BT-Drucksache 17/13239

Keine Mitfinanzierung exorbitanter Gehälter durch die Allgemeinheit - Steuerliche Abzugsfähigkeit eingrenzen

Vom 24. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13239
17. Wahlperiode 24. 04. 2013

Antrag
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Tobias Lindner, Dr. Thomas Gambke,
Dr. Gerhard Schick, Susanne Kieckbusch, Oliver Krischer,
Beate Walter-Rosenheimer, Birgitt Bender, Katrin Göring-Eckardt,
Maria Klein-Schmeink, Lisa Paus, Brigitte Pothmer, Elisabeth Scharfenberg,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Keine Mitfinanzierung exorbitanter Gehälter durch die Allgemeinheit –
Steuerliche Abzugsfähigkeit eingrenzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Unverhältnismäßig hohe und nur auf den kurzfristigen Erfolg ausgerichtete
Vergütungen gepaart mit einem nur sehr geringen persönlichen Haftungsrisiko
sind eine Ursache für die Wirtschafts- und Finanzkrisen der Vergangenheit. Da-
mit können Vergütungssysteme Fehlanreize setzen, wenn kurzfristige Erfolge
mit hohen Boni belohnt werden und Misserfolge auf die Allgemeinheit verla-
gert werden können. Diese Vergütungspraxis zielt leider nicht auf langfristige
Erfolge. Gerade im Finanzsektor hat diese Haltung zu katastrophalen Ergebnis-
sen geführt. Ziel muss es sein, langfristige Unternehmenserfolge zu verfolgen
und zu belohnen. Nach dem Volksentscheid in der Schweiz scheint nun auch in
Deutschland der richtige Zeitpunkt gekommen, um überhöhte Gehälter und Ab-
findungen zu begrenzen und diese am nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens
zu orientieren.

Die Selbstverpflichtungen und bestehenden Regelungen zur Angemessenheit
von Vorstandsvergütungen haben leider keine Verhaltensänderung bei Unter-
nehmenslenkern und hoch bezahlten Investmentbankern ausgelöst. Vergütun-
gen steigen weiter an. Gesetzliche Formulierungen – etwa zur „Üblichkeit“ –
sind sehr unpräzise und damit dehnbar. Es ist deshalb überfällig, überhöhte Ge-
hälter und Phantasieabfindungen wirksam zu begrenzen und am nachhaltigen
Erfolg des Unternehmens zu orientieren.

Allein auf die Stärkung der Hauptversammlung zu setzen, greift viel zu kurz.
Vor allem würden von der Hauptversammlung genehmigte unverhältnismäßige
Abfindungen und überhöhte Gehälter auch weiterhin von der Allgemeinheit der
Steuerzahler mitfinanziert. Eine Beschränkung der steuerlichen Abzugsfähig-
keit von überhöhten Abfindungen und Gehältern ist daher ein zusätzlicher

wichtiger Schritt. Das bisherige Steuerrecht erlaubt, dass Gehälter und Abfin-
dungen unbegrenzt als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Hier ist es die Auf-
gabe der Politik festzulegen, in welchem Ausmaß die Allgemeinheit Manager-
gehälter und -abfindungen über die steuerliche Anrechnung mitfinanzieren
muss.

Drucksache 17/13239 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Darüber hinaus müssen flexible Gehaltsbestandteile begrenzt und Anreizstruk-
turen so ausgerichtet werden, dass sie die nachhaltige Wertsteigerung des Un-
ternehmens und nicht kurzfristige Aktienkursentwicklungen belohnen.

Manager müssen persönlich haften, wenn sie für falsche oder unterlassene
Kapitalmarktinformationen verantwortlich sind.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Mitfinanzierung von überhöhten Gehältern und Abfindungen durch die
Bürgerinnen und Bürger zu begrenzen. Dazu soll

a) der Betriebsausgabenabzug von Abfindungen auf 1 Mio. Euro pro Kopf
begrenzt werden. Verschiedenste Gestaltungsmöglichkeiten wie z. B.
Übergangsgelder oder Aktienoptionen sollen in diese Grenze umfassend
einbezogen werden;

b) der Betriebsausgabenabzug von Gehältern auf 500 000 Euro jährlich pro
Kopf begrenzt werden. Die Begrenzung gilt für alle fixen und variablen
Gehaltsbestandteile;

2. Vorschläge für gesetzliche Regelungen vorzulegen, welche die Gehälter
stärker am langfristigen Erfolg des Unternehmens orientieren. Dazu soll das
Gesamtgehalt höchstens zu einem Viertel variabel, also an den Erfolg ge-
knüpft, sein. Davon sollten alle variablen Bestandteile wie z. B. Boni, Tan-
tiemen und Aktienoptionen erfasst sein. Erfolgsbeteiligungen sollen künftig
grundsätzlich an den langfristigen Erfolg des Unternehmens anknüpfen. Das
bedeutet z. B., dass Aktienoptionen erst nach fünf Jahren ausgeübt werden
dürfen und dass der Bezugswert nicht unter dem Aktienkurs zum Zeitpunkt
der Ausgabe der Aktienoptionen liegen darf. Den Erfolgsbeteiligungen soll
auch die Beteiligung an den Verlusten des Unternehmens gegenüberstehen;

3. Vorschläge für gesetzliche Regelungen vorzulegen, welche die persönliche
Haftung von Vorstandsmitgliedern strikter regeln. Dazu

a) soll die Haftung gegenüber geschädigten Anlegern für falsche Kapital-
marktinformationen ausgeweitet werden;

b) soll die zivilrechtliche Haftung auch dann greifen, wenn das Vorstands-
mitglied von der Fehlerhaftigkeit der Information hätte wissen müssen;

c) sollen die Versicherungsbeiträge zur Managerhaftpflichtversicherung und
im Schadensfall die Selbstbeteiligung zwingend aus dem Gehalt des Vor-
standsmitgliedes geleistet werden, d. h. die Versicherung der Mindest-
selbstbeteiligung soll nicht möglich sein.

Berlin, den 23. April 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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