ausschuss empfohlene Aufnahme einer Härtefallregelung in das
Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) entstehen zusätzliche Kosten. Die Bun-
desregierung ist für eine Abschätzung der Größenordnung des erforderlichen
finanziellen Aufwandes von der Annahme ausgegangen, dass ungefähr bis zu
1 Prozent der rund 7 Millionen leistungsberechtigten Personen im Jahr 2010
nach dem SGB II einen Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Absatz 6
SGB II neu geltend machen können. Der zu erwartende durchschnittliche Mehr-
bedarf wird auf rund 100 Euro pro Monat geschätzt. Daraus würden sich voraus-
sichtliche Mehrkosten in Höhe von bis zu 100 Mio. Euro im Jahr 2010 ergeben.
Die Leistungen werden überwiegend vom Bund getragen. In wenigen Fällen
könnte es dazu kommen, dass den Kommunen zusätzliche Kosten aufgrund der
Regelung entstehen. Die Mehrausgaben der Kommunen werden auf bis zu
8 Mio. Euro pro Jahr geschätzt (Bund: bis zu 92 Mio. Euro pro Jahr). Grundlage
für diese Schätzung ist der Anteil der Bedarfsgemeinschaften, die ausschließlich
einen Anspruch auf Kosten der Unterkunft geltend machen können. Für die
Jahre 2011 ff. können noch keine Aussagen getroffenen werden.

E. Bürokratiekosten

Durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung werden bestehende Informa-
tionspflichten (Datenübermittlungen) bei gleichem Umfang neu strukturiert. Für
Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger werden keine Informationspflich-
ten eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.

Mögliche Bürokratiekosten der vom Haushaltsausschuss empfohlenen Ände-
rungen wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1465

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/983 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung
der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung

weiterer Gesetze“.

2. Nach Artikel 3 wird folgender Artikel 3a eingefügt:

,Artikel 3a

Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch

Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende –
(Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954, 2955), das
zuletzt durch Artikel 14b des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGB1. I S. 1990)
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Absatz 3 Satz 2 wird aufgehoben.

2. § 21 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird die Angabe „2 bis 5“ durch die Angabe „2 bis 6“ er-
setzt.

b) Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 6 eingefügt:

„(6) Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten einen Mehrbedarf, so-
weit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger
besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er
insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Be-
rücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen ge-
deckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen
Bedarf abweicht.“

c) Der bisherige Absatz 6 wird Absatz 7 und nach dem Wort „Mehr-
bedarfs“ werden die Wörter „nach den Absätzen 2 bis 5“ eingefügt.‘

3. Nach Artikel 3a wird folgender Artikel 3b eingefügt:

‚Artikel 3b

Änderung des Zukunftsinvestitionsgesetzes

Das Zukunftsinvestitionsgesetz vom 2. März 2009 (BGBl. I S. 416, 428),
das zuletzt durch Artikel 18 des Gesetzes vom 16. Juli 2009 (BGBl. I S. 1959)
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 3 Absatz 2 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Finanzhilfen im Sinne von § 1 Absatz 1 werden nur für zusätzliche
Investitionen gewährt. Die Zusätzlichkeit der geförderten Maßnahmen
muss vorhabenbezogen gegeben sein.“

2. § 3a wird aufgehoben.
3. In § 7 Absatz 1 wird in Satz 1 die Angabe „§ 3a“ durch die Angabe „§ 3
Absatz 3“ ersetzt.

Drucksache 17/1465 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. § 8 wird wie folgt gefasst:

㤠8

Verwaltungsvereinbarung

Die Einzelheiten des Verfahrens zur Durchführung dieses Gesetzes wer-
den durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Soweit die Verwaltungsver-
einbarung auf § 3a ZuInvG Bezug nimmt, ist § 3 Absatz 3 ZuInvG maß-
gebend. Die Inanspruchnahme der Finanzhilfen nach § 6 Absatz 2 Satz 2
ist an das Inkrafttreten der Verwaltungsvereinbarung gebunden.“ ‘

4. Artikel 4 wird wie folgt gefasst:

„Artikel 4

Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2010 in Kraft, soweit in
Absatz 2 oder in Absatz 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Artikel 3a tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

(3) Artikel 3b tritt mit Wirkung vom 6. März 2009 in Kraft.“

Berlin, den 21. April 2010

Der Haushaltsausschuss

Petra Merkel (Berlin)
Vorsitzende

Norbert Barthle
Berichterstatter

Carsten Schneider (Erfurt)
Berichterstatter

Otto Fricke
Berichterstatter

Dr. Gesine Lötzsch
Berichterstatterin

Alexander Bonde
Berichterstatter

SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die
Annahme des Änderungsantrags auf Ausschussdrucksache

und Finanzplanungen der Gebietskörperschaften erfolge.
17(8)1325 zu empfehlen. Er beschloss mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., die Annahme des

Weiter fortzuführen sei auch die Erörterung der Fortschritts-
berichte „Aufbau Ost“ der ostdeutschen Länder und der Stel-
lungnahmen der Bundesregierung hierzu.

