BT-Drucksache 17/12382

Projekt Zukunft - Deutschland 2020 - Ein Pakt für die Kreativwirtschaft

Vom 19. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12382
17. Wahlperiode 19. 02. 2013

Antrag
der Abgeordneten Siegmund Ehrmann, Lars Klingbeil, Martin Dörmann,
Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Ingo Egloff, Petra Ernstberger, Iris Gleicke,
Hubertus Heil (Peine), Oliver Kaczmarek, Angelika Krüger-Leißner, Ute Kumpf,
Christine Lambrecht, Burkhard Lischka, Caren Marks, Petra Merkel (Berlin),
Thomas Oppermann, Gerold Reichenbach, Ulla Schmidt (Aachen),
Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Andrea Wicklein, Brigitte Zypries,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Projekt Zukunft – Deutschland 2020 – Ein Pakt für die Kreativwirtschaft

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

In Gesellschaft, Technologie und Ökonomie zeichnen sich gravierende Verände-
rungen ab, die neue Antworten verlangen, damit unsere Gesellschaft soziale
Gerechtigkeit, nachhaltiges Wachstum und Wohlstand dauerhaft erreicht. Die
Erreichung dieser Ziele hängt maßgeblich von der Innovationskraft, der Krea-
tivität und den Talenten in unserer Gesellschaft ab. Dabei sind Kunst/Kultur und
Wissenschaft die großen Kreativitätspotenziale der Gesellschaft, die zur Ent-
faltung ihrer Dynamik, auch über ihre unmittelbare Verwertung hinaus der
schützenden und fördernden Hand des Staates bedürfen.

Deutschland kann und will nicht mit anderen Ländern um billigere Löhne und
niedrigere Arbeits- und Sozialstandards konkurrieren. Die Antwort besteht
darin, die besseren und intelligenteren Produkte, Verfahren und Dienstleistun-
gen anzubieten, um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu bestehen. Erforder-
lich ist ein vorsorgender Sozialstaat, der in die Zukunft investiert. Produktivität
und Wettbewerbsfähigkeit einer erfolgreichen modernen Wirtschaft hängen
zukünftig auch wesentlich davon ab, in den gesellschaftlichen Zusammenhalt
zu investieren und damit vordringliche gesellschaftliche Aufgaben zu erfüllen.
Innovation, Kreativität und Talent sind dabei maßgebliche Ressourcen.

Vor diesem Hintergrund hat die SPD-Bundestagsfraktion im Rahmen ihres
„Projekts Zukunft – Deutschland 2020“ in einem breiten gesellschaftlichen
Dialog Konzepte für eine langfristig orientierte und fachübergreifende Politik
entworfen. Basierend auf einer Analyse des Status quo unseres Landes und der
sich ändernden Rahmenbedingungen wurde dabei ein Zukunftsentwurf ent-
wickelt unter der Leitfrage: Was können wir tun, damit Deutschland im Jahr

2020 ein lebenswertes, gerechtes und wirtschaftlich modernes Land mit einer
selbstbewussten Demokratie ist?

Der Kreativwirtschaft (abweichend von der Definition der Enquete-Kommis-
sion „Kultur in Deutschland“ und der Wirtschaftsministerkonferenz zur Kultur-
und Kreativwirtschaft wird im Folgenden vereinfachend von Kreativwirtschaft
gesprochen) mit ihren Teilbranchen Buchmarkt, Musikwirtschaft, Film, Rund-

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funk, Presse, darstellende und bildende Kunst, Architektur und Design sowie
die Branchen Software/Games und Werbewirtschaft wurde im „Projekt Zu-
kunft – Deutschland 2020“ ein besonderes Augenmerk gewidmet. Hier sind
diese Veränderungen mit ihren gravierenden Auswirkungen auf die Arbeitswelt
schon heute sichtbar. Zugleich bietet sie Chancen, um wirtschaftliches Wachs-
tum, soziale Integration sowie Kreativität, Kultur, Bildung, die Möglichkeiten
der Digitalisierung und Ökonomie auf neue Art zusammenzubringen. Die
Kreativwirtschaft ist deshalb ein Zukunftslabor und Experimentierfeld der
postindustriellen Gesellschaft. Kulturelle und kreative Inhalte werden zur Be-
wältigung des Strukturwandels jenseits der traditionellen Industriegesellschaft
immer wichtiger für Erneuerung und Fortschritt, für wirtschaftliche Dynamik
und neue Arbeitsplätze. Herausragende Innovationen und kreative Ideen, in den
einzelnen Teilmärkten der Kreativwirtschaft entstanden, wirken in unsere
Gesellschaft hinein und verändern sie.

Kreativwirtschaft ist zu einer entscheidenden wirtschaftlichen Größe und zum
Impulsgeber für andere Branchen geworden. In einigen der elf Teilbranchen ist
die Kreativwirtschaft ein wichtiger Beschäftigungs- und Wachstumstreiber. Sie
beschäftigt rund eine Million Menschen und erzielte 2010 dem „Monitoring zu
ausgewählten wirtschaftlichen Eckdaten der Kultur- und Kreativwirtschaft
2010“ der Bundesregierung zufolge ein Umsatzvolumen von insgesamt mehr
als 137 Mrd. Euro – das ist mehr als die Chemieindustrie und befindet sich auf
Augenhöhe mit der Automobilindustrie. Diese Potenziale entfalten sich vor
allem im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen und müssen in den
nächsten Jahren zielstrebig entwickelt werden. Das produktive Wechselspiel
zwischen Ökonomie und Kreativität – sonst oft als Gegensatz empfunden –
führt in der Kreativwirtschaft zu mehr Wachstum, einem Zugewinn an Arbeits-
plätzen und häufig auch zu mehr kultureller Vielfalt. Der Doppelcharakter von
Kultur und Kulturgütern, die einerseits einen Eigenwert haben, andererseits
aber auch ökonomische Güter sind, ermöglicht in bestimmten Bereichen wie
dem Urheberrecht, der Kultur- und Wirtschaftsförderung, der Bildung, der
sozialen Sicherung und der Netzpolitik entwicklungsfähige Übergänge für die
Kreativwirtschaft.

Die Kreativwirtschaft ist heterogen, innovativ und dynamisch, mit einem hohen
Beschäftigungspotenzial. Sie bietet Möglichkeiten der Emanzipation und Selbst-
entfaltung, die zugleich auch Herausforderungen an die solidarische Gesell-
schaft und den Sozialstaat mit sich bringen. Neue Informations- und Kommuni-
kationstechnologien unterstützen diese Dynamik. Kreative Ideen und Produkte
verbinden sich auf neuen Wegen und kreieren attraktive Inhalte für diese neuen
Technologien. Die Kreativwirtschaft ermöglicht sozialen Aufstieg und Selbst-
verwirklichung, auch unabhängig von formalen Bildungswegen, und weist einen
hohen Anteil an gut ausgebildeten Talenten auf. Der Anteil der dort tätigen
Frauen ist ebenfalls außerordentlich hoch. Erfolgreich ist, wer etwas kann, wer
eine gute Idee hat und diese auch in einem ökonomischen Sinne gut umsetzt. Die
Branche bietet eine neue Kultur der Selbstständigkeit mit allen damit verbun-
denen Vor- und Nachteilen insbesondere im Hinblick auf flexible Arbeits- und
Lebensgestaltung. Es gilt insbesondere das Potenzial kleiner und mittlerer Unter-
nehmen zu fördern und zu stärken, da gerade sie die Kreativwirtschaft zu einer
wirtschafts-, arbeitsmarkt- und technologiepolitischen Schlüsselbranche machen.

