BT-Drucksache 16/9663

Folgen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

Vom 18. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9663
16. Wahlperiode 18. 06. 2008

Kleine Anfrage
des Abgeordneten Roland Claus, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Heidrun
Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Jan Korte, Katrin
Kunert, Michael Leutert, Dorothee Menzner, Kersten Naumann, Petra Pau, Dr. Ilja
Seifert, Dr. Kirsten Tackmann, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Folgen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

In den Jahren seit 1960 wurden in der DDR annähernd drei Millionen Verträge
zur Nutzung von brachliegenden und für die land- und forstwirtschaftliche Nut-
zung ungeeigneten Bodenflächen für Erholungszwecke und ca. 1,5 Millionen
Verträge zur Bebauung auf kommunalen und privaten Rest- und Splitterflächen
mit Garagen abgeschlossen.

Der größte Teil dieser Nutzungsverhältnisse besteht noch heute und unterliegt
den Bestimmungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) so-
wie der Nutzungsentgeltverordnung (NutzEV). Viele der Nutzer sind seit Jah-
ren in der Regel steigenden finanziellen Belastungen wie etwa Nutzungsent-
gelte, Zweitwohnungs- und Grundsteuer, Gebühren und Beiträge ausgesetzt.

Mit der hälftigen Zahlung des Nutzers für einmalig erhobene grundstücks-
bezogene Beiträge und sonstige Abgaben leistet er einen nicht unerheblichen
Beitrag zur Werterhöhung des Grundstücks des Eigentümers. Die Entwicklung
in den zurückliegenden Jahren zeigt, dass ein immer größer werdender Teil der
Nutzer aus gesundheitlichen und altersbedingten Gründen ihr Nutzungsverhält-
nis aufgeben wollen. Aufgrund der derzeitig geltenden, für den Nutzer ungüns-
tigen „Entschädigungsregelung“ (vgl. § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG), wonach er
bei eigener Kündigung nur insofern eine Entschädigung verlangen kann, wie
sich der Verkehrswert des Grundstücks durch das Bauwerk zum Zeitpunkt der
Rückgabe erhöht hat, macht ein großer Teil der Nutzer von der Möglichkeit der
eigenen Kündigung des Vertragsverhältnisses keinen Gebrauch. Hinzu kommt,
dass mit dem Auslaufen der Investitionsschutzfrist zum 31. Dezember 2006 für
die Nutzer eine wertausgleichende Entschädigung ebenfalls nur dann gezahlt
werden muss, wenn der Verkehrswert des Grundstücks erhöht ist. Viele der
Nutzer, die in letzter Zeit gekündigt haben, verzichten deshalb auf Entschädi-
gungen und überlassen dem Bodeneigentümer ihre Baulichkeiten, Anpflanzun-
gen u. a. m. Der Gesetzgeber verlangt nach gegenwärtigem Recht überdies
noch, dass sich der Nutzer zu 50 Prozent an den Abrisskosten beteiligt, sofern
der Abbruch innerhalb eines Jahres vorgenommen wird (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2
SchuldRAnpG).

Drucksache 16/9663 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele der oben benannten, in der
DDR geschlossenen Verträge heutzutage noch Gültigkeit haben und somit
dem SchuldRAnpG und der NutzEV unterliegen?

Wenn ja, wie viele sind es?

Wenn nein, warum nicht?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele der am 31. Dezember 2006
noch gültigen Vertragsverhältnisse seit dem Auslaufen der Investitions-
schutzfrist zum 31. Dezember 2006 von Seiten der Verpächter aufgehoben
worden sind?

Wenn ja, wie viele sind es?

Wenn nein, warum nicht?

3. Ist der Bundesregierung bekannt, in wie vielen Fällen dann eine Entschädi-
gung von Seiten des Verpächters an den Pächter gezahlt worden ist?

Wenn ja, wie viele sind es?

Wenn nein, warum nicht?

4. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele der am 31. Dezember 2006
noch gültigen Vertragsverhältnisse seit dem Auslaufen der Investitions-
schutzfrist zum 31. Dezember 2006 von Seiten der Pächter beendet worden
sind?

Wenn ja, wie viele sind es?

Wenn nein, warum nicht?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, in wie vielen Fällen dann eine Entschädi-
gung von Seiten des Verpächters an den Pächter gezahlt worden ist?

Wenn ja, wie viele sind es?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Folgen des Auslaufens der Investi-
tionsschutzfrist für die Pächter?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die rechtliche Situation, in der sich die
Verpächter und Pächter der Grundstücke befinden?

8. Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit und Notwendigkeit, die be-
troffenen Bürgerinnen, Bürger und Kommunen bei der Handhabung der
bestehenden gesetzlichen Regelungen zu unterstützen, um ungewollte und
von den Betroffenen nicht ohne Weiteres vorhersehbare Rechtsfolgen zu
vermeiden?

Wenn ja, in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

9. Um welche Höhe sind die Nutzungsentgelte für die betroffenen Grund-
stücke im Durchschnitt seit 1990 angestiegen?

10. Gedenkt die Bundesregierung, aufgrund der ihr bekannten Ergebnisse des
SchuldRAnpG eine Gesetzesnovelle anzustreben?

Falls ja, mit welchem Inhalt?

Berlin, den 17. Juni 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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