BT-Drucksache 16/9057

Verbesserung der Finanzsituation der Krankenhäuser

Vom 6. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9057
16. Wahlperiode 06. 05. 2008

Antrag
der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily,
Jens Ackermann, Michael Kauch, Detlef Parr, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick
Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst
Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam
Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max Stadler,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Verbesserung der Finanzsituation der Krankenhäuser

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Krankenhauslandschaft hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Von
2 411 Krankenhäusern mit 665 565 Betten im Jahr 1991 sind noch 2 104 Kran-
kenhäuser mit 511 000 Betten im Jahr 2006 geblieben. Die Fallzahlen haben sich
in der gleichen Zeit von 14 576 613 auf 16 832 883 erhöht. Die Verweildauer ist
von 14 Tagen im Jahr 1991 auf 9,2 Tage im Jahr 2006 gesunken. Die gesetzliche
Krankenversicherung hat im Jahr 2007 für ihre Versicherten knapp 51 Mrd. Euro
an die Krankenhäuser bezahlt. Das sind ca. 33 Prozent der GKV-Ausgaben.
Innerhalb der letzten zehn Jahre sind die Krankenhauskosten je Versicherten um
24 Prozent gestiegen. In der gleichen Zeit hat jedoch auch die Zahl älterer, mul-
timorbider Menschen zugenommen und die medizinische Entwicklung insbe-
sondere auch im medizinisch-technischen Bereich ist deutlich vorangeschritten.
Wer sicherstellen will, dass die Versorgung in den Krankenhäusern auch in Zu-
kunft qualitativ gut und mit der nötigen Sorgfalt erfolgt, muss diese Entwicklung
im Blick behalten.

Auch wenn die Krankenhausdichte zurzeit noch relativ hoch ist, sind einer wei-

teren Schließung von Abteilungen oder Krankenhäusern Grenzen gesetzt. Sie
darf vor allem nicht plan- und ziellos erfolgen. Die Politik darf nicht riskieren,
dass über eine gleichermaßen für alle Krankenhäuser geltende Deckelung, die
die Krankenhäuser unabhängig von ihrer individuellen Situation trifft, versor-
gungsnotwendige Abteilungen in Gefahr geraten, Patienten abgewiesen oder
unzureichend behandelt werden. Wirtschaftlichkeitsdruck aufzubauen ist das
eine, ruinöse Unterdeckung gesetzlich zu verantworten aber etwas ganz anderes.

Drucksache 16/9057 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Für das Jahr 2008 hat das Bundesministerium für Gesundheit eine an der Grund-
lohnrate ausgerichtete Steigerungsrate von 0,64 Prozent bekannt gegeben.
Hiervon werden allerdings gemäß GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz 0,5 Pro-
zent als Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser für die GKV abgezogen. Für das
Jahr 2009 ist voraussichtlich mit einer Steigerungsrate von ca. 1 Prozent zu rech-
nen. Dem stehen Personalkostensteigerungen in den kommunalen Häusern von
2,5 Prozent im Jahr 2008 und 5 Prozent im Jahr 2009 gegenüber. Es ist damit zu
rechnen, dass sich die Tarifabschlüsse für die anderen Krankenhäuser ebenfalls
in etwa dieser Größenordnung bewegen werden. Hinzu kommt eine besondere
Belastung für die Krankenhäuser im Osten aufgrund der vereinbarten 100-pro-
zentigen Ost-West-Angleichung der Tarife. Insgesamt machen die Personal-
kostensteigerungen in den Jahren 2008 und 2009 bei einem durchschnittlichen
Personalkostenanteil von gut 62 Prozent ca. 4 Mrd. Euro aus. Hinzu kommen
steigende Sachkosten, insbesondere im Bereich der Energie. Die Deutsche
Krankenhausgesellschaft geht hier von Steigerungsraten in 2008 und 2009 von
jeweils 5 Prozent aus, d. h. ca. 3,8 Mrd. Euro. Um die Gesamtsituation
beurteilen zu können, muss auch berücksichtigt werden, dass die Länder ihrer
Verpflichtung zur Investitionskostenfinanzierung teilweise nur sehr bedingt
nachkommen, so dass sich auch hieraus Deckungslücken im allgemeinen Ge-
schäftsbetrieb ergeben können.

