BT-Drucksache 17/14039

Mögliche Datenschutzprobleme im Rechtsbereich des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/13597)

Vom 14. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14039
17. Wahlperiode 14. 06. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Kipping, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, Dr. Martina
Bunge, Heidrun Dittrich, Klaus Ernst, Jan Korte, Cornelia Möhring, Frank Tempel,
Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE
LINKE.

Mögliche Datenschutzprobleme im Rechtsbereich des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch
(Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage
auf Bundestagsdrucksache 17/13597)

In der Beantwortung der Kleinen Anfrage zu Datenschutzproblemen im
Rechtsbereich des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch wird von der Bundes-
regierung festgestellt, dass sie Kenntnisse über Datenschutzprobleme im ge-
nannten Rechtsbereich „vorwiegend im Wege der Rechts- und Fachaufsicht des
BMAS [Bundesministerium für Arbeit und Soziales] über die BA [Bundes-
agentur für Arbeit] sowie im Wege der Rechtsaufsicht über die gemeinsamen
Einrichtungen (gE)“ erhält. „Darüber hinaus liegen dem BMAS im Rahmen
seiner Zuständigkeit für die Ahndung und Verfolgung von datenschutzrecht-
lichen Ordnungswidrigkeiten Informationen über einzelne datenschutzrechtliche
Verstöße in gE vor“. Im Weiteren verfügt die Bundesregierung über den Bun-
desbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) über
Erkenntnisse zu Datenschutzproblemen im genannten Rechtsbereich. In der
Antwort wurde die aufgeführten Datenschutzprobleme nicht konkret benannt,
auch keine Lösungswege dieser Probleme aufgeführt und viele Fragen nicht be-
antwortet, z. B. die Fragen nach dem Zugriff unberechtigter Dritter auf Daten
von Leistungsbeziehenden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche konkreten Datenschutzprobleme bzw. -verletzungen verbergen sich
hinter den in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf
Bundestagsdrucksache 17/13597 zu Frage 4 stichpunktartig und ohne Erläu-
terung aufgeführten zwölf Aufgabenbereichen

– Eintragungen im Fachverfahren „VerBIS“ – Freitextfelder –,

– Vorlage und Speicherung von Kontoauszügen,
– Datenübermittlung an einen Maßnahmeträger,

– Veröffentlichung von Telefonnummer und/oder E-Mail-Adresse in der
„JOBBÖRSE“ der BA,

– Hausbesuche durch den Ermittlungsdienst der Jobcenter,

Drucksache 17/14039 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

– Umgang mit Gesundheitsdaten gemäß § 67 Absatz 12 des Zehnten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB X),

– Beratung in Doppelbüros (gleichzeitig mit anderen Kunden),

– Weiterleitung von Stellungnahmen der Arbeitnehmer an ehemalige Ar-
beitgeber,

– Umsetzung der Erhebung des Migrationshintergrundes,

– Vorlage von Nachweisen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung und
deren Speicherung und Nutzung,

– Speicherung der Kopie des Personalausweises,

– Anfragen zu den Betroffenenrechten: Akteneinsicht (§ 25 Absatz 1
SGB X), Auskunft (§ 83 SGB X), Berichtigung, Löschung und Sperrung
von Daten (§ 84 SGB X) in Papierakten oder in elektronischer Form
(bitte für jeden der genannten zwölf Aufgabenbereiche die konkreten und
typischen Datenschutzprobleme bzw. -verletzungen erläutern)?

2. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung eingeleitet, um in
Zukunft die genannten konkreten Datenschutzprobleme bzw. -verletzungen
zu verhindern (bitte für jedes der in den zwölf Aufgabenbereichen genannte
konkrete und typische Datenschutzproblem bzw. für jede Datenschutzverlet-
zung erläutern)?

