BT-Drucksache 17/13095

Gesellschaftliche Vielfalt in der Bundeswehr anerkennen

Vom 17. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13095
17. Wahlperiode 17. 04. 2013

Antrag
der Abgeordneten Omid Nouripour, Memet Kilic, Volker Beck (Köln), Marieluise
Beck (Bremen), Agnes Brugger, Viola von Cramon-Taubadel, Thilo Hoppe, Uwe
Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy, Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln), Lisa Paus,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gesellschaftliche Vielfalt in der Bundeswehr anerkennen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundeswehr ist eine der größten staatlichen Institutionen der Bundesrepu-
blik Deutschland. In ihr spiegeln sich gesellschaftliche Veränderungen wider,
und sie trägt gleichzeitig eine Verantwortung dafür, gesellschaftliche Entwick-
lungen aufzunehmen und zu unterstützen.

Der multikulturelle Wandel ist einer der wesentlichen Entwicklungslinien
unserer Gesellschaft. Durch die Immigration der vergangenen fünf Jahrzehnte
wurden unsere kulturelle Prägung und die Bezugspunkte unserer Identität
ebenso pluralisiert wie durch die fortschreitende gesellschaftliche Öffnung hin
zu einer Vielfalt von Lebens- und Weltanschauungsmodellen.

Daher trägt sich der multikulturelle Wandel der Gesellschaft auch im Inneren
der Bundeswehr zu. Dies bereichert die Bundeswehr, bringt ebenso unweiger-
lich Reibungen mit sich und stellt Anforderungen an ihre institutionelle Struk-
tur. Anpassungen sind nötig, um den heterogenen individuellen Identitäten der
Soldatinnen und Soldaten gerecht zu werden, die interkulturelle Kompetenz
einer multikulturellen Truppe zu nutzen und Rekrutinnen und Rekruten aus al-
len sozialen und kulturellen Gruppen der Gesellschaft werben zu können. Nur
so kann sich die Bundeswehr in jeder Hinsicht auf der Höhe einer vielfältigen
Gesellschaft bewegen, die zudem außen- und sicherheitspolitisch mit immer
komplexeren Aufgaben konfrontiert wird.

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind besonderen physischen wie
psychischen Belastungen ausgesetzt. Ihre jeweils individuellen kulturellen und
ethischen Prägungen anzuerkennen, ist Teil eines verantwortungsvollen Um-
gangs mit diesen Herausforderungen. Es ist zudem ein Gebot der Inneren
Führung, die in der Soldatin und dem Soldaten zuerst das Individuum und nicht
einen uniformierten Befehlsempfänger sieht.
Dieser multikulturelle Wandel ist nur ein Teilaspekt der sozialen Herausforde-
rungen für die Bundeswehr. Er steht im Kontext sich wandelnder Voraus-
setzungen in zahlreichen Feldern: veränderte Familienstrukturen, die Gleich-
berechtigung von Frauen in der Truppe oder die Anerkennung unterschiedli-
cher sexueller Identitäten sind hierfür nur einige Beispiele.

Drucksache 17/13095 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Für die Bundeswehr hat die Anpassung an die multikulturelle Realität mehrere
Dimensionen:

a) Nachwuchsgewinnung: Als Armee der Demokratie muss sich die Bundes-
wehr aktiv darum bemühen, Spiegel der Gesellschaft zu sein und Menschen
aller kulturellen Prägungen bereits in der Ansprache gerecht zu werden.
Menschen unterschiedlicher Prägungen sollten innerhalb der Bundeswehr
auf allen Ebenen (also auf allen Rängen und innerhalb aller Dienstgrade)
gleichberechtigt und angemessen vertreten sein. Dieses neue Selbstverständ-
nis von Offenheit und Durchlässigkeit sollte die Bundeswehr bei der An-
sprache an neue Rekrutinnen und Rekruten hervorheben.

b) Einsatz: Im Hinblick auf das veränderte Einsatzprofil der Bundeswehr sind
interkulturelle Kompetenzen für die Angehörigen der deutschen Streitkräfte
immer wichtiger (vgl. Nr. 620 der Zentralen Dienstvorschrift 10/1). Diese
interkulturellen Fähigkeiten können auch durch kulturelle Vielfalt in den eige-
nen Reihen befördert werden.

