BT-Drucksache 17/12473

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gunkel, Heinz-Joachim Barchmann, Gabriele Fograscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/6293 - Übermittlung von Fluggastdaten nur nach europäischen Grundrechts- und Datenschutzmaßstäben hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i.V.m. § 9 Absatz 4 EUZBBG zum Richtlinienvorschlag KOM(2011) 32 endg. b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland, Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/5490 - Keine Vorratsspeicherung von Fluggastdaten - Richtlinienvorschlag über die Verwendung von Fluggastdatensätzen KOM(2011) 32 endg.; Ratsdok. 6007/11 hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 EUZBBG

Vom 26. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12473
17. Wahlperiode 26. 02. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gunkel, Heinz-Joachim Barchmann,
Gabriele Fograscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/6293 –

Übermittlung von Fluggastdaten nur nach europäischen Grundrechts- und
Datenschutzmaßstäben

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 EUZBBG zum Richtlinienvorschlag
KOM(2011) 32 endg.

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland,
Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/5490 –

Keine Vorratsspeicherung von Fluggastdaten –
Richtlinienvorschlag über die Verwendung von Fluggastdatensätzen
KOM(2011) 32 endg.; Ratsdok. 6007/11

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 EUZBBG

A. Problem

Die antragstellenden Fraktionen sehen den Vorschlag der Europäischen
Kommission für eine Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdaten-
sätzen zu Zwecken der Verhütung, Aufdeckung, Aufklärung und strafrecht-
lichen Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität
– KOM(2011) 32 endg. – unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten kri-
tisch.

Mit den Anträgen soll die Bundesregierung daher aufgefordert werden, in den
Verhandlungen über den Richtlinienvorschlag deutliche datenschutzrechtliche
Verbesserungen durchzusetzen. Ein effektiver Schutz personenbezogener

Drucksache 17/12473 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Daten – wie er im Primär- und Sekundärrecht der Europäischen Union und in
Übereinkommen des Europarates normiert sei – müsse gewährleistet sein.
Zudem seien die Grundsätze des deutschen Datenschutzrechts, wie sie das
Bundesverfassungsgericht vor allem zur Vorratsdatenspeicherung konkretisiert
habe, zu wahren, um einen Konflikt zwischen Unionsrecht und nationalem
Verfassungsrecht zu vermeiden. Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von
Passagierdaten müssten im konkreten Fall – im Hinblick auf die Ziele der
Richtlinie – geeignet, erforderlich und angemessen sein. Zur Konkretisierung
dieser Grundsätze, stellen beide Fraktionen eine Reihe von Anforderungen an
eine künftige Richtlinie. So solle beispielsweise die vorgesehene Speicherfrist
verkürzt und eine Ausdehnung der Datenspeicherung auf Flüge innerhalb der
EU bzw. auf andere Verkehrsmittel als Flugzeuge verhindert werden. Nach An-
sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist vorrangig sogar ein Ver-
zicht auf die Normierung einer Verpflichtung zur Speicherung von Fluggast-
daten auf Vorrat anzustreben.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/6293 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion der SPD.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/5490 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme der Anträge.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12473

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/6293 abzulehnen;

b) den Antrag auf Drucksache 17/5490 abzulehnen.

Berlin, den 20. Februar 2013

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Clemens Binninger
Berichterstatter

Wolfgang Gunkel
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Jan Korte
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

Drucksache 17/12473 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Clemens Binninger, Wolfgang Gunkel, Gisela Piltz,
Jan Korte und Dr. Konstantin von Notz

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/6293 wurde in der 117. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 30. Juni 2011 und der
Antrag auf Drucksache 17/5490 in der 106. Sitzung des
Deutschen Bundestages am 15. April 2011 jeweils an den
Innenausschuss federführend sowie an den Rechtsausschuss,
den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, den
Ausschuss für Tourismus und den Ausschuss für die Ange-
legenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung über-
wiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Rechtsausschuss hat in seiner 117. Sitzung am
20. Februar 2013 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion der SPD die Ablehnung
des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat in seiner 94. Sitzung am 20. Februar 2013 mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE.
gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthal-
tung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen,
den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Tourismus hat in seiner 72. Sitzung am
20. Februar 2013 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion der SPD die Ablehnung
des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 82. Sitzung am 20. Februar 2013 mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der SPD empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Zu Buchstabe b

Der Rechtsausschuss hat in seiner 117. Sitzung am
20. Februar 2013 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfoh-
len.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat in seiner 94. Sitzung am 20. Februar 2013 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den
Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Tourismus hat in seiner 72. Sitzung am
20. Februar 2013 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der

Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfoh-
len.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 82. Sitzung am 20. Februar 2013 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den
Antrag abzulehnen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat die Anträge in seiner 93. Sitzung
am 20. Februar 2013 abschließend beraten und empfiehlt
jeweils mehrheitlich die Anträge abzulehnen, den Antrag auf
Drucksache 17/6293 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion der SPD und den Antrag
auf Drucksache 17/5490 mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE.

