BT-Drucksache 16/980

Kinderarbeit im indischen Saatgut-Anbau

Vom 14. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/980
16. Wahlperiode 14. 03. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dr. Kirsten Tackmann, Lutz Heilmann,
Dorothee Menzner, Dr. Dietmar Bartsch, Heidrun Bluhm, Roland Claus, Hans-Kurt
Hill, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Ilja Seifert und der
Fraktion DIE LINKE.

Kinderarbeit im indischen Saatgut-Anbau

Indische Arbeitswissenschaftler haben in mehreren Studien nachgewiesen, dass
im Bundesstaat Andhra Pradesh Tausende Kinder bei Zulieferern multinationa-
ler Saatgut-Unternehmen arbeiten. Zu den Aufkäufern des Baumwoll-Saatguts
gehören auch mehrere europäische Saatgut-Unternehmen, unter anderem die
Firma ProAgro, eine hundertprozentige Tochter des deutschen Bayer-Konzerns.
Aufkäufer des durch Kinderarbeit produzierten Saatguts nehmen regelmäßige
Kontrollen auf den Feldern ihrer Zulieferer vor und sind über die dortigen Ar-
beitsbedingungen gut informiert.

Die ganztägige Beschäftigung von Kindern, teilweise unter 10 Jahren, verstößt
gegen die indische Gesetzgebung. Die Minderjährigen sind giftigen Pestiziden
ausgesetzt und erhalten nicht den staatlichen Mindestlohn.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V. veröffentlichte bereits im Jahr
2003 eine deutsche Übersetzung der Studienergebnisse. Gemeinsam mit den
Verbänden GERMANWATCH und Global March Against Child Labour reichte
der Verein Beschwerde gegen den Bayer-Konzern wegen Verstoßes gegen die
OECD-Leitlinien (OECD: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung) für multinationale Unternehmen ein.

Die OECD-Leitlinien sehen in einem solchen Fall ein Gespräch zwischen den
Beschwerdeführern und dem kritisierten Unternehmen vor. Dieses wird von der
Kontaktstelle der OECD organisiert, die im Bundesministerium für Wirtschaft
und Technologie angesiedelt ist. Die Bayer AG hat sich bislang einem solchen
gemeinsamen Gespräch verweigert.

Die in der Kritik stehenden Unternehmen räumten nach einer Reihe von
Medienberichten ihre Verantwortung für die Zustände bei den Zulieferern ein
und versprachen, die Kinder rasch durch erwachsene Arbeitskräfte ersetzen zu
lassen. Trotzdem fanden sich nach Information der indischen Kinderrechts-
organisation MV Foundation in der kürzlich zu Ende gegangenen Pflanzsaison,
also mehr als 2 Jahre nach Bekanntwerden der Missstände, mindestens 500 Kin-

der auf Feldern von Bayer-Zulieferern.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass die Bayer AG und andere Saat-
gut-Aufkäufer, wie Syngenta und Monsanto, Verantwortung tragen für die
Arbeitsbedingungen bei ihren Zulieferern?

Drucksache 16/980 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass die Beschäftigung von Kindern,
zumal unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen, eine Menschenrechts-
verletzung und einen Verstoß gegen internationale Arbeitsnormen darstellt?

3. Wirkt die Bundesregierung auf Unternehmen mit Sitz in Deutschland ein,
solche Praktiken bei ihren Zulieferern zu unterbinden?

4. Ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung in dieser Angelegenheit aktiv geworden?

5. Gab es Gespräche zwischen der Bayer AG und dem Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

6. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Weigerung der
Bayer AG, sich als kritisiertes Unternehmen in einem von der OECD-Kon-
taktstelle organisierten Gespräch den Beschwerdeführern zu stellen?

7. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Kontaktstelle der OECD
ausgebaut werden muss, damit sie eigene Recherchen durchführen kann?

8. Hat die Bundesregierung die geschilderte Kinderarbeit auf europäischer
Ebene thematisiert, um den Druck auf europäische Unternehmen zu erhöhen,
eine solche Praxis zu unterbinden?

9. Diskutiert die Bundesregierung das Problem mit der indischen Regierung?

Berlin, den 13. März 2006

Eva Bulling-Schröter
Dr. Kirsten Tackmann
Lutz Heilmann
Dorothee Menzner
Dr. Dietmar Bartsch
Heidrun Bluhm
Roland Claus
Hans-Kurt Hill
Katrin Kunert
Michael Leutert
Dr. Gesine Lötzsch
Dr. Ilja Seifert
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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