BT-Drucksache 16/8975

Folgen der gescheiterten Privatisierung des Aufbau-Verlages

Vom 25. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8975
16. Wahlperiode 25. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch, Dr. Lothar Bisky, Dr. Lukrezia Jochimsen,
Dr. Gesine Lötzsch, Wolfgang Nes˘kovic´ und der Fraktion DIE LINKE.

Folgen der gescheiterten Privatisierung des Aufbau-Verlages

Der Bundesgerichtshof hat mit einem Beschluss vom 10. Dezember 2007/
3. März 2008 (II ZR 213/06) einstimmig entschieden, dass „in rechtlich unan-
greifbarer Würdigung der unstreitigen Tatsachen und der vorgelegten Urkun-
den … der Kulturbund seine Inhaberrechte an der ehemaligen Aufbau-Verlag
GmbH nicht verloren hat“. Damit steht fest, dass die durch Verkauf an eine
Investorengemeinschaft beabsichtigte Privatisierung des Aufbau-Verlages
durch die Treuhandanstalt/Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderauf-
gaben (THA/BvS) im Jahre 1991 gescheitert ist. Die in der Bundestagsdruck-
sache 15/1777 (Bericht der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des
Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR und Stellung-
nahme der Bundesregierung) vorgelegte Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung, insbesondere die auf den Seiten 23 und 24 aufgeführte Darstellung der
Rechtslage zur Problematik des Aufbau-Verlages, ist daher unzutreffend.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wird die Bundesregierung verhindern, dass der einzige in seiner Bedeutung
erhaltene literarische Verlag aus der DDR, der wegen des rechtswidrigen
Handelns der THA/BvS und der Unabhängigen Kommission nach den
eigenen Feststellungen dieser Behörden eine „vermögenslose Hülle“ ist,
wegen Überschuldung in die Insolvenz gerät und zerstört wird?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, warum nicht?

2. Beabsichtigt die Bundesregierung, sich beim Kulturbund e. V. und seinem
Rechts- und Vermögensnachfolger in das Vermögen des Aufbau-Verlages
wegen der rechtswidrigen Behandlung durch die THA/BvS und die Unab-
hängige Kommission in den Jahren seit 1990 zu entschuldigen und den ent-
standenen Schaden zu ersetzen?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?
3. Ist der Bundesregierung bekannt, welchen Schaden die Investoren durch die
fehlgeschlagene Privatisierung erlitten haben?

Wenn ja, worauf beläuft er sich?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 16/8975 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Beabsichtigt die Bundesregierung, den durch das rechtswidrige Handeln
der THA/BvS bei den Investoren angerichteten Schaden sowie die Folge-
schäden durch die gescheiterte Vermögensübertragung zu ersetzen und den
Vertrag mit den Investoren zu erfüllen?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass mehr als 1 300 Lizenzverträge welt-
weit wegen der mangelnden Berechtigung der von der THA verkauften
„vermögenslosen Hülle“ unwirksam sind und daher hohe Schadenersatzan-
sprüche der tatsächlich Berechtigten nach den Urheberrechtsgesetzen in
den jeweiligen Ländern geltend gemacht werden können?

Wenn ja, wie wird die Bundesregierung darauf gegebenenfalls reagieren?

Wenn nein, warum nicht?

6. Kann die Bundesregierung abschätzen, welche Schadenersatzforderungen
der geschädigten Lizenznehmer auf die THA/BvS zukommen, insbe-
sondere aus Ländern wie den USA, die Strafschadenersatz (punitive
damages) zulassen?

Wenn ja, mit welchen Folgen?

Wenn nein, warum nicht?

7. Kennt die Bundesregierung frühere Angebote der Investoren, den Streit
über die Eigentumsverhältnisse am Aufbau-Verlag zu beenden und die ent-
standenen Schäden durch Vergleich zu regulieren?

Wenn ja, welche Haltung hat die Bundesregierung dazu?

Wenn nein, warum nicht?

8. Hat die Bundesregierung Informationen über den möglichen aktuellen Ge-
samtschaden?

Wenn ja, wie hoch ist er?

Wenn nein, warum nicht?

9. Hat die Bundesregierung Informationen, wie hoch der zu erwartende
Schaden sein könnte, wenn er nach weiteren langjährigen gerichtlichen
Auseinandersetzungen und möglichem Prozessverlust erst in einigen Jah-
ren endgültig beglichen werden muss?

Wenn ja, wie hoch beläuft er sich?

Wenn nein, warum nicht?

10. Ist der Bundesregierung bekannt, aus welchen Gründen die Investoren, die
den Aufbau-Verlag 1991 von der THA erwarben, den Kaufvertrag wegen
arglistiger Täuschung angefochten haben?

Wenn ja, um welche Gründe handelt es sich?

Wenn nein, warum nicht?

11. Wie gedenkt die Bundesregierung mit den Mitarbeitern des Verlages umzu-
gehen, wenn die Anfechtung erfolgreich ist und die THA/BvS erneut Ge-
sellschafter der „vermögenslosen Hülle“ wird?

12. Ist die Bundesregierung informiert, welche Personen im Sekretariat der
Unabhängigen Kommission zu welchem Zeitpunkt Kenntnis darüber er-
langten, dass nicht die Sozialistische Einheitspartei Deutschland (SED),

sondern der Kulturbund Eigentümer des Aufbau-Verlages war?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8975

13. Ist die Bundesregierung informiert, welche Personen in der THA zu wel-
chem Zeitpunkt Kenntnis darüber erlangten, dass nicht die SED, sondern
der Kulturbund Eigentümer des Aufbau-Verlages war?

14. Ist der Bundesregierung bekannt, wer das Sekretariat der Unabhängigen
Kommission auf die jetzt als rechtswidrig festgestellte Position festgelegt
hat?

Wenn ja, um wen handelt es sich?

Wenn nein, warum nicht?

15. Ist der Bundesregierung bekannt, wer die THA auf die jetzt als rechtswid-
rig festgestellte Position festgelegt hat?

Wenn ja, um wen handelt es sich?

Wenn nein, warum nicht?

16. Hat die Bundesregierung Informationen, welche Personen in der THA seit
wann von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den
Aufbau-Verlag und andere wegen der so genannten Plusauflagen Kenntnis
hatten?

Wenn ja, um welche Personen und um welchen Zeitpunkt handelt es sich?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 23. April 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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