BT-Drucksache 17/1135

zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP -17/257- Menschenrechte weltweit schützen

Vom 22. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1135
17. Wahlperiode 22. 03. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
(17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksache 17/257 –

Menschenrechte weltweit schützen

A. Problem

In dem Antrag fordern die Fraktionen der CDU/CSU und FDP die Bundesregie-
rung auf, weiterhin konsequent für die Menschenrechte in allen Politikbereichen
einzutreten, sich auf bi- und multinationaler Ebene dafür einzusetzen, dass gute
Regierungsführung – durch Achtung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit
und Demokratie – entscheidende Voraussetzung für die Gewährung von Ent-
wicklungszusammenarbeit ist und in ihrem Regierungshandeln auch zukünftig
auf die weltweite Abschaffung der Todesstrafe, der Folter und unmenschlicher
Behandlung hinzuwirken. Nach demWillen der Fraktionen soll die Bundesregie-
rung Beschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit entgegentreten, Sklave-
rei, Ausbeutung und Menschenhandel bekämpfen und auf europäischer Ebene
wirksame Mechanismen unterstützen. So soll sie sich insbesondere für die Be-
kämpfung der Kinderarbeit, des Einsatzes von Kindersoldaten sowie der
Zwangsprostitution und der Zwangsheirat sowie der Praktiken der Genitalver-
stümmelung einsetzen und die Vorbehaltserklärung zur Kinderrechtskonvention
der Vereinten Nationen zurücknehmen. Die Rechte von Kindern in Deutschland
müssten vollständig gewährleistet werden.

B. Lösung

Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Drucksache 17/1135 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

An t r a g a u f D r u c k s a c h e 1 7 / 2 5 7


Be s c h l u s s d e s 1 7 . Au s s c h u s s e s


Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/257 mit den aus der nachfolgenden Gegenüberstellung ersichtlichen Änderungen
anzunehmen:

1. Abschnitt I, Teilabschnitt
„Menschenrechtsschutzsysteme stärken“

Im Jahr 2006 wurde der Menschenrechtsrat der Vereinten
Nationen als Nachfolger der Menschenrechtskommission
geschaffen. Mit der Einrichtung des Menschenrechtsrates
haben sich Hoffnungen auf einen glaubwürdigen und effekti-
veren Menschenrechtsschutz verknüpft, die sich allerdings
bisher kaum verwirklicht haben. Ziel der internationalen Ge-
meinschaft muss es sein, den VN-Menschenrechtsrat als
Sprachrohr gegen Menschenrechtsverletzungen zu etablie-
ren und ihn davor zu schützen, dass eine menschenrechts-
unkritischeMehrheit aus politischemKalkül und Eigeninter-
esse zuMenschenrechtsverletzungen schweigt.

Im Kampf gegen die Straffreiheit erfüllt der Internationale
Strafgerichtshof (IStGH) eine wichtige Funktion. Indem er
schwerste Menschenrechtsverbrecher anklagt und vor Ge-
richt bringt, ist es der internationalen Gemeinschaft gelun-
gen, einenBeitrag zurDurchsetzung desVölkerstrafrechts zu
leisten. Er nahm seine Arbeit im Jahr 2003 auf. Seine Zustän-
digkeit erstreckt sich auf Fälle von Völkermord, Verbrechen
gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Da ein-
flussreiche Länder, wie die USA, China oder Indien, das
Rom-Statut, das den IStGHbegründet, nicht ratifiziert haben,
fehlt es ihm zuweilen international an Unterstützung. Neben
seiner praktischen Relevanz für die Anklage und Verurtei-
lung von Kriegsverbrechern hat der IStGH gleichzeitig eine
Präventivwirkung. Seine Existenz signalisiert, dass schwers-
te Menschenrechtsverbrechen auch in Kriegszeiten nicht un-
gesühnt bleiben.