Die Koalitionsfraktionen sehen in den Anträgen eine Auf-
forderung an die Bundesregierung, die diese überhaupt
nicht benötige. Im zuständigen Ausschuss des Europäischen
Parlaments seien über 400 Änderungsanträge gestellt. Das
Verfahren sei also noch lange nicht abgeschlossen. In den
bisherigen Verhandlungen habe sich Deutschland für eine
Anonymisierung und Pseudonymisierung von PNR-Daten
eingesetzt, für eine Verkürzung der Speicherfristen, habe die
Ausweitung auf innereuropäische Flüge abgelehnt und ge-
fordert, die Datenübermittlung an Drittstaaten einzuschrän-
ken. Ohnehin bleibe es den Mitgliedstaaten überlassen, was
sie mit den übermittelten Daten anfingen, ob sie die Daten
routinemäßig analysierten oder eine Rasterung durchführten
oder nicht. Es dürfe nicht vergessen werden, dass diese
Datenübermittlung dem Kampf gegen terroristische Straf-
taten und schwerste Kriminalität dienen solle. Ein Nichtstun
sei keine Alternative. Schließlich sei daran zu erinnern, dass
die Übermittlung von PNR-Daten unter einer rot-grünen
Bundesregierung eingeführt worden sei. Damals seien Spei-
cherfristen von 3,5 Jahren als großer Erfolg gefeiert worden.

Die Fraktion der SPD erklärt, der Vorschlag der Kommis-
sion entspreche nicht den Vorstellungen der SPD. So sei
die Speicherfrist für die Passagierdaten unverhältnismäßig
– höchstens drei Monate seien vorstellbar –, man wolle auch
keine Ermächtigung zum automatisierten Datenangleich, es
müsse vielmehr eine individuelle Übermittlung nach dem
sog. Push-System erfolgen. Auch die Weitergabe an Dritt-
staaten, die nicht über ein entsprechendes Datenschutz-
niveau verfügten, müsse unterbleiben. Eine Übermittlung
von wenigen Kerndaten analog zu § 31a des Bundespolizei-
gesetzes sei ausreichend. Diese würden nach 24 Stunden ge-
löscht und nur ausnahmsweise – bei konkretem Verdacht –
weiter verwendet. Schließlich sei die SPD auch gegen eine
Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12473

innereuropäische Flüge und auf andere Verkehrsmittel als
Flugzeuge.

Die Fraktion DIE LINKE. sieht viel richtige Einzelkritik
bei der SPD. Die Grundannahme des Antrags, dass eine
solche anlasslose Vorratsdatenspeicherung von Flugpassa-
gierdaten irgendwie datenschutz- und bürgerrechtskonform
durchgeführt werden könne, sei aber nach Überzeugung der
Fraktion DIE LINKE. falsch. Der Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei insofern zielführender
und in der Analyse richtig, leide aber darunter, dass nach
Statuierung der richtigen Grundposition bereits alle Rück-
zugslinien eingebaut seien. Das sei nicht mutig genug. Man
müsse zunächst versuchen, einen möglichst hohen Standard
zu halten. Die Fraktion DIE LINKE. werde den SPD-Antrag
daher ablehnen und sich beim Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Stimme enthalten.

Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält die
Kritik der SPD an der Richtlinie für zutreffend, meint aber,
sie gehe nicht weit genug. Die Datenspeicherung und Über-
mittlung von Fluggastdaten seien vielmehr grundsätzlich
abzulehnen. Von allen Passagieren würden anlasslos 19 Da-
tenkategorien auf Vorrat gespeichert. Darüber hinaus sehe
die Richtlinie eine zentrale Datenspeicherung durch den
Staat vor – ein noch weiter gehender Eingriff als bei der
Speicherung von Telekommunikationsdaten. Die präventive
Rasterung und der europaweite Datenabgleich seien sogar
ausdrückliches Ziel des Rechtsakts. Eine Vielzahl von Poli-
zei- und Strafverfolgungsbehörden in allen möglichen Län-
dern solle Zugriff auf die Daten haben. Grund zu Besorgnis
seien auch die extrem lange Speicherdauer und die geplante
Ausweitung auf innereuropäische Flüge. Zurecht hätten ver-
schiedene Stellen – wie der europäische und der deutsche
Datenschutzbeauftragte, der juristische Dienst des Rates
und die Agentur für Grundrechte erklärt, der Vorschlag ver-
stoße u. a. gegen Artikel 8 der Grundrechtecharta.

Berlin, den 20. Februar 2013

Clemens Binninger
Berichterstatter

Wolfgang Gunkel
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Jan Korte
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

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