c) Politische Bildung: Die politische Bildung, insbesondere der Lebenskund-
liche Unterricht, muss inhaltlich und personell den veränderten gesellschaft-
lichen Rahmenbedingungen Rechnung tragen.

d) Religiöse Vielfalt: Der sichtbarste, aber keinesfalls einzige Ausdruck des
multikulturellen Wandels der Bundeswehr ist die steigende religiöse Viel-
falt. Dieser Tatsache wurde bislang nur ansatzweise Rechnung getragen, je-
doch noch nicht bei der Militärseelsorge. Hier ist ein transparenter Umgang
mit dem Personalschlüssel für die Einstellung der Seelsorgerinnen und Seel-
sorger aller Konfessionen dringend geboten.

e) Zunahme des Anteils konfessionsloser Soldatinnen und Soldaten: Die allge-
mein sinkende Zahl von Soldatinnen und Soldaten mit religiösem Bekennt-
nis (allein zwischen 2010 und 2012 gab es einen Rückgang von rund 30 000
Soldatinnen und Soldaten christlichen Glaubens – vgl. Bundestagsdruck-
sache 17/9482) wirft mittelfristig die Frage auf, die bestehenden seelsorge-
rischen Angebote durch niedrigschwellige konfessionsungebundene Ge-
sprächs- und Beratungsangebote zu erweitern bzw. zu ergänzen, in denen
berufsbezogene ethische Fragestellungen erörtert werden können.

f) Diversity Management: Mit der Unterzeichnung der „Charta der Vielfalt“
hat sich die Bundeswehr offiziell zu einem modernen Diversity Manage-
ment bekannt, hat diesem symbolischen Akt aber noch keine Taten folgen
lassen.

g) Antidiskriminierungspolitik: Die wachsende Vielfalt innerhalb der Bundes-
wehr eröffnet Konfliktpotenziale, die ein konsequentes Vorgehen gegen
Rassismus, Intoleranz und Diskriminierung nötig machen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Zusammenarbeit der verschiedenen Instanzen, die sich innerhalb der
Bundeswehr mit Fragen des multikulturellen Wandels befassen, zu verbes-
sern und im Bundesministerium der Verteidigung zu bündeln. Dies betrifft
etwa die Zusammenarbeit der Zentralen Koordinierungsstelle Interkulturelle
Kompetenz (ZKIkK) am Zentrum Innere Führung mit den zuständigen Stel-
len für interkulturelle Beratung im Einsatz, etwa beim Einsatzführungskom-
mando, um die Einbindung interkultureller Kompetenzen von Soldatinnen
und Soldaten im Einsatz effizienter zu gestalten und etwaige Diskriminie-
rungen zu vermeiden;

2. die ZKIkK auch in ihrer neuen organisatorischen Gliederung konsequent

auszubauen, um den vielfältigen Anforderungen, die der multikulturelle
Wandel an die Truppe stellt, gerecht zu werden;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13095

3. die Verpflichtungen der von der Bundeswehrführung unterzeichneten
„Charta der Diversität“ ernstzunehmen und in Zusammenarbeit mit den
Soldatinnen und Soldaten und unter Berücksichtigung der Erfahrungen bei-
spielsweise aus anderen Armeen und aus der freien Wirtschaft ein modernes
„Diversity Management“ innerhalb der Bundeswehr einzurichten. Dafür soll
bis zum Ende des Jahres, gegebenenfalls mit Hilfe einer Arbeitsgruppe, in
der die verschiedenen Dienststellen ebenso präsent sind wie die Vereinigun-
gen von Soldatinnen und Soldaten mit Migrationshintergrund, einen konkre-
ten Arbeitsplan vorgelegt werden. Dabei muss es das Ziel sein, keine un-
nötigen zusätzlichen Strukturen zu schaffen, sondern bestehende für diese
Fragen zu sensibilisieren und diese Aktivitäten zu vernetzen;

