BT-Drucksache 17/12187

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung - Drucksachen 17/11685, 17/12096 - Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 2069 (2012) vom 9. Oktober 2012 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen

Vom 30. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12187
17. Wahlperiode 30. 01. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Frithjof Schmidt, Omid Nouripour, Ute Koczy, Kerstin Müller
(Köln), Tom Koenigs, Katja Keul, Agnes Brugger, Viola von Cramon-Taubadel,
Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz,
Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung
– Drucksachen 17/11685, 17/12096 –

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz
der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan
(International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO
auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen,
zuletzt Resolution 2069 (2012) vom 9. Oktober 2012 des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Auf der Afghanistankonferenz in London im Jahr 2010 und auf der Nato-Kon-
ferenz in Chicago 2012 hat sich die internationale Gemeinschaft darauf ver-
ständigt, den ISAF-Einsatz in Afghanistan bis Ende 2014 zu beenden. Gleich-
zeitig sollen afghanische Sicherheitskräfte schrittweise die Sicherheitsverant-
wortung übernehmen. Auch die Bundesregierung hatte sich wiederholt hinter
diese Pläne gestellt und einen Abzug der Kampftruppen der Bundeswehr bis
Ende 2014 zugesichert.

Die Entscheidung, nach über einem Jahrzehnt militärischen Engagements in
Afghanistan endlich dem politischen Prozess Vorrang zu geben, war richtig und
überfällig. Zu lange setzten maßgebliche Verbündete wie die USA faktisch auf
eine militärische Lösung, wodurch der politische Prozess vernachlässigt wurde.
Bis heute fehlt eine realitätsnahe Umsetzung einer langfristigen zivilen Wieder-
aufbaustrategie für das Land. Am Anfang des Einsatzes stand die Erwartung,

dass der Kampf gegen Al Qaida und die Taliban nur von kurzer Dauer sein
würde. Das erwies sich als Irrtum. Parallel zur UN-mandatierten ISAF-Mission
führten die USA mit ihren Bündnispartnern im Rahmen der OEF-Mission
(Operation Enduring Freedom) den „Krieg gegen den Terror“. Dieser forderte
viele zivile Opfer und unterminierte das Vertrauen der afghanischen Bevölke-
rung in den ISAF-Einsatz. Die Strategie, vorrangig mit militärischen Mitteln
eine Friedenslösung erzwingen zu wollen, ist gescheitert.

Drucksache 17/12187 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Einschätzungen über die Sicherheitslage liegen je nach Quelle, nach be-
trachteter Region und nach zugrundeliegendem Sicherheitsbegriff weit aus-
einander. Insgesamt ist die Lage weiterhin besorgniserregend und unberechen-
bar. Eine Trendwende hin zu landesweiter Stabilität ist nach wie vor nicht in
Sicht. Zwar registriert ISAF insgesamt einen Rückgang der sicherheitsrelevan-
ten Vorfälle; der August 2012 war aber nach Angaben der UNAMA der Monat
mit der zweithöchsten Zahl ziviler Opfer seit Beginn des Einsatzes. Für 80 Pro-
zent der Opfer sind Anschläge der Aufständischen verantwortlich. Die Bundes-
regierung dagegen beschönigt die Sicherheitslage in ihrem aktuellen Fort-
schrittsbericht einmal mehr.

Die grundlegende Voraussetzung für eine politische Lösung des Konflikts ist
ein innerafghanischer Verhandlungs- und Versöhnungsprozess. Ein solcher
Prozess muss inklusiv, nachhaltig und entwicklungsorientiert sein und sowohl
die afghanische Zivilgesellschaft als auch alle Nachbarstaaten Afghanistans mit
einbeziehen. Die internationale Gemeinschaft muss sich dafür einsetzen, dass
bei einer politischen Lösung die vom afghanischen Parlament formulierten
„rote[n] Linien“ nicht überschritten werden. Fortschritte im Bereich der Men-
schenrechte dürfen, insbesondere bei den Frauenrechten, nicht in Frage gestellt
werden.

Die Lage Afghanistans hat aber auch für die Nachbarstaaten sicherheitspoli-
tische Auswirkungen. Die internationale Gemeinschaft muss daher verstärkt
einen regionalen Politikansatz verfolgen, der die gegenseitigen Wechselwir-
kungen der Sicherheitslage in Afghanistan und in seinen Nachbarstaaten ge-
nauer berücksichtigt.