Verantwortungsvolle und vorausschauende Politik nimmt diese Chancen und
Potenziale in den Blick, übersieht dabei aber auch nicht die bestehenden Gefah-
ren und Risiken. Gemeinsam mit Wirtschaft, Künstlern und Kreativen hat die
SPD-Bundestagsfraktion einen Kreativpakt geschlossen, um gute Rahmen-
bedingungen für Wachstum und Beschäftigung in der Kreativwirtschaft zu
erarbeiten. Damit liegt erstmals ein umfassendes Angebot und Konzept vor,

welches die verschiedenen Bausteine, die zu einer gezielten und ressortüber-
greifenden Entwicklung dieser Branche gehören, konsistent zusammenführt.

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Dem Kreativpakt geht es nicht um eine flächendeckende Förderung der
Branche. Gefragt wird danach, was gebraucht wird, auch um der Heterogenität
der Branche und ihrem Selbstverständnis zu entsprechen. Damit formuliert der
Kreativpakt eine Plattform und ein Konzept, um als Sprachrohr und Vermittler
in die Politik zu wirken. In diesem umfänglichen Sinn müssen die Handlungs-
felder zur Förderung der Kreativwirtschaft im Urheberrecht, der sozialen Siche-
rung, der Kultur- und Wirtschaftsförderung, der Bildung und der Netzpolitik
zusammenfassend betrachtet werden.

Vergüten statt verbieten – Für ein modernes Urheberrecht

Das Urheberrecht basiert auf der Idee des Rechts vom geistigen Eigentum und
verfolgt das Ziel, dass der Urheber bestimmt, wie sein Werk und seine Idee
genutzt und verwertet werden darf. Zudem soll der Urheber in angemessener
Weise an einer ökonomischen Nutzung seines Werkes beteiligt werden. Die
Digitalisierung verschafft dem Thema Urheberrecht eine völlig neue räumliche
und wirtschaftliche Dimension. Digitale Inhalte lassen sich technisch jederzeit
und überall verfügbar machen und mit geringem Aufwand und ohne Qualitäts-
verlust unendlich oft reproduzieren. Mit der Digitalisierung und weltweiten
Vernetzung geht eine Vielzahl neuer Möglichkeiten einher, sich kreativ und
schöpferisch zu betätigen bzw. an kulturellen Werken teilzuhaben, darüber
hinaus entstehen neue schöpferische Ausdrucksformen. Gleichzeitig gerät das
Urheberrecht durch die neuen technischen Möglichkeiten erheblich unter
Druck. Das Recht am geistigen Eigentum und dessen Durchsetzung müssen
auch in der digitalen Welt gewährleistet und dabei mit anderen Grundrechten
(Recht auf Informationsfreiheit, Recht auf informationelle Selbstbestimmung,
Meinungs- und Kunstfreiheit etc.) abgewogen werden. Die Frage, ob und wie
das Urheberrecht in der digitalen Welt Bestand hat, ist nicht nur eine sozial-,
rechts-, medien- oder kulturpolitische Frage. Es geht auch darum, wie wichtig
kulturelle Inhalte und kreatives Schaffen für unsere Gesellschaft insgesamt
sind.

Die SPD-Bundestagsfraktion tritt dafür ein, Urheber und Kreative zu stärken
sowie fair und angemessen zu vergüten. Sie sind es, die mit ihrer kreativen,
künstlerischen und geistigen Arbeit Werte schaffen, von denen sie selbst, aber
auch Verwerter und Nutzer profitieren. Viele Kreative wollen und müssen von
ihrer kreativen und künstlerischen Arbeit leben können. Urheberinnen und
Urheber sollen im Verhältnis zum Verwerter gestärkt werden. Ebenso will die
SPD-Fraktion, dass ihre Rechte am geistigen Eigentum auch in der digitalen
Welt durchgesetzt werden können.

Zugleich darf die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen nicht unverhält-
nismäßig sein und Grundrechte aushöhlen. Die Nutzerinnen und Nutzer haben
ein berechtigtes Interesse daran, dass digitale Inhalte gut zugänglich und zu
einem als fair empfundenen Preis nutzbar sind. Verwerter (Verlage, Plattenfir-
men u. a.) wiederum ermöglichen es den Urhebern, ihr geistiges Schaffen zu
vermitteln, zu vermarkten und dafür eine Vergütung zu erzielen. Dieses Drei-
ecksverhältnis von Urheber, Nutzer und Verwerter wird durch das Urheberrecht
geregelt und ist ein zentraler Baustein einer funktionierenden Kultur- und
Kreativwirtschaft. Die vielfältigen Interessen müssen in Einklang zueinander
und zu einem fairen Ausgleich gebracht werden. Das kann nur im Dialog
geschehen, wie er im Kreativpakt stattgefunden hat und weiterhin stattfindet.
Die SPD-Bundestagsfraktion beabsichtigt, dass die Freiheit der Kommunikation
im Netz und die Rechte derer, die von kreativer Arbeit leben, gleichermaßen ge-
schützt werden.

Statt Nutzer einseitig zu kriminalisieren, müssen wir Urheberrechtsverletzungen

da bekämpfen, wo sie entstehen: Illegale Plattformen machen Millionen-
gewinne, indem sie fremdes Eigentum im Internet verbreiten. Im Übrigen brau-

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chen wir einfache und nutzerfreundliche Geschäftsmodelle, die eine legale
Nutzung geschützter Inhalte, verbunden mit einer angemessenen Vergütung, er-
möglichen. Geschäftsmodellen, deren primäres Ziel nicht die Durchsetzung von
Urheberrechten, sondern die Gewinnerzielung im Abmahnverfahren ist, muss
die Grundlage entzogen werden.

Freiheit braucht Sicherheit

Im Rahmen der Megatrends der Arbeitswelt Digitalisierung und Tertiarisierung
entstehen insbesondere in der Kreativwirtschaft neue Berufs- und Tätigkeitsfel-
der. Kreative und künstlerische Arbeit, Produktion, Distribution, Nutzung und
auch Verdienstmöglichkeiten verändern sich. Die in der Kultur- und Kreativ-
wirtschaft schon heute sichtbaren Veränderungen des Arbeitsmarktes können
auch für andere Branchen prägend werden. Dazu gehören ein großes Beschäfti-
gungspotenzial und die mit der Digitalisierung verbundenen Möglichkeiten
selbstbestimmter, zeitlich und örtlich unabhängiger Arbeit. Hybride Erwerbs-
tätigkeiten, also der ständige Wechsel zwischen selbstständiger und abhängiger
Beschäftigung bzw. die gleichzeitige Ausübung beider Erwerbsformen und
eine hohe (Solo-)Selbstständigenquote gehören ebenfalls dazu.