4. die Lehrgänge für Lebenskundlichen Unterricht in ihren Inhalten konsequent
an die Realität und die Perspektiven einer kulturell und religiös heterogeneren
Truppe anzupassen und nicht mehr exklusiv durch Beauftragte der beiden
christlichen Kirchen durchführen zu lassen und damit für alle Soldatinnen und
Soldaten Angebote ethischer Bildung zu schaffen;

5. der staatlichen Neutralitätspflicht nachkommend grundsätzlich für gläubige
Soldatinnen und Soldaten aller Glaubensrichtungen Militärseelsorge durch
Vertreterinnen und Vertreter ihrer Glaubensgemeinschaft einzurichten. Dafür
soll beispielsweise mit bestehenden Religionsgemeinschaften, wie dem Zen-
tralrat der Juden in Deutschland und der Alevitischen Gemeinde Deutsch-
lands e. V. (AABF) der Dialog über eine angemessene seelsorgerische Be-
treuung ihrer Soldatinnen und Soldaten aufgenommen werden, bzw. dieser
fortgeführt werden, mit der Perspektive, bei Bedarf eine entsprechende Mili-
tärseelsorge einzurichten. Für Muslime, als derzeit mit Abstand größte
nichtchristliche Glaubensrichtung, soll eine Militärseelsorge eingerichtet
und dafür ein Beirat einberufen werden. Dieser Beirat soll, bis zur Heraus-
bildung einer/mehrerer islamischer Religionsgemeinschaft(en), als vorüber-
gehender Verhandlungspartner für die Einrichtung einer muslimischen Mili-
tärseelsorge dienen. Als Grundlage für die Einstellung von Militärseelsorge-
rinnen und -seelsorger ist die Richtzahl über das quantitative Verhältnis zu
betreuender soldatischer Angehöriger einer Religion/Konfession und ent-
sprechender Seelsorgerinnen und Seelsorger einer öffentlich nachvollzieh-
baren Evaluation zu unterziehen;

6. die Interessen der nicht gläubigen Soldatinnen und Soldaten zu berücksich-
tigen und falls gewünscht im Dialog mit ihnen niedrigschwellige Gesprächs-
und Beratungsangebote einzurichten, in denen berufsbezogene ethische Fra-
gestellungen erörtert werden können;

7. in den „Beirat für Fragen der Inneren Führung“ als ständige Gäste Vertrete-
rinnen und Vertreter

a) neben den beiden christlichen Kirchen und dem Zentralrat der Juden in
Deutschland, auch andere Glaubensgemeinschaften (entsprechend der
o. g. Richtzahlen) sowie

b) einer anerkannten weltanschaulichen Körperschaft

c) einer Migrantinnen-/Migrantenselbstorganisation zu berufen;

8. aktiv mit den Vertreterinnen und Vertretern von Migrantinnen-/Migranten-
organisationen innerhalb der Bundeswehr zusammenzuarbeiten.

Berlin, den 16. April 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Drucksache 17/13095 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung im Jahr
2003 einen wichtigen staatsrechtlichen Hinweis auf den Umgang mit der verän-
derten gesellschaftlichen Realität gegeben: Bezugnehmend auf die Recht-
sprechung des Bundesverwaltungsgerichts schrieb Karlsruhe den staatlichen
Behörden ins Stammbuch, dass die Pflicht des Staates zur Neutralität und Zu-
rückhaltung deswegen zunehmend an Bedeutung gewänne, weil die kulturelle
und religiöse Vielfalt in unserem Land stetig wachse und auch die Zahl be-
kenntnisloser Staatsbürgerinnen und Staatsbürger (BVerfG, Urteil vom 24. Sep-
tember 2003, Az.: 2 BvR 1436/02, „Kopftuch“).

Die Bundeswehr hat dies grundsätzlich anerkannt. Durch die Gründung der
Zentralen Koordinierungsstelle Interkulturelle Kompetenz (ZKIkK) am Zen-
trum Innere Führung, durch eine Reihe von Tagungen und die Aufnahme der
multikulturellen Perspektive in Dokumente wie das Positionspapier „Perspekti-
ven der Ausbildung SK“ und durch Publikationen wie die Arbeitspapiere
„Deutsche Staatsbürger muslimischen Glaubens in der Bundeswehr“ und
„Deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens in der Bundeswehr“. Auch die
Unterzeichnung der Charta der Vielfalt gehört dazu.