Zur Einführung einer Härtefallregelung in das Zweite Buch
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/1465

Bericht der Abgeordneten Norbert Barthle, Carsten Schneider (Erfurt), Otto Fricke,
Dr. Gesine Lötzsch und Alexander Bonde

A. Allgemeiner Teil
I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 30. Sitzung am
17. März 2010 den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/983
zur federführenden Beratung an den Haushaltsausschuss
überwiesen und zur Mitberatung an den Rechtsausschuss
und den Ausschuss für Arbeit und Soziales.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Gesetzentwurf sieht die Abschaffung des Finanzpla-
nungsrates vor, um Aufgabenüberschneidungen und paralle-
le Strukturen mit dem Stabilitätsrat zu vermeiden, der im Zu-
ge der Föderalismusreform II im Zusammenhang mit der
Neuregelung der Begrenzung der staatlichen Neuverschul-
dung eingerichtet wurde.

Die fortzuführenden Aufgaben des Finanzplanungsrates
werden auf den Stabilitätsrat übertragen. Diese ergeben sich
insbesondere aus Artikel 109 Absatz 2 des Grundgesetzes
(GG) im Hinblick auf die Einhaltung des europäischen Sta-
bilitäts- und Wachstumspaktes. Als weitere Aufgabe wird
die Erörterung der Fortschrittsberichte Aufbau Ost der ost-
deutschen Länder und die Stellungnahme der Bundesregie-
rung hierzu beibehalten. Mit der Übertragung wird sicherge-
stellt, dass die Überwachung der Haushalte des Bundes und
der Länder im Stabilitätsrat in den gesamtwirtschaftlichen
und finanzpolitischen Kontext eingebettet wird.

Darüber hinaus wird durch die Änderung des Finanz- und
Personalstatistikgesetzes die kurzfristige Datenbasis für Be-
ratungen im Stabilitätsrat deutlich verbessert.

Für eine ausführliche Darstellung des Inhalts der Vorlage,
unter anderem zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes,
wird auf die Begründung des Gesetzentwurfs verwiesen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf der Bundes-
regierung – Drucksache 17/983 – in seiner 10. Sitzung am
21. April 2010 beraten. Ihm lagen dabei die Änderungsan-
träge der Fraktionen der CDU/CSU und FDP vor, die im
federführenden Ausschuss eingebracht wurden. Der Rechts-
ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Annahme des Ände-
rungsantrags auf Ausschussdrucksache 17(8)1324 zu emp-
fehlen. Er beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen

der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die
Annahme des Änderungsantrags auf Ausschussdrucksache
17(8)1327 zu empfehlen. Abschließend empfahl der Rechts-
ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetz-
entwurfs in geänderter Fassung.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung – Drucksache 17/983 – in seiner
14. Sitzung am 21. April 2010 beraten. Auf Ausschussdruck-
sache 17(11)118 lagen ihm in gesammelter Form die Ände-
rungsanträge der Fraktionen der CDU/CSU und FDP vor, die
im federführenden Ausschuss auf den Ausschussdrucksa-
chen 17(8)1324, 17(8)1325, 17(8)1326neu und 17(8)1327
eingebracht wurden. Der Ausschuss nahm die Änderungsan-
träge mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an und empfiehlt mit sel-
biger Stimmverteilung die Annahme des Gesetzentwurfs in
geänderter Fassung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Haushaltsausschuss hat aufgrund eines einvernehm-
lichen Beschlusses in seiner 14. Sitzung vom 24. März 2010
in seiner 15. Sitzung am 19. April 2010 eine öffentlichen
Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung auf
Drucksache 17/983 durchgeführt, an der auch Mitglieder der
mitberatenden Ausschüsse teilnahmen. Für die Ergebnisse
der Anhörung wird auf das stenographische Protokoll der
15. Sitzung verwiesen. In seiner 16. Sitzung am 21. April
2010 hat der Haushaltsausschuss den Gesetzentwurf ab-
schließend beraten.

Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP stellten fest, dass
die Begrenzung der staatlichen Neuverschuldung durch die
Föderalismusreform II neu geregelt worden sei. Die Über-
wachung der Haushalte des Bundes und der Länder zur Ver-
meidung von Haushaltsnotlagen werde künftig durch den
neu eingerichteten Stabilitätsrat erfolgen. Um Aufgaben-
überschneidungen und Parallelstrukturen zu vermeiden, sei
es notwendig, den bisherigen Finanzplanungsrat abzuschaf-
fen. Einige Aufgaben des Finanzplanungsrates sollten aller-
dings fortgeführt werden und auf den Stabilitätsrat übertra-
gen werden. So sei es unter anderem weiterhin notwendig,
dass in einem gemeinsamen Gremium von Bund und Län-
dern eine koordinierende Beratung über die volks- und
finanzwirtschaftlichen Grundannahmen für die Haushalts-
Änderungsantrags auf Ausschussdrucksache 17(8)1326neu
zu empfehlen. Er beschloss mit den Stimmen der Fraktionen

Sozialgesetzbuch legten die Koalitionsfraktionen der CDU/
CSU und FDP dar, mit der Änderung des § 21 des Zweiten

Drucksache 17/1465 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsu-
chende – werde die Rechtsgrundlage für die im Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 geforderte
Härtefallregelung geschaffen. Dadurch sei nunmehr sicher-
gestellt, dass notwendige Bedarfe zur Sicherung des Lebens-
unterhalts im Leistungssystem des SGB II abschließend ge-
regelt seien. Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und
FDP stellten fest, neben den bisher geregelten Ansprüchen
aus den §§ 20 ff. SGB II bestehe nunmehr zukünftig ein zu-
sätzlicher Anspruch auf Leistungen bei einem unabweisba-
ren, laufenden, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf
zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums.
Sie stellten klar, dieser Anspruch entstehe aber erst bei einem
längerfristigen, dauerhaften Bedarf, wenn dieser so erheb-
lich sei, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen
gewährten Leistungen – einschließlich der Leistungen Drit-
ter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten
des Hilfebedürftigen – nicht ausreiche, um das menschen-
würdige Existenzminimum zu gewährleisten.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP legten dar,
ein besonderer Bedarf könne auftreten, weil die Regelleis-
tung des § 20 SGB II auf der Grundlage der Einkommens-
und Verbrauchsstichprobe ermittelt werde. Dieser statisti-
schen Durchschnittsbetrachtung sei es immanent, dass ein in
Sondersituationen auftretender Bedarf nicht erfasster Art
oder atypischen Ursprungs, oder ein höherer, überdurch-
schnittlicher Bedarf nicht ausgewiesen werde. Unter Be-
rücksichtigung der Tatsache, dass die Regelleistung als
pauschaler Gesamtbetrag gewährt werde, sei es dem Hilfe-
bedürftigen allerdings vorrangig zumutbar, einen höheren
Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in
einem anderen auszugleichen. Zudem könnten einmalige
oder kurzfristige Bedarfslagen (z. B. Waschmaschine, Win-
termantel) durch ein Darlehen nach § 23 Absatz 1 SGB II
ausgeglichen werden. Dies sei bei einem längerfristigen,
dauerhaften Bedarf dagegen nicht möglich.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP hoben
hervor, der zusätzliche Anspruch sei unter den Aspekten des
nicht erfassten atypischen Bedarfs sowie eines ausnahms-
weise höheren, überdurchschnittlichen Bedarfs angesichts
seiner engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen auf
wenige Fälle begrenzt. Ein Anspruch auf Übernahme dieses
individuellen Mehrbedarfs könne nur dann entstehen, wenn
es sich um einen regelmäßig wiederkehrenden, dauerhaften,
längerfristigen, unabweisbaren atypischen oder um einen
ausnahmsweise überdurchschnittlichen Bedarf handelt. Sie
betonten, der atypische und überdurchschnittliche Mehrbe-
darf sei vorrangig durch alle verfügbaren Mittel zu decken.
Insbesondere seien dabei auch gewährte Leistungen anderer
Leistungsträger als der Träger der Grundsicherung für
Arbeitsuchende (z. B. Unterhaltsvorschuss, Leistungen der
Kranken- und Pflegekassen), Zuwendungen Dritter (z. B.
von Familienangehörigen) als Einsparmöglichkeiten der er-
werbsfähigen Hilfebedürftigen zu berücksichtigen.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP betonten,
die Hilfeempfänger würden durch die Härtefallregelung im
Jahr 2010 mit bis zu 100 Mio. Euro zusätzlich unterstützt.
Die Leistungen würden dabei überwiegend, nämlich in Höhe
von 92 Mio. Euro vom Bund erbracht. In wenigen Fällen

Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP legten dar, die
Kosten für die Folgejahre 2011 ff. könnten derzeit noch nicht
beziffert werden.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP stellten
fest, in der Anhörung hätten die Sachverständigen festge-
stellt, dass durch die Härtefallregelung der Regelungsauftrag
des Bundesverfassungsgerichts verfassungskonform umge-
setzt wird. Im Übrigen hätten die Sachverständigen bestätigt,
dass aufgrund der engen tatbestandlichen Voraussetzungen
nicht zu befürchten sei, dass durch „Richterrecht“ in größe-
rem Umfang weitere Fallgruppen herausgearbeitet werden.

Zur Änderung des Zukunftsinvestitionsgesetzes stellten die
Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP fest, zur Stär-
kung der konjunkturellen Entwicklung sei es entscheidend,
dass die geförderten Maßnahmen zusätzlich erfolgen. Das
Kriterium der Zusätzlichkeit solle sich zukünftig ausschließ-
lich auf die geförderten Vorhaben beziehen. Der Wegfall des
Kriteriums der summenbezogenen Zusätzlichkeit sei erfor-
derlich, weil sie u. a. zu einer Benachteiligung von Ländern
und Kommunen mit hoher Investitionsquote führe und diese,
insbesondere auch die neuen Länder gezwungen seien, neue
Schulden aufzunehmen, um das bisherige Investitionsniveau
beizubehalten. Dadurch bestehe die Gefahr, dass nicht unbe-
dingt notwendige Investitionen getätigt würden.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP hoben
hervor, die summenbezogene Nachweisführung der Zusätz-
lichkeit ergebe sich nicht zwingend aus den Voraussetzungen
des Artikels 104 GG. Bei der Wahl des Zulässigkeitsnach-
weises habe der Gesetzgeber auch andere Verfassungsprin-
zipien, wie die Haushaltsautonomie von Ländern und Kom-
munen und das Verschuldungsverbot, zu beachten.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP stellten
fest, in der Anhörung hätten die Sachverständigen bestätigt,
dass durch die Streichung der summenbezogenen Zusätz-
lichkeit keine spürbaren nachteiligen gesamtwirtschaftlichen
Effekte zu erwarten seien. Nach der Auffassung der Sachver-
ständigen erzwinge das Kriterium der summenbezogenen
Zusätzlichkeit teilweise einen Rückgriff auf nachrangige
Maßnahmen. Damit würden knappe Haushaltsmittel vergeu-
det.

Die Fraktion der SPD stimmte der Abschaffung des Fi-
nanzplanungsrates zu. Sie sei sinnvoll angesichts der Ein-
richtung des Stabilitätsrates im Rahmen der Föderalismus-
reform II, um Überschneidungen und parallele Strukturen zu
vermeiden. Bisherige Aufgaben des Finanzplanungsrates,
wie die Beratungen über volks- und finanzwirtschaftliche
Grundannahmen sowie die Erörterung der Fortschrittsbe-
richte „Aufbau Ost“ seien auf den Stabilitätsrat zu übertra-
gen.

Die Fraktion der SPD sprach sich hingegen vehement gegen
den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen der CDU/
CSU und FDP aus, mit dem das Kriterium der summenbezo-
genen Zusätzlichkeit im Zukunftsinvestitionsgesetz gekippt
werden solle. Allein die vorhabenbezogene Zusätzlichkeit
reiche nicht aus, um die intendierte konjunkturpolitische
Wirksamkeit zu erreichen. Es müsse dazu sichergestellt wer-
den, dass der Basissockel der bisherigen Investitionsniveaus
mittelfristig zumindest gehalten werde, und dies gehe nur
könnten auch Mehrkosten für die Kommunen von schät-
zungsweise bis zu 8 Mio. Euro pro Jahr entstehen. Die

mit dem Sicherungsinstrument der summenbezogenen Zu-
sätzlichkeit. Die Streichung stehe zudem im Widerspruch

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/1465

zum verfassungsrechtlichen Konzept der Finanzhilfen, denn
der Bund solle gemäß Artikel 104b Absatz 2 GG alles We-
sentliche gesetzlich regeln. Die Sicherstellung der konjunk-
turellen Wirkung sei eine wesentliche Frage, die ohne ein
Kriterium zur summenbezogenen Zusätzlichkeit ungeregelt
wäre. Aus der Anhörung vom 19. April 2010 ziehe die Frak-
tion der SPD den Schluss, dass die Mehrzahl der Sachver-
ständigen diese Auffassung teile, insbesondere der Präsident
des Bundesrechnungshofes sowie das primär betroffene
Baugewerbe.