Basis des europäischen Menschenrechtsschutzes war die
Einrichtung des Europarates, der 47 Mitgliedsländer, darun-
ter auch Russland umfasst, und die Formulierung der „Euro-
päischen Menschenrechtskonvention“ (EMRK). Als welt-
weit einzigartig in seinen Befugnissen gilt neben der Parla-
mentarischen Versammlung des Europarates der Euro-
päische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Sein
Rechtsraum umfasst 47 Mitgliedstaaten mit über 800 Millio-
nen Menschen. Er ist der Wächter der EMRK und Bewahrer
grundlegender Rechte eines jeden Einzelnen. Die Akzeptanz
des EGMR kann man an der regelrechten Klageflut ersehen.
Gleichzeitig stellt diese Tatsache eine ernsthafte Bedrohung
der Arbeitsfähigkeit des Gerichthofes in seiner heutigen Ge-
stalt dar. Mit nur 47 Richtern und ca. 600 Mitarbeitern ist der
EGMR der immensen Arbeitsbelastung nicht gewachsen.
Nachdem Russland als Mitglied des Europarates das
14. Zusatzprotokoll ratifiziert hat, sind die Voraus-
setzungen dafür geschaffen, dass der EGMR seine Effi-
zienz steigern und so anhängige Klagen schneller bear-

1. Abschnitt I, Teilabschnitt
„Menschenrechtsschutzsysteme stärken“

Im Jahr 2006 wurde der Menschenrechtsrat der Vereinten
Nationen als Nachfolger der Menschenrechtskommission
geschaffen. Mit der Einrichtung des Menschenrechtsrates
haben sich Hoffnungen auf einen glaubwürdigen und effekti-
veren Menschenrechtsschutz verknüpft, die sich allerdings
bisher kaum verwirklicht haben. Ziel der internationalen Ge-
meinschaft muss es sein, den VN-Menschenrechtsrat als
Sprachrohr gegen Menschenrechtsverletzungen zu etablie-
ren und ihn davor zu schützen, dass eine menschenrechts-
unkritischeMehrheit aus politischemKalkül und Eigeninter-
esse zuMenschenrechtsverletzungen schweigt.

Im Kampf gegen die Straffreiheit erfüllt der Internationale
Strafgerichtshof (IStGH) eine wichtige Funktion. Indem er
schwerste Menschenrechtsverbrecher anklagt und vor Ge-
richt bringt, ist es der internationalen Gemeinschaft gelun-
gen, einenBeitrag zurDurchsetzung desVölkerstrafrechts zu
leisten. Er nahm seine Arbeit im Jahr 2003 auf. Seine Zustän-
digkeit erstreckt sich auf Fälle von Völkermord, Verbrechen
gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Da ein-
flussreiche Länder, wie die USA, China oder Indien, das
Rom-Statut, das den IStGHbegründet, nicht ratifiziert haben,
fehlt es ihm zuweilen international an Unterstützung. Neben
seiner praktischen Relevanz für die Anklage und Verurtei-
lung von Kriegsverbrechern hat der IStGH gleichzeitig eine
Präventivwirkung. Seine Existenz signalisiert, dass schwers-
te Menschenrechtsverbrechen auch in Kriegszeiten nicht un-
gesühnt bleiben.

Basis des europäischen Menschenrechtsschutzes war die
Einrichtung des Europarates, der 47 Mitgliedsländer, darun-
ter auch Russland umfasst, und die Formulierung der „Euro-
päischen Menschenrechtskonvention“ (EMRK). Als
weltweit einzigartig in seinenBefugnissen gilt neben der Par-
lamentarischen Versammlung des Europarates der Euro-
päische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Sein
Rechtsraum umfasst 47 Mitgliedstaaten mit über 800 Millio-
nen Menschen. Er ist der Wächter der EMRK und Bewahrer
grundlegender Rechte eines jeden Einzelnen. Die Akzeptanz
des EGMR kann man an der regelrechten Klageflut ersehen.
Gleichzeitig stellt diese Tatsache eine ernsthafte Bedrohung
der Arbeitsfähigkeit des Gerichthofes in seiner heutigen Ge-
stalt dar. Mit nur 47 Richtern und ca. 600 Mitarbeitern ist der
EGMR der immensen Arbeitsbelastung nicht gewachsen.
Hinzu kommt, dass Russland als Mitglied des Europarates
das 14. Zusatzprotokoll nicht ratifiziert hat, welches die
Effizienz des EGMR erheblich steigern und es erlauben wür-
de, anhängige Klagen schneller zu bearbeiten. Nach dem

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1135

An t r a g a u f D r u c k s a c h e 1 7 / 2 5 7 Be s c h l u s s d e s 1 7 . Au s s c h u s s e s