Bei sorgfältiger Betrachtung zeigt sich, dass die soziale und wirtschaftliche Lage
vieler Menschen in diesen Berufen und Tätigkeiten aufgrund ihrer Arbeits- und
Lebensrealitäten als sehr schwierig, sogar als kritisch und prekär zu bewerten ist.
Das Bild in der Öffentlichkeit ist zuweilen geprägt von einigen „Stars“ aus der
Kreativszene mit sehr hohen Einkommen. Die Lebensrealität ist aber oft, dass
faire Einkommen und soziale Sicherung in dieser Branche für viele ein Fremd-
wort sind. Die Zahlen der Künstlersozialkasse (KSK) geben einen deutlichen
Hinweis auf die prekäre Situation: Der jährliche Durchschnittsverdienst der
knapp 180 000 in der Künstlersozialkasse versicherten selbstständigen Künstler
und Publizisten beträgt aktuell ca. 14 000 Euro. Davon ausgehend, dass bis zu
100 000 Selbstständige im Kulturbereich die Voraussetzungen für die Auf-
nahme in die KSK – unter anderem eine Mindestgrenze des Arbeitseinkommens
von 3 900 Euro jährlich bzw. 325 Euro monatlich – nicht erfüllen würden, wird
damit nur ein Ausschnitt beschrieben. Betrachtet man dazu ergänzend, dass im
Sektor der Kultur- und Kreativwirtschaft fast eine Million Menschen tätig sind,
von denen rund ein Viertel selbstständig ist, lassen diese Zahlen vermuten, dass
sich ein erheblicher Teil der Kultur- und Kreativschaffenden in unserem Land in
einer prekären sozialen und wirtschaftlichen Lage befindet.

Die Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse von Künstlern, Publizisten, Kultur-
und Medienschaffenden und anderen Kreativen sind besonderen Umständen un-
terworfen, die eine spezielle Beachtung in der Gesetzgebung und dabei insbeson-
dere der sozialen Absicherung erfordern: beispielsweise in der Arbeitslosen-, der
Kranken-, der Pflege- und der Rentenversicherung, bei den gesetzlichen und pri-
vaten Möglichkeiten der Alterssicherung und der Berechnung des Elterngeldes
für Selbstständige. Insgesamt sind Selbstständige und hier insbesondere Solo-
Selbstständige, aber auch kurzfristig und unständig Beschäftigte, in den kollek-
tiven Systemen der sozialen Sicherung in Deutschland bislang nur ungenügend
berücksichtigt. Dies widerspricht mittlerweile eklatant der realen Veränderung in
der Beschäftigungsstruktur insbesondere im Bereich der Kultur- und Kreativ-
wirtschaft. Um die soziale Sicherung nachhaltig zu verbessern, sind lang- und
kurzfristige Maßnahmen notwendig. Langfristig muss die soziale Sicherung
grundlegend verbessert werden. In einer sich nicht nur in der Kreativwirtschaft
wandelnden Arbeits- und Lebenswirklichkeit sind neue Versicherungssysteme
wie die Bürgerversicherung und Erwerbstätigenversicherung zu entwickeln –
mit dem Ziel, sämtliche Beschäftigungsformen sozial abzusichern.
Auf dem Weg dahin sind der Erhalt und die Modernisierung der Künstler-
sozialversicherung (KSV) besonders wichtig. Jährlich versichern sich etwa

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4 500 selbstständige Kulturschaffende zusätzlich in der KSV. Das zeigt die Be-
deutung dieser einzigartigen kultur- und sozialpolitischen Errungenschaft, die
stabilisiert und erhalten bleiben muss. Gleichzeitig wird der im Künstlersozial-
versicherungsgesetz (KSVG) zugrunde gelegte Künstler- und Publizisten-
begriff durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts weiterentwickelt
und damit an neue Formen künstlerischer und publizistischer Tätigkeiten ange-
passt. Diese Modernisierung der Künstlersozialkasse muss einhergehen mit ge-
eigneten Verfahren, diejenigen, die kreative und künstlerische Leistungen in
Anspruch nehmen, hinsichtlich ihrer gesetzlich verankerten Pflicht zur Künst-
lersozialabgabe überprüfen zu können.

Für eine aktivierende Kulturförderung

Kulturpolitik ist Gesellschaftspolitik. Politische Zukunftsaufgaben sind in einer
globalisierten Wissensgesellschaft ohne den Beitrag der Kultur nicht zu lösen.
Öffentliche Kulturförderung gibt individueller und gesellschaftlicher Reflexion
und Gestaltung den notwendigen, geschützten Raum. Öffentliche, aber auch
private Kulturförderung unterstützt und stärkt die Kultur- und Kreativschaffen-
den darin, ihre Projekte zu realisieren. Der Staat stellt in Form von Musikschu-
len, Bibliotheken, Theatern, Orchestern, soziokulturellen Zentren und anderen
Kultur- und Wissenseinrichtungen eine weltweit einmalige und vielfältige kul-
turelle Infrastruktur bereit, in der sich Begabungen entfalten können und die
immer auch Nährboden für künstlerisches und kreatives Schaffen sind. Kultur-
politik basiert auf dem Eigenwert von Kunst und Kultur und der öffentlichen
Verantwortung für ihre Förderung. Kulturförderung ist zugleich aber auch Im-
pulsgeber und Katalysator für die Ideen, von denen die Kreativwirtschaft lebt.
Der Kreativpakt sieht daher in der öffentlichen Kulturförderung Möglichkeiten,
auch die bessere Vermarktung künstlerischer Arbeit und kreativer Leistungen
sowie das Entstehen von Arbeitsplätzen und Einkommen in den Blick zu nehmen,
ohne sie einseitig auf ökonomische Ziele ausrichten zu wollen.

In diesem Verständnis sollen dafür geeignete Instrumente der öffentlichen Kul-
turförderung die Erwartungen und Bedürfnisse der Kreativwirtschaft mit be-
denken. Zudem muss bei der Vergabe von öffentlichen Fördermitteln im Kul-
turbereich auf die soziale Qualität der Arbeitsbedingungen von Kultur- und
Kreativschaffenden geachtet werden. Der Bund trägt mit seinem Anteil an der
öffentlichen Kulturförderung (dem aktuellen Kulturfinanzbericht 2012 zufolge
13,4 Prozent) in Höhe von 9,1 Mrd. Euro eine besondere Verantwortung. Das
Einhalten von Tarifverträgen – und damit verbunden auch die Anpassung der
Zuwendungen für öffentlich geförderte Institutionen und Projekte bei Tarifstei-
gerungen –, soziale Mindeststandards und die Zahlung von Mindesthonoraren
bei der Fördermittelvergabe sollten selbstverständlich sein. Hier bestehen auf
Bundesebene beispielsweise im Filmfördergesetz (FFG), aber auch bei der Kul-
turstiftung des Bundes entsprechende Ansatzpunkte.

