BT-Drucksache 17/13096

Ressourcenschutz durch Vorgabe einer Mindestnutzungsdauer für technische Produkte

Vom 17. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13096
17. Wahlperiode 17. 04. 2013

Antrag
der Abgeordneten Ralph Lenkert, Karin Binder, Eva Bulling-Schröter, Dr. Barbara
Höll, Caren Lay, Dorothee Menzner, Jens Petermann, Sabine Stüber, Johanna Voß
und der Fraktion DIE LINKE.

Ressourcenschutz durch Vorgabe einer Mindestnutzungsdauer für technische
Produkte

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Abfallrecht sieht seit zwei Jahrzehnten im Rahmen der Produktverantwor-
tung vor, dass Produkte technisch langlebig sein sollen. Am Ende der direkten
Nutzung sind teilweise Wiederwendungsmöglichkeiten oder zumindest gute
Verwertungsmöglichkeiten der Erzeugnisse weitere elementare Anforderungen
an die Kreislaufwirtschaft.

Über die Nutzungszeit von Produkten entscheiden im Wesentlichen die Robust-
heit und die Reparierbarkeit. Qualitativ hochwertige Waren werden lange von
der Erstkäuferin bzw. dem Erstkäufer genutzt, sind robust, leicht wieder in-
standzusetzen und werden zur Nachnutzung weitergereicht. Produkte minderer
Qualität zeigen hingegen schnell Abnutzungserscheinungen und Ausfälle, die
nicht oder nur aufwändig behoben werden können. Eine technische Langlebig-
keit, wie im Kreislaufwirtschaftsgesetz gefordert, ist daher über die Robustheit
und leichte Reparierbarkeit erreichbar.

Die Lebenszeit eines Produktes hängt auch davon ab, wie die Besitzerin bzw.
der Besitzer die Abnutzung und Reparierbarkeit einschätzt. Hersteller planen
bei immer schnelleren Produktzyklen kurze Nutzungen ein und fordern Ver-
braucherinnen und Verbraucher dadurch in immer kürzeren Abständen zu Neu-
käufen auf. Am Ende der Nutzung ist bei technischen Geräten auch die teil-
weise Wiederverwendung von Bauteilen nicht mehr möglich und es bleibt nur
die stoffliche Verwertung.

Recycling löst das Problem des Ressourcenverbrauchs jedoch nur unvollstän-
dig. Die Lebensdauer einer Ware entscheidet daher direkt über die Verschwen-
dung von Ressourcen. Langlebigkeit ist deshalb ein wesentlicher Nachhaltig-
keitsfaktor.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
einen Gesetzentwurf vorzulegen, der

1. den Herstellern von in der Bundesrepublik Deutschland auf den Markt ge-
brachten Gebrauchsgütern gesetzliche Vorgaben über die Feststellung und
Ausweisung einer Mindestnutzungsdauer ihrer Produkte auferlegt;

Drucksache 17/13096 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. die Beweislast für ein Ereignis, das die Mindestnutzungsdauer eines Produk-
tes nicht erreichen lässt, dem Hersteller auferlegt;

3. eine umfängliche Liste von Gebrauchsgütern mit zugewiesener Mindest-
nutzungsdauer enthält. Beispielsweise sind die Mindestnutzungszeiten für
die folgenden technischen Gebrauchsgüter nicht zu unterschreiten:

a) fünf Jahre oder 100 000 km für Personenkraftwagen, mit Ausnahme von
Verschleißteilen,

b) fünf Jahre für Kühlgeräte, Waschmaschinen und Wohnmöbel,

c) drei Jahre für sonstige Küchenmaschinen,

d) drei Jahre für Telekommunikations- und Unterhaltungselektronikgeräte;

4. technisch nicht begründbare Sollbruchstellen und künstlich hervorgerufene
– geplante – Funktionseinbußen, wie beispielsweise Blattzähler zur Funk-
tionseinstellung bei Druckern, verbietet;

5. den leichten Austausch von Verschleiß- oder Verbrauchsteilen sowie die
leichte Reparatur und Wartung möglichst durch die Nutzerin bzw. den
Nutzer sicherstellt;

6. sicherstellt, dass in jedem Fall die jetzige Gewährleistungsfrist von zwei
Jahren erhalten bleibt;

7. die Dokumentation der Lebensdauer von Gebrauchsgütern regelt.