Die Krankenhäuser müssen diese Mehrbelastungen in einer Zeit verkraften, in
der sie sich bereits in einer äußerst angespannten Situation befinden. Die Um-
stellung auf die diagnosebezogenen Fallpauschalen hat eine Vielzahl von Res-
sourcen gebunden. Die Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes, die Abschaffung
des Arztes in Praktikum, die Mehrwertsteuererhöhung, das Natural-Rabatt-Ver-
bot bei Arzneimitteln sowie die Verlängerung der Anschubfinanzierung für die
integrierte Versorgung haben den finanziellen Spielraum drastisch verengt.

Viele Krankenhäuser können die nun zu erwartenden Steigerungsraten nicht
ausgleichen, ohne dass es zu Personalabbau und Qualitätsverschlechterungen
kommt. Insbesondere die Häuser, die im Verlauf der Konvergenzphase eine
Anpassung nach unten hin vornehmen müssen sowie Häuser, die ihr Rationa-
lisierungspotenzial aufgrund effizienter Arbeit in den letzten Jahren bereits
ausgeschöpft haben, geraten hierdurch in gravierende Probleme.

Im Hinblick auf diese Entwicklung muss der den Krankenhäusern auferlegte,
allein der Kostendämpfungslogik geschuldete Sanierungsbeitrag ab dem Jahr
2008 entfallen. Bereits für das Jahr 2008 eingezogene Beträge müssen zurück-
gezahlt werden. Die 0,5-prozentige Kürzung der Rechnungen ist kontrapro-
duktiv. Die Patienten dürfen nicht zu Leidtragenden einer verfehlten Politik der
großen Koalition werden, die über die Mehrwertsteuererhöhung erst selbst für
steigende Kosten gesorgt hat, um sie dann über den gesundheitspolitisch durch
nichts zu begründenden Sanierungsbeitrag mit negativen Folgen für die
Krankenhausversorgung wieder zu reduzieren.

Mindestens ebenso wichtig ist die Abschaffung der gesetzlichen Budgetierung.
Hierdurch bekommen die Vertragspartner die notwendige Flexibilität, um den
Besonderheiten vor Ort entsprechend Rechnung tragen zu können. Das ermög-
licht eine strukturierte Unterstützung des nach wie vor notwendigen Anpas-
sungsprozesses der Krankenhauslandschaft. Für das Jahr 2008 muss zumindest
die Möglichkeit geschaffen werden, dass Krankenkassen und Krankenhäuser
sich darauf verständigen können, die Personalkostensteigerungen zumindest
zum Teil auszugleichen, wenn das erforderlich ist, um die Qualität aufrecht zu
erhalten.

Darüber hinaus muss im strukturellen Bereich durch den Übergang zur monis-
tischen Finanzierung dafür gesorgt werden, dass Krankenhäuser in der Lage

sind, das für ihre Investitionen benötigte Kapital zu beschaffen und betriebswirt-
schaftlich effiziente Gesamtentscheidungen treffen zu können.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9057

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf vorzulegen, der folgende Änderungen vornimmt:

– die Regelung, dass bei gesetzlich krankenversicherten Patienten ein Ab-
schlag in Höhe von 0,5 Prozent des Rechnungsbetrages bei den Kranken-
hausrechnungen vorzunehmen und auf der Rechnung des Krankenhauses
auszuweisen ist (Sanierungsbeitrag), entfällt mit Wirkung ab 1. Januar 2008,

– für das Jahr 2008 wird die Möglichkeit geschaffen, dass die Vertragspartner
in den Fällen die gesetzlich vorgegebene maximale Steigerungsrate der Bud-
gets überschreiten können, in denen sie einen Ausgleich für höhere Löhne
und Gehälter für erforderlich halten,

– es wird klargestellt, dass ab 2009 die Verhandlungspartner ohne gesetzliche
Budgetierung die Möglichkeit haben, die Entwicklung der Krankenhausver-
gütungen an der Entwicklung des Krankheitsgeschehens auszurichten und
nicht an gesetzlich starr vorgegebenen Raten der Grundlohnentwicklung,

– über einen stufenweisen Übergang zur monistischen Finanzierung werden
Unwirtschaftlichkeiten durch unterbleibende Investitionen beseitigt.

Berlin, den 6. Mai 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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