Abzug konsequent und transparent voranbringen

Trotz ihres Bekenntnisses zum Abzug der Kampftruppen bis Ende 2014 hat die
Bundesregierung sich in den letzten Jahren geweigert, eine substantielle Ab-
zugsplanung vorzulegen. Auch fehlt eine entwicklungspolitische Agenda für
den Aufbau für die Zeit nach 2014. Das vorgelegte Mandat verstärkt den Ein-
druck, dass kein ernsthafter Abzug vollzogen wird. Der Wille, bis 2014 aus Af-
ghanistan militärisch abzuziehen, wird nur in der Begründung zum Mandat er-
wähnt; im Beschlussteil selbst fehlt er.

Das zeigt sich auch an der geplanten Truppenstärke: Das Mandat verpflichtet
die Regierung nur auf die Einhaltung einer Obergrenze von 4 400 Soldatinnen
und Soldaten. In der Begründung wird dann zusätzlich die Möglichkeit einer
Absenkung auf maximal 3 300 Soldatinnen und Soldaten genannt, aber nur,
falls die Bedingungen es erlauben. Wenn am 1. März 2014 noch mindestens
3 300 deutsche Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan stehen, erscheint ein
vollständiger Abzug der Kampftruppen binnen neun Monaten bis Ende 2014
nur noch schwer durchführbar. Die Bundesregierung bleibt weiterhin die Ant-
wort schuldig, wie viele der verbliebenen Soldatinnen und Soldaten der Bun-
deswehr zu den abzuziehenden Kampftruppen gehören. Damit rückt die Bun-
desregierung de facto vom angekündigten vollständigen Abzug der Kampftrup-
pen ab und gerät in Widerspruch zu international vereinbarten Zielsetzungen.

Darüber hinaus plant die Bundesregierung gemeinsam mit ihren Partnern auf
NATO-Ebene eine Ausbildungs- und Trainingsmission für die Zeit ab 2015.
Völlig unklar ist bisher, welchen Umfang die deutsche militärische Beteiligung
an einer solchen Mission haben soll und in welcher Weise sich die Bundeswehr
daran beteiligen wird. Es steht zu befürchten, dass die Bundesregierung ihre
Pläne so anlegt, dass nach 2014 noch eine vierstellige Zahl von Bundeswehr-
soldatinnen und -soldaten in Afghanistan stationiert sein soll. Ein solches in-
transparentes Verfahren ist dazu geeignet, in der deutschen Bevölkerung das

Vertrauen in die Mandatswahrheit und -klarheit noch weiter zu erschüttern.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12187

Pläne für das Vorgehen nach 2014 und die dafür benötigten Bundeswehrkräfte
müssen von der Bundesregierung unverzüglich dargelegt und im Deutschen
Bundestag diskutiert werden.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass im neuen Mandat das „Partnering“ nicht
mehr aufgeführt ist, durch das Bundeswehrangehörige in der Vergangenheit an
der offensiven Aufstandsbekämpfung beteiligt waren. Capture-or-Kill-Opera-
tionen und Night Raids einiger ISAF-Partnerstaaten erschweren nach wie vor
die Versuche, zu einer politischen Lösung zu gelangen und fordern immer wie-
der zivile Opfer. Die Bundesregierung muss auf ihre Bündnispartner einwirken,
diese Praxis endgültig zu beenden. Die offensive Aufstandsbekämpfung ist für
das Finden einer Verhandlungslösung kontraproduktiv und gefährdet den wei-
teren Friedensprozess.

Eine konsequente und transparente deutsche Abzugsstrategie verlangt auch
verlässliche Abzugsrouten. Die Bundesregierung hat sich jedoch mit ihrer ein-
seitigen Fixierung auf den usbekischen Militärflughafen Termes in eine poli-
tisch und menschenrechtlich fatale und finanziell kostspielige Abhängigkeit ei-
nes unberechenbaren autoritären Regimes begeben, das auf Geheimhaltung der
Inhalte des deutsch-usbekischen Transitabkommens und der darin vereinbarten
jährlichen Zahlung von 15,95 Mio. Euro für die Nutzung von Termes besteht.
Die Nutzung von Termes als Umschlagplatz der Bundeswehr darf nicht länger
als unbedingt nötig aufrecht erhalten werden.

