BT-Drucksache 17/12879

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/12034 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft

Vom 20. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12879
17. Wahlperiode 20. 03. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/12034 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes
und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft

A. Problem

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 24. Januar 2012 (1 BvR
1299/05) eine Verfassungsbeschwerde gegen die gesetzlichen Regelungen des
Telekommunikationsgesetzes (TKG) zur Speicherung und Verwendung von Te-
lekommunikationsdaten im Wesentlichen zurückgewiesen und festgestellt, dass
diese Regelungen, soweit sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht
entsprechen, übergangsweise bis längstens Ende Juni 2013 angewendet werden
dürfen.

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde waren insbesondere die Verfassungs-
mäßigkeit der Regelungen über die Verpflichtung geschäftsmäßiger Anbieter
von Telekommunikationsdiensten zur Speicherung bestimmter (Bestands-)Da-
ten (§ 111 TKG) sowie zur Beauskunftung dieser Daten im Wege des automa-
tisierten oder manuellen Auskunftsverfahrens (§§ 112, 113 TKG).

Zu dem manuellen Auskunftsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht fest-
gestellt, dass die entsprechenden Vorschriften unter zweifacher Maßgabe in
verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Zum
einen bedürfe es für den Abruf der Daten qualifizierter Rechtsgrundlagen, die
selbst eine Auskunftspflicht der Telekommunikationsunternehmen normenklar
begründen. Zum anderen dürfe die Vorschrift mangels entsprechend normen-
klarer Regelung des damit verbundenen Eingriffs in Artikel 10 Absatz 1 des
Grundgesetzes nicht zur Zuordnung dynamischer Internetprotokoll-Adressen
angewendet werden.

Zudem hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der in § 113 Absatz 1

Satz 2 TKG unabhängig von den Voraussetzungen von deren Nutzung zugelas-
sene Zugriff auf Zugangssicherungscodes in der vorliegenden gesetzlichen Aus-
gestaltung mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung unverein-
bar ist.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat insbesondere Auswirkun-
gen auf die Bestandsdatenauskunft (Auskunft u. a. über Name und Anschrift
des Anschlussinhabers, zugeteilte Rufnummern und andere Anschlusskennun-

Drucksache 17/12879 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gen), die ein unverzichtbares Ermittlungsinstrument für Strafverfolgungs- und
Sicherheitsbehörden ist.

Es besteht daher Handlungsbedarf.

B. Lösung

Die materiellen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die Be-
standsdatenauskunft werden einerseits durch Änderung des § 113 TKG umge-
setzt. Um die vom Bundesverfassungsgericht geforderten spezifischen Erhe-
bungsbefugnisse in den jeweiligen Fachgesetzen zu schaffen, werden § 113
TKG, die §§ 7, 20b, 20w und 22 des Bundeskriminalamtgesetzes, die §§ 33
und 70 des Bundespolizeigesetzes (BPolG), die §§ 8c und 8d des Bundesver-
fassungsschutzgesetzes, die §§ 7, 15, 23g und 27 des Zollfahndungsdienstge-
setzes (ZFdG) geändert. Weiterhin werden § 100j der Strafprozessordnung,
§ 22a BPolG, § 41a ZFdG, § 2b des Gesetzes über den Bundesnachrichten-
dienst und § 4b des Gesetzes über den militärischen Abschirmdienst neu einge-
fügt und § 23f ZFdG wird gestrichen.

Da für den Bereich des Gefahrenabwehrrechts die Gesetzgebungskompetenz
bei den Ländern liegt, ist § 113 TKG entsprechend offen formuliert. Die Anpas-
sung der Landespolizeigesetze bleibt den Landesgesetzgebern überantwortet.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die jeweils betroffenen Unternehmen entsteht gegenüber der bisherigen Re-
gelung kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand. Für die etwa 16 größten Dienstan-
bieter entsteht durch die Einführung der elektronischen Schnittstelle durch
§ 113 Absatz 5 TKG ein zusätzlicher Investitionsaufwand, der allerdings durch
Einsparungen infolge einer zügigeren und Personalaufwand einsparenden Ab-
wicklung der Auskunftsersuchen kompensiert werden kann. Der Aufwand für
die Auskunftserteilung wird den betroffenen Unternehmen nach § 23 des Jus-
tizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entschädigt.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Ein Erfüllungsaufwand der Verwaltung entsteht nicht.
F. Weitere Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12879