Um die Reichweite und Wirkung öffentlicher Kulturförderung auch für die
Kreativwirtschaft zu verbessern, müssen bestehende, fest institutionalisierte
Strukturen („einmal gefördert, immer gefördert“) evaluiert werden. Zugleich
sollten die öffentlich geförderten Institutionen in ihrer Eigenverantwortung bei-
spielsweise durch mehr flexible Mittel gestärkt werden, um Freiräume für
Neues und Innovatives zu nutzen. Durch die Öffnung von bestehenden Institu-
tionen gegenüber freien Strukturen kann erreicht werden, dass in der Trias von
öffentlicher Förderung, Projektmitteln und privater Unterstützung gerade an
kleineren Orten sinnvolle und überlebensfähige Strukturen entstehen. Unter
dem Stichwort „Governance – Kulturentwicklungsplanung“ hat die Enquete-
Kommission „Kultur in Deutschland“ im Jahr 2007 Handlungsempfehlungen
formuliert und skizziert, wie staatliche und staatlich geförderte Kultureinrich-

tungen noch mehr zu Orten von Innovation und Kreativität werden können.

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Dieser, im Governance-Ansatz angelegte diskursive Prozess, muss alle Akteure
einbinden.

Richtig genutzt, besteht hier eine große Chance, mit Instrumenten der Kultur-
förderung auch die oft kleinteiligen Formen der Kreativwirtschaft zu erreichen
und zu stärken, ohne bewährte und notwendige Strukturen zu gefährden. Neben
den gewachsenen Strukturen von institutioneller Förderung und Projektförde-
rung soll in Modellprojekten die Förderung von kultureller Infrastruktur und
künstlerischen Konzepten in Bereichen getestet werden, in denen es passend
ist. Diese soll so konzipiert sein, dass sie über mehrjährige Finanzierungsver-
einbarungen mit begleitender Evaluation abgesichert wird.

Der Hauptstadtkulturfonds für Berlin zeigt beispielhaft, wie eine aktivierende
Kulturförderpolitik kleinteilige und innovative Projekte gezielt fördert und da-
durch die Kulturlandschaft anregen und vitalisieren kann. Deshalb müsste es
mehr solche Instrumente geben. Daran orientiert sollte auch in weiteren Städten
oder Regionen in Kooperation mit den Bundesländern ein mehrjähriges Pro-
gramm für entsprechende Förderstrukturen aufgelegt werden.

Ob Atelier, Probebühne, Studio, Co-Workingspace – Raum ist eine zentrale
Kategorie der Kreativwirtschaft. Dieser wird jedoch zunehmend knapp und
teuer. Aus diesem Grund sollen bauliche Übergangsräume – sogenannte
Transition Spaces – für künstlerische Verwertung wie Ausstellungs- und
Produktionsflächen nutzbar werden. Für viele Akteure der Kreativwirtschaft ist
es zudem schwierig, sich im Dickicht der Fördermöglichkeiten zu orientieren.
Öffentliche und private Fördermöglichkeiten müssen deshalb übersichtlich und
transparent in einer öffentlich geförderten Datenbank dargestellt werden, die
idealerweise mit den entsprechenden Fördermöglichkeiten im Bereich der
Wirtschaftsförderung verknüpft sein sollte. Zudem sollten Wege der Kofinan-
zierung (beispielsweise Match- und Crowdfunding) ausgebaut werden. Dabei
sind auch die Möglichkeiten der europäischen Kulturförderung einzubeziehen.

Wirtschaftsförderung an die Bedürfnisse der Kreativwirtschaft anpassen

Um auch in der Wirtschaftsförderung den Kreativsektor erfolgreich zu fördern,
muss Kreativität als eine der wichtigsten Ressourcen des 21. Jahrhunderts
anerkannt werden. Kreativität ermöglicht Innovation und ist Motor für Ent-
wicklungen in anderen Branchen. Diese „Spill-over-Effekte“ durch Produkt-
innovation und zusätzliche Wertschöpfung müssen gefördert werden. Es gibt
zwar mittlerweile vielfältige Ansätze zur Förderung der Kreativwirtschaft, oft
greifen diese jedoch nicht oder zumindest nicht ineinander. Sie müssen besser
aufeinander abgestimmt werden. Sowohl die Bekanntheit der Förderpro-
gramme als auch die flankierenden Weiterbildungsmöglichkeiten sind derzeit
ungenügend.

Standorte der Kreativwirtschaft sollten sich an ihren jeweiligen Stärken orien-
tieren und Kooperationsnetzwerke und Verbünde eingehen. Ein regionales
Innovationsmonitoring kann dazu beitragen, über Austauschplattformen zwi-
schen Entrepreneuren und Wirtschaftsförderern die Zielgenauigkeit der Förder-
politik zu verbessern. Ein Denken jenseits der Clustergrenzen kann dazu beitra-
gen, die Kooperation beispielsweise zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
sowie zwischen verschiedenen Branchen (Kreativwirtschaft und verarbeitendes
Gewerbe) zu verbessern. Darüber hinaus müssen Förderprogramme nicht nur
die Gründungs-, sondern vor allem auch die Wachstumsphasen junger Unter-
nehmen berücksichtigen, in denen sie häufig noch fragil sind. So wie sich die
Kreativwirtschaft im ständigen Wandel befindet, müssen sich auch die Förder-
strukturen ständig neu ausrichten.
Noch immer werden viele kreative Ideen nicht umgesetzt, weil es in der Kreativ-
wirtschaft an betriebswirtschaftlichem Kapital fehlt. Herkömmliche Kredite

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oder Förderungen sind für Kreative kaum zu bekommen. Konservativen Banken
erscheint die Risikobewertung kreativer Vorhaben zu mühsam. Die klassische
Existenzgründungsförderung ist mit ihren Eigenkapitalanteil-Forderungen und
der mangelnden Anerkennung von Immaterialgütern als Sicherheit für viele
Projekte der Kreativwirtschaft untauglich und muss angepasst werden. Die
Bedingungen für Risikokapitalgeber müssen verbessert werden. Innovative
„schwarmfinanzierte“ Finanzierungsmodelle („Crowdfunding“) können ergän-
zen und müssen gefördert werden. Zu begrüßen sind Modelle in den Ländern
wie beispielsweise der VC Fonds Kreativwirtschaft Berlin der Investitionsbank
Berlin (IBB) und des Landes Berlin, die Projekte der Kreativwirtschaft mit
Wagniskapital und flexiblen, langfristigen Kleinkrediten unterstützen. Zudem
brauchen wir Förderfonds der bundes- und landeseigenen Investitionsbanken,
wie die KfW Bankengruppe, die in die Kreativwirtschaft investieren.