Doch bislang ist vieles bloßes Lippenbekenntnis geblieben. Die ZKikK ist dras-
tisch unterbesetzt angesichts ihres enorm wichtigen und umfangreichen Aufga-
benspektrums. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegrüßt ihre Zusam-
menführung mit dem Dezernat ethische Bildung am Zentrum Innere Führung.
Dennoch ist sie noch immer viel zu wenig mit anderen Instanzen, vor allem in
der operativen Führung und im Bundesministerium vernetzt. Dadurch wird das
große Potenzial interkultureller Kompetenz in der Truppe viel zu wenig ge-
nutzt. Die betroffenen Soldatinnen und Soldaten äußern Unverständnis darüber,
dass ihre Fähigkeiten und Kenntnisse nicht systematisch erfasst und nutzbar ge-
macht werden. Das könnte sowohl ihre Stellung in der Truppe stärken als auch
die Einsätze der Bundeswehr für alle Soldatinnen und Soldaten sicherer und ef-
fizienter gestalten. Dies ist nicht nur ein Beitrag für die Vermeidung von Feh-
lern in Einsätzen, sondern auch ein Zeichen der Wertschätzung der vielfältigen
individuellen Kompetenzen der Soldatinnen und Soldaten.

Es muss auch ein Ziel dieser Maßnahmen sein, Soldatinnen und Soldaten mit
Migrationshintergrund in allen Hierarchiestufen der Bundeswehr zu fördern.

Für das Diversity Management fehlen ebenso konkrete Pläne wie für eine Neu-
organisation des lebenskundlich-ethischen Unterrichts. Wenn es auch mittler-
weile die Möglichkeit gibt, „dass im Bedarfsfall auch von anderen berufs-
ethisch besonders qualifizierten Lehrkräften lebenskundlicher Unterricht erteilt
werden darf“, bescheidet die Bundesregierung bislang lapidar, dass „sich ein
Bedarf bislang nicht ergeben hat“ (Bundestagsdrucksache 17/9482, Antwort
der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Frage 14), was sich angesichts
der drastischen Umbrüche in der Struktur der Truppe wie ein Fall von Realitäts-
verweigerung ausnimmt.

Unabhängig von der Offenheit der jeweiligen Lehrkräfte und der tatsächlichen
Gestaltung des Unterrichts ist es unabdingbar, dass dieses Monopol beendet
wird, um in diesem Unterricht vielfältigere Perspektiven und Bezugspersonen
aus verschiedenen Kontexten anbieten zu können. Dies kann auch mit einer
Umstellung des Lehrplans einhergehen, der auch Punkte beinhalten muss, der
den kirchlich gebundenen Lehrkräften mitunter Schwierigkeiten bereitete, etwa
der Umgang mit Homosexualität.

Auch aus dem bundeswehreigenen Positionspapier „Ausbildung Streitkräfte“,
demzufolge durch die immer heterogenere Struktur der Rekrutenschaft die

Ausbildung grundlegend überarbeitet werden müsse, folgen keine konkreten
Schritte (Bundestagsdrucksache 17/9482, Antwort der Bundesregierung auf die
Kleine Anfrage zu Frage 11).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/13095

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind von ihrem Auftrag – aber
auch im Zuge ihrer beruflichen Praxis – sehr häufig mit grundlegenden ethi-
schen und moralischen Fragestellungen konfrontiert. Daher sollten allen Ange-
hörigen der Bundeswehr – unabhängig welcher Religionsgemeinschaft sie an-
gehören – auch adäquate Angebote gemacht werden, in denen sie diese berufs-
bezogenen Fragen erörtern können.

