BT-Drucksache 16/9666

Reform des VW-Gesetzes und Folgekosten für die Bundesrepublik Deutschland

Vom 18. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9666
16. Wahlperiode 18. 06. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainer Brüderle, Mechthild Dyckmans, Jens Ackermann,
Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Heinz Lanfermann, Ina Lenke, Markus Löning, Horst Meierhofer,
Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele,
Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Reform des VW-Gesetzes und Folgekosten für die Bundesrepublik Deutschland

Der Europäische Gerichtshof (Große Kammer) hat am 23. Oktober 2007 im
Verfahren „Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Artikel 56 EGV –
Rechtsvorschriften für die Volkswagen Aktiengesellschaft“ in der Rechtssache
C-112/05 geurteilt, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch, dass sie § 4
Abs. 1 sowie § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die
Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit be-
schränkter Haftung in private Hand (VW-Gesetz) vom 21. Juli 1960 in der auf
den vorliegenden Rechtsstreit anwendbaren Fassung beibehalten hat, gegen
ihre Verpflichtungen aus Artikel 56 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Eu-
ropäischen Gemeinschaft (EGV) verstößt. Das VW-Gesetz beschränke europa-
rechtswidrig den Kapital- und Zahlungsverkehr. Es besteht insoweit gesetzge-
berischer Regelungsbedarf, um das Proportionalitätsprinzip zwischen Kapital-
anteilen und Kontrolle („Eine Aktie, eine Stimme“) europarechtskonform auch
für das vom VW-Gesetz betroffene Unternehmen einzuführen.

Der „FOCUS“ meldete in seiner Ausgabe vom 9. Juni 2008 (Seite 40), dass
aufgrund eines Staatsvertrages zwischen dem Land Niedersachsen und dem
Bund bei einem Scheitern des VW-Gesetzes 2,5 Mrd. Euro Investitionen not-
wendig seien, um den im Staatsvertrag vorgesehenen Einfluss des Landes
Niedersachsen bei der Volkswagen AG sicherzustellen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welchen zeitlichen Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des
VW-Gesetzes hat die Bundesregierung geplant?

2. Bis zu welchem Zeitpunkt muss die Bundesrepublik Deutschland das Urteil
in der Rechtssache C-112/05 umgesetzt haben, um die Verhängung von
Geldbußen zu vermeiden?

Drucksache 16/9666 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Setzt der vom Bundeskabinett Ende Mai verabschiedete Entwurf eines
Gesetzes zur Änderung des VW-Gesetzes das Urteil des Europäischen
Gerichtshofs 1:1 um?

4. Wenn ja, wie begründet die Bundesregierung dies im Detail?

5. Wenn nein, warum nicht?

6. Zu welchem Zeitpunkt wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
des VW-Gesetzes der Europäischen Kommission übermittelt?

7. Wurde seitens der Europäischen Kommission ein neues Vertragsver-
letzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland bezüglich des
VW-Gesetzes oder bezüglich der Umsetzung des Urteils in der Rechtssa-
che C-112/05 eingeleitet?

Wenn ja, wie lautet der Inhalt des Anforderungsschreibens im Detail, und
wann wurde dieses Verfahren eingeleitet?

8. Welchen Inhalt wird die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem
neuen Vertragsverletzungsverfahren haben?

9. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung gegen eine ersatzlose Auf-
hebung des VW-Gesetzes?

10. Welche juristische Annahme verleitete die Bundesministerin der Justiz,
Brigitte Zypries, zu der Aussage vor mehr als 10 000 VW-Beschäftigen in
Wolfsburg am 29. Mai, „die Kommission wäre schlecht beraten, erneut den
juristischen Weg zu beschreiten – das wäre sehr dünnes Eis“ und dass es
sich nur um eine Einzelmeinung in Brüssel handele, dass eine weitere
Klage gegen das VW-Gesetz notwendig sei (siehe www.faz.net vom
29. Mai 2008: „Zypries warnt Brüssel vor Klage gegen VW-Gesetz“)?

11. Sind der Bundesregierung Verträge zwischen dem Bund und dem Land
Niedersachsen bekannt (z. B. Patronatserklärungen), welche das Unter-
nehmen Volkswagen AG oder in diesem Unternehmen aufgegangene juris-
tische Personen betreffen (siehe FOCUS, Nummer 24, 9. Juni 2008,
Seite 40)?

12. Wenn ja, wie lauten diese Verträge im Detail (bitte als Anlage beifügen)?

13. Sind die entsprechenden Verträge nach Ansicht der Bundesregierung
rechtswirksam?

14. Wenn ja, unter welchen Bedingungen sind diese seitens der Bundesregie-
rung kündbar?

15. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass diese Verträge eine haus-
haltswirksame Belastung beispielsweise durch Erwerb von Anteilsscheinen
der Volkswagen AG begründen können?

16. Wenn nein, in welcher Höhe wird eine haushaltswirksame Belastung er-
wartet?

17. Wenn ja, wodurch begründet dies die Bundesregierung, und wurde diese
Rechtsauffassung dem Land Niedersachsen und/oder der Volkswagen AG
mitgeteilt?

Berlin, den 18. Juni 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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