Vorbild des EGMR wurden auch andere Menschenrechtsge-
richtshöfe wie der Interamerikanische Gerichtshof für Men-
schenrechte und der AfrikanischeGerichtshof fürMenschen-
rechte gegründet. Einen Beitrag zur Stärkung der Menschen-
rechte in der EuropäischenUnion stellt die Charta der Grund-
rechte der Europäischen Union dar. Mit Inkrafttreten des
Vertrages von Lissabon am 1. Dezember 2009 erlangte sie
Rechtsverbindlichkeit. Bedauerlich und gleichzeitig bedenk-
lich ist die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten Großbri-
tannien, Polen und Tschechien von ihrem Austrittsrecht Ge-
brauch gemacht haben. Die EU-Grundrechtecharta bleibt
trotz allem von überragender Bedeutung für die Menschen-
rechte in Europa.

Deutschland ist traditionell ein starker Partner bei der Ausge-
staltung und Stärkung von effektiven Instrumentarien zum
Schutz der Menschenrechte. Dem umfangreichen internatio-
nalen Menschenrechtsschutzsystem stehen noch heute welt-
weit erhebliche Implementierungsdefizite gegenüber. Dieser
Herausforderung muss sich Deutschland weiterhin stellen
und treibende Kraft beim Schutz der Menschenrechte welt-
weit bleiben.

2. Abschnitt II Nummer 16

16. den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bei
der Ausübung seiner Aufgaben verstärkt zu unter-
stützen und in diesem Zusammenhang in Russland für
die Ratifizierung des 14. Zusatzprotokolls zu werben;

beiten kann.Nach demVorbild des EGMRwurden auch an-
dere Menschenrechtsgerichtshöfe wie der Interamerikani-
sche Gerichtshof für Menschenrechte und der Afrikanische
Gerichtshof für Menschenrechte gegründet. Einen Beitrag
zur Stärkung derMenschenrechte in der Europäischen Union
stellt die Charta der Grundrechte der Europäischen Union
dar. Mit Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am 1. De-
zember 2009 erlangte sie Rechtsverbindlichkeit. Bedauerlich
und gleichzeitig bedenklich ist die Tatsache, dass die Mit-
gliedstaaten Großbritannien, Polen und Tschechien von ih-
remAustrittsrecht Gebrauch gemacht haben. Die EU-Grund-
rechtecharta bleibt trotz allem von überragender Bedeutung
für die Menschenrechte in Europa.

Deutschland ist traditionell ein starker Partner bei der Ausge-
staltung und Stärkung von effektiven Instrumentarien zum
Schutz der Menschenrechte. Dem umfangreichen internatio-
nalen Menschenrechtsschutzsystem stehen noch heute welt-
weit erhebliche Implementierungsdefizite gegenüber. Dieser
Herausforderung muss sich Deutschland weiterhin stellen
und treibende Kraft beim Schutz der Menschenrechte welt-
weit bleiben.

2. Abschnitt II Nummer 16

16. den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bei
der Ausübung seiner Aufgaben verstärkt zu unter-
stützen;

Berlin, den 24. Februar 2010

Der Ausschuss fürMenschenrechte und humanitäre Hilfe

TomKoenigs
Vorsitzender

Ute Granold
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Marina Schuster
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Drucksache 17/1135 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ute Granold, Christoph Strässer, Marina Schuster,
Annette Groth und Volker Beck (Köln)

