BT-Drucksache 17/13935

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/13705 - Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Europawahlgesetzes

Vom 12. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13935
17. Wahlperiode 12. 06. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/13705 –

Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Europawahlgesetzes

A. Problem

Nach dem Vertrag von Lissabon erhält kein Mitgliedstaat mehr als 96 Abgeord-
nete im Europäischen Parlament. Damit sind in Deutschland nicht mehr wie
bisher nach § 1 Satz 1 des Europawahlgesetzes (EuWG) 99 Abgeordnete zu
wählen. Mit Urteil vom 9. November 2011 hat das Bundesverfassungsgericht
festgestellt, dass die Fünf-Prozent-Klausel bei der Europawahl in § 2 Absatz 7
EuWG nicht mit Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 21 Absatz 1 des Grundgesetzes
vereinbar und daher nichtig ist. Seitdem gibt es in Deutschland entgegen der
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. November 2012 bei Euro-
pawahlen keine Sperrklausel mehr.

Die mit dem Gesetz zur Verbesserung des Rechtsschutzes in Wahlsachen vom
12. Juli 2012 (BGBl. I S. 1501) für die Bundestagswahlen geschaffenen Ver-
besserungen beim Rechtsschutz in Wahlsachen gelten bisher nicht für die Euro-
pawahlen. Die Richtlinie 2013/1/EU vom 20. Dezember 2012, mit der Ände-
rungen in der Europawahl-Richtlinie 93/109/EG zum Informationsaustausch
unter den Mitgliedstaaten zur Verhinderung mehrfacher Stimmabgaben und
mehrfacher Kandidaturen vorgenommen wurden, muss bis zum 28. Januar
2014 umgesetzt werden.

B. Lösung

Der Entwurf sieht (1.) eine Anpassung der Zahl der in Deutschland wählenden
Abgeordneten des Europäischen Parlaments auf 96, (2.) die Streichung der
5- Prozent-Klausel in § 2 Absatz 7 EuWG und die Einführung einer 3-Prozent-
Klausel, (3.) die Angleichung des Rechtsschutzes und der Fristen bei der Euro-

pawahl an die im Gesetz über die Verbesserung des Rechtsschutzes in Wahl-
sachen getroffenen Regelungen, (4.) die zur Umsetzung der Richtlinie 2013/1/EU
erforderlichen Neuregelungen zum Informationsaustausch unter den EU-Mit-
gliedstaaten und (5.) die dafür nötige Anpassung der Fristen vor.

Drucksache 17/13935 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

Durch den Gesetzentwurf entstehen zusätzliche Kosten durch den zusätzlichen
Aufwand für die Wahlorganisation infolge der Umsetzung der Richtlinie
2013/1/EU vom 20. Dezember 2012, das künftig für alle Wahlvorschläge (Lan-
deslisten und Bundeslisten) bestehende Rechtsmittel der Beschwerde zum Bun-
deswahlausschuss bei Zurückweisung eines Wahlvorschlags und – wie bereits
durch entsprechende Änderungen im Bundestagswahlrecht – durch die neu ge-
schaffene Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht bei Zurückweisung ei-
nes Wahlvorschlags wegen fehlenden Wahlvorschlagsrechts nach § 8 Absatz 1
EuWG sowie durch die – dem Gesetz zur Verbesserung des Rechtsschutzes in
Wahlsachen entsprechende – Erweiterung des Umfangs der Wahlprüfung durch
den Deutschen Bundestag und das Bundesverfassungsgericht.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13935

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/13705 mit folgender Maßgabe, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe d wird wie folgt geändert:

In Satz 1 wird das Wort „Weist“ durch das Wort „Soweit“ und das Wort
„zurück“ durch das Wort „zurückweist“ ersetzt.