3. Erleiden die Betroffenen durch die Mängel bei den Einträgen in den Bewer-
berdatensätzen (Antwort zu Frage 4) einen direkten Schaden, wie zum Bei-
spiel keine Vermittlung oder Druck durch die Bearbeiterinnen/Bearbeiter auf
den Leistungsbeziehenden, und gibt es in diesem Fall eine Kompensation
für die Geschädigten?

4. Warum existiert keine Statistik über die am häufigsten genannten Daten-
schutzverstöße in den gemeinsamen Einrichtungen (Jobcenter) und über
die gemeinsamen Einrichtungen mit den häufigsten Datenschutzverstößen
bzw. datenschutzrechtlichen Beschwerden (Antwort zu den Fragen 5 und 10
bis 12)?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Beschwerden über Datenschutzver-
stöße von Leistungsbeziehenden nach Informationen der Fragesteller direkt
an die Teamleitung weitergeleitet werden und betreffende Mitarbeiterinnen/
Mitarbeiter sich i. d. R. schriftlich dazu äußern und ein Vermerk in „VerBIS“
darüber machen müssen, sich die Teamleitung ebenfalls schriftlich äußert
und dieses an das Kundenreaktionsmanagement (Beschwerdestelle) weiter-
leitet, damit sie sich dem Fall annehmen kann, somit eine statistische Erfas-
sung über Anzahl und Gegenstand der Beschwerde im Kundenreaktions-
management möglich ist?

6. Wie kann, vor dem Hintergrund, dass keine statistischen Erkenntnisse über
Datenschutzverletzungen und -beschwerden vorliegen, die Verantwortung
der Bundesagentur für Arbeit und der Bundesregierung bezüglich der Ver-
hinderung von Datenschutzverletzungen in den gemeinsamen Einrichtungen
zielgerichtet, also auch einrichtungsbezogen, wahrgenommen werden?

7. Gedenkt die Bundesregierung eine öffentliche Statistik über die Daten-
schutzverstöße und Datenschutzbeschwerden in den gemeinsamen Einrich-
tungen bei der Bundesagentur für Arbeit anzumahnen, und wenn nein, wa-
rum nicht?

8. Verfügen alle gemeinsamen Einrichtungen über einen Datenschutzbeauf-
tragten?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14039

Wenn ja, warum wird durch diese Stelle keine Statistik geführt, die öffent-
lich ist?

9. Verfügen alle gemeinsamen Einrichtungen über einen Datenschutzombuds-
mann bzw. eine Datenschutzombudsfrau?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, warum wird durch diese Stelle keine Statistik geführt, die öffent-
lich ist?

10. Wie laufen die in der Antwort zu Frage 4 erwähnten stichprobenartigen
Datenschutzkontrollen durch die BA und den BfDI ab, und aus welchen
Gründen konkret werden sie in der konkreten gemeinsamen Einrichtung
veranlasst?

11. Ist der Bundesregierung bekannt, dass nach Informationen der Fragesteller
die Akten der Leistungsbeziehenden, die sich in sog. Hängeschränken
befinden, während der Arbeitszeit offen sind, so dass die „Kunden“ die
Namen anderer Leistungsbeziehender erkennen können?

12. Ist der Bundesregierung bekannt, dass nach Informationen der Fragesteller
Akten von Leistungsbeziehenden auf einen Rollwagen offen durch die
Gänge der Einrichtungen transportiert werden und dass dabei der Zugriff
Unbefugter auf die Akten möglich ist?

13. Ist der Bundesregierung bekannt, dass nach Informationen der Fragesteller
die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der gemeinsamen Einrichtung Gene-
ralschlüssel für alle Räume dieser Einrichtungen haben und dabei auch
über unverschlossene Aktenschränke unbefugten Zugriff auf Akten von
Leistungsbeziehenden haben?

14. Ist der Bundesregierung bekannt, dass nach Informationen der Fragesteller
auch nicht mit dem Einzelfall betraute Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter in den
gemeinsamen Einrichtungen Zugang auf deren ärztliche Unterlagen im
elektronischen System haben?

Berlin, den 14. Juni 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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