Zu dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu der
Härtefallklausel für das SGB II legte die Fraktion der SPD
dar, dass Menschen in Härtesituationen nicht mit Schnell-
schüssen abgespeist werden dürften. Die Anhörung habe
deutlich gezeigt: Die Eile sei überflüssig und schädlich. Bis
Jahresende reiche das Urteil des Bundesverfassungsgerich-
tes mit der Anordnung einer vorläufigen Härtefallregelung
völlig aus. Dann allerdings müsse eine systematisch saubere
und stimmige Lösung gefunden werden. Der vorgelegte Ent-
wurf sei eine unausgereifte Minimallösung. Die Zeit bis Jah-
resende hätte genutzt werden sollen, in der Praxis wertvolle
Erfahrungen zu typischen Härtefällen zu sammeln. Zusam-
men mit einer ohnehin erforderlichen Neuregelung der Re-
gelsätze im Verlaufe des Jahres sei dann erst eine gesetzliche
Neuregelung für Härtefälle erforderlich. Denn klar sei auch,
Regelsätze und Ausgestaltung der Härtefallklausel hingen
ganz unmittelbar miteinander zusammen. Stattdessen werde
mehr oder weniger die Übergangslösung aus dem Urteilstext
des Bundesverfassungsgerichtes abgeschrieben – jedoch mit
mehreren einengenden und verfassungsrechtlich zweifelhaf-
ten Formulierungen. Die Koalition habe ganz offensichtlich
nicht aus den Misserfolgen vor dem Bundesverfassungsge-
richt gelernt, sonst wäre eine fundierte, durchdachte Lösun-
gen auf der Grundlage einer sauberen statistischen Bewer-
tung erfolgt.

Die Fraktion DIE LINKE. verwies darauf, dass die Bun-
desregierung den Finanzplanungsrat abschaffen und durch
den Stabilitätsrat ablösen wolle, der dann als ein zentrales
Instrument zur Durchsetzung der im Rahmen der zweiten
Föderalismusreform beschlossenen Schuldenbremse einge-
setzt werden solle. Öffentliche Verschuldung lasse sich je-
doch nicht dadurch bekämpfen, dass die Verantwortung für
aktive Gestaltung von Politik durch automatisch greifende
Sparmechanismen ersetzt werde. Hauptgrund für die hohe
öffentliche Verschuldung sei die Aushöhlung der Einnahme-
basis des Staates und damit seiner Handlungsfähigkeit durch
die neoliberalen Parteien – durch Senken von Unterneh-
menssteuern und Einkommensteuer-Spitzensätzen, durch
das Offenhalten von und das Schaffen neuer Steuerschlupf-
löcher. Da die Fraktion DIE LINKE. die Schuldenbremse ab-
lehne, lehne sie auch die Abschaffung des Finanzplanungs-
rates ab.

An der beabsichtigten Einfügung einer Härtefallregelung in
das Zweite Buch Sozialgesetzbuch über einen Änderungsan-
trag der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP kriti-
sierte die Fraktion DIE LINKE. insbesondere das Verfahren
der Aufsattelung der für viele Menschen entscheidenden
Härtefallregelungen auf ein sachfremdes Gesetzgebungsver-
fahren. Notwendig wäre aus Sicht der Fraktion eine gründ-

möglich. Was nicht durch den Regelsatz – oder rechtlich
verbindlich anderweitig – abgedeckt sei, müsse über eine
Härtefallregelung gedeckt werden können. Die Fraktion DIE
LINKE. forderte eine parallele Beschlussfassung mit dem
Regelsatzgesetz. Unumgänglich zur sachgerechten Analyse
tatsächlicher Bedarfe sei die Einbeziehung von Verbänden
und Betroffenen in das Gesetzgebungsverfahren, das für
viele Betroffene mit gravierenden Auswirkungen verbunden
sei. Den systematischen Standort der Härtefallregelung im
Gesetz halte die Fraktion für problematisch. Eher in Frage
käme aus Sicht der Fraktion eine Öffnungsklausel in § 20
SGB II in Anlehnung an SGB XII. Explizite Ausschlüsse
halte die Fraktion für nicht sachgerecht. Die Härtefallrege-
lung müsse offen sein für alle Bedarfe, die nicht, noch nicht
oder nicht ausreichend durch den Regelsatz gedeckt seien.
Notwendig sei ein möglichst umfassender – aber nicht ab-
schließender – Katalog an möglichen Härtefall-Konstellatio-
nen, um hinreichende Transparenz für Hilfeberechtigte zu
ermöglichen.