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/12034 mit folgenden Maßgaben, im Üb-
rigen unverändert anzunehmen:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 1 wird wie folgt geändert:

aa) Absatz 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

„Die in eine Auskunft aufzunehmenden Daten dürfen auch anhand ei-
ner zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-
Adresse bestimmt werden; hierfür dürfen Verkehrsdaten auch automa-
tisiert ausgewertet werden.“

bb) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aaa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Die Auskunft darf nur erteilt werden, soweit eine in Absatz 3
genannte Stelle dies in Textform im Einzelfall zum Zweck der
Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Ab-
wehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung
oder für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der in Absatz 3
Nummer 3 genannten Stellen unter Angabe einer gesetzlichen
Bestimmung verlangt, die ihr eine Erhebung der in Absatz 1 in
Bezug genommenen Daten erlaubt; an andere öffentliche und
nichtöffentliche Stellen dürfen Daten nach Absatz 1 nicht über-
mittelt werden.“

bbb) Folgender Satz wird angefügt:

„Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Auskunftsverlan-
gens tragen die in Absatz 3 genannten Stellen.“

cc) Absatz 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Über das Auskunftsersuchen und die Auskunftserteilung haben die
Verpflichteten gegenüber den Betroffenen sowie Dritten Stillschwei-
gen zu wahren.“

b) Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

‚3. § 149 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Nummer 32 werden die folgenden Nummern 33 bis 35
eingefügt:

„33. entgegen § 113 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz Daten
nach § 113 Absatz 1 Satz 2 übermittelt,

34. entgegen § 113 Absatz 4 Satz 1 dort genannte Daten
nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzei-
tig übermittelt,

35. entgegen § 113 Absatz 4 Satz 2 Stillschweigen nicht
wahrt oder“.

bb) Die bisherige Nummer 33 wird Nummer 36, die Wörter „§ 113

Abs. 1 Satz 1 oder 2,“ werden gestrichen und wird am Ende
das Komma durch einen Punkt ersetzt.

Drucksache 17/12879 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

cc) Die bisherigen Nummern 34 und 35 werden aufgehoben.

b) In Absatz 2 Satz 1 wird die Angabe „29, 30a und 34“ durch die An-
gabe „29, 30a und 33“ ersetzt.‘

2. Artikel 2 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem be-
stimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt
werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes).“

b) Nach Absatz 2 werden die folgenden Absätze 3 und 4 eingefügt:

„(3) Auskunftsverlangen nach Absatz 1 Satz 2 dürfen nur auf Antrag
der Staatsanwaltschaft durch das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr
im Verzug kann die Anordnung auch durch die Staatsanwaltschaft oder ih-
re Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) getrof-
fen werden. In diesem Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich
nachzuholen. Die Sätze 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn der Be-
troffene vom Auskunftsverlangen bereits Kenntnis hat oder haben muss
oder wenn die Nutzung der Daten bereits durch eine gerichtliche Entschei-
dung gestattet wird. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 4 ist ak-
tenkundig zu machen.

(4) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und des
Absatzes 2 über die Beauskunftung zu benachrichtigen. Die Benachrich-
tigung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der Zweck der Auskunft nicht
vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Be-
lange Dritter oder der betroffenen Person selbst entgegenstehen. Wird die
Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 3 von ihr ab-
gesehen, sind die Gründe aktenkundig zu machen.“

c) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 5.

3. Artikel 3 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 1 wird wie folgt geändert:

aa) Buchstabe a wird wie folgt geändert:

aaa) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

„(4) Die Auskunft nach Absatz 3 darf auch anhand einer zu ei-
nem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-
Adresse verlangt werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommu-
nikationsgesetzes).“

bbb) Nach Absatz 4 werden die folgenden Absätze 5 und 6 eingefügt:

„(5) Auskunftsverlangen nach Absatz 3 Satz 2 dürfen nur auf
Antrag des Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder seines
Vertreters durch das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im
Verzug kann die Anordnung durch den Präsidenten des Bundes-
kriminalamtes oder seinen Vertreter getroffen werden. In diesem
Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
Die Sätze 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn der Betroffene
vom Auskunftsverlangen bereits Kenntnis hat oder haben muss
oder wenn die Nutzung der Daten bereits durch eine gerichtliche
Entscheidung gestattet wird. Das Vorliegen der Voraussetzungen

nach Satz 4 ist aktenkundig zu machen. § 20v Absatz 2 gilt ent-
sprechend.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12879
(6) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2
und des Absatzes 4 über die Beauskunftung zu benachrichtigen.
Die Benachrichtigung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der
Zweck der Auskunft nicht vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr
überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffe-
nen Person selbst entgegenstehen. Wird die Benachrichtigung
nach Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 3 von ihr abgesehen,
sind die Gründe aktenkundig zu machen.“

ccc) Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 7.

bb) In Buchstabe b wird die Angabe „6 bis 9“ durch die Angabe „8 bis 11“
ersetzt.

b) Nummer 2 wird wie folgt geändert:

aa) Buchstabe a wird wie folgt geändert:

aaa) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

„(4) Die Auskunft nach Absatz 3 darf auch anhand einer zu ei-
nem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-
Adresse verlangt werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommu-
nikationsgesetzes).“

bbb) Nach Absatz 4 werden die folgenden Absätze 5 und 6 eingefügt:

„(5) Auskunftsverlangen nach Absatz 3 Satz 2 dürfen nur auf
Antrag des Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder seines
Vertreters durch das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im
Verzug kann die Anordnung durch den Präsidenten des Bundes-
kriminalamtes oder seinen Vertreter getroffen werden. In diesem
Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
Die Sätze 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn der Betroffene
vom Auskunftsverlangen bereits Kenntnis hat oder haben muss
oder wenn die Nutzung der Daten bereits durch eine gerichtliche
Entscheidung gestattet wird. Das Vorliegen der Voraussetzungen
nach Satz 4 ist aktenkundig zu machen.

