BT-Drucksache 16/9460

Masterplan Güterverkehr und Logistik grundlegend überarbeiten

Vom 4. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9460
16. Wahlperiode 04. 06. 2008

Antrag
der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Hans-Michael
Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Jan Mücke, Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund
Peter Geisen, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Patrick
Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily,
Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Masterplan Güterverkehr und Logistik grundlegend überarbeiten

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

den im April 2008 vom Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,
Wolfgang Tiefensee, vorgelegten Entwurf für einen Masterplan Güterverkehr
und Logistik grundlegend mit folgenden Maßgaben zu überarbeiten:

– Verzicht auf die ideologisch geprägte Zielsetzung, den Güterverkehr entge-
gen den Gesetzmäßigkeiten des Marktes dirigistisch zu verlagern;

– Verzicht auf dirigistische Eingriffe wie die einseitige Verteuerung des Stra-
ßengüterverkehrs;

– gleichwertige Berücksichtigung aller Verkehrsträger unter Berücksichtigung
ihrer realen Verkehrsmarktanteile;

– Orientierung der Investitionspolitik am Bedarf auf dem Verkehrsmarkt und
an Umweltgesichtspunkten;

– Verzicht auf eine einseitige Ausrichtung auf den Schienengüterverkehr, ange-
messene Berücksichtigung auch bei der Binnenschifffahrt und der Luftfracht
unter Berücksichtigung der jeweiligen Verkehrsmarktanteile und der Um-

weltauswirkungen;

– Verzicht auf Gängelei der Transport- und Logistikbranche bei der Wahl der
Transportmittel;

– konkrete Aussagen zur Erhöhung der Investitionen in die Verkehrsinfrastruk-
turen;

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– konkrete Aussagen zu Ausbaumaßnahmen der für den Güterverkehr relevan-
ten Infrastruktur;

– stärkere Öffnung der Verkehrsmärkte als bisher für den Wettbewerb;

– Beteiligung aller relevanten Vertreter der Transport- und Logistikbranche an
der Überarbeitung des Masterplans und an seiner Schlussfassung.

Berlin, den 3. Juni 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

Begründung

Die Bundesregierung hatte im April 2006 die Ausarbeitung eines Masterplans
Güterverkehr und Logistik angekündigt, mit dem aktuelle Entwicklungen und
Trends in Verkehr, Wirtschaft und Logistik erfasst und daraus Handlungsbedarf
und mögliche Maßnahmen abgeleitet werden sollten. Zielstellung war es, den
Standort Deutschland als Produktions- und Logistikstandort zu stärken. Der
Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Wolfgang Tiefensee,
hat nunmehr im April 2008 – mit rund halbjähriger Verspätung – einen ersten
Entwurf des Masterplans vorgelegt. Auf 66 Seiten enthält er außer einer – inhalt-
lich durchaus zutreffenden – Beschreibung der aktuellen Situation der Güterver-
kehrswirtschaft einen Katalog von 39 Maßnahmen für die künftige Verkehrs-
politik.

Der Masterplan ist in der vorgelegten Fassung im Wesentlichen nichts anderes
als eine Aufzählung längst bekannter Probleme. Eine taugliche Lösungsstrategie
beinhaltet er nicht. Im Gegenteil: Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung setzt auf eine ideologische Anti-Lkw-Politik und will durch
eine Belastungsstrategie für den Straßenverkehr den Verkehrsträger Schiene
stärken. Dabei wird aber die reale Leistungsfähigkeit des Verkehrsträgers
Schiene hoffnungslos überschätzt. Der Lkw erbringt heute 70 Prozent der Ver-
kehrsleistungen im Güterverkehr, die Schiene etwa 17 Prozent und die Binnen-
schifffahrt rund 12 Prozent. Trotz aller Bemühungen in der Vergangenheit durch
weit überproportionale Investitionen in die Schienenwege ist es nicht gelungen,
den Marktanteil der Schiene im Güterverkehr zu steigern. Die Schiene ist ein
wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil im Mix der Verkehrsträger. Eine ide-
ologische Politik des Verlagerns, Verteuerns und Verhinderns von Straßengüter-
verkehr ist aber eine Illusion, wird unsere Verkehrsprobleme verschärfen und
der deutschen Wirtschaft schaden. Der Masterplan sieht z. B. vor, den Straßen-
verkehr durch eine Erhöhung der Lkw-Maut zu verteuern und mit diesen Mitteln
die Investitionen in die Schieneninfrastruktur zu verstärken. So richtig es ist,
mehr in die Schiene zu investieren, so falsch ist es, gleichzeitig die Straße zu
vernachlässigen. Schon die sog. Pällmann-Kommission hat im Jahr 2000 fest-
gestellt, dass insgesamt rund 2 Mrd. Euro an Investitionen in die Verkehrsinfra-
struktur fehlen. Davon müssten richtigerweise jeweils rund 40 Prozent auf
Straße und Schiene entfallen und 20 Prozent auf die Binnenschifffahrt.

