BT-Drucksache 17/10529

Ablehnung von Projekten gegen Rechts im Landkreis Saarlouis im Rahmen des Bundesprogramms "TOLERANZ FÖRDERN - KOMPETENZ STÄRKEN"

Vom 22. August 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10529
17. Wahlperiode 22. 08. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Thomas Lutze, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch,
Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Steffen Bockhahn, Sevim Dag˘delen,
Ulla Jelpke, Jutta Krellmann, Dr. Gesine Lötzsch, Jens Petermann, Yvonne Ploetz,
Ingrid Remmers, Raju Sharma, Frank Tempel, Harald Weinberg und der Fraktion
DIE LINKE.

Ablehnung von Projekten gegen Rechts im Landkreis Saarlouis im Rahmen
des Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“

Der Landkreis Saarlouis nimmt am Bundesprogramm „TOLERANZ
FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ teil, das in der Verantwortung des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) liegt.
In den Jahren 2011, 2012 und 2013 standen und stehen jeweils rund 100 000
Euro für Projekte gegen Rechts und für Demokratieerziehung zur Verfügung.
Der Landkreis Saarlouis wird dabei beraten vom Adolf-Bender-Zentrum e. V.
(St. Wendel), das auf vertraglicher Grundlage als externe Koordinierungsstelle
auftritt.

Am 28. Februar 2011 wurde ein Antrag des Vereins „AKTION 3. WELT SAAR
e. V.“ auf Bewilligung von Mitteln zur Erstellung einer Broschüre und einer
Rundfahrt zu Stätten des NS-Terrors im Landkreis gestellt. Am 4. Juni 2011
wurde durch den „Saarländischen Flüchtlingsrat“ ein Antrag auf Bewilligung
von Mitteln zur Durchführung einer Video- und Fotoausstellung über das
Flüchtlingslager Lebach gestellt.

Beide Anträge wurden bis zum heutigen Tage nicht beschieden. Das Adolf-
Bender-Zentrum e. V. als externe Koordinierungsstelle und der Landkreis Saar-
louis haben eine Ablehnung angekündigt und diese gegenüber den Antragstellern
damit begründet, dass die Anträge die Zielgruppe der Jugendlichen nicht ein-
beziehe.

Beide Anträge sind jedoch nach den Kriterien des Bundesprogramms förder-
fähig. Die aktive Einbeziehung der Zielgruppen ist dabei nicht nötig. Dies ergibt
sich aus dem am 16. August 2011 veröffentlichten Lokalen Aktionsplan für
Saarlouis. Zusätzlich heißt es in einem Schreiben vom 12. September 2011 der
beim BMFSFJ angesiedelten nationalen Regiestelle des Bundesprogramms an
den Saarländischen Flüchtlingsrat e. V. wie folgt:
„Das von Ihnen kurz skizzierte Projekt ist grundsätzlich mit der Programm-
leitlinie vereinbar und somit im Rahmen eines Lokalen Aktionsplans förderbar
(…). Eine Beteiligung der Zielgruppe an der Entwicklung eines Einzelprojektes
ist nicht erforderlich.“ (Unterzeichnet durch Dr. Fabian Fehrle, Fachbereichs-
leiter Lokale Aktionspläne).

Gegenüber dem Verein „AKTION 3. WELT SAAR e. V.“ hat das saarländische
Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie u. a. in einem Schrei-

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ben vom 16. Juli 2012 deutlich gemacht, dass es die Finanzierung des beantrag-
ten Projekts übernehmen wird, sofern der Antragsteller einen rechtsmittelfähi-
gen Ablehnungsbescheid des Landkreises Saarlouis vorweisen kann. Dieser
liegt dem Verein „AKTION 3. WELT SAAR e. V.“ jedoch bis zum heutigen
Tage nicht vor.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass
die genannten Anträge auf Bewilligung von Mitteln des Bundesprogramms
„TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ bis zum heutigen
Tag nicht beschieden wurden und weder ein Ablehnungsbescheid noch ein
sonstiger Bescheid vorliegt?

2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Verwaltung, unabhängig
davon ob es sich um Bundes- oder sonstige Gelder handelt, innerhalb von
drei Monaten nach Antragstellung zu entscheiden und einen Bescheid zu
erstellen hat (§ 75 der Verwaltungsgerichtsordnung)?

3. Wird die Bundesregierung bzw. das zuständige Bundesministerium Einfluss
darauf nehmen, dass ein Ablehnungsbescheid oder ein sonstiger Bescheid
erstellt wird, damit beide Projektträger Rechtssicherheit haben und zumin-
dest ein Projekt anderweitig finanziert werden kann?

4. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass der
Lokale Aktionsplan 2011 für Saarlouis erst seit dem 16. August 2011 öffent-
lich ist, jedoch bereits in den Monaten davor über Anträge beschieden wurde?

5. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die geschilderte Vergabe-
praxis im Kreis Saarlouis intransparent und nicht verfahrensgemäß ist?

6. Wie wirkt die Bundesregierung darauf hin, dass externe Koordinierungsstel-
len wie das Adolf-Bender-Zentrum e. V. sowie der Landkreis Saarlouis ent-
sprechend der vertraglichen Grundlage mit der nationalen Regiestelle bei der
Vergabe von Fördermitteln agieren?

7. Erhält das Adolf-Bender-Zentrum e. V. für seine Beratungstätigkeit für den
Landkreis Saarlouis und für andere regionale Träger des Bundesprogramms
ein Entgelt aus dem Bundesprogramm „TOLERANZ FÖRDERN –
KOMPETENZ STÄRKEN“, und wenn ja, in welcher Höhe?

8. Ist der zwischen nationaler Regiestelle und Adolf-Bender-Zentrum e. V. zur
Beratungstätigkeit abgeschlossene Vertrag öffentlich einsehbar?

9. Falls der zwischen nationaler Regiestelle und Adolf-Bender-Zentrum e. V.
zur Beratungstätigkeit abgeschlossene Vertrag nicht öffentlich einsehbar ist,
weshalb ist dieser Vertrag nicht öffentlich einsehbar?

Berlin, den 22. August 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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