(6) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2
und des Absatzes 4 über die Beauskunftung zu benachrichtigen.
Die Benachrichtigung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der
Zweck der Auskunft nicht vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr
überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffe-
nen Person selbst entgegenstehen. Wird die Benachrichtigung
nach Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 3 von ihr abgesehen,
sind die Gründe aktenkundig zu machen.“

ccc) Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 7.

bb) In Buchstabe b wird die Angabe „6“ durch die Angabe „8“ ersetzt.

c) Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

‚3. § 22 wird wie folgt gefasst:

㤠22
Erhebung personenbezogener Daten

(1) Das Bundeskriminalamt kann personenbezogene Daten erhe-
ben, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 5 erforderlich
ist. § 21 Absatz 3 und 4 des Bundespolizeigesetzes gilt entsprechend.

(2) Soweit dies für die Aufgabenwahrnehmung nach § 5 des Bun-

deskriminalamtgesetzes erforderlich ist, darf von demjenigen, der ge-

Drucksache 17/12879 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
schäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mit-
wirkt, Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 des Telekommuni-
kationsgesetzes erhobenen Daten verlangt werden (§ 113 Absatz 1
Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes). Bezieht sich das Auskunfts-
verlangen nach Satz 1 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf End-
geräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder
hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 113
Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes), darf die Auskunft
nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die
Nutzung der Daten vorliegen.

(3) Die Auskunft nach Absatz 2 darf auch anhand einer zu einem
bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt
werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes).

(4) Auskunftsverlangen nach Absatz 2 Satz 2 dürfen nur auf Antrag
des Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder seines Vertreters durch
das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die An-
ordnung durch den Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder seinen
Vertreter getroffen werden. In diesem Fall ist die gerichtliche Ent-
scheidung unverzüglich nachzuholen. Die Sätze 1 bis 3 finden keine
Anwendung, wenn der Betroffene vom Auskunftsverlangen bereits
Kenntnis hat oder haben muss oder wenn die Nutzung der Daten be-
reits durch eine gerichtliche Entscheidung gestattet wird. Das Vorlie-
gen der Voraussetzungen nach Satz 4 ist aktenkundig zu machen.
§ 20v Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 und
des Absatzes 3 über die Beauskunftung zu benachrichtigen. Die Be-
nachrichtigung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der Zweck der
Auskunft nicht vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende
schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst ent-
gegenstehen. Wird die Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt
oder nach Satz 3 von ihr abgesehen, sind die Gründe aktenkundig zu
machen.

(6) Auf Grund eines Auskunftsverlangens nach Absatz 2 oder 3 hat
derjenige, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder
daran mitwirkt, die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten un-
verzüglich zu übermitteln. Für die Entschädigung der Diensteanbieter
ist § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entspre-
chend anzuwenden.“‘

4. Artikel 4 Nummer 1 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem be-
stimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt
werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes).“

b) Nach Absatz 2 werden die folgenden Absätze 3 und 4 eingefügt:

„(3) Auskunftsverlangen nach Absatz 1 Satz 2 dürfen nur auf Antrag
des Leiters der in der Rechtsverordnung nach § 58 Absatz 1 bestimmten
Bundespolizeibehörde oder seines Vertreters durch das Gericht angeord-
net werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung durch den Leiter
der in der Rechtsverordnung nach § 58 Absatz 1 bestimmten Bundespoli-
zeibehörde oder seinen Vertreter getroffen werden. In diesem Fall ist die

gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Die Sätze 1 bis 3

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/12879

finden keine Anwendung, wenn der Betroffene vom Auskunftsverlangen
bereits Kenntnis hat oder haben muss oder wenn die Nutzung der Daten
bereits durch eine gerichtliche Entscheidung gestattet wird. Das Vorliegen
der Voraussetzungen nach Satz 4 ist aktenkundig zu machen. § 28 Absatz 3
Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(4) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und des
Absatzes 2 über die Beauskunftung zu benachrichtigen. Die Benachrich-
tigung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der Zweck der Auskunft nicht
vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Be-
lange Dritter oder der betroffenen Person selbst entgegenstehen. Wird die
Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 3 von ihr ab-
gesehen, sind die Gründe aktenkundig zu machen.“

c) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 5.