Berlin, den 12. Juni 2013

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Gabriele Fograscher
Berichterstatterin

Dr. Stefan Ruppert
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

Der Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache a) Am Ende der Nummer 11 wird der Punkt

17(4)761 hat einschließlich Begründung folgenden
Wortlaut:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

durch ein Komma ersetzt.

b) Es wird folgende Nummer angefügt:

„12. das Verfahren zur Ermittlung der in § 2
Drucksache 17/13935 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Reinhard Grindel, Gabriele Fograscher,
Dr. Stefan Ruppert, Ulla Jelpke und Wolfgang Wieland

I. Überweisung
Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/13705 wurde in der
243. Sitzung des Deutschen Bundestages am 6. Juni 2013
an den Innenausschuss federführend sowie an den Rechts-
ausschuss und den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat in seiner 139. Sitzung am 12. Juni
2013 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs
in der Fassung des Änderungsantrags auf Ausschussdruck-
sache 17(4)767 empfohlen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europä-
ischen Union hat in seiner 92. Sitzung am 12. Juni 2013 mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. empfohlen, den Gesetzentwurf in der
Fassung des Änderungsantrags auf Ausschussdrucksache
17(4)767 anzunehmen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

1. Der Innenausschuss hat in seiner 109. Sitzung am 5. Juni
2013 einvernehmlich beschlossen, eine öffentliche
Anhörung zum Europawahlrecht durchzuführen. Die öf-
fentliche Anhörung hat der Innenausschuss in seiner
110. Sitzung am 10. Juni 2013 durchgeführt.

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
111. Sitzung am 12. Juni 2013 abschließend beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des
Gesetzentwurfs in der Fassung des Änderungsantrags
auf Auschussdrucksache 17(4)767.

Zuvor wurde der Änderungsantrag der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Ausschussdrucksache 17(4)767 mit demselben Stimme-
nergebnis angenommen.

2. Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 17(4)761 wurde
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP
und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD abgelehnt.

„(7) Bei der Verteilung der Sitze auf die Wahl-
vorschläge werden nur Wahlvorschläge berück-
sichtigt, die mindestens 3 Prozent der im Wahlge-
biet abgegebenen gültigen Stimmen erhalten
haben. Dies gilt nicht für die Wahlvorschläge der
Wahlvorschlagsberechtigten, die Teil einer nach
Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 2004/2003 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom
4. November 2003 über die Regelung für die poli-
tischen Parteien auf Europäischer Ebene und ihre
Finanzierung (Abl. L 297 vom 15.11.2003, S. 1),
die durch Verordnung (EG) Nr. 1524/2007 des Eu-
ropäischen Parlamentes und des Rates vom
18.12.2007 (Abl. L 3425 vom 27.12.2007) geän-
dert worden ist, als förderungsberechtigt aner-
kannten politischen Partei sind, wenn diese Partei
in der Wahl in anderen Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union mindestens 24 Mandate errungen
hat und bei Berücksichtigung des Wahlvorschlags
diese Partei mit Abgeordneten aus einem Viertel
der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im
Parlament vertreten wäre.“‘

2. In Nummer 4 werden nach dem Trippelbuchstaben
ccc folgende Trippelbuchstaben angefügt:

ddd) Der Punkt am Ende der Nummer 4 wird durch
ein Komma ersetzt.

eee) Es wird folgende Nummer angefügt:

„5. falls der Wahlvorschlagsberechtigte § 2 Ab-
satz 7 Satz 2 in Anspruch nehmen will, eine
dahingehende Erklärung, einen Nachweis,
dass er im Sinne dieser Bestimmung als för-
derungsberechtigt anerkannt ist, und die
genaue Angabe, in welchen Mitgliedstaaten
der Vorschlagsberechtigte oder die mit ihm
zur politischen Partei auf europäischer
Ebene verbundene Organisationen sich an
der Europawahl beteiligen.“‘

3. Der Nummer 6 wird folgender Buchstabe angefügt:

f) Es wird folgender Absatz angefügt:

„(7) In den Fällen des § 11 Absatz 2 Nummer 5
ist die Zulassungsentscheidung mit einer Feststel-
lung über die dort genannten Voraussetzungen zu
verbinden. Absatz 4a gilt entsprechend.“‘

4. Nach Nummer 8 wird folgende Nummer eingefügt:

9a. § 25 Absatz 2 Satz 2 wird wie folgt geändert:
1. In Nummer 2 wird Buchstabe d wie folgt gefasst:

,d) Absatz 7 wird wie folgt gefasst:
Absatz 7 Satz 2 genannten Vorausset-
zungen.“‘

rung des EP kommt, weil gleichzeitig – in zur Fraktions-
bildung im Parlament ausreichender Anzahl – Abgeord-
nete aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen
Union in das EP einziehen, die der gleichen politischen
Richtung angehören. Zur Feststellung dieser Vorausset-
zung gibt es mit den Regelungen über die politischen
Parteien auf europäischer Ebene einen hinreichenden
Anknüpfungspunkt.