Bezogen auf den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen
der CDU/CSU und FDP zum Zusätzlichkeitskriterium im
Zukunftsinvestitionsgesetz erklärte die Fraktion DIE LINKE.,
dass die Politik der jetzigen Bundesregierung und der Vor-
gängerregierungen die Finanznot der Länder und insbeson-
dere der Kommunen fortlaufend verschärft habe. Es ergebe
keinen Sinn, die Investitionstätigkeit insbesondere der Kom-
munen durch eine unrealistisch scharfe, lebensferne Defini-
tion des Zusätzlichkeitskriteriums zu behindern. Deshalb be-
grüße die Fraktion DIE LINKE. die Einsicht der Koalition,
den summenbezogenen Teil des Zusätzlichkeitskriteriums
aufgeben zu wollen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisierte in
ihrer Stellungnahme vor allem die von den Koalitionsfrak-
tionen der CDU/CSU und FDP beantragte Änderung des
Zukunftsinvestitionsgesetzes, mit dem die bisherige Formu-
lierung des Kriteriums der Zusätzlichkeit gestrichen und
durch ein aufgeweichtes Zusätzlichkeitskriterium ersetzt
werden solle. Während bislang die Zusätzlichkeit einer Maß-
nahme und die Ko-Finanzierung von Konjunkturmaßnah-
men durch den Bund dadurch gerechtfertigt gewesen seien,
dass es sich erstens um neue Vorhaben handeln musste und
zweitens die Gesamtsumme der Investitionen vor Ort über
der Summe der Investitionen der Vergangenheit liegen muss-
te (doppelte konjunkturelle Konditionierung), so solle in
Zukunft nach dem Willen der Koalitionsfraktionen der
CDU/CSU und FDP nur noch das Vorhaben selbst neu sein
müssen, um Förderansprüche zu erlangen (einfache Kondi-
tionierung). Bei der Neuformulierung des Zusätzlichkeits-
kriterium in § 3 Absatz 3 gehe damit die wichtige zweite
Kondition verloren, nämlich dass die Zusätzlichkeit der
durch den Bund geförderten konjunkturellen Maßnahmen
auch für die Summe der konsolidierten Investitionsausgaben
vor Ort gelte. Dies bedeute: Ein Land bzw. eine Kommune
müsse zwar zusätzliche Maßnahmen durchführen, um geför-
dert zu werden, könne aber in dieser Zeit auf sämtliche ande-
re bereits geplante Maßnahmen verzichten. Damit verpuffe
der gewollte konjunkturelle Impuls des Zukunftsinvesti-
tionsgesetzes komplett.

Ob unter diesen Voraussetzungen die Fördergelder des Bun-

liche Analyse möglicher Härtefall-Konstellationen. Das sei
nicht unabhängig von der Bestimmung des Regelsatzes

des die verfassungsrechtliche Vorgabe gemäß Artikel 104b
Absatz 1 Satz 1 GG erfüllten, eine Finanzhilfe zur Abwehr

Drucksache 17/1465 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu
sein, müsse bezweifelt werden. Durch Wegfall des konjunk-
turellen Impulses seien die Finanzhilfen des Bundes aus dem
Zukunftsinvestitionsgesetz nicht geeignet, die Störung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzuwehren. Die
Entscheidung der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und
FDP sei dementsprechend ein konjunkturpolitischer Offen-
barungseid und dem föderalen Kuhhandel beim Erkaufen
der Zustimmung des Bundesrates zum Wachstumsbeschleu-
nigungsgesetz geschuldet. Die Änderung dürfe deswegen
nicht zu Stande kommen.

Über die Änderungsanträge der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP stimmte der Haushaltsausschuss wie folgt ab:

– Antrag auf Ausschussdrucksache 17(8)1324: Annahme
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

– Antrag auf Ausschussdrucksache 17(8)1325: Annahme
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

– Antrag auf Ausschussdrucksache 17(8)1326neu: Annah-
me mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion
DIE LINKE.

– Antrag auf Ausschussdrucksache 17(8)1327: Annahme
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sodann beschloss der Haushaltsausschuss mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, dem Deutschen Bundestag zu empfehlen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/983 in geänderter
Fassung anzunehmen.