I. Überweisung undMitberatung

Der Antrag aufDrucksache 17/257wurde in der 12. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 17. Dezember 2009 dem
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur
federführenden Beratung sowie dem Auswärtigen Aus-
schuss, dem Innenausschuss, dem Rechtsausschuss, dem
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung sowie dem Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In dem Antrag fordern die Fraktionen der CDU/CSU und
FDP die Bundesregierung auf, weiterhin konsequent für die
Menschenrechte in allen Politikbereichen einzutreten, sich
auf bi- und multinationaler Ebene dafür einzusetzen, dass
gute Regierungsführung – durch Achtung der Menschen-
rechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie – entscheidende
Voraussetzung für die Gewährung und Entwicklungszusam-
menarbeit ist und in ihrem Regierungshandeln auch zukünf-
tig auf die weltweite Abschaffung der Todesstrafe, Folter und
unmenschlicher Behandlung hinzuwirken. Nach demWillen
der Fraktionen soll die Bundesregierung Beschränkungen
der Presse- und Meinungsfreiheit entgegentreten, Sklaverei,
Ausbeutung und Menschenhandel bekämpfen und auf euro-
päischer EbenewirksameMechanismen unterstützen. So soll
sie sich insbesondere für die Bekämpfung der Kinderarbeit,
des Einsatzes von Kindersoldaten sowie der Zwangsprostitu-
tion und der Zwangsheirat sowie der Praktiken der Genital-
verstümmelung einsetzen und die Vorbehaltserklärung zur
Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen zurückneh-
men. Die Rechte von Kindern in Deutschland müssten voll-
ständig gewährleistet werden.

Darüber hinaus soll die Bundesregierung Zertifizierungs-
maßnahmen und Initiativen für verantwortungsvolle Unter-
nehmensführung fördern, sich auch zukünftig gegen jegliche
Benachteiligung aufgrund von Religion, ethnischer Her-
kunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung weltweit ein-
setzen und den kontinuierlich weltweiten Einsatz für Reli-
gionsfreiheit fortsetzen. Ein besonderes Augenmerk solle sie
dabei auf die Lage christlicher Minderheiten legen. Zudem
soll die Regierung im Kampf gegen den Terrorismus gültige
Menschenrechtsstandards beachten und über die deutschen
Auslandsvertretungen in akuten Fällen die notwendigen
Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern
ergreifen und diese ggf. auch unter Nutzung der entsprechen-
den Vorschriften geltenden Ausländerrechts kurzfristig zeit-
weilig in der Bundesrepublik Deutschland aufnehmen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag am 24. Februar
2010 in seiner 9. Sitzung beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Annahme empfohlen.

Der Innenausschuss hat den Antrag am 24. Februar 2010 in
seiner 6. Sitzung beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPDundBÜNDNIS 90/DIEGRÜNENbei Stimment-
haltung der Fraktion DIE LINKE. die Annahme empfohlen.

DerRechtsausschuss hat den Antrag am 24. Februar 2010 in
seiner 7. Sitzung beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPDundBÜNDNIS 90/DIEGRÜNENbei Stimment-
haltung der Fraktion DIE LINKE. die Annahme empfohlen.

DerAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat denAntrag am 24. Februar 2010 in seiner 7. Sitzung bera-
ten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. die Annahme empfohlen.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag am 24. Februar 2010 in seiner
7. Sitzung beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annah-
me empfohlen.

DerAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag am 24. Februar 2010 in seiner 7. Sit-
zung beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. die Annahme empfohlen.

IV. Beratung im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss fürMenschenrechte und humanitäre Hilfe hat
den Antrag in seiner 8. Sitzung am 24. Februar 2010 beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU erläuterte, dass der Antrag
bereits einige Wochen vorläge, man jedoch am heutigen
Tage Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN inHülle und Fülle erhalten habe, was ihr, wie auch
den anderen Fraktionen, keine Gelegenheit gegeben habe,
diese Anträge zu lesen.

Die Fraktion wies zudem darauf hin, dass der Antrag zu ei-
nem Zeitpunkt eingebracht worden sei, an dem noch nicht
feststand, ob Russland bereit sei, das 14. Zusatzprotokoll zu
ratifizieren. Man habe sich daher überlegt, ob man einen
schriftlichen Änderungsantrag vorlegen oder ihn im Rahmen
der Diskussion heute mit einführen solle und sich für letzte-
res entschieden. Deshalb werde auf Seite 5, Zeile 12 bis 15
eine Anpassung und Aktualisierung in die Beschlussempfeh-
lung aufgenommen. Die neue Fassung zu Seite 5, Zeile 12
bis 15 laute dann: „Nachdem Russland als Mitglied des
Europarates das 14. Zusatzprotokoll ratifiziert hat, sind die
Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der EGMR seine
Effizienz steigern und so anhängige Klagen schneller bear-
beiten kann.“ Eine weitere Änderung beträfe die Seite 6,
Forderung Nummer 16. Die neue Fassung laute: „den Euro-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/1135

päischen Gerichtshof für Menschenrechte bei der Ausübung
seiner Aufgaben verstärkt zu unterstützen;“.