Der geplante Abzug der ISAF-Truppen stellt auch die Nachbarstaaten vor neue
Sicherheitsherausforderungen. Die regionalen sicherheitspolitischen Folgen
des ISAF-Abzugs müssen deswegen unbedingt im multilateralen Rahmen be-
sprochen werden. Dafür bieten sich die Vereinten Nationen und in Bezug auf
Zentralasien auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa an.

Agenda für den Aufbau in Afghanistan bis 2014 und danach vorlegen

Nach wie vor kommt es zu einer fortlaufenden Unterordnung des Zivilen unter
das Militärische. Nachdem im vergangenen Jahrzehnt der zivile Wiederaufbau
vernachlässigt wurde, sind in den letzten Jahren die Mittel für den zivilen Wie-
deraufbau gestiegen. Dadurch konnten wichtige Erfolge erzielt werden. Doch
waren die Herausforderungen größer als erwartet und deshalb sind die Ent-
wicklungserfolge auch zehn Jahre nach dem Beginn des Engagements immer
noch nicht ausreichend. Die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) werden in
Afghanistan bis 2015 nicht erreicht.

Wesentliche Voraussetzung für Fortschritte bei der Entwicklung des Landes ist
eine deutlich verbesserte Regierungsführung, vor allem auch eine entschiedene
Bekämpfung von Korruption. Der in vielen Regionen geringe Zuspruch für die
Regierung Karzai liegt auch an ihrem Versagen bei der Korruptionsbekämp-
fung, beim Staatsaufbau sowie ihrem mangelnden Einsatz für mehr Meinungs-
freiheit und Menschenrechte. Auch die steigenden Gewalt gegen Frauen muss
entschieden bekämpft werden.

Das Land wird langfristig auf erhebliche Unterstützung angewiesen sein. Der
Einsatz der Mittel benötigt strategische Geduld sowie flexible Reaktions-
möglichkeiten, um auf Veränderungen der entwicklungspolitischen Rahmenbe-
dingungen reagieren zu können. Gleichzeitig muss die entwicklungspolitische
Dimension der Region ein zentrale Rolle spielen.

Der zivile Wiederaufbau durch die Stärkung zentraler und dezentraler staat-
licher Institutionen in Afghanistan, die Stärkung des afghanischen Berufsbil-
dungs- und Hochschulsystems sowie eine deutlich verbesserte Unterstützung

der afghanischen Zivilgesellschaft müssen in Zukunft oberste Priorität für die
Stabilisierung des Landes einnehmen.

Drucksache 17/12187 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Auf der Bonner Afghanistankonferenz im Dezember 2011 hatte die Bundes-
regierung versprochen, das zivile und entwicklungspolitische Engagement bis
2024 fortzusetzen. Im Juli 2012 hat sie bei der Geberkonferenz in Tokio noch
bekräftigt, bis einschließlich 2015 pro Jahr 430 Mio. Euro für den zivilen
Wiederaufbau bereitzustellen. Schon ein halbes Jahr später wurde dieses Ver-
sprechen gebrochen und die Mittel für den Afghanistan-Stabilitätspakt im
Haushalt des Auswärtigen Amts durch die Haushaltspolitiker der schwarz-
gelben Regierung um 10 Mio. Euro gekürzt. Im neuen Mandat verzichtet die
Bundesregierung nun völlig auf die Nennung einer konkreten Höhe für den
zivilen Wiederaufbau. Das ist eindeutig ein deutlicher Rückschritt gegenüber
dem letzten Mandat. Dies zeigt, dass die Bundesregierung über keinen umfas-
senden Ansatz für das deutsche Engagement zum Aufbau Afghanistans verfügt.