B. Besonderer Teil

Zur Begründung der unveränderten Teile wird auf den Ge-
setzentwurf verwiesen.

Zu Nummer 1 (Bezeichnung des Gesetzes)

Die Änderung der Überschrift dient der Konkretisierung, da
mit der Abschaffung des Finanzplanungsrats die fortzufüh-
renden Aufgaben auf den Stabilitätsrat übertragen werden.
Ferner werden durch Aufnahme von Artikel 3a auch das
Zweite Buch Sozialgesetzbuch und durch Aufnahme von
Artikel 3b das Zukunftsinvestitionsgesetz geändert.

Zu Nummer 2 (Einfügung einer Härtefallregelung in das
Zweite Buch Sozialgesetzbuch)

Zu Ziffer 1 (Aufhebung von § 3 Absatz 3 Satz 2
SGB II)

Der Ausschluss der Festlegung abweichender Bedarfe in § 3
Absatz 3 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch

bruar 2010 (1 BvL 1, 3, 4/09) keinen Regelungsgehalt mehr
und ist daher zu streichen.

Zu Ziffer 2 (Einfügung von § 21 Absatz 6 SGB II)

Mit dieser Regelung wird das Urteil des Bundesverfassungs-
gerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1, 3, 4/09 – S. 72 ff.)
umgesetzt. Durch den neuen § 21 Absatz 6 SGB II wird die
Rechtsgrundlage für die vom Bundesverfassungsgericht
geforderte Härtefallregelung im SGB II geschaffen. Diese
Regelung stellt nunmehr sicher, dass auch in atypischen
Bedarfslagen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialge-
setzbuch erbracht werden.

Bisher sieht das Zweite Buch Sozialgesetzbuch nur die ab-
schließend in § 21 SGB II aufgelisteten Mehrbedarfsleistun-
gen vor und gewährt zusätzlich zur Regelleistung nur in den
in § 23 Absatz 3 SGB II genannten Fällen (z. B. mehrtägige
Klassenfahrten) weitergehende Ansprüche. Das Bundesver-
fassungsgericht erkennt in seiner Entscheidung an, dass der
Gesetzgeber im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ein Kon-
zept abschließend normierter Ansprüche zur Sicherung des
Lebensunterhaltes verfolgt. In dieses Konzept fügt sich die
Neuregelung ein. Eine Leistungsgewährung nach § 73
SGB XII scheidet aus (vgl. nur BSG, Urteil vom 7. Novem-
ber 2006 B 7b AS 14/06 R). Es bleibt dagegen möglich, Leis-
tungen nach dem fünften bis neunten Kapitel des Zwölften
Buches Sozialgesetzbuch für so genannte besondere Lebens-
lagen in Abgrenzung zur Hilfe zum Lebensunterhalt zu ge-
währen (vgl. § 5 Absatz 2 SGB II und § 21 SGB XII). Neben
den bisher geregelten Ansprüchen aus den §§ 20 ff. SGB II
besteht damit zukünftig ein zusätzlicher Anspruch auf Leis-
tungen bei einem unabweisbaren, laufenden, nicht nur ein-
maligen und besonderen Bedarf zur Deckung des menschen-
würdigen Existenzminimums. Dieser Anspruch entsteht aber
erst bei einem längerfristigen, dauerhaften Bedarf, wenn
dieser so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfe-
bedürftigen gewährten Leistungen – einschließlich der Leis-
tungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmög-
lichkeiten des Hilfebedürftigen – das menschenwürdige
Existenzminimum nicht mehr gewährleistet.

Ein besonderer Bedarf kann auftreten, weil die Regelleistung
des § 20 SGB II auf der Grundlage der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe ermittelt wird, Dieser statistischen
Durchschnittsbetrachtung ist es immanent, dass ein in Son-
dersituationen auftretender Bedarf nicht erfasster Art oder
atypischen Ursprungs, oder ein höherer, überdurchschnitt-
licher Bedarf nicht ausgewiesen werden. Unter Berücksich-
tigung der Tatsache, dass die Regelleistung als pauschaler
Gesamtbetrag gewährt wird, ist es dem Hilfebedürftigen al-
lerdings vorrangig zumutbar, einen höheren Bedarf in einem
Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen
auszugleichen (Einsparmöglichkeiten). Zudem können ein-
malige oder kurzfristige Bedarfslagen (z. B. Waschmaschi-
ne, Wintermantel) durch ein Darlehen nach § 23 Absatz 1
SGB II ausgeglichen werden. Dies ist bei einem längerfristi-
gen, dauerhaften Bedarf dagegen nicht mehr möglich.