5. Artikel 5 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 2 wird wie folgt geändert:

aa) Absatz 6 wird wie folgt gefasst:

„(6) Die Auskunft nach Absatz 5 darf auch anhand einer zu einem
bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt
werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes).“

bb) Nach Absatz 6 werden die folgenden Absätze 7 und 8 eingefügt:

„(7) Auskunftsverlangen nach Absatz 5 Satz 2 dürfen nur auf An-
trag des Behördenleiters oder seines Vertreters durch das Gericht an-
geordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung durch
den Behördenleiter oder seinen Vertreter getroffen werden. In diesem
Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Die
Sätze 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn der Betroffene vom Aus-
kunftsverlangen bereits Kenntnis hat oder haben muss oder wenn die
Nutzung der Daten bereits durch eine gerichtliche Entscheidung ge-
stattet wird. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 4 ist akten-
kundig zu machen. § 18 Absatz 3 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(8) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 5 Satz 2 und
des Absatzes 6 über die Beauskunftung zu benachrichtigen. Die Be-
nachrichtigung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der Zweck der
Auskunft nicht vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende
schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst ent-
gegenstehen. Wird die Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt
oder nach Satz 3 von ihr abgesehen, sind die Gründe aktenkundig zu
machen.“

cc) Der bisherige Absatz 7 wird Absatz 9.

b) Nummer 3 Buchstabe c wird wie folgt geändert:

aa) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Die Auskunft nach Absatz 2 darf auch anhand einer zu einem
bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt
werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes).“

bb) Nach Absatz 3 werden die folgenden Absätze 4 und 5 eingefügt:

„(4) Auskunftsverlangen nach Absatz 2 Satz 2 dürfen nur auf An-
trag des Behördenleiters oder seines Vertreters durch das Gericht an-
geordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung durch

den Behördenleiter oder seinen Vertreter getroffen werden. In diesem

Drucksache 17/12879 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Die
Sätze 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn der Betroffene vom Aus-
kunftsverlangen bereits Kenntnis hat oder haben muss oder wenn die
Nutzung der Daten bereits durch eine gerichtliche Entscheidung ge-
stattet wird. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 4 ist akten-
kundig zu machen. § 18 Absatz 3 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(5) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 und
des Absatzes 3 über die Beauskunftung zu benachrichtigen. Die Be-
nachrichtigung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der Zweck der
Auskunft nicht vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende
schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst ent-
gegenstehen. Wird die Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt
oder nach Satz 3 von ihr abgesehen, sind die Gründe aktenkundig zu
machen.“

cc) Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 6.

c) In Nummer 6 wird die Angabe „5 bis 7“ durch die Angabe „5 bis 9“ er-
setzt.

d) In Nummer 7 wird die Angabe „5 bis 7“ durch die Angabe „5 bis 9“ und
die Angabe „2 bis 4“ durch die Angabe „2 bis 6“ ersetzt.

6. Artikel 6 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem
bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt
werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes). Für
Auskunftsverlangen nach Absatz 1 Satz 2 gilt § 8b Absatz 1 Satz 1 und 2
und Absatz 2 entsprechend.“

b) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:

„(3) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und
des Absatzes 2 Satz 1 über die Beauskunftung zu benachrichtigen. Die Be-
nachrichtigung erfolgt, soweit und sobald eine Gefährdung des Zwecks
der Auskunft und der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des
Bundes oder eines Landes ausgeschlossen werden können. Sie unter-
bleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der be-
troffenen Person selbst entgegenstehen. Wird die Benachrichtigung nach
Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 3 von ihr abgesehen, sind die Gründe
aktenkundig zu machen.“

c) Die bisherigen Absätze 3 bis 5 werden die Absätze 4 bis 6.

7. In Artikel 7 wird die Angabe „Absatz 4“ durch die Angabe „Absatz 5“ er-
setzt.

8. In Artikel 8 Nummer 2 wird die Angabe „Absatz 4“ durch die Angabe „Ab-
satz 5“ ersetzt.

9. Artikel 10 wird wie folgt geändert:

a) Die Wörter „Tag nach der Verkündung“ werden durch die Angabe
„1. Juli 2013“ ersetzt.

b) Folgender Satz wird angefügt:

„Die Bundesregierung berichtet dem Bundestag zum 31. Dezember 2015

über den Stand der Einführung des Internetprotokolls Version 6 durch

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/12879

Diensteanbieter und die Auswirkungen auf den Schutz der Grundrechte
und die Ermittlungsmöglichkeiten der in § 113 des Telekommunikations-
gesetzes benannten Stellen.“

Berlin, den 20. März 2013

Der Innenausschuss

Frank Hofmann (Volkach)
Stellvertretender Vorsitzender

Armin Schuster (Weil am Rhein)
Berichterstatter

Michael Hartmann (Wackernheim)
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