Die zivile Unterstützung aus Deutschland darf nicht verebben, sondern muss
für die Zeit nach 2014 mindestens auf dem erreichten Niveau fortgesetzt wer-
den. Die Kürzungen sind zum jetzigen Zeitpunkt das absolut falsche politische
Signal für die Menschen in Afghanistan, für die afghanische Zivilgesellschaft
und gegenüber unseren internationalen Partnern. Die nachhaltige Friedensent-
wicklung Afghanistans darf nicht durch falsche Einsparprioritäten der schwarz-
gelben Regierung aufs Spiel gesetzt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. umgehend eine konkrete und realistische Abzugsplanung für die Beendi-
gung des ISAF-Einsatzes und des Kampfauftrages der Bundeswehr bis Ende
2014 vorzulegen, die das politische Versprechen des Abzugs der Kampftrup-
pen einlöst;

2. sich dafür einzusetzen, dass der UN-Sicherheitsrat ausdrücklich ein Mandat
für Verhandlungen mit den Aufständischen formuliert und alle beteiligten
Mitgliedstaaten auffordert, diese zu unterstützen sowie die Sicherheit der
Unterhändler zu garantieren;

3. die Ziele und konkreten Vorstellungen für eine zivile und mögliche militäri-
sche Präsenz für die Zeit nach 2014, d. h. für die Transformationsdekade für
Afghanistan, darzulegen, in deren Mittelpunkt die Bereiche ziviler Aufbau,
nachhaltige Entwicklung, Menschenrechte und gute Regierungsführung so-
wie die Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte stehen;

4. für den Fall, dass eine Beteiligung an einer ISAF-Nachfolgemission durch
die afghanische Regierung gewünscht und durch die Bundesregierung mit
Militärberatern und Ausbildern beabsichtigt wird, dies an eine neue Rechts-
grundlage nach Kapitel VI der Charta der Vereinten Nationen zu knüpfen;

5. die Initiativen zu verstärken, die afghanischen Nachbarstaaten und andere
regionale Akteure in eine politische Lösung des Afghanistankonflikts und
der regionalen Sicherheitsprobleme mit einzubeziehen und bestehende Ini-
tiativen wie den Istanbuler Prozess weiter nach Kräften zu unterstützen;

6. sich gegenüber den ISAF-Partnern für eine Beendigung von nicht mit dem
Völkerrecht vereinbaren gezielten Tötungen und Night Raids einzusetzen
und sicherzustellen, dass sich die Bundeswehr nicht an solchen Aktionen be-
teiligt;

7. sich auch im Kommandobereich der Bundeswehr für regionale Waffenstill-
standsabkommen und deren Durchsetzung einzusetzen;

8. im Rahmen einer entwicklungspolitischen Agenda für den Aufbau bis 2014
und danach, die auf der Tokio-Geberkonferenz im Sommer 2012 gemachten
Versprechungen einzuhalten. Bis einschließlich 2017 sollen mindestens

430 Mio. Euro für den zivilen Wiederaufbau zur Verfügung gestellt werden,
um dann nach einer unabhängigen Prüfung die Unterstützung in der Trans-
formationsphase auf hohem Niveau weiter fortzuführen;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12187

9. die derzeit regional konzentrierte Aufgabenverteilung der internationalen
Geber in Afghanistan entsprechend der jeweiligen komparativen Stärken
neu zu bewerten;

10. den Aufbau rechtsstaatlicher und effizienter Verwaltungsstrukturen auf
nationaler und vor allem auf regionaler Ebene stärker zu unterstützen und
dabei insbesondere die Ausbildung und Arbeitsfähigkeit afghanischer
Juristinnen und Juristen sowie von Verwaltungsfachleuten zu fördern und
die entsprechenden Studiengänge und Ausbildungsmöglichkeiten bestmög-
lich zu unterstützen;

11. die Kürzungen im Afghanistan-Stabilitätspakt im Haushalt des Auswärti-
gen Amts im nächsten Haushalt auszugleichen;

12. positive Anreize zu setzen und der afghanischen Regierung in vereinbarten
Schritten und in Abstimmung mit den Partnern zunehmend Mittel auch in
Form von Budgethilfen zur Verfügung zu stellen. Die anteilsmäßige Er-
höhung der regierungsnahen Mittel im Portfolio der Entwicklungszusam-
menarbeit muss dabei an konkrete und zeitlich realistische Fortschritte im
Bereich der guten Regierungsführung und Menschenrechte geknüpft wer-
den;

