BT-Drucksache 17/13235

Keine bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr - Internationale Rüstungskontrolle von bewaffneten unbemannten Systemen voranbringen

Vom 24. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13235
17. Wahlperiode 24. 04. 2013

Antrag
der Abgeordneten Agnes Brugger, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen),
Viola von Cramon-Taubadel, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy,
Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln), Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg),
Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Keine bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr – Internationale
Rüstungskontrolle von bewaffneten unbemannten Systemen voranbringen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Vor der Beschaffung von Waffensystemen muss es eine breite Debatte über
die damit verbundenen Risiken geben.

Die Entwicklung und der Einsatz unbemannter Systeme (UMS) durch Streit-
kräfte haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Besonders deutlich
wird dies am Beispiel unbemannter fliegender Systeme (UAV), so genannter
Drohnen, die bereits zahlreiche Staaten zur Überwachung einsetzen. Einige
Staaten verfügen auch über bewaffnete UAV, immer mehr ziehen eine
Bewaffnung dieser Systeme in Betracht. Auch die Bundesregierung hat eine
rasche Beschaffung waffenfähiger Drohnen für die Bundeswehr in Erwägung
gezogen. Mit Verweis auf das Verfahren wurde die Entscheidung im April
dieses Jahres verschoben. Der Bundesminister der Verteidigung hält indes an
der Notwendigkeit von waffenfähigen Drohnen für die Bundeswehr fest.
Eine umfassende Prüfung über die tatsächliche Erforderlichkeit und die Fol-
gen der Bereithaltung fand jedoch nicht statt. Vor der Beschaffung eines
neuen Waffensystems, das weitreichende Auswirkungen auf den Einsatz
militärischer Gewalt hat, muss eine grundsätzliche Debatte über die Notwen-
digkeit sowie auch die Gefahren des neuen Systems stattfinden.

2. Bewaffnete Drohnen drohen, die Hemmschwelle zum Einsatz militärischer
Gewalt zu senken.

Der Rückgriff auf bewaffnete Drohnen droht, die Hemmschwelle zur An-
wendung bewaffneter militärischer Gewalt drastisch zu senken und die be-
rechtigte Zurückhaltung bei politischen Entscheidungen über Militäreinsätze
zu beeinträchtigen. Darüber hinaus besteht die Gefahr eines folgenschweren
Rüstungswettlaufs und zunehmender Proliferation in dieser Waffengattung.

Der zunehmende Einsatz dieser ferngesteuerten Waffensysteme hat schwer-
wiegende Auswirkungen und führt zu einer Entgrenzung des Einsatzes mili-
tärischer Gewalt. Dies zeigen nicht zuletzt die Drohnen, die von den USA im
Rahmen der Terrorismusbekämpfung zu gezielten Tötungen eingesetzt wur-
den und deren Einsatz in den letzten Jahren zahlreiche zivile Opfer gekostet
hat. Sie tragen zur Eskalation bewaffneter Konflikte bei und treiben die Rek-
rutierung neuer Kämpfer in terroristischen Netzwerken in Afghanistan und

Drucksache 17/13235 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Pakistan rasant voran. Die Durchführung solcher Operationen in Ländern
und Regionen außerhalb bewaffneter Konflikte verstößt gegen das Völker-
recht. Die gezielte Tötung von Personen in aller Welt außerhalb von bewaff-
neten Konflikten ist mit dem geltenden Völkerrecht und den Menschenrech-
ten unvereinbar und widerspricht der Gewaltenteilung als rechtsstaatlichem
Grundprinzip. Durch stillschweigendes Dulden dieser Praxis könnte ansons-
ten die Geltungskraft des Völkerrechtes unterminiert werden.

3. Der Einsatz bewaffneter Drohnen wirft grundlegende völkerrechtliche, men-
schenrechtliche und ethische Fragen auf, die dringend geklärt werden müssen.

Die Entwicklung unbemannter bewaffneter Systeme, die zunehmend auto-
matisch operieren, verschärft die völkerrechtlichen, menschenrechtlichen
und ethischen Bedenken. Die Entscheidung über den Einsatz bewaffneter
Gewalt muss immer klar nachvollziehbar sein und darf ausschließlich von
Menschen getroffen werden. Es darf nicht passieren, dass auf den Einsatz
komplexer unbemannter Systeme und die Programmierung von Entschei-
dungsprozessen bei Militäreinsätzen verwiesen wird und dies die Zurech-
nung von Verantwortlichkeit bei Verletzung des humanitären Völkerrechts in
Frage stellt. Ungeklärt ist auch die Frage, wie sich der wachsende Automa-
tisierungsgrad unbemannter Systeme auf die Fähigkeit zur verlässlichen
Unterscheidung von Kombattanten und Nichtkombattanten zum Schutz der
Zivilbevölkerung auswirkt. Es muss verhindert werden, dass bewaffnete
automatisierte Systeme losgelöst von einer nachvollziehbaren Befehlskette
einem Auftrag nachgehen. Die in einigen Staaten geplante Entwicklung
autonomer bewaffneter unbemannter Systeme erfordert deshalb dringend
rüstungskontrollpolitisches Handeln von Deutschland und gleichgesinnten
Staaten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• sich dafür einzusetzen, dass auf Ebene der Vereinten Nationen Regeln und
Begrenzungen für bewaffnete UMS vereinbart werden, um im Rahmen prä-
ventiver Rüstungskontrolle die Aufrüstung und Verbreitung einzudämmen
und einer Zunahme militärischer Gewalt durch ihren Einsatz vorzubeugen;

• für eine Regulierung einzutreten, die sicherstellt, dass die Entscheidung über
den Einsatz bewaffneter Gewalt ausschließlich von Menschen getroffen wird,
und einen Prozess zur Ächtung von autonomen bewaffneten unbemannten
Systemen anzustoßen;

• sich dafür einzusetzen, dass nicht mit dem zu Völkerrecht zu vereinbarende
gezielte Tötungen mit bewaffneten Drohnen beendet werden. Die Bundes-
wehr darf sich an solchen Aktionen nicht, auch nicht mittelbar (z. B. durch
Informationsweitergabe), beteiligen;

• keine bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr zu beschaffen.

Berlin, den 24. April 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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