Drucksache 17/12879 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Innenausschuss in seiner 95. Sitzung am 11. März 2013

durchgeführt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung,
an der sich sieben Sachverständige beteiligt haben, wird auf
das Protokoll der 95. Sitzung verwiesen (Protokoll 17/95).
Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 99. Sitzung am
20. März 2013 abschließend beraten und empfiehlt mit den

Zu Doppelbuchstabe cc

Durch die Änderung wird klargestellt, dass Stillschweigen
nicht nur hinsichtlich der Auskunftserteilung, sondern auch
hinsichtlich des Auskunftsersuchens zu wahren ist. Die
Bericht der Abgeordneten Armin Schuster (Weil am Rhein), Michael Hartmann
(Wackernheim), Gisela Piltz, Ulla Jelpke und Dr. Konstantin von Notz

I. Zum Verfahren
1. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/12034 wurde in der
219. Sitzung des Deutschen Bundestages am 31. Januar
2013 an den Innenausschuss federführend sowie an den
Rechtsauschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Techno-
logie und den Ausschuss für Kultur und Medien zur Mitbe-
ratung überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat in seiner 122. Sitzung am
20. März 2013 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den
Gesetzentwurf in der Fassung des Änderungsantrags auf
Ausschussdrucksache 17(4)691 (neu) anzunehmen, wobei
zuvor der Änderungsantrag mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. angenommen wurde.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat in
seiner 100. Sitzung am 20. März 2013 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung
des Änderungsantrags auf Ausschussdrucksache 17(4)691
(neu) empfohlen. Zuvor wurde der Änderungsantrag mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. angenom-
men.

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat in seiner
83. Sitzung am 20. März 2013 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfohlen, den Gesetzentwurf in der Fassung des Ände-
rungsantrags auf Ausschussdrucksache 17(4)691 (neu) an-
zunehmen, wobei zuvor der Änderungsantrag mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. angenommen
wurde.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 93. Sitzung am 20. Fe-
bruar 2013 eine öffentliche Anhörung zu der Drucksache
17/12034 beschlossen. Die öffentliche Anhörung hat der

Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetz-
entwurfs auf Drucksache 17/12034 in der Fassung des Än-
derungsantrags auf Ausschussdrucksache 17(4)691 (neu).
Zuvor wurde der Änderungsantrag mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stim-
men der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE. angenommen.

II. Zur Begründung
1. Zur Begründung wird allgemein auf Drucksache 17/12034
hingewiesen. Die vom Innenausschuss auf Grundlage des
Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
FDP auf Ausschussdrucksache 17(4)691 (neu) empfohlenen
Änderungen begründen sich wie folgt:

Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a

Zu Doppelbuchstabe aa

Durch die Änderung wird klargestellt, dass die Bestands-
datenanfrage nach einer IP-Adresse immer anhand eines
konkreten Zeitpunkts erfolgen muss, zu dem die IP-Adresse
einem Nutzer zugewiesen war.

Zu Doppelbuchstabe bb

Durch die Änderungen werden einerseits die materiellen
Grenzen der jeweils bereichsspezifisch zu schaffenden Be-
fugnisnormen klargestellt. Im Übrigen wird im Hinblick auf
die Pflicht des Diensteanbieters nach § 113 Absatz 5 Satz 3
in Verbindung mit Absatz 2 klargestellt, dass dieser ledig-
lich die Einhaltung der formalen Voraussetzungen, insbe-
sondere die Angabe der dem Ersuchen zugrunde liegenden
gesetzlichen Bestimmung zu prüfen hat. Die materielle Prü-
fung, ob die Voraussetzungen der gesetzlichen Bestimmung
erfüllt sind, obliegt alleine der anfragenden berechtigten
Stelle. Durch den zweiten Halbsatz wird klargestellt, dass
eine Übermittlung an andere als die berechtigten Stellen
nicht zulässig ist. Diese Ergänzung entspricht der bisherigen
Rechtslage und ist Voraussetzung für die Normierung einer
entsprechend Bußgeldvorschrift.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Durch den Satz wird klargestellt, dass trotz der formellen
Prüfpflicht der Diensteanbieter die rechtliche Verantwor-
tung für die Zulässigkeit der Abfrage bei den abfragenden
Behörden liegt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/12879
Pflicht zur Übermittlung von Daten nach § 113 Absatz 4
Satz 1 bezieht sich im Übrigen entsprechend der im deut-
schen Recht üblichen Systematik nur auf solche Daten, die
zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens der berechtigten
Stelle beim Verpflichteten bereits vorhanden sind.