Der Gründungszuschuss der Arbeitsagentur muss wieder ausgebaut werden und
auch Genossenschaftsmodellen zur Verfügung stehen. Genossenschaften stellen
für Kreativunternehmen eine besonders geeignete Unternehmensform dar. Die
Gründung von Kleinstgenossenschaften muss erleichtert werden. Die Aufnahme
von Krediten bei ihren Mitgliedern muss Genossenschaften in einem bestimm-
ten Rahmen ermöglicht werden, ohne dass diese den Restriktionen des Kredit-
wirtschaftsgesetzes unterliegt. Genossenschaften müssen die gleichen Förder-
möglichkeiten erhalten wie Kapitalgesellschaften. Unternehmensgründungen in
der Kreativwirtschaft sollten auch durch vereinfachte Verwaltungsabläufe und
erleichterte Kapitalbestimmungen für Unternehmergesellschaften unterstützt
werden. Vereinfachte Meldepflichten sollten für Solo-Selbstständige, aber auch
für Teilerwerbsgründungen, Kapitalgesellschaften und andere juristische Per-
sonen der Kreativwirtschaft gelten. Vor allem in der innovativen und risiko-
behafteten Kreativwirtschaft sollte die Möglichkeit einer „zweiten Chance“ er-
leichtert werden: Im Falle eines betriebswirtschaftlichen Misserfolgs muss es
einen Neuanfang nach der Insolvenz geben können. Das neue Insolvenzrecht
setzt auf die Fortführung des Unternehmens, wenn die Zukunftsprognose eine
erfolgreiche Tätigkeit nach Entschuldung möglich erscheinen lässt.

Gründungsinitiativen auf kommunaler, regionaler sowie Landes- und Bundes-
ebene im Bereich der Kreativwirtschaft ebnen den Weg in die Selbstständigkeit
durch betriebswirtschaftliche Beratung und Qualifizierung, sichern den unter-
nehmerischen Erfolg ab und sind zu unterstützen. Zur Vereinfachung des
Umgangs mit den Verwaltungsbehörden sollte für Unternehmensgründer das
Prinzip der „One-Stop-Agency“ (d. h. eine Anlaufstelle, bei der alle Anliegen
bearbeitet bzw. weitergeleitet werden) für die Kreativwirtschaft Anwendung
finden.

Bei Unternehmen der Kreativwirtschaft, insbesondere Neugründungen, sollten
auch die Finanzämter deren Zukunftschancen berücksichtigen. In regionalen
Schwerpunkten der Kreativwirtschaft sollten die Finanzverwaltungen der Län-
der zudem prüfen, die Steuerfälle zentral zu bearbeiten. Durch erfahrene Mit-
arbeiter, die mit den Besonderheiten der Branche vertraut sind, könnte der
Steuervollzug vereinheitlicht und beschleunigt werden.

Bestehende Fördermöglichkeiten sollten übersichtlich und transparent in einer
öffentlich geförderten Datenbank dargestellt werden. Zudem müssen Wider-
sprüche in der unterschiedlichen Bewertung verschiedener kultureller Leistun-
gen bzw. Güter (z. B. ermäßigter Umsatzsteuersatz für Bücher, jedoch nicht für
E-Books) überprüft werden, ohne umsatzsteuerliche Ermäßigungstatbestände
für kulturelle Leistungen insgesamt in Frage zu stellen.

Zudem sollte der Fachkräftezuzug aus dem Nicht-EU-Ausland für alle Bran-
chen der Kultur- und Kreativwirtschaft verbessert werden.

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Kompetenzen neu denken und fördern

Bildungspolitik bzw. Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche sowie in
der Aus- und Weiterbildung für Kultur- und Kreativschaffende sind wie in vie-
len anderen Zukunftsbranchen maßgeblich für die Entwicklung der Kreativ-
wirtschaft. Zwar kann nicht alles, aber vieles erlernt und befördert werden, um
erfolgreich zu sein. Deshalb sind die Erwartungen und die Voraussetzungen an
Bildung und Qualifikation in der Kreativwirtschaft hoch.

Die Kreativwirtschaft ermöglicht sozialen Aufstieg und Selbstverwirklichung,
oft unabhängig von formalen Bildungswegen und weist zugleich einen hohen
Anteil gut ausgebildeter Talente auf. Trotz des hohen Ausbildungsstands gilt
für viele Akteure der Kreativwirtschaft das Prinzip „learning by doing“, weil es
wenige einschlägige Ausbildungszusammenhänge gibt. Kreative sind mit kom-
plexen Anforderungen konfrontiert, die für viele Menschen Herausforderungen
und Barrieren darstellen. Oft misslingt deshalb der Start, wird erschwert oder
Künstler und Kreative scheitern mit ihren Ideen und Produkten.

Musische und künstlerische Fähigkeiten sowie die Medienkompetenz tragen
maßgeblich dazu bei, dass junge Menschen ihre kreativen Begabungen ent-
decken, entwickeln und nutzen und damit Interesse am Einstieg in die Kreativ-
wirtschaft bekommen. Neben kreativem Talent können das Wissen über Finanz-
organisation, Betriebswirtschaft und Recht, aber auch soziale Kompetenzen,
Sprachkenntnisse und Selbstdisziplin eine wesentliche Rolle spielen.

Immer wichtiger wird die digitale Selbstständigkeit durch Medienkompetenz,
die bereits im Vorschulalter durch altersgerechte Angebote gefördert und deren
Nutzung durch Eltern und Erzieher vermittelt wird. Digitale Selbstständigkeit
meint, dass jeder Bürger und jede Bürgerin in der Lage sein soll, alle Möglich-
keiten der „digitalen Gesellschaft“ möglichst selbstständig nutzen und – anders
herum – sich vor allen damit verbundenen Risiken möglichst gut schützen zu
können. Dazu ist neben der Aufklärung eine stärkere Betonung der Prinzipien
der Sicherheit und des Datenschutzes durch Grundeinstellungen und Soft- und
Hardwaredesing (privacy/security by default and design) notwendig.

Allen Schülerinnen und Schülern sollte der Zugang zu digitalen Lernmitteln
und in den Schulen die Arbeit mit einem Laptop oder Tablet ermöglicht wer-
den. Es reicht dabei nicht aus, Bildungseinrichtungen adäquat technisch auszu-
statten, auch das Lehrpersonal muss entsprechende medienpädagogische Fach-
kompetenz besitzen und medienadäquate Lernkonzepte müssen entwickelt wer-
den. Informatik soll zu einem wichtigeren Aspekt der Bildung werden. Dabei
geht es nicht nur um das technisch-logische Verständnis, die Befähigung zum
Programmieren ist auch unter künstlerischen Aspekten zu fördern. Die in der
Kreativwirtschaft notwendigen Kompetenzen bieten sich besonders an für
innovative Lehrmethoden wie kooperative und kollaborative Ansätze (z. B.
Planspiele). Wissen und Infrastrukturen für Unternehmensgründungen sollten
an Hochschulen stärker in den Fokus genommen werden.

Die Aufhebung des Kooperationsverbotes ist eine wesentliche Voraussetzung
dafür, dass Bund und Länder sich gemeinsam dafür einzusetzen können, dass
Menschen schon frühzeitig – beginnend in Kindertagesstätte und Schule, dann
aber ein Leben lang – darin unterstützt und befähigt werden können, erfolg-
reiche Akteurinnen und Akteure in der Kreativwirtschaft werden.