Obwohl bei der Erwägung der Einstellung nichtchristlicher Militärseelsorgerin-
nen/-seelsorger auf den Schlüssel von 1 500 Soldatinnen und Soldaten für eine
Seelsorgerin/einen Seelsorger verwiesen wird, spielt dieser Schlüssel bei der
Berechnung der Zahl der evangelischen und katholischen Seelsorgerinnen und
Seelsorger nur noch eine untergeordnete Rolle. Für das Jahr 2012 stehen
111 645 katholischen und evangelischen Soldatinnen und Soldaten 166 Militär-
seelsorgerinnen und -seelsorger gegenüber, also eine/einer für 673 Soldatinnen
und Soldaten. „Die rein arithmetische Betrachtung des Verhältnisses zwischen
der Anzahl der eingesetzten Militärgeistlichen und der zu betreuenden Solda-
tinnen und Soldaten stellen nur einen Aspekt bei der Planung des Personalan-
satzes dar“, heißt es zur Erklärung.

Diese Aspekte sollten auch für nichtchristliche Religionen bzw. neue Modelle
der konfessionsungebundenen Betreuung Berücksichtigung finden und dazu
führen, dass der geänderten religiösen Struktur der Truppe effektiv Rechnung
getragen wird. Das multireligiöse Modell der französischen Streitkräfte, in
denen mehrere Dutzend jüdische und muslimische Seelsorgerinnen und Seel-
sorger Dienst tun, kann hierbei als positives Beispiel dienen.

Insbesondere die Einstellung einer/eines islamischen Militärgeistlichen, die in
verschiedenen Befragungen von den muslimischen Soldatinnen und Soldaten
gefordert wird, wäre auch ein wichtiges öffentliches Zeichen für die institu-
tionalisierte Anerkennung des islamischen Lebens in Deutschland. Sie trägt der
Tatsache Rechnung, dass die Muslime derzeit die größte nichtchristliche Gruppe
von Gläubigen in der Bundeswehr ist. Ein erster Schritt könnte dabei die Einstel-
lung einer/eines islamischen Militärgeistlichen am Zentrum für Innere Führung
sein, wo er oder sie als Ansprechpartner oder -partnerin für die zahlreichen all-
täglichen Fragen dienen könnte, die nur eine/ein islamische/islamischer Geist-
liche/Geistlicher mit der nötigen Autorität religiös verbindlich klären kann. Mittel-
fristig sollten islamische Geistliche an der Seite ihrer Kolleginnen und Kollegen
aus den christlichen Glaubensgemeinschaften auch einsatzbegleitend tätig sein.

Aber auch die wachsende Zahl nichtreligiöser Soldatinnen und Soldaten hat
Bedarf an einer Form von Betreuung, die heute von der Militärseelsorge nicht
abgedeckt wird. Hier besteht ein Ergänzungsbedarf zu den bestehenden Seel-
sorgemodellen, damit konfessionslose Bundeswehrangehörige ethische Frage-
stellungen, die sich aus den Besonderheiten ihres beruflichen Auftrags und All-
tags ergeben, mit kompetenten Fachleuten erörtern können.

Auch in der Bundeswehr kommt es – zum Teil auch unter Beteiligung von Offi-
zierinnen und Offizieren – zu rassistischen oder fremdenfeindlichen Vorfällen.
Auch wenn die diesbezüglichen Zahlen innerhalb der Bundeswehr im Vergleich
zu außerhalb nicht höher liegen – so muss doch klar sein: Jeder Vorfall ist einer
zu viel. Rassismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit dürfen in der
Truppe keinen Platz mehr haben. Sie widersprechen in hohem Maße den Grund-
sätzen von Kameradschaft und Zusammenhalt und gefährden die Auftragserfül-
lung. Wenn sie ihre positive Bilanz konsequent verbessert und fremdenfeindliche
Verstöße offen aufklärt und konsequent ahndet, könnte die Bundeswehr, die als
institutionelles Ziel die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundord-
nung hat, nicht nur ein wichtiger Bestandteil einer pluralistischen Gesellschaft,
sondern sogar ein Motor für Integration und friedliches Zusammenleben sein.

Dazu gehört auch ein Bekenntnis zu religiösem und kulturellem Pluralismus in
Traditionspflege und Brauchtum der Truppe.

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