Der zusätzliche Anspruch ist unter den Aspekten des nicht
erfassten atypischen Bedarfs sowie eines ausnahmsweise
höheren, überdurchschnittlichen Bedarfs angesichts seiner
engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen auf wenige
(SGB II) hat vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Fe-

Fälle begrenzt. Ein Anspruch auf Übernahme dieses indivi-
duellen Mehrbedarfs kann nämlich nur dann entstehen, wenn

tern sein. Diese Aufzählung ist nicht abschließend.

In den folgenden Fallgestaltungen besteht grundsätzlich kein
zu übernehmender zusätzlicher Mehrbedarf: Praxisgebühr,
Schulmaterialien und Schulverpflegung, Bekleidung bzw.

Kraft treten. Artikel 3a soll demgegenüber erst am Tag nach
der Verkündung in Kraft treten. Artikel 3b soll mit Wirkung
vorn 6. März 2009 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zu-
kunftsinvestitionsgesetzes) in Kraft treten.

Berlin, den 21. April 2010

Norbert Barthle
Berichterstatter

Carsten Schneider (Erfurt)
Berichterstatter

Otto Fricke
Berichterstatter

Dr. Gesine Lötzsch
Berichterstatterin

Alexander Bonde
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/1465

es sich um einen regelmäßig wiederkehrenden, dauerhaften,
längerfristigen, unabweisbaren atypischen oder um einen
ausnahmsweise überdurchschnittlichen Bedarf handelt. Für
die Beurteilung der Regelmäßigkeit ist auf den Bewilli-
gungszeitraum abzustellen.

Der atypische und überdurchschnittliche Mehrbedarf ist vor-
rangig durch alle verfügbaren Mittel zu decken. Zu berück-
sichtigen sind dabei insbesondere gewährte Leistungen an-
derer Leistungsträger als der Träger der Grundsicherung für
Arbeitsuchende (z. B. Unterhaltsvorschuss, Leistungen der
Kranken- und Pflegekassen), Zuwendungen Dritter (z. B.
von Familienangehörigen) und Einsparmöglichkeiten der er-
werbsfähigen Hilfebedürftigen. Zuwendungen Dritter kön-
nen in Form von Sach-, Geld- oder Dienstleistungen gewährt
werden. Auf die rechtliche Einordnung als Einnahme kommt
es insoweit nicht an.

Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für die Bezieher
von Sozialgeld. Dies ergibt sich aus dem Verweis in § 28
Absatz 1 Satz 2 SGB II auf § 19 Satz 1 SGB II. Zu den in Be-
zug genommenen Leistungen zur Sicherung des Lebensun-
terhaltes gehören auch die Mehrbedarfe nach § 21 SGB II.

Anwendungsfälle der Härtefallklausel des § 21 Absatz 6
SGB II können dauerhaft benötigte Hygienemittel bei be-
stimmten Erkrankungen (z.B. HIV, Neurodermitis), Putz-
bzw. Haushaltshilfe für Rollstuhlfahrer und Kosten zur
Wahrnehmung des Umgangsrechts bei getrennt lebenden El-

Schuhe in Über- oder Untergrößen, nicht von § 21 Absatz 5
SGB II umfasster krankheitsbedingter Ernährungsaufwand,
Brille, Zahnersatz und orthopädische Schuhe.

Zu Nummer 3 (Änderung des Zukunftsinvestitions-
gesetzes)

Zu den Ziffern 1 und 2 (Einfügung von § 3 Absatz 3
und Streichung von § 3a ZuInvG)

Zur Stärkung der konjunkturellen Entwicklung ist es ent-
scheidend, dass die geförderten Maßnahmen zusätzlich er-
folgen. Die Regelung stimmt mit dem Gesetzentwurf der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD – Bundestagsdrucksache
16/11740 – überein und entspricht dem Wunsch der Länder.
Das Kriterium der Zusätzlichkeit bezieht sich aber künftig
nach dem Wortlaut von § 3 Absatz 3 Satz 2 ausschließlich
auf die geförderten Vorhaben.

Zu den Ziffern 3 und 4 (§ 7 Absatz 1 Satz 1 und § 8
ZuInvG)

Die Änderungen sind Folgeänderungen zu der Anfügung des
neuen § 3 Absatz 3 und der Streichung des § 3a.

Zu Nummer 4 (Änderung der Inkrafttretensregelung)

Folgeänderung zur Einfügung der Artikel 3a und 3b. Der bis-
herige Gesetzestext soll mit Wirkung vom 1. Januar 2010 in

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