Zu Buchstabe b

Durch die Änderung wird die bisher in § 149 enthaltene
Bußgeldandrohung für den Fall, dass Zugangssicherungs-
codes an für die Bestandsdatenabfrage nicht autorisierte
Stellen oder Dritte weitergegeben werden, wieder aufge-
nommen. In der Fassung des Gesetzentwurfs wäre diese
entfallen.

Zu Nummer 2

Zu Buchstabe a

Folgeänderung wegen der vorgeschlagenen Neufassung des
§ 113 Absatz 1 Satz 3 TKG-E. Auf die Begründung zu
Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa wird insoweit
verwiesen.

Zu Buchstabe b

Durch die Formulierung wird sichergestellt, dass kein heim-
licher Zugriff auf Daten des Betroffenen ohne richterliche
Zustimmung erfolgt. Ein eigenständiger richterlicher Be-
schluss ist nur dann entbehrlich, wenn die Nutzung der
Zugangssicherungscodes bereits durch eine richterliche
Entscheidung gestattet wurde, zum Beispiel durch einen
entsprechenden Beschlagnahmebeschluss der gesicherten
Daten, oder der Betroffene Kenntnis vom Herausgabever-
langen hat oder haben muss. Dies ist dann der Fall, wenn
der Betroffene in die Nutzung der Zugangssicherungscodes
ausdrücklich eingewilligt hat oder er mit deren Nutzung
rechnen muss, weil das entsprechende Endgerät bei ihm be-
schlagnahmt wurde oder ein Auskunftsverlangen unter Hin-
weis auf die Möglichkeit der Abfrage beim Provider zuvor
an ihn persönlich gerichtet wurde. Die Ausgestaltung des
Richtervorbehalts stärkt den Rechtsschutz bei heimlichen
Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf Zugriffsmög-
lichkeiten auf Cloud-Dienste ohne das Endgerät.

Zu Buchstabe c

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
24. Januar 2012 begründet die Zuordnung von dynamischen
IP-Adressen im Gegensatz zur sonstigen Bestandsdatenab-
frage einen Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis,
da die Telekommunikationsunternehmen für die Identifizie-
rung einer dynamischen IP-Adresse die entsprechenden
Verbindungsdaten ihrer Kunden sichten und somit auf kon-
krete Telekommunikationsvorgänge zugreifen müssen, die
vom Schutzbereich des Artikel 10 Grundgesetz umfasst
sind. Mit der vorgeschlagenen Benachrichtigungspflicht soll
vor diesem Hintergrund zur Sicherstellung hoher rechts-
staatlicher Hürden dem Grundsatz der Transparenz Rech-
nung getragen und damit auch die Möglichkeit für nachträg-
lichen Rechtsschutz eröffnet werden. Diese hohen Verfah-
renssicherungen sollen – wegen des damit verbundenen mit-

von so genannten Zugangssicherungscodes (z. B. PIN und
PUK) gelten.

Aufgrund der durch die Entscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 24. Januar 2012 vorgegebenen Gesetzes-
systematik ist die Benachrichtigungspflicht bei den jeweili-
gen Befugnisnormen zu regeln.

Soweit § 100j Absatz 3 Satz 3 StPO-E bestimmt, dass die
Benachrichtigung unterbleibt, wenn ihr überwiegende
schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person
selbst entgegenstehen, ist eine Abwägung im Einzelfall er-
forderlich, die einer weitergehenden gesetzlichen Regelung
nicht zugänglich ist. Die Benachrichtigung nach § 100j Ab-
satz 3 StPO ist wie bei vergleichbaren Regelungen in der
StPO durch die sachleitende Staatsanwaltschaft vorzuneh-
men.

Zu den Nummern 3 und 6

Auf die Begründung zu Nummer 2 wird verwiesen. In § 22
BKAG wird ein redaktionelles Versehen im Gesetzentwurf
hinsichtlich der Absatzzählung korrigiert.

Zu den Nummern 7 und 8

Redaktionelle Folgeänderungen.

Zu Nummer 9

Zu Buchstabe a

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung
vom 24. Januar 2012 festgestellt, dass schlichte Datener-
hebungsbefugnisse im Bundes- oder Landesrecht allein nicht
ausreichend sind, um als Rechtsgrundlage für einen Datenab-
ruf zu dienen. Vor diesem Hintergrund sind Rechtsgrund-
lagen zur Datenabfrage bereichsspezifisch nicht nur im
Bundes-, sondern auch im Landesrecht zu regeln. Die bisher
allein auf § 113 TKG gestützte Abfragebefugnis der berech-
tigten Stellen ist nach der Entscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts nur noch übergangsweise bis zum 30. Juni
2013 anwendbar. Durch die Änderung in Nummer 10 soll
verhindert werden, dass mit Inkrafttreten des neuen § 113
TKG das noch bis zum 30. Juni anwendbare Übergangsrecht
wegfällt, bevor spezifische Befugnisse auch in den landes-
rechtlichen Vorschriften, insbesondere den Polizeigesetzen
der Länder, geschaffen wurden.