Internet – Grundrecht in der digitalen Gesellschaft

Netzpolitik ist für uns Gesellschafts- und Zukunftspolitik, sie gehört in die
Mitte der politischen Debatte. Dabei reicht es nicht aus, bewährte Offline-
Mechanismen eins zu eins in die Onlinewelt zu übertragen. Wir brauchen neue

Antworten und Lösungen für drängende Herausforderungen: Eine Weiterent-

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wicklung des Urheberrechts, Stärkung der Bürgerrechte durch wirksamen
Datenschutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte, eine Stärkung des
Jugendmedienschutzes, den gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Zu-
gang zum breitbandigen Internet und zu Inhalten, die Ermöglichung der digita-
len Selbstständigkeit durch Stärkung der Medienkompetenz aller Generationen
als Schlüsselqualifikation in der Informations- und Wissensgesellschaft, mehr
Transparenz staatlichen Wissens durch Informationsfreiheit und Open Data, so-
ziale Sicherheit in der digitalen Arbeitswelt und das Nutzen emanzipatorischer
Freiräume durch digitale Arbeit zur besseren Vereinbarkeit von Familie und
Beruf und schließlich das Nutzen der Chancen der digitalen Gesellschaft für
eine Revitalisierung der Demokratie.

Ein freies und leistungsfähiges Internet ermöglicht Kreativität und befördert
das Entstehen neuer Geschäftsmodellen. Mit diesem Veränderungsprozess
sind Öffnungsbewegungen (Open Access, Open Education, Open Data, Open
Governement und Open Innovation) verbunden. Sie entscheiden, ob die digi-
tale Gesellschaft eine offene, demokratische, kreative und eine innovative
sowie wirtschaftlich erfolgreiche Gesellschaft sein kann. Mit dem digitalen
Wandel geht ein Strukturwandel der Öffentlichkeit einher. Die Medienöffent-
lichkeit wird zu einer Medien- und Netzöffentlichkeit, neben die traditionellen
Anbieter treten neue. Zugleich sind neue Tendenzen der Abschottung von
öffentlichen Räumen zu beobachten. Wir brauchen Öffentlichkeit und öffent-
liche Räume auch im Internet und müssen die Offenheit der Kommunikations-
räume aufrechterhalten.

Eine gesetzlich verankerte Netzneutralität sowie die Diskriminierungsfreiheit
der Infrastrukturen und Inhalte müssen die Grundlage für ein freies und innova-
tionsfreundliches Internet sein. Ein schneller und leistungsfähiger Internet-
zugang für alle muss zu den Grundrechten der digitalen Gesellschaft zählen. Er
ist Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe wie für den wirtschaft-
lichen Erfolg und für Kreativität und Innovation. Die Öffnung von Politik und
Staat wird nur dann real, wenn die Informationsfreiheit weiterentwickelt und
mit einer Open-Data-Strategie kombiniert wird. Diese Öffnung ist auch aus
wirtschaftlicher Sicht notwendig, um die Ressource Information und Daten in
der öffentlichen Hand zu heben und zu veredeln. Die bestehenden Zugangs-
rechte nach dem Informationsfreiheitsrecht müssen ausgebaut und eine recht-
liche Verpflichtung zu proaktiver Veröffentlichung durch Behörden und öffent-
liche Stellen muss geschaffen werden.

Bei der Digitalisierung von Kulturgütern geht es darum, das kulturelle Ge-
dächtnis unserer Gesellschaft zu bewahren. Neue Formen des Zugangs und der
Nutzung von Kulturgütern entstehen, erweitern und verbreitern sich. Gerade im
Kreativ- und Kulturbereich profitiert die Gesellschaft vom digitalen Struktur-
wandel, indem der Zugang zu digitalen Inhalten eröffnet, zur Beteiligung ein-
geladen und aktiv die Interaktion und der Austausch mit anderen gesucht wird.
Die kulturelle Infrastruktur muss dem Rechnung tragen und um eine digitale
kulturelle Infrastruktur erweitert werden. Dazu gehören auch der notwendige
Breitbandausbau und die gesetzliche Absicherung durch eine Universaldienst-
verpflichtung, um das „Recht auf schnelles Internet“ umzusetzen. Durch verbes-
serte Rahmenbedingungen für private Investitionen will die SPD-Bundestags-
fraktion darüber hinaus den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen forcieren.

Open-Source-Software und offene Standards haben enorme Bedeutung für den
Innovations- und IT-Standort Deutschland sowie den Mittelstand. Freie und
Open-Source-Software kann einen wichtigen Beitrag zu sicheren, stabilen, inter-
operablen – und auch kostengünstigen – Softwarelösungen leisten. Daher sollte
in Staat und Verwaltung verstärkt auf Open-Source-Software und auf offene

Standards gesetzt werden.

Drucksache 17/12382 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Darüber hinaus benötigen wir umfassende Open-Access- und Open-Education-
Strategien: Kernziel einer verantwortungsvollen Netzpolitik für die Kreativ-
wirtschaft muss die Ermöglichung von digitaler Selbstständigkeit aller Genera-
tionen und eine Stärkung der Medienkompetenz sein. Die zeit- und ortsunab-
hängige Verfügbarkeit von Medien und Informationen eröffnet den Menschen
neue Informations-, Kommunikations- und Lernmöglichkeiten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• ein Gesamtkonzept für die Förderung der Kreativwirtschaft vorzulegen,
welches die komplexen Erwartungen und Bedürfnisse der Kreativwirtschaft
– orientiert an den Vorschlägen des Kreativpaktes zu den Bereichen Urheber-
recht, soziale Sicherung, Bildung, Netzpolitik sowie Kultur- und Wirtschafts-
förderung – ressortübergreifend berücksichtigt und damit dieser Branche die
politische Aufmerksamkeit zuteil werden lässt, die sie aufgrund ihrer Bedeu-
tung verdient;

• einen mit den Ländern abgestimmten Bericht zur Kultur- und Kreativwirt-
schaft vorzulegen, um die Potenziale, Chancen und Trends besser als bisher
einschätzen zu können und auf dieser Grundlage ein zwischen Kommunen,
Ländern und Bund abgestimmtes, koordiniertes und wirksames Handeln zu
ermöglichen;

• die Chancen und Potenziale dieser dynamisch wachsenden Branche zu för-
dern und nicht – wie die aktuelle Bundesregierung – zu verspielen;

insbesondere im Urheberrecht

• einen Gesetzentwurf zur Reform des Urheberrechts vorzulegen, der den An-
forderungen der digitalen Welt Rechnung trägt, wissenschafts- und bildungs-
freundlich ist, den Zugang zu und die Lizensierung von verwaisten oder
vergriffenen Medien ermöglicht, die neuen digitalen Nutzungspraktiken mit
dem Urheberrecht in Einklang bringt und einen fairen und gerechten Aus-
gleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern ermöglicht;

• einen Gesetzentwurf zur Reform des Urhebervertragsrechts vorzulegen, um
die strukturell schwächere Position des Urhebers in den Vergütungsverhand-
lungen mit dem Verwerter auszugleichen, indem beispielsweise die im Ge-
setz vorgesehenen Verhandlungs- bzw. Konfliktlösungsmechanismen wirk-
samer gestaltet und um effektive Kontroll- und Sanktionsinstrumente ergänzt
werden. Der Anspruch auf angemessene Vergütung muss durchsetzungsstark
ausgestaltet werden;

• hierbei die einstimmig beschlossene Empfehlung der Enquete-Kommission
„Internet und digitale Gesellschaft“ aufzugreifen und zu prüfen, ob die Ver-
bindlichkeit des Schlichtungsvorschlags festgeschrieben werden kann;

