BT-Drucksache 16/9132

Finanzierung von rechtsextremistischen Vereinen, Stiftungen und Organisationen in Deutschland

Vom 7. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9132
16. Wahlperiode 07. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Christian Ahrendt, Miriam Gruß, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Ernst Burgbacher, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Patrick
Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich
(Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel
Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner
Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina
Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Markus Löning, Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Finanzierung von rechtsextremistischen Vereinen, Stiftungen und Organisationen
in Deutschland

Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der
FDP (Bundestagsdrucksache 16/8711) zur Gemeinnützigkeit bei verfassungs-
feindlichen Vereinen geht hervor, dass der Regierung die Zahl dieser Vereine
nicht bekannt ist. Obgleich nach Ansicht der Bundesregierung die Förderung
rechtsextremistischer Inhalte nach geltendem Recht nicht gemeinnützig sein
kann, wird beispielsweise der in den Medien bekannt gewordene rechtsextre-
mistische Verein „Collegium Humanum“ vom zuständigen Finanzamt als ge-
meinnützig anerkannt. Dennoch teilt die Bundesregierung mit, Verfassungs-
schutzbehörden bemühten sich in konkreten Einzelfällen, die zuständigen
Finanzbehörden über die Verfassungsfeindlichkeit der als gemeinnützig aner-
kannten Organisationen zu unterrichten.

Die Unterschiedlichkeit von rechtsextremistischen Organisationen bietet den
Anhängern eine breite Basis für deren Gesinnung und Betätigung.

Daher finden sich für viele Zielgruppen innerhalb der „rechten“ Szene passende
Organisationen. So gibt es für Jugendliche verschiedene Jugendorganisationen,
z. B. „Heimattreue Deutsche Jugend e. V.“. Für Menschen, die wegen einer

politisch rechts motivierten Straftat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden
sind, und deren Angehörige, gibt es die „Hilfsorganisation für nationale politi-
sche Gefangene und deren Angehörige e. V.“.

Da das Bestehen und Tätigwerden rechtsextremistischer Organisationen nicht
nur von personellen, sondern insbesondere auch von finanziellen Ressourcen
abhängt, sind deren Finanzierungsmöglichkeiten gerade auch durch eine mittel-
bare Staatsfinanzierung in Form der Gemeinnützigkeit kritisch zu hinterfragen.

Drucksache 16/9132 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen daher die Bundesregierung:

1. Welche rechtsextremistischen Vereine, Stiftungen und Organisationen gibt es in
Deutschland (bitte Auflistung nach Bundesländern)?

2. Welche der unter Frage 1 genannten rechtsextremistischen Vereine, Stiftungen
und Organisationen werden vom Verfassungsschutz beobachtet?

3. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse dahingehend, wie sich die rechts-
extremistischen Vereine, Stiftungen und Organisationen finanzieren?

4. Gibt es Unterscheidungen bzw. Eigenheiten bei der Finanzierung im Hinblick
auf die verschiedenen Organisationsformen (Vereine, Stiftungen, …)?

5. Gibt es für rechtsextremistische Vereine, Stiftungen und Organisationen Mög-
lichkeiten, staatliche Förderungen zu nutzen, und wenn ja, auf welche Weise
werden diese Fördermaßnahmen genutzt?

6. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen staatliche Fördermittel durch
rechtsextremistische Vereine, Stiftungen und Organisationen zweckentfremdet
bzw. missbräuchlich verwendet wurden, und wenn ja, was tut die Bundesregie-
rung, um einen solchen Missbrauch zu unterbinden?

7. Welche Bedeutung haben nach Ansicht der Bundesregierung die Vertriebs-
dienste etwa von Medien mit rechtsextremistischen Inhalten für die Finanzie-
rung von entsprechenden Vereinen, Stiftungen und Organisationen?

8. Beabsichtigt die Bundesregierung die Finanzierungsmöglichkeiten von rechts-
extremistischen Vereinen, Stiftungen und Organisationen einzuschränken bzw.
zu erschweren?

Wenn ja, auf welche Weise?

9. Erwägt die Bundesregierung insbesondere welche Änderungen der vereins-,
stiftungs- und steuerrechtlichen Vorschriften, um die staatliche Finanzierung
von rechtsextremistischen Vereinen zu verhindern?

Wenn nein, weshalb nicht?

10. Wie erklärt die Bundesregierung in Anbetracht ihrer Aussage, dass die Förde-
rung rechtsextremer Inhalte nicht gemeinnützig sei, Fälle, in denen die zustän-
digen Finanzbehörden Vereinen trotz ihres rechtsextremistischen Wirkens die
Gemeinnützigkeit zusprechen bzw. zugesprochen haben?

11. Warum haben die Verfassungsschutzbehörden konkret im Fall von „Collegium
Humanum“ die zuständige Finanzbehörde nicht von den rechtsextremistischen
Aktivitäten des Vereins informiert?

12. Sind der Bundesregierung weitere Fälle bekannt, in denen der Informationsfluss
zwischen Verfassungsschutzbehörden und den Finanzbehörden hinsichtlich
rechtsextremistischer Betätigungen nicht erfolgt ist bzw. nicht reibungslos
funktioniert hat?

13. Wie sieht die konkrete Vernetzung hinsichtlich des Informationsaustausches in
Bezug auf rechtsextremistische Vereine zwischen den Finanz- und Sicherheits-
behörden momentan aus?

14. Plant die Bundesregierung eventuell auch in Zusammenarbeit mit den Ländern
welche Änderungen in Bezug auf den vorgenannten Informationsaustausch?

15. Hält es die Bundesregierung für möglich, dass neben dem Verein „Collegium
Humanum“ weitere rechtsextremistische Vereine den Status der Gemeinnützig-
keit genießen?

Berlin, den 7. Mai 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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