Zu Buchstabe b

Derzeit ist das technische Format der Vergabe von Internet-
protokolladressen im Zuge der beginnenden Umstellung des
entsprechenden technischen Protokolls von IPv4 auf IPv6
Änderungen unterworfen. Dies kann Auswirkungen auch
auf den Schutz der Privatsphäre der Internetnutzer sowie auf
die Möglichkeiten der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbe-
hörden, Bestandsdatenauskünfte zu IP-Adressen zu erhal-
ten, haben.

Die Bundesregierung soll daher unter Einbeziehung der
Bundesnetzagentur die technische Entwicklung beobachten
und dem Deutschen Bundestag zum Ende des übernächsten
Kalenderjahres hierüber Bericht erstatten, um den sich mög-
telbaren Grundrechtseingriffs – auch für die Beauskunftung licherweise ergebenden Regelungsbedarf rechtzeitig erken-

Drucksache 17/12879 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

nen zu können. Die Entwicklung der Informationstechno-
logie verpflichtet den Gesetzgeber, die entsprechenden
Grundrechtsstandards bei Eingriffen auf hohem Niveau zu
halten.

2. Die Fraktion der CDU/CSU erinnert daran, dass sich
aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) die Notwendigkeit einer Neuregelung der Be-
standsdatenauskunft ergeben habe. Für diese habe man be-
reichsspezifische Befugnisnormen schaffen müssen. Mit
dem Änderungsantrag werde nun zusätzlich eine Benach-
richtigungspflicht im Falle der Zuordnung dynamischer IP-
Adressen und bei der Auskunft über Zugangssicherungs-
codes geregelt sowie eine Berichtspflicht der Bundesregie-
rung über den Stand der Einführung des Internetprotokolls
Version 6 (IPv6) sowie deren Auswirkungen auf Grund-
rechtsschutz und Ermittlungsmöglichkeiten. Zudem werde
sichergestellt, dass kein heimlicher Zugriff auf Daten des
Betroffenen ohne richterliche Zustimmung erfolge, dass die
Bestandsdatenabfrage immer anhand eines konkreten Zeit-
punkts erfolgen müsse, zu dem die IP-Adresse einem Nut-
zer zugewiesen war, und dass trotz formeller Prüfpflicht der
Diensteanbieter die rechtliche Verantwortung für die Zuläs-
sigkeit der Maßnahme bei den Behörden liege. Zu betonen
sei, dass die Koalition sich intensiv mit den Argumenten der
Opposition und der Sachverständigen auseinandergesetzt
habe und letztlich mit der SPD einen klugen Kompromiss
gefunden habe, der wahrscheinlich eine rechtstaatliche
Übererfüllung der verfassungsrechtlichen Anforderungen
darstelle. Dies sei aber in einer für die Ermittlungsbehörden
so zentralen Frage rechtspolitisch richtig. Eine Bestandda-
tenauskunft auch bei Ordnungswidrigkeiten sei vom BVerfG
gebilligt worden.

Die Fraktion der SPD schließt sich der Sachdarstellung der
Koalition zum gefundenen Kompromiss an. Es sei in der Tat
wichtig und richtig, bei einem sicherheitspolitisch so be-
deutsamen Gesetz einen möglichst breiten Konsens zu fin-
den – gerade weil die Länder ihre eigenen Gesetze dann an
der gefundenen Lösung orientieren könnten. Es bestehe
Handlungsbedarf, damit es zum Stichtag 1. Juli 2013 wei-
terhin die Bestandsdatenauskunft gebe, die die Sicherheits-
behörden dringend brauchten. Der ursprüngliche Gesetzent-
wurf sei für die SPD nicht akzeptabel gewesen. Im Interesse
der Bürgerrechte müssten Eingriffsmöglichkeiten immer
auch entsprechende Kontrollbefugnisse gegenüberstehen.
Jetzt gebe es – neben der vom BVerfG geforderten Herstel-
lung der Normenklarheit – weitere wesentliche qualitative
Verbesserungen, wie Benachrichtigungspflichten und Rich-
tervorbehalt. Auch die Berichtspflicht der Bundesregierung
zur Einführung des IPv6 sei wichtig: Hier müsse zu aktuel-
len Entwicklungen und z. B. auch zu den Auswirkungen be-
züglich des Cloud-Computing berichtet werden. Ein Zugriff
auf Bestandsdaten auch bei Ordnungswidrigkeiten sei erfor-
derlich, da z. B. die Nichtabführung von Sozialabgaben
durch Unternehmen im großen Stil – also organisierte Wirt-
schaftskriminalität – nur als Ordnungswidrigkeit eingestuft
sei.