• Maßnahmen zum Schutz geistigen Eigentums zu ergreifen, die verhältnis-
mäßig und geeignet sind und die bei den Verursachern der Rechtsverlet-
zung – also den illegalen Plattformen – ansetzen, damit Urheberrechtsver-
letzungen dort bekämpft werden, wo sie entstehen;

• darüber hinaus zu prüfen, wie die Finanzierungswege der illegalen Plattform-
anbieter eingeschränkt werden können, um dem Geschäftsmodell die Grund-
lage zu entziehen. Insbesondere ist sicherzustellen, dass auf Webseiten mit
eindeutig urheberrechtsverletzenden Inhalten keine legalen Werbeeinnahmen
generiert werden können und Zahlungsdienstleister (z. B. Kreditkartenanbie-
ter) nicht mit ihnen kooperieren dürfen;

• geeignete und wirksame Maßnahmen zur Aufklärung über und zur Vermitt-

lung von Akzeptanz für den Wert des geistigen Eigentums zu ergreifen;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/12382

• Geschäftsmodelle, die eine legale Nutzung geschützter Inhalte einfach und
nutzerfreundlich ermöglichen und den Nutzern Rechtssicherheit bieten, zu
fördern;

• dabei auf symbolpolitische oder unverhältnismäßige Maßnahmen zur
Rechtsdurchsetzung im Internet zu verzichten, wie sie etwa Warnhinweis-
modelle, die flächendeckende Überwachung der Netzkommunikation, Netz-
sperren oder Internetzugangssperren darstellen. Diese Instrumente leisten
keinen Beitrag bei der Bekämpfung rechtswidriger Inhalte, greifen tief in
Grund- und Freiheitsrechte ein und schaffen eine Infrastruktur, die grundsätz-
liche Bedenken hervorruft und rechtlich überaus problematisch ist;

• einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Missbrauch des Rechtsinstrumen-
tes der Abmahnung und Abmahngeschäftsmodellen die Grundlage entzieht;

• das System der kollektiven Rechtewahrnehmung auch im europäischen Kon-
text dahingehend weiterzuentwickeln, dass Verwertungsgesellschaften ihren
Verpflichtungen zur Transparenz und zur Erfüllung sozialer und kultureller
Zwecke besser als bisher nachkommen sowie die Kreativen gerecht am Erlös
beteiligen;

• Presseverleger gegen die unautorisierte Verwendung ihrer Presseerzeugnisse
durch Dritte (beispielsweise durch News-Aggregatoren und Harvester) bes-
ser zu schützen, indem eine bessere Rechtsdurchsetzung erfolgt, von der
nicht zuletzt auch die Urheber profitieren müssen. Der von der schwarz-
gelben Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf für ein Leistungsschutz-
recht für Presseverlage bietet keine Lösung;

insbesondere in der sozialen Sicherung

• einen Vorschlag vorzulegen, mit dem die Sozialversicherungen langfristig
zur Bürgerversicherung und Erwerbstätigenversicherung weiterentwickelt
werden, bei denen eine solidarische soziale Sicherung von der Art der Er-
werbstätigkeit abgekoppelt wird;

• einen Gesetzentwurf vorzulegen, der folgende Änderungen vorsieht:

a) Verlängerung der Rahmenfrist nach § 143 Absatz 1 des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB III) innerhalb derer die Anwartschaftszeit für den
Bezug von Arbeitslosengeld I erfüllt werden muss, von zwei auf drei
Jahre;

b) Änderung der Regelung für kurz befristet Beschäftigte nach § 142
Absatz 2 SGB III mit der Maßgabe, dass die übrigen Anspruchsvoraus-
setzungen der geltenden Regelung für kurzfristig Beschäftigte entfallen;

• einen Vorschlag vorzulegen, wie die Künstlersozialversicherung auch unter
Berücksichtigung der weiter zunehmenden Attraktivität für Kultur-, Medien-
und Kreativschaffende dauerhaft stabil und zukunftsfest ausgestaltet werden
kann;

• einen Vorschlag vorzulegen, der die Aufnahme von Solo-Selbstständigen und
Kleinunternehmern, die bislang nicht Mitglied in einem obligatorischen
Sicherungssystem sind, in den Versichertenkreis der gesetzlichen Rentenver-
sicherung vorsieht und für sie erschwinglich ist;

• einen Vorschlag vorzulegen, wie der Zugang zur Krankenversicherung und
(freiwilligen) Arbeitslosenversicherung insbesondere für Solo-Selbststän-
dige und Kleinunternehmer so gestaltet werden kann, dass dieser möglich
und erschwinglich ist;

• einen Vorschlag vorzulegen, mit dem die Rückkehr zur alten Regelung vor
dem 31. Dezember 2008 gewährleistet wird, wonach auch für unständig Be-

schäftigte eine Auszahlung von Krankengeld ab dem ersten Tag ermöglicht
wird;

Drucksache 17/12382 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

• einen Vorschlag vorzulegen, wie in den Förderkriterien der Kunst- und Kul-
turförderung des Bundes die Einhaltung bestehender Tarifverträge und
sozialer Mindeststandards verbindlich gemacht werden können, indem bei-
spielsweise im Filmfördergesetz (FFG) die Gewährung von Fördermitteln an
die Einhaltung sozialer Standards gebunden wird;

• Vorschläge vorzulegen, wie die Beratung und Weiterbildung von Kultur- und
Kreativschaffenden durch Arbeitsagenturen, Jobcenter und die Künstlerver-
mittlung der Bundesagentur für Arbeit verbessert werden können;

• eine finanzielle Unterstützung durch die Übernahme von Kranken-, Arbeits-
losen- und Rentenversicherung für Kultur- und Kreativschaffende in der
Berufsstartphase, orientiert am niederländischen Modell „Wet Werk en
Inkomen Kunstenaars“ (WWIK), zu prüfen;

insbesondere in der Kulturförderung

• in Abstimmung mit den Ländern in weiteren Städten oder Regionen ein
mehrjähriges Programm für aktivierende Strukturen zur Förderung von
kleinteiligen und innovativen Projekten aufzulegen;

• Vorschläge zu unterbreiten, um die Kulturförderung des Bundes hinsichtlich
der für die Förderung der Kreativwirtschaft geeigneten Instrumente stärker
als bislang an die Funktionslogiken und Bedürfnisse der Akteure der Kreativ-
wirtschaft anzupassen, u. a.