13. im Rahmen des zivilen Wiederaufbaus einen besonderen Schwerpunkt auf
die Unterstützung der Zivilgesellschaft und der Frauenrechtsgruppen zu
legen und dabei an den erfolgreichen Kabul-Prozess im Vorfeld der Bonner
Afghanistankonferenz unter Einbeziehung der politischen Stiftungen anzu-
knüpfen. Ziel muss es sein, die afghanische Zivilgesellschaft insbesondere
Frauen viel stärker in Verhandlungen mit der afghanischen Regierung und
anderen Akteuren einzubeziehen;

14. in der Zusammenarbeit einen Schwerpunkt auf die stärkere Beteiligung
von Frauen an gesellschaftlichen und politischen Prozessen, die Stärkung
von Frauenrechten und die Unterstützung von Maßnahmen zur Eindäm-
mung der Gewalt gegen Frauen zu legen;

15. eine nachhaltige und sich selbst tragende Wirtschaftsstruktur zu fördern.
Bei den Aufbaumaßnahmen und Lieferungen für die internationale Ge-
meinschaft muss der afghanischen Wirtschaft und einem beschäftigungsin-
tensiven Vorgehen der Vorzug gegeben werden;

16. die Kooperation und Koordination der deutschen staatlichen Akteure im
Sinne eines ressortübergreifenden Ansatzes deutlich zu stärken. An der
Ausarbeitung und Umsetzung einer Agenda für den Aufbau, welche den
militärischen Abzug und die Erhöhung der zivilen Kapazitäten berücksich-
tigt, müssen alle betroffenen Bundesministerien (Auswärtiges Amt, Bun-
desministerium der Verteidigung, Bundesministerium des Innern, Bundes-
ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) eng zu-
sammenarbeiten;

17. ein nachhaltiges Konzept für die weitere Unterstützung des Aufbaus poli-
zeilicher Strukturen inklusive Polizeiausbildung vorzulegen, welches ins-
besondere darstellt, wie das deutsche Engagement im Polizeibereich nach
Beendigung des ISAF-Einsatzes gestaltet werden soll;

18. sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass die von der interna-
tionalen Gemeinschaft ausgebildeten afghanischen Sicherheitskräfte im
bisherigen Umfang aufrechterhalten werden können und bei der durch die
NATO geplanten Reduzierung die Eingliederung ehemaliger Sicherheits-
kräfte in das zivile wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben gewährleis-
tet ist;

Drucksache 17/12187 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

19. sich dafür einzusetzen, dass Menschenrechtsverletzungen, auch und gerade
in den Reihen der ANSF, mit geeigneten Instrumenten aufgedeckt und auf-
gearbeitet werden, um einen nachhaltigen Versöhnungsprozess zu ermög-
lichen;

20. sich dem Resettlement-Programm des UN-Flüchtlingskommissariats mit
einem großzügigen Kontingent anzuschließen und die Arbeit des UN-
Flüchtlingskommissariats zu unterstützen, damit weiterhin Flüchtlingen in
Afghanistan und insbesondere den afghanischen Flüchtlingen in Iran und
Pakistan geholfen wird;

21. die Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Parlaments – insbesondere
Frauen – zu fördern und damit die demokratischen und rechtsstaatlichen
Kräfte politisch zu stärken;

22. einen lückenlosen Abschiebestopp für afghanische Flüchtlinge durchzu-
setzen, um deren Leben nicht zu gefährden;

23. für die afghanischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ihre Familien,
die für die Bundeswehr und deutsche Hilfsorganisationen in Afghanistan
tätig sind und die deshalb bedroht werden, ein großzügiges Aufnahmepro-
gramm in Deutschland einzurichten;

24. dem Deutschen Bundestag eine unabhängige Evaluierung und Wirksam-
keitsanalyse durch eine unabhängige Expertenkommission des bisherigen
deutschen Engagements in Afghanistan unter Beurteilung der Gesamtlage
vorzulegen. Dabei sollte insbesondere das neu gegründete Deutsche
Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) mit einbe-
zogen werden;

25. in Zentralasien Alternativen für den Rücktransport von Personal und Mate-
rial zum strategischen Luftwaffentransportstützpunkt der Bundeswehr in
Termes unter Berücksichtigung der Menschenrechtslage zu prüfen und dar-
zulegen, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Abrücken von Ter-
mes für und durch die Bundeswehr möglich ist.

Berlin, den 29. Januar 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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