Auch die Fraktion der FDP begrüßt die gefundene Lösung
als guten Kompromiss. Die deutliche Kritik am Regierungs-
entwurf auch von Seiten der Sachverständigen habe man

gegriffen. Zur heftigen Kritik von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN sei zu sagen, dass es sich bei dem für verfas-
sungswidrig erklärten und zu ändernden Gesetz um ein ur-
sprünglich rot-grünes Gesetz handele. Zudem gehe es um
Bestandsdaten, nicht etwa um Vorratsdaten. Die Koalition
habe jetzt die gebotenen bereichsspezifischen Befugnisse
eingeführt und weitere rechtstaatlich vorbildliche Regelun-
gen – wie Richtervorbehalt und Benachrichtigungspflicht –
vorgesehen. Es sei abzuwarten ob alle Länder in ihren Än-
derungsgesetzen diese hohen Hürden aufstellen würden.
Die Möglichkeit, für die Verfolgung von Ordnungswidrig-
keiten auf Bestandsdaten zuzugreifen, sei bereits im ur-
sprünglichen Gesetz enthalten gewesen und auch vom
BVerfG nicht beanstandet worden. Schließlich handele es
sich bei Ordnungswidrigkeiten keinesfalls stets um Lap-
palien. So seien auch Datenschutzbehörden u. U. auf Be-
standsdaten angewiesen, um z. B. die illegale Verbreitung
von Kundendaten im Internet wirksam verfolgen zu können.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, sie könne dem Gesetz-
entwurf nicht zustimmen, auch wenn sie einräume, dass es
durch den Änderungsantrag formelle Verbesserungen gebe.
Leider seien die materiellen Hürden für den Eingriff aber
nicht wirklich heraufgesetzt worden. So gebe es z. B. bei
den Benachrichtigungspflichten durch die Ausnahmen viel
Raum für Ermessen. Es sei zu befürchten, dass in der Praxis
die Benachrichtigung häufig unterbleiben werde. Auch sei
die Einführung des Richtervorbehalts zwar zu begrüßen, in
der Praxis gebe es aber das bekannte Problem der „Gefahr
im Verzug“. Es sei schwer vermittelbar, dass nicht zumin-
dest die diensthabende Staatsanwaltschaft benachrichtigt
werden könnte. Hier gehe das Gesetz nicht weit genug. Be-
züglich der Ordnungswidrigkeiten reiche es nicht, diese ge-
nerell zu erwähnen; man müsse sie entweder ganz heraus-
nehmen oder differenzierter behandeln. Schließlich sei auch
das Thema der „konkreten Gefahr“ nicht hinreichend gere-
gelt. Da DIE LINKE. im Änderungsantrag durchaus posi-
tive Schritte sehe, werde man sich insoweit der Stimme ent-
halten. Grundsätzlich seien die verfassungsrechtlichen Vor-
gaben aber noch nicht ausreichend erfüllt, so dass die Frak-
tion das Gesetz ablehnen werde.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bemerkt, die
Koalition habe ein im Kern rot-grünes Gesetz verschlimm-
bessert, weil sie den Ergebnissen der Anhörung nicht ge-
recht geworden sei. Mit dem Änderungsantrag würden die
materiellrechtlichen Schwellen keinesfalls hochgesetzt,
sondern es sei nur auf der formalen Ebene geändert worden.
Eine ausschließlich verfahrensrechtliche Sicherung, ein rein
prozeduraler Grundrechtsschutz ohne Anheben der mate-
riellrechtlichen Schwellen sei in diesem Bereich aber nicht
genug. Positiv zu sehen seien lediglich der Richtervorbehalt
und die Benachrichtigungspflicht. Letztere sei aber „löchrig
wie ein Schweizer Käse“ und werde daher oft zu keiner Be-
nachrichtigung führen. Zu kritisieren sei auch, dass es dem
BKA durch die Änderung nunmehr ermöglicht werde,
schon im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion – also z. B.
für kriminalstrategische Analysen, in einem Vor-Vorfeld
jenseits von Gefahr und Verdacht – diese Daten zu erheben
und zu nutzen. Hier sei sogar das Trennungsgebot tangiert.
Ebenso abzulehnen seien die unbestimmten Regelungen für
das Zollkriminalamt und das Bundesamt für Verfassungs-
ernst genommen und Anregungen aus der Anhörung auf- schutz. Auch wenn es natürlich unterschiedliche Ordnungs-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/12879
widrigkeiten – harmlose und weniger harmlose – gebe, ent-
laste das nicht von der Aufgabe einer Differenzierung.
Schließlich hätte sich die Fraktion eine unabhängige Eva-
luation des Vorhabens gewünscht. Das vorgelegte Gesetz
werde sicher erneut in Karlsruhe landen – mit düsteren Aus-
sichten.

Berlin, den 20. März 2013

Armin Schuster (Weil am Rhein)
Berichterstatter

Michael Hartmann (Wackernheim)
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

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