– in Modellprojekten zu prüfen, ob in dafür geeigneten Bereichen und
Strukturen neben der institutionellen Förderung und der Projektförderung
die Förderung von kultureller Infrastruktur und künstlerischen Konzepten
treten kann, die über mehrjährige Finanzierungsvereinbarungen mit be-
gleitender Evaluation abgesichert wird;

– die Fördermöglichkeiten in einer öffentlich geförderten Datenbank über-
sichtlich und transparent darzustellen, idealerweise mit den entsprechen-
den Fördermöglichkeiten im Bereich der Wirtschaftsförderung verknüpft;

– Formen der Kofinanzierung (beispielsweise Match- und Crowdfunding)
auszubauen und dabei die europäische Kulturförderung einzubeziehen;

• einen Vorschlag für eine Kulturentwicklungsplanung des Bundes in einem
diskursiven Prozess zu entwickeln, die auch die Bedürfnisse und Potenziale
der Kreativwirtschaft in den Blick nimmt;

insbesondere in der Wirtschaftsförderung

• den Innovationsbegriff in den Programmen der Wirtschafts- und Infrastruk-
turförderung des Bundes für die Kreativwirtschaft anzupassen und zu öffnen;

• Förderfonds der bundes- und landeseigenen Investitionsbanken zu initiieren,
die in die Kreativwirtschaft investieren;

• das Prinzip der „One-Stop-Agency“ zur Vereinfachung des Umgangs mit den
Verwaltungsbehörden für Unternehmensgründer der Kreativwirtschaft anzu-
wenden;

• die bestehenden Existenzgründungsprogramme des Bundes hinsichtlich der
Eigenkapitalanteil-Forderungen, der Anerkennung von Immaterialgütern,
aber auch der Begleitung, der Beratung und der Qualifizierung an die Bedürf-
nisse der Unternehmungen in der Kreativwirtschaft anzupassen;

• Unternehmensgründungen in der Kreativwirtschaft durch vereinfachte Ver-
waltungsabläufe und erleichterte Kapitalbestimmungen zu unterstützen;

• im Zuge der Reform des Genossenschaftsrechts dafür zu sorgen, dass die

Gründung von Kleinstgenossenschaften erleichter wird, indem unter ande-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/12382

rem die Pflichtprüfungen reduziert und die Aufnahme von Krediten der Ge-
nossenschaften bei ihren Mitgliedern erleichtert werden;

• den Gründungszuschuss der Bundesagentur für Arbeit wieder auszubauen;

• Genossenschaften den anderen Unternehmensformen bei Gründerzuschüs-
sen, Mitteln der KfW Bankengruppe etc. gleichzustellen;

• zu prüfen, ob und wie Anpassungen bei der umsatzsteuerrechtlichen Bewer-
tung verschiedener kultureller Leistungen bzw. Güter vorzunehmen sind,
ohne umsatzsteuerliche Ermäßigungstatbestände für kulturelle Leistungen
insgesamt in Frage zu stellen;

• die Möglichkeit einer „zweiten Chance“ dadurch zu erleichtern, dass ein
Neuanfang nach der Insolvenz vereinfacht und damit das Ziel des neuen
Insolvenzrechts – die Fortführung des Unternehmens dort, wo es möglich ist,
zu gewährleisten – zu beachten sowie die Unternehmer und ihre Beschäftig-
ten in diesem Fall sozial abgesichert werden;

• sich gegenüber den Finanzverwaltungen der Länder für einen bundesweit
gleichmäßigen Steuervollzug auch gegenüber Unternehmen der Kreativwirt-
schaft einzusetzen;

insbesondere in der Bildung

• gemeinsam mit den Ländern eine Regelung zur Aufhebung des Koopera-
tionsverbots in der Bildungszusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zu
finden, damit der Bund seiner Verantwortung bei der Finanzierung der Bil-
dungsinfrastruktur gerecht werden kann;

• auch in der beruflichen und universitären Aus- und Weiterbildung darauf
hinzuwirken, dass kreative Medienkompetenz, die Fähigkeit, den Computer
und das Internet als Werkzeug zur Beschaffung von Informationen und Inhal-
ten und zur Schaffung eigener Inhalte zu nutzen, eine Basisqualifikation
werden;

• neue Formen der Wissensvermittlung wie Open Education und Open Access
zu fördern, um den Zugang zu Wissen einfach und ohne Barrieren zu gestal-
ten;

• die Digitalisierung von Bildungsmaterialien und Lernmitteln voranzutreiben;

• zu unterstützen, dass Hochschulen stärker zu Ideenplattformen und Existenz-
gründungszentren sowie Ganztagsschulen zu Häusern des Lernens werden.
Voraussetzungen dafür sind auch der Ausbau von Kindertageseinrichtungen
und Ganztagsschulen im Rahmen des kooperativen Zusammenwirkens von
Bund und Ländern;

• allen Menschen – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft – flächendeckend
den Zugang zu kultureller und medialer Erwachsenenbildung zu gewährleis-
ten. Dabei sind auch neue Angebotsformen für bestimmte Zielgruppen wie
beispielsweise Familien oder ältere Menschen einzubeziehen. Medienkom-
petenz muss ein wichtiger Bestandteil der Erwachsenenbildung sein;

• sich gemeinsam mit den Ländern für eine Stärkung des Jugendmedienschut-
zes und der Medienkompetenz insbesondere von Eltern, pädagogischen
Fachkräften und Kindern und Jugendlichen aber auch der älteren Generation
einzusetzen und dabei die Ergebnisse der Enquete-Kommission „Internet und
digitale Gesellschaft“ zu berücksichtigen;

• den Bundesaltenplan in diesem Zusammenhang stärker zu nutzen, um die
kulturelle und mediale Bildung auch für ältere Menschen weiter zu öffnen;
• die Einführung eines Modellprojektes „Freiwilliges Soziales Jahr Digital“ zu
prüfen, um die Potenziale einer digital aufgewachsenen Generation zu för-

Drucksache 17/12382 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

dern und die Kreativität unserer Gesellschaft zu nutzen. Mit dieser Auswei-
tung der Freiwilligendienste sollen junge Menschen ermutigt werden, digi-
tale Projekte etwa in öffentlichen Einrichtungen zu entwickeln und
umzusetzen;

insbesondere in der Netzpolitik

• den Breitbandausbau massiv zu intensivieren und das Recht auf einen schnel-
len Internetzugang durch eine Universaldienstverpflichtung gesetzlich abzu-
sichern;

• das Potenzial der drahtlosen lokalen Netzwerke (WLAN – Wireless Local
Area Network) für die digitale Infrastruktur nicht länger brachliegen zu las-
sen und einen Gesetzentwurf vorzulegen, um die bestehenden Haftungs-
unsicherheiten zu beseitigen;

• einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Netzneutralität und die Diskriminie-
rungsfreiheit der Infrastrukturen und Inhalte als die Grundlage für ein freies,
offenes und innovationsfreundliches Internet absichert;

• das Open-Data-Portal nicht nur als „Schaufensterpolitik“ zu begreifen, son-
dern als Gewährleistung eines umfassenden Informationsanspruches sicher-
zustellen und weiterzuentwickeln;

• in der Bundesverwaltung verstärkt auf Freie und Open-Source-Software
sowie offene Standards und freie Software zu setzen und deren Weiterent-
wicklung zu fördern;

• die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, um die emanzipatorischen
Potenziale der digitalen Arbeit und die damit entstehenden Freiheitsräume,
beispielsweise mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu
nutzen und die negativen Aspekte der Digitalisierung der Arbeitswelt zu
begrenzen, beispielsweise durch ein Recht auf Nichterreichbarkeit;

• das Datenschutzrecht zu modernisieren, um den Herausforderungen der digi-
talen Gesellschaft Rechnung zu tragen und sich endlich auch auf euro-
päischer Ebene für einen starken und europaweiten Datenschutz einzusetzen.

Berlin, den 19. Februar 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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