BT-Drucksache 17/11616

Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder als Bestandteil einer Politik der Geschlechtergerechtigkeit

Vom 21. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11616
17. Wahlperiode 21. 11. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Yvonne Ploetz, Matthias W. Birkwald, Heidrun Dittrich,
Diana Golze, Cornelia Möhring, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Vogler, Jörn Wunderlich,
Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder als
Bestandteil einer Politik der Geschlechtergerechtigkeit

In ihrer Stellungnahme zum Gutachten „Bestandsaufnahme zur Situation der
Frauenhäuser, Fachberatungsstellen und anderer Unterstützungsangebote für
gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder“ stellt die Bundesregierung fest:
„Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gehört … zu den aktuellen und
langfristigen Schwerpunkten der der Gleichstellungspolitik der Bundesregie-
rung.“

In den nun vorliegenden sozialwissenschaftlichen bzw. rechtswissenschaftlichen
Gutachten des Bündnisses aus dem AWO Arbeiterwohlfahrt Bundesverband
e. V., Deutschen Roten Kreuz, Diakonischen Werk der EKD e. V., Deutschen
Paritätischen Wohlfahrtsverband Gesamtverband e. V., dem Sozialdienst katho-
lischer Frauen Gesamtverein e. V. und dem Deutschen Caritasverband e. V.
„Der Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen
und deren Kinder“ sowie des Bundesverbands Frauenberatungsstellen und
Frauennotrufe Frauen gegen Gewalt e. V. „Rechtliche Anforderungen und
Möglichkeiten der Ausgestaltung und Finanzierung des Hilfesystems bei Ge-
walt“ erfolgt eine gründliche Analyse der Situation des Hilfesystems bei Ge-
walt gegen Frauen. Beide verweisen auf die bestehenden strukturellen und ver-
fahrensrechtlichen Mängel und Defizite, aber vor allem auf die prekäre Finan-
zierungssituation des Hilfesystems. Es wird festgestellt, dass sowohl die Schutz-
einrichtungen als auch die Beratungsstellen chronisch unterfinanziert sind,
dass es vor allem in den Ballungszentren zu Abweisungen betroffener Frauen
kommt, da die Schutzeinrichtungen belegt sind. Es gibt Wartelisten für Frauen-
hausplätze. Im ländlichen Raum fehlen diese nicht selten ganz. Bekanntlich
gibt es immer noch Schwierigkeiten bei der Aufnahme von Frauen, die keiner-
lei sozialgesetzlichen Leistungsbezug haben. Darauf verweist der Lagebericht
ebenso, wie schon andere Berichte zuvor.

Um von Gewalt betroffenen Frauen eine schnelle Hilfe vor Ort zukommen
zu lassen, laufen die Vorbereitungen für ein bundesweites, kostenloses und
24 Stunden erreichbares Hilfetelefon, das einen Lotsencharakter haben soll. Im

sozialwissenschaftlichen Gutachten wird darauf verwiesen, dass bisher auf
eine Hilfe und Schutz suchende Frau zwei schutzbedürftige Frauen kommen,
die das Hilfesystem bisher nicht erreicht hat.

Drucksache 17/11616 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Ursachen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für die zum
Teil auftretenden Diskrepanzen zwischen den Ergebnissen der Bestands-
aufnahme des Unterstützungssystems in den einzelnen Ländern durch das
Gutachten und den Angaben der einzelnen Länder?

2. Warum lehnt die Bundesregierung eine Gesetzgebungskompetenz ab (vgl.
Bericht der Bundesregierung „Bestandsaufnahme zur Situation der Frauen-
häuser, Fachberatungsstellen und anderer Unterstützungsangebote für ge-
waltbetroffene Frauen und deren Kinder“, S. XXV), die sie doch gerade in
dem vorliegenden Entwurf für die gesetzliche Regelung einer „vertraulichen
Geburt“ für sich in Anspruch nimmt, damit alle betroffenen Frauen „in ihrer
Not professionelle Hilfe … erlangen“ und gleichwertige Lebensverhältnisse
hergestellt werden?

Warum gilt dieses Gebot nicht für von Gewalt betroffene Frauen und deren
Kinder, wo doch die Bestandsaufnahme belegt, wie uneinheitlich und defizi-
tär das bestehende Schutz- und Hilfesystem ist?

3. Wie ist der aktuelle Stand bei der Einrichtung eines Hilfetelefons für von
Gewalt betroffene Frauen?

Wie viele Stellen sind für welche Fachkräfte vorgesehen?

4. Warum muss die Freischaltung auf den 1. März 2013 verschoben werden?

Gibt es Probleme bei der Personalgewinnung oder technische Probleme (und
wenn ja, welche)?

5. Konnten Beraterinnen aus dem bestehenden Hilfesystem gewonnen werden,
und gibt es zusätzliche Schulungen (und wenn ja, welche), die auf die Be-
sonderheiten des Hilfetelefons ausgerichtet sind (spezielle Abdeckung des
großen Aufgabengebietes von häuslicher Gewalt, Zwangsheirat, sexuelle
Gewalt, Genitalverstümmelung usw.)?

6. Welche Datenbanken werden den Beraterinnen zur Verfügung stehen, damit
sie den betroffenen Frauen eine gezielte Hilfe vor Ort anbieten können?

Wer erstellt diese Datenbanken?

7. Wie viele Dolmetscherinnen sollen das Hilfetelefon unterstützen, und wie
viele von ihnen sind festangestellt bzw. auf Abruf bereit einzuspringen?

8. Warum wurde die Haushaltsplanung geändert, so dass für das Hilfetelefon
im Jahr 2013 statt 6 Mio. Euro nun nur 5 Mio. Euro vorgesehen sind?

Wo können welche Einsparungen gemacht werden?

Oder kam es zu Veränderungen bei der ursprünglich vorgesehenen Ausstat-
tung des Hilfetelefons?

Berlin, den 21. November 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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