Vom 1. August 2013
Deutscher Bundestag Drucksache 17/14481
17. Wahlperiode 01. 08. 2013
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Gerhard Schick, Kerstin Andreae,
Birgitt Bender, Agnes Brugger, Harald Ebner, Britta Haßelmann, Ingrid Hönlinger,
Susanne Kieckbusch, Memet Kilic, Beate Müller-Gemmeke, Ulrich Schneider,
Dr. Harald Terpe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Weitere Fragen zu Beziehungen der Investmentbank Morgan Stanley und ihres
ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Dirk Notheis zur Bundesregierung
Vor einem Jahr gingen die Fragesteller den Beziehungen der Investmentbank
Morgan Stanley und ihres ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Dirk Notheis
zur Bundesregierung mit der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/
10415 nach. Hintergrund der Anfrage war der Erwerb von knapp der Hälfte der
Anteile des Energiekonzerns EnBW Energie Baden-Württemberg AG durch die
ehemalige Landesregierung Baden-Württemberg im Jahr 2010, den seit Dezem-
ber 2011 ein Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags
untersucht.
Mit fortschreitender Arbeit dieses Ausschusses werden immer mehr Details des
Kaufs bekannt, die das Vorgehen des damaligen Ministerpräsidenten von Baden-
Württemberg, Stefan Mappus, und des ihn damals beratenden, ehemaligen Vor-
standsvorsitzenden der Morgan Stanley Bank AG, Dr. Dirk Notheis, zweifelhaft
erscheinen lassen. So soll die Transaktion ohne Bewertung der Anteile, ohne
Vorliegen des erforderlichen wichtigen Landesinteresses und unter Ausschal-
tung aller Kontrollinstanzen erfolgt sein. Gegen beide ermittelt mittlerweile
auch die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue bzw. Beihilfe zur
Untreue zu Lasten des Landes Baden-Württemberg. Über die Entwicklungen
und neuen Erkenntnisse in dem Fall gab es zahlreiche Berichterstattungen, bei-
spielhaft seien hier der Beitrag „Kungelei um Milliarden – Ex-Ministerpräsident
Mappus und sein Banker-Freund“ im ZDF-Magazin „Frontal 21“ vom 10. Juli
2012, die Artikel „Razzia bei Mappus“ und „Aus für Notheis“ vom 12. bzw.
18. Juli 2012 im „Handelsblatt“ sowie „Deal und Dilettanten“ vom 10. Juli 2013
in der Wochenzeitung „KONTEXT“ genannt.
Da der Vorgang allgemein die Frage nach dem Einfluss von Investmentbanken
auf die Politik aufwirft, stellten die Fragesteller im letzten Jahr die eingangs ge-
nannte Kleine Anfrage. Da den Fragestellern auch heute manches noch unklar
erscheint, soll hier weiteren spezifischen Aspekten der grundlegenden Frage
nachgegangen werden, welche Beziehungen in dieser Wahlperiode zwischen der
Bundesregierung und der Investmentbank Morgan Stanley und ihrem ehema-
ligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Dirk Notheis bestanden haben. Dabei widmet
sich diese Kleine Anfrage auch einzelnen Aspekten der 16. Legislaturperiode.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Gab es in dieser Legislaturperiode persönliche Kontakte zwischen Mitglie-
dern der Bundesregierung und Dr. Dirk Notheis, bei denen die Regierungs-
Drucksache 17/14481 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
mitglieder zwar nicht in ihrer offiziellen Funktion als Regierungsmitglieder
agierten, die aber gleichwohl inhaltlich in direktem oder indirektem Zusam-
menhang mit dem Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung und/oder Re-
gierungshandeln standen oder bei denen ein solcher Zusammenhang im
Rückblick zumindest nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann?
Gab es insbesondere im Zusammenhang mit Parteianlässen und/oder -arbeit
der CDU solche Kontakte?
Welchen Inhalt hatten diese Kontakte jeweils?
2. Hat die Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, Dr. Dirk Notheis auf dem Welt-
wirtschaftsforum 2012 in Davos getroffen, und falls ja, was besprachen sie?
Falls nein, hat Dr. Dirk Notheis auf dem Weltwirtschaftsforum 2012 in Davos
andere hochrangige Vertreter des Bundeskanzleramts getroffen, und falls ja,
was besprachen sie?
3. Hatte die Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode Erkenntnisse da-
rüber, in ungefähr welchem Umfang die im Jahr 2005 von Dr. Dirk Notheis
für die CDU geleistete Wahlkampfunterstützung zu Ergebnissen (wie bei-
spielsweise Parteispenden für die CDU) führte, für die Dr. Notheis sich laut
dem Artikel „Wahlkampfhilfe von Privat-Banker“ des Magazins „stern“ vom
Dezember 2005 von seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei der Investment-
bank Morgan Stanley freistellen ließ?
Lagen ihr insbesondere mündliche oder schriftliche Erkenntnisse darüber
vor, in ungefähr welcher Höhe Wahlkampfspenden mit seiner o. g. Wahl-
kampfunterstützung in Verbindung gebracht wurden (sei es, von ihm selbst
oder von hochrangigen CDU-Mitgliedern oder -Mitarbeitern)?
4. Welche Aufträge in welcher Höhe hat die Morgan Stanley Bank AG in der
letzten Wahlperiode wann und zu welchen Konditionen
a) von der Bundesregierung und
b) von den der Aufsicht der Bundesregierung unterstehenden Behörden und
nach Kenntnis der Bundesregierung von Institutionen und Einrichtungen,
Gesellschaften etc., an denen der Bund beteiligt ist,
erhalten?
Berlin, den 1. August 2013
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion