BT-Drucksache 17/11111

Kosten für den Rückbau des AVR Jülich

Vom 19. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11111
17. Wahlperiode 19. 10. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Sven-Christian Kindler,
Volker Beck (Köln), Hans-Josef Fell, Britta Haßelmann, Bärbel Höhn,
Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann E. Ott, Dorothea Steiner
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kosten für den Rückbau des AVR Jülich

Der Kugelhaufenreaktor AVR Jülich (Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor –
AVR Jülich) wurde am 31. Dezember 1988 nach 21 Betriebsjahren, verschiede-
nen Störfällen und gravierenden Sicherheitsmängeln abgeschaltet. In den fol-
genden Jahren wurde das Stillegungskonzept vom „sicheren Einschluss“ über
„Entkernung“ in „vollständiger Rückbau“ geändert. Dafür wurde die AVR im
Jahr 2003 in das bundeseigene Rückbauunternehmen Energiewerke Nord GmbH
(EWN) integriert, das nun für den Abbau des Reaktors verantwortlich ist.
Allerdings kommt es dabei immer wieder zu Problemen, zeitlichen Verzöge-
rungen und Kostensteigerungen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Gründen wurden die Kosten für den
Rückbau des Reaktors AVR auf das Bundesministerium für Bildung und
Forschung und das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung
und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen übertragen?

Welche Verträge wurden in diesem Zusammenhang geschlossen (bitte je-
weils mit Datum)?

2. Wie hoch war die Kostenkalkulation zu Beginn der Planungen für den Rück-
bau des Reaktors AVR und alternativ für den sicheren Einschluss der An-
lage?

3. Fand eine öffentliche Ausschreibung für das Projekt Rückbau des Reaktors
AVR statt?

Wenn nein, warum nicht?

4. Wenn ja, auf welche Höhe beliefen sich die veranschlagten Rückbaukosten
des bzw. der jeweiligen Mitbewerber?

5. Wenn ja, fand eine detaillierte Angebotsbewertung statt, wie war diese aus-

gestaltet, und durch welche Leistungen unterschieden sich die einzelnen An-
gebote?

6. Aus welchen Gründen erfolgte die Vergabe an die bundeseigene EWN (bitte
darlegen)?

7. Wer trug die Verantwortung für die Vergabe an die EWN?

8. Zu welchem Kostenansatz erfolgte die Vergabe an die EWN?

Drucksache 17/11111 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

9. Wurde ein ehemaliger Mitbewerber maßgeblich bei der Planung und
Durchführung des Projektes nach Vergabe an die EWN beteiligt?

Wenn ja, welcher, und aus welchen Gründen?

10. Wie stellte sich die Kostenplanung bei der Vergabe für das Gesamtprojekt
dar?

Welche Projektkostenschätzungen von wem und von wann lagen damals
vor?

11. Wie stellte sich die Zeitplanung bei der Vergabe des Projektes bis zur Fer-
tigstellung dar?

Welche (Rahmen-)Terminpläne von wem und von wann lagen damals vor?

12. Wie stellt sich die aktuelle Zeitplanung zur Beendigung des Projektes dar?

Welcher (Rahmen-)Terminplan von wem und von wann ist der aktuellste
Stand?

13. Auf welche Höhe belaufen sich derzeit die voraussichtlichen Gesamtkosten
des Projektes einschließlich der Folgekosten bis zur geplanten Endlagerung
(bitte detailliert darlegen, insbesondere die Kosten für die Zwischenlage-
rung des Reaktors sowie für die Beseitigung des Zwischenlagers, bitte titel-
scharf nach Jahren, vergangene Kosten plus Finanzplanung, angeben)?

Welche Projektkostenschätzung von wem und von wann ist der aktuellste
Stand?

14. Auf welche Höhe belaufen sich die Kosten für die bisherige Zwischenlage-
rung der Brennelemente der AVR GmbH einschließlich aller bisher ange-
fallenen Planungs- und Vorbereitungskosten für die weitere Zwischenlage-
rung mit den verschiedenen Varianten Neubau eines Zwischenlagers in
Jülich, Transport nach Ahaus oder Verbringung in die USA (bitte mit Angabe
der schriftlichen Grundlage, also Kostenschätzung, inklusive Autor und
Datum, auf der die Antwort basiert, titelscharf angeben)?

15. Wie lange soll der mit Porenleichtbeton gefüllte und in einer technisch ex-
trem aufwendigen Aktion in die eigens dafür errichtete Zwischenlagerhalle
zu transportierende, über 2 000 Tonnen schwere Reaktorbehälter nach der-
zeitigem Stand dort lagern, bevor er zerlegt und entsorgt werden kann?

Auf welche Höhe belaufen sich die Kosten für die Beseitigung des in den
Reaktorbehälter eingefüllten Porenleichtbetons (bitte mit Angabe der
schriftlichen Grundlage, also Kostenschätzung, inklusive Autor und Da-
tum, auf der die Antwort basiert, titelscharf angeben)?

16. Auf welche Höhe belaufen sich die Kosten für die Beseitigung des konta-
minierten Erdreichs (bitte mit Angabe der schriftlichen Grundlage, also
Kostenschätzung, inklusive Autor und Datum, auf der die Antwort basiert,
titelscharf angeben)?

17. Wie sieht das Sicherheitskonzept zum Schutz der Mitarbeiter des For-
schungszentrums Jülich GmbH und der benachbarten Ortschaften vor radio-
aktiver Belastung beim Transport des Reaktorbehälters und beim anschlie-
ßenden Aushub, Abtransport und der Dekontamination des Bodens aus?

18. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass es Pläne gibt, nicht das gesamte
Erdreich vollständig zu reinigen, sondern nur die oberen Schichten?

Wenn ja, mit welcher Begründung?

19. Wie soll in diesem Fall mit den tieferen Schichten verfahren werden?
Welche wissenschaftlichen Betrachtungen/Untersuchungen von wem und
wann gibt es dazu?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11111

20. Welche zusätzlichen im Vergleich zu vorher zu entsorgenden Bodenmen-
gen werden, wie in der Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche
Frage 99 des Abgeordneten Oliver Krischer auf Bundestagsdrucksache
17/10737 erwähnt, infolge der Absenkung des Freigabewertes von 2 auf
0,6 Bq/kg Boden/Grundwasser im Rahmen der Novellierung der Strahlen-
schutzverordnung anfallen?

21. Wie kommt die Bundesregierung in der Antwort auf die o. g. Schriftliche
Frage 99 zu der Einschätzung, eine Bodenbelastung von 1 200 Bq/kg sei
nicht gemessen worden, obwohl laut NRW-Landtagsvorlage 13/493 eine
Strontium-90-Aktivitätskonzentration von 1 210 Bq/kg Boden im Nahbe-
reich an der Reaktorgebäudewand gemessen wurde?

22. Wie kommt die Bundesregierung in der Antwort auf die o. g. Schriftliche
Frage 99 zu der Einschätzung, auf dem Betriebsgelände der AVR sei nicht
mit offenen radioaktiven Stoffen umgegangen worden, angesichts der Tat-
sache, dass 1978 in der Warmen Werkstatt versucht wurde, radioaktiv be-
lastetes Wasser mit Zement und Mörtelmischmaschine zu fixieren und bei
der anschließenden Raumreinigungsaktion mittels Hochdruckreiniger
große Mengen radioaktives Wasser über defekte Abflüsse in den Unter-
grund gelangt sind?

23. Wann und mit welchen Ergebnissen wurde im Umkreis von 1 Kilometer
um den Reaktorbehälter das Grundwasser auf radioaktive Belastungen ge-
messen?

24. Wie haben sich die Kosten für den Rückbau des Reaktors der AVR Jülich
von 2003 bis heute entwickelt (bitte titelscharfe tabellarische Auflistung
nach Jahren)?

25. Wie wurden die Kostensteigerungen jeweils wann genau (bitte mit Datum)
begründet?

26. Von wem wurden die Kostensteigerungen für den Rückbau des Reaktors
der AVR jeweils wann bewilligt, und wer trug die Verantwortung für die
Kostenentwicklung?

27. Gab es vertragliche Regelungen bezüglich der Nichteinhaltung der Kosten
und des Zeitplans, bzw. wurde dieses Risiko vertraglich geregelt?

Wenn ja, wie waren diese Regelungen ausgestaltet?

28. Welche Personen waren bzw. sind Mitglied der Geschäftsleitung der AVR
GmbH seit der Integration in die EWN?

29. Welche Personen sind bzw. waren Mitglied im Aufsichtsrat der AVR
GmbH seit der Integration in die EWN?

Berlin, den 19. Oktober 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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