BT-Drucksache 17/11913

Durchsetzung der Drehtürklausel in der Leiharbeit

Vom 14. Dezember 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11913
17. Wahlperiode 14. 12. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Markus Kurth,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann,
Sven-Christian Kindler, Maria Klein-Schmeink, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald
Terpe, Beate Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Durchsetzung der Drehtürklausel in der Leiharbeit

Die Bundesregierung hat nach Skandalen in der Leiharbeit die sogenannte Dreh-
türklausel in der Arbeitnehmerüberlassung eingeführt. Seit der Reform gilt:
Wenn ehemalige Beschäftigte innerhalb einer Frist von sechs Monaten als
Leiharbeitskräfte in dem gleichen Betrieb oder einem mit diesem verbundenen
Konzernunternehmen eingesetzt werden, haben sie laut Drehtürklausel (§ 3
Absatz 1 Nummer 3 Satz 4 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes – AÜG) An-
spruch auf Equal Pay.

Mit dieser Regelung soll der Missbrauch in der Leiharbeit verhindert werden.
Zur Durchsetzung neuer gesetzlicher Regelungen sind aber auch effektive Kon-
trollen notwendig.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie und anhand welcher Unterlagen prüft die Bundesagentur für Arbeit die
Durchsetzung der Drehtürklausel?

2. Ist die Bundesagentur für Arbeit bei der Kontrolle der Drehtürklausel aus-
schließlich auf die Unterlagen der Verleihfirmen angewiesen, oder hat sie
mittlerweile auch Einsicht in die Personalakten der Entleihfirmen?

3. Führt die Bundesagentur für Arbeit bei der Kontrolle der Drehtürklausel auch
Personenbefragungen durch?
Wenn ja, werden die Leiharbeitskräfte gleichermaßen in den Verleih- und
Entleihfirmen befragt?
Wenn nein, warum werden keine Personenbefragungen durchgeführt?

4. Wie wird die Drehtürklausel in den rund 6 400 Mischbetrieben kontrolliert,
die nicht ausschließlich Arbeitnehmerüberlassung betreiben, und auf welche
Unterlagen hat die Bundesagentur für Arbeit Zugriff, bzw. dürfen auch Per-
sonenbefragungen durchgeführt werden?

5. Wie viele Prüfungen zur Einhaltung der Drehtürklausel wurden seit Inkraft-

treten bis heute von der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt und in wel-
cher Form (bitte nach „Vor-Ort-Prüfung“, „Prüfung von angeforderten Unter-
lagen“ und „Personenbefragungen“ differenzieren)?

6. Bei wie viel Prozent der Verleihfirmen mit unbefristeter bzw. befristeter
Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung und bei wie viel Prozent der Misch-
betriebe wurden mit diesen Kontrollen die Einhaltung der Drehtürklausel
jeweils seit Inkrafttreten bis heute überprüft?

Drucksache 17/11913 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

7. Bei wie viel Prozent der Leiharbeitskräfte wurde durch diese Kontrollen bis
heute der Anspruch auf Equal Pay aufgrund der Drehtürklausel überprüft
(bitte differenziert nach Leiharbeitskräfte von Verleihfirmen mit unbefriste-
ter bzw. befristeter Erlaubnis und Mischbetrieben angeben)?

8. Bei wie vielen Verleihfirmen wurden aufgrund der Kontrollen bis heute
Verstöße gegen die Drehtürklausel festgestellt, und wie viele Leiharbeits-
kräfte waren davon betroffen (bitte differenziert nach Verleihfirmen mit un-
befristeter bzw. befristeter Erlaubnis und Mischbetrieben angeben)?

9. Zu welchen Konsequenzen haben die Verstöße gegen die Drehtürklausel bei
Verleihfirmen und Entleihbetrieben geführt (bitte zahlenmäßig und diffe-
renziert ausführen)?

10. Wie viele Leiharbeitskräfte konnten aufgrund der Kontrollen ihren durch
die Drehtürklausel vorgesehenen Equal-Pay-Anspruch durchsetzen, und gibt
es nach Kenntnis der Bundesregierung Fälle, in denen Leiharbeitskräfte
ihren Equal-Pay-Anspruch vor Gericht einklagen müssen?

11. In wie vielen Fällen haben Leiharbeitskräfte einen Verstoß gegen die Dreh-
türklausel an welche Behörden gemeldet, und haben diese Hinweise jeweils
Kontrollen ausgelöst?

12. In welcher Form und durch wen (Verleihfirmen, Behörden) werden die
Leiharbeitskräfte über die Drehtürklausel informiert, und wie wird kontrol-
liert, dass die Leiharbeitsfirmen die Leiharbeitskräfte über die Bestimmun-
gen der Drehtürklausel informieren?

13. Wie viele Kontrollen zur Einhaltung der Drehtürklausel hat die Finanzkon-
trolle Schwarzarbeit im Rahmen ihrer Prüftätigkeit seit Inkrafttreten der
Drehtürklausel bis heute in Verleihfirmen bzw. in Entleihbetrieben durchge-
führt?

14. Wie viele Verstöße gegen die Drehtürklausel wurden bis heute durch die
Kontrollen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit in der Leiharbeitsbranche
aufgedeckt, und wie viele Leiharbeitskräfte waren davon betroffen (bitte
differenziert nach Verleihfirmen mit unbefristeter bzw. befristeter Erlaubnis
und Mischbetrieben angeben)?

15. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Drehtürklausel auf Auszubildende
auszuweiten, die nach dem Ende ihrer Ausbildung im gleichen Betrieb oder
einem anderen Betrieb in demselben Konzern als Leiharbeitskräfte einge-
stellt werden?
Wenn nein, warum nicht, und wäre dies zumindest in Mischbetrieben not-
wendig?

16. Wie bewertet die Bundesregierung den Effekt der sogenannten Drehtür-
klausel, und wird damit der Missbrauch in der Leiharbeit umfassend verhin-
dert?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht, und welchen Handlungsbedarf sieht die Bundes-
regierung?

17. Ist die Bundesregierung mittlerweile der Meinung, dass weitere Konse-
quenzen für Verleihfirmen und Entleihbetriebe notwendig sind, um die
Drehtürklausel wirkungsvoll durchzusetzen?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, warum und in welcher Form?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11913

18. Ist die Bundesregierung nach den ersten Erfahrungswerten der Meinung,
dass die Prüfbefugnisse der Bundesagentur für Arbeit ausreichen, um Ver-
stöße gegen die Drehtürklausel umfassend feststellen zu können?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, welche weiteren Prüfbefugnisse – beispielsweise in Entleih-
betrieben – sollte die Bundesagentur für Arbeit erhalten?

19. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Ansiedlung der Kontrolle
und Durchsetzung der Drehtürklausel bei der Bundesagentur für Arbeit die
richtige Entscheidung war, und wie beurteilt die Bundesregierung mittler-
weile den Vorschlag der Bundesagentur für Arbeit, die Kontrolle des
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes an die Finanzkontrolle Schwarzarbeit
zu übertragen, den sie während der damaligen Beratungen zur Reform des
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in den Ausschuss für Arbeit und So-
ziales des Deutschen Bundestages eingebracht hatte (Ausschussdrucksache
17(11)435 neu)?

Berlin, den 14. Dezember 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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