Zu Nummer 1 (§ 2 Abs. 7)

Die Regelung sieht in Satz 1 eine 3%-Sperrklausel vor.
Diese wird jedoch in Hinblick auf das Ziel (siehe Allge-
meines) in Satz 2 abgemildert und zielgerichtet europä-
isch ausgerichtet. Eine Fraktion im EP besteht aus min-
destens 25 Abgeordneten aus mindestens einem Viertel
der Mitgliedstaaten (Art. 30 Abs. 2 GO-EP). Ziehen da-
her bereits aus einer hinreichenden Zahl anderer Mit-
gliedstaaten 24 Abgeordnete der entsprechenden politi-
schen Richtung ein, ist gesichert, dass es nicht zu einer
die Handlungsfähigkeit des EP gefährdenden Zersplitte-
rung kommt, weil eine Fraktionsbildung möglich ist.

Die Regelung ermächtigt das BMI, weitere Einzelheiten
zur Feststellung der Voraussetzungen der Ausnahme-
klausel festzulegen.

IV. Begründung

Zur Begründung wird allgemein auf Drucksache 17/13705
hingewiesen. Die vom Innenausschuss auf Grundlage des
Änderungsantrags auf Ausschussdrucksache 17(4)767 emp-
fohlenen Änderungen begründen sich wie folgt:

Mit der Änderung im ersten Satz des neuen § 14 Absatz 4a
EuWG wird klargestellt, dass die Zurückweisung eines
Wahlvorschlags durch den Bundeswahlausschuss durch die
neu eröffnete, spezielle Beschwerde zum Bundesverfas-
sungsgericht nur insoweit angefochten werden kann, als das
Wahlvorschlagsrecht der Partei oder sonstigen politischen
Vereinigung im Sinne des § 8 EuWG verneint wurde. So-
weit der Wahlvorschlag wegen anderer Gründe zurückge-
wiesen worden ist, ist die Beschwerde zum Bundeswahlaus-
schuss nach § 14 Absatz 4 EuWG – neu – statthaft.

Berlin, den 12. Juni 2013

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Gabriele Fograscher
Berichterstatterin

Dr. Stefan Ruppert
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/13935

Begründung

Allgemeines

Die Antragstellerin stimmt dem Ziel zu, der Entschlie-
ßung des Europarlaments (EP) vom 22.11.2012 durch
Einführung einer 3%-Sperrklausel Rechnung zu tragen.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob dem Verhältnismäßig-
keitsgrundsatz dadurch besser Rechnung getragen wer-
den kann, dass die Sperrklausel in Berücksichtigung des
europapoltischen Ziels (Stärkung der Handlungsfähig-
keit des EP) nochmals abgemildert wird. Eine solche Lö-
sung stellt der Änderungsantrag zur Diskussion, damit
in der Anhörung eine umfassende Meinungsbildung
auch zu diesem Punkt erfolgen kann.

Anknüpfend an Vorschläge in der juristischen Literatur
(vgl. Arndt, in Karpenstein/Mayer, EMRK, 2011, Art. 3
ZP I, Rn. 35 f.) soll die Sperrklausel nicht eingreifen,
wenn zu erwarten ist, dass es nicht zu einer Zersplitte-

Zu Nummer 2 (§ 11 Abs. 2 Nr. 5)

Will die Partei die Ausnahme des § 2 Abs. 7 Satz 2 nut-
zen, muss sie bereits bei der Einreichung des Wahlvor-
schlages nachweisen, dass sie zu diesem Zeitpunkt als
europäische Partei anerkannt ist.

Zu Nummer 3 (§ 14 Abs. 7)

Mit der ohnehin zu treffenden Zulassungsentscheidung
soll auch die Feststellung getroffenen werden, dass der
Wahlvorschlagberechtigte ggf. die Ausnahmeregel von
der 3%-Klausel in Anspruch nehmen kann. Gegen eine
negative Entscheidung soll der gleiche – neu einge-
führte – Wahlrechtsschutz gelten wie bei der Zulassungs-
entscheidung.

Zu Nummer 4 (§ 25 Abs. 2 S. 2 Nr. 12)

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