Berlin, den 17. April 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Im jetzigen Recht gilt neben den von den Herstellern freiwillig gegebenen
Garantieleistungen das Gewährleistungsrecht nach der EU-Richtlinie zu be-
stimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchs-
güter (1999/44/EG). In der Richtlinie werden sowohl zur Gewährleistung als
auch zu Garantien unterschiedliche Regelungen getroffen. Daraus ist bereits zu
erkennen, dass ein prinzipieller Unterschied zwischen Gewährleistung und
Garantie besteht, der vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern jedoch nicht
bekannt ist. Häufig wird Gewährleistung und Garantie gleichgesetzt.

Die Gewährleistung bezieht sich auf den mangelfreien Zustand einer Sache
beim Kauf. Im Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie wird definiert, dass der Ver-
käufer dem Verbraucher für jede Vertragswidrigkeit, die zum Zeitpunkt der
Lieferung des Verbrauchsgutes besteht, haftet. Die Gewährleistung gilt 24 Mo-
nate, wobei für die ersten sechs Monate vermutet wird, eventuelle Vertrags-
widrigkeiten hätten bereits beim Kauf bestanden. Diese Aussage wird jedoch
dadurch relativiert, dass diese Vermutung nicht gilt, wenn sie mit der Art des
Gutes oder der Art der Vertragswidrigkeit unvereinbar ist. Entsprechende Rege-
lungen finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Aus den Bestimmungen der Richtlinie über die Gewährleistung lässt sich ein
Anspruch auf die zeitliche Nutzbarkeit eines Gebrauchsguts nur sehr bedingt
ableiten. Im Zweifel urteilt ein Gericht im Rahmen einer Einzelfallentscheidung
und berücksichtigt die Art des Gutes, beispielsweise auch Qualitätsmerkmale

und den Kaufpreis. Die zeitliche Nutzbarkeit kann deshalb ohne Weiteres unter
der Schwelle von sechs Monaten liegen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13096

Eine vom Verkäufer oder Hersteller gegebene Garantie schließt im Normalfall
eine bestimmte zeitliche Nutzbarkeit ein. Die EU-Richtlinie schreibt eine
Garantie jedoch nicht vor, sondern regelt nur bestimmte Rahmenbedingungen
für den Fall, dass ein Hersteller oder Verkäufer eine Garantie freiwillig leistet.
Auch hier finden sich entsprechende Regelungen im BGB.

Die Einführung von Mindestzeiten der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit eines
Produkts würde die Rechtssituation einer Kundin bzw. eines Kunden stärken
und gesetzliche Klarheit schaffen. Gleichzeitig soll der Praxis einiger Unter-
nehmen, die Lebensdauer ihrer Produkte künstlich zu beschränken („geplante
Obsoleszenz“), ein Riegel vorgeschoben werden. Auch Servicefreundlichkeit,
vergleiche Nummer 5 der Forderungen, ist unabdingbar. Es ist nicht akzeptabel,
dass Geräte wie Apple-iPads nach drei Jahren weggeworfen werden, weil die
Akkumulatoren eingelötet sind und sich ohne kostenintensiven Aufwand nicht
austauschen lassen.

Es wird außerdem angeregt, die Auswirkungen von vorgeschriebenen Mindest-
nutzungszeiten auf den Ressourcenverbrauch zu evaluieren und gegebenenfalls,
auch sukzessive, die Zeiten zu verlängern.

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