Schon vor zwei Jahren, als der Masterplan angekündigt wurde, was klar, dass es
genügend konkrete Maßnahmen gibt, die sofort – auch ohne Masterplan – in An-
griff genommen werden können. Hierzu gehören mehr Park- und Rastplätze an
den Bundesautobahnen. Seit Jahren war absehbar, dass sich dieses Problem mas-
siv verschärfen würde. Durch die Einführung der neuen Lenk- und Ruhezeiten,

die verschärfte Kontrolle durch die Einführung des digitalen Tachographen und
durch das allgemein stark angestiegene Güterverkehrsaufkommen war abseh-

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bar, dass es für Lkw-Fahrer an den Autobahnen immer schwieriger werden
würde, Parkplätze zu finden. Die Rückstaus reichen oft bis auf die Autobahn.
Die Bundesregierung hat hier jahrelang untätig zugesehen. Der Masterplan
macht nun zwar den Vorschlag, das Problem aufzugreifen. Konkrete Finanzie-
rungskonzepte hingegen fehlen.

Falsch ist auch die Tendenz im Masterplan, die Transitverkehre durch Deutsch-
land behindern zu wollen, z. B. durch eine Lkw-Maut, die in ihrer Höhe progres-
siv ansteigt, je länger die zurückgelegte Strecke ist. Deutschland liegt in der
Mitte Europas und profitiert davon in vielerlei Hinsicht, so wie es auch von der
Globalisierung profitiert. Es ist kurzsichtig und ein sehr kleines Karo, die
zwangsläufigen Konsequenzen für die führende Position Deutschlands als
Transport- und Logistikdrehscheibe ausblenden zu wollen. Der Straßengüterver-
kehr ist in den letzten 15 Jahren bereits bedeutend sauberer und leiser geworden.
Das Ende der Bemühungen ist aber natürlich noch nicht erreicht. Hier muss es
weitere Anstrengungen geben. Ein richtiger Ansatz wäre es etwa, einen bundes-
weiten Feldversuch für sog. Euro-Combis zuzulassen. Ein maßvoller Einsatz
größerer Lkws könnte durchaus dazu beitragen, Lkw-Fahrten auf deutschen
Autobahnen einzusparen.

Der von Bundesminister Wolfgang Tiefensee vorgelegte Entwurf zum Master-
plan Güterverkehr und Logistik ist aus guten Gründen von den maßgeblichen
Verbänden der Güterverkehrs- und Logistikbranche abgelehnt worden. Die Ver-
bände haben darauf hingewiesen, dass es mit ihnen keine Abstimmung des vor-
gelegten Entwurfs gegeben hat. Bundesminister Wolfgang Tiefensee ist vom
Bundesverband der Deutschen Industrie, vom Deutschen Industrie- und Han-
delskammertag sowie vom Zentralverband des Deutschen Handwerks ausdrück-
lich aufgefordert worden, den Masterplan in dieser Fassung nicht dem Bundes-
kabinett zur Beschlussfassung vorzulegen. Die Verbände haben klargestellt,
dass sie den Masterplan in der aktuellen Fassung nicht mittragen werden. Ohne
die Unterstützung der Güterverkehrs- und Logistikbranche jedoch wäre der
Masterplan von vorneherein sinnlos. Es genügt nicht, wenn sich einzelne Ver-
bände, die sich ausschließlich den Lobbyismus für die Eisenbahn auf die Fahnen
geschrieben haben, den Bundesminister unterstützen. Ganz entscheidend ist,
was die Verbände und Unternehmen zu sagen haben, die für die Güterverkehrs-
und Logistikbranche wirklich relevant sind.

Aus all diesen Gründen muss der Masterplan grundlegend überarbeitet und völ-
lig neu ausgerichtet werden.

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