DieFraktion der SPD legte dar, es stehe zwar eineMenge in
diesem Antrag, jedoch wenig Neu-es und wenig über den
Bereich der Innenpolitik, der fast völlig ausgeklammert wer-
de. Auch sei bemerkenswert, dass von der Bundesregierung
die Rücknahme der Vorbehalte zur Kinderrechtskonvention
gefordert werde, obwohl die CDU/CSU bereits seit mehr als
vier Jahren zur Regierung gehöre und auch davor eine Rück-
nahme immer abgelehnt habe. Man habe auch erwartet, dass
in diesemAntrag etwas zumZusatzprotokoll der Anti-Folter-
Konvention, zum Sozialpakt, zur Individualbeschwerde und
zur aktuellen Menschenrechtspolitik stünde, diese Punkte
fehlten jedoch. Daherwerde die Fraktion der SPDdenAntrag
ablehnen.

Die Fraktion der FDP erläuterte, dass dieser Antrag an den
Koalitionsvertrag anschließe und damit den Grundstein für
die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung lege. Dies
bedeute selbstverständlich nicht, dass andere Anträge zu ak-
tuellen Anlässen oder Punkten nicht berücksichtigt würden.
Es gebe auf der internationalen Agenda viele Punkte, die die
FDP bewegten, man könne jedoch in einen grundlegenden
Antrag beispielsweise keinen Punkt wie Asylpolitik aufneh-
men, da dieser von ihrer Fraktion anders gesehen werde.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, dass sie den Ände-
rungsanträgen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zustimme. Der Koalitionsantrag habe eine Reihe von Pro-
blemen, da er in weiten Teilen sehr allgemein formuliert sei.
So werde auf Seite 3 des Antrags ausgeführt, dass extraterri-
toriale Gefängnisse kein legitimes Instrument zur Terroris-
musbekämpfung seien, jedoch nicht, dass Deutschland, wie
andere EU-Staaten auch, Gefangene aus Guantánamo auf-
nehmen sollte. Beim Thema Global Compact würden keine
konkreten Aussagen zur Aufnahme von ILO-Normen ge-
macht. Der Antrag stelle die Außenpolitik Deutschlands zu
positiv dar, wenn Deutschland als ein starker Partner bei der
Ausgestaltung und Stärkung von effektiven Instrumentarien
zum Schutz der Menschenrechte benannt werde. Im Antrag
fehlten klare Positionen zum Goldstone Bericht. Gerade bei
guten Verbündeten müsse auf die Einhaltung der Menschen-
rechte geachtet werden und bei Problemen diese im Parla-
ment auch diskutiert werden.

DieFraktionBÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN führte aus, man
habe im letzten Obleutegespräch angekündigt, dass man zu
diesem allgemeinen Antrag Änderungsanträge einbringen
werde und versuchen wolle, zu einer Verständigung zu kom-
men. In der letzten Wahlperiode habe die Koalition gefragt,
ob die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN grundsätzlich
bereit sei, bei einem so generellen Antrag einen gemein-
samen Text mitzuerarbeiten und mitzutragen, was letztend-
lich auch zum Erfolg geführt habe. Man werde der Koalition
jedoch raten, ihren eigenen Text zu lesen, um zu sehen, ob
dieser noch zeitgemäß sei. Dies betreffe z. B. die Formulie-
rungen zu Russland und zum Zusatzprotokoll der Europäi-
schen Menschenrechtskonvention. Man sei enttäuscht, dass
die Koalition nur warme Worte im Menschenrechtsschutz
weltweit fände, ohne aber konkrete Lösungsmöglichkeiten
aufzuzeigen. Innenpolitische Konsequenzen würden über-
haupt nicht gefordert oder angedacht.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, dass die
Fraktion der CDU/CSU Änderungsanträge nicht aus dem

Grund ablehnen könne, sie seien erst amTage der Ausschuss-
sitzung eingegangen, wenn sie selbst zugleich Änderungsan-
träge während der Sitzung mündlich vortrage, ohne auch nur
eine Tischvorlage vorzulegen. Würde letzteres zur Regel,
könne man sich die schriftliche Vorarbeit künftig sparen.

Die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten sechs Änderungsanträge auf Ausschussdruck-
sachen 17(17)16, 17(17)17, 17(17)18, 17(17)19, 17(17)20
und 17(17)21 wurden alle mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abge-
lehnt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte in den Än-
derungsanträgen u. a. gefordert, dass die Bundesregierung
die auf der Interlaken-Konferenz über die Zukunft des Euro-
päischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) erarbei-
teten Reformvorschläge aktiv unterstützen solle und den
EGMR entsprechend seiner gewachsenen Bedeutung stärker
als bislang finanziell unterstützen solle. Gegenüber Russland
solle die Bundesregierung auf die Ratifizierung des 6. Zu-
satzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention
(EMRK) über die Abschaffung der Todesstrafe dringen.

Eine weitere Forderung zielte darauf ab, dass die Bundesre-
gierung aus menschenrechtlichen und rechtsstaatlichen Ge-
sichtspunkten heraus ihre Bereitschaft erklärt, nachweislich
unschuldige Häftlinge aus dem US-Gefangenenlager Gu-
antánamo in Deutschland aufzunehmen. Gefordert wurde
auch, die an einigen Stellen des Antrags verwendete Formu-
lierung „gültige Menschenrechtsstandards“ durch den Be-
griff „die Menschenrechte“ zu ersetzen. Begründet wurde
dies damit, dass nicht ersichtlich sei, was „gültigeMenschen-
rechtsstandards“ sind. Ungültige gebe es nicht. Dem gegen-
über stehe aber die klare Kodifikation derMenschenrechte in
der VN-Charta und der Menschenrechtskonvention der Ver-
einten Nationen.

Ferner sollten die Anti-Diskriminierungsrichtlinien der EU
entsprechend Artikel 21 der EU-Grundrechte-Charta über
die Nichtdiskriminierung konkretisiert sowie in Deutschland
vollständig umgesetzt werden. Dazu solle die Bundesregie-
rung einen Gesetzentwurf vorlegen sowie die EU-Kommis-
sion bei deren Entwurf für eine einheitliche Anti-Diskrimi-
nierungsrichtlinie unterstützen.

Eine weitere Forderung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN zielte darauf ab, die menschenrechtliche Verant-
wortung von Mutterkonzernen einzufordern, wenn Tochter-
unternehmen Menschenrechte missachten. Die Mutterkon-
zerne sollten gesetzlich oder auf EU-Ebene durch eine Richt-
linie dazu verpflichtet werden, für ihre Tochterunternehmen
zu haften, wenn dieseMenschenrechtsverletzungen begehen.

Ebenso forderte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
dass in Deutschland Opferschutzprogramme ein dauerhaftes
Bleiberecht für Menschenhandelsopfer beinhalten sollten.
Ansonsten würden die Opfer von Menschenhandel zurück in
ihre Herkunftsländer und damit in die Hände ihrer Peiniger
abgeschoben.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte zudem
einige sprachliche Veränderungen bei den Textstellen, die
sich mit der Verfolgung von Christen und Religionsfreiheit
befassten. In der Begründung argumentierte die Fraktion,
dass insbesondere bei der Prozentangabe zu der Zahl der ver-

Drucksache 17/1135 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

folgten Christen unklar sei, in Bezug zu welcher anderen
Zahl von Menschen sie stehe. Die Heraushebung der Chris-
ten als besonders verfolgte Gruppe stelle eine Diskriminie-
rung anderer, nicht minder verfolgter Religionsgruppen dar.
Wichtiger als ein „besonderes Augenmerk auf die Lage
christlicher Minderheiten“ zu richten, sei es, die Religions-
freiheit aller Menschen und Gruppen weltweit zu fördern.
Auch dürfe dabei nicht nur auf das entfernte Ausland ge-
schaut werden, sondern die alltägliche Diskriminierung reli-
giöser Minderheiten in Deutschland und Europa müsse dabei
ebenso im Fokus der Arbeit der Bundesregierung stehen.

Als Ergebnis der Beratung empfiehlt der Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe den Antrag auf
Drucksache 17/257 in geänderter Fassung mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN anzunehmen.

Berlin, den 24. Februar 2010

Ute Granold
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Marina Schuster
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

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