BT-Drucksache 16/8351

Qualitätsstandards im öffentlichen Nahverkehr - Umsetzung der EU-Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in bundesdeutsches Recht

Vom 4. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8351
16. Wahlperiode 04. 03. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Dorothee Menzner, Dr. Gesine Lötzsch,
Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Roland
Claus, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Michael Leutert, Dr. Kirsten Tackmann und
der Fraktion DIE LINKE.

Qualitätsstandards im öffentlichen Nahverkehr – Umsetzung der EU-Verordnung
(EG) Nr. 1370/2007 in bundesdeutsches Recht

Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hebt die Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69
und (EWG) Nr. 1107/70 auf. Diese Verordnungen stellten Regeln für die ge-
meinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Bereich Landverkehr. In der neuen
Verordnung werden Hauptziele für Qualitätsstandards gemäß des Weißbuchs
der Kommission vom 12. September 2001, betitelt mit „Die Europäische Ver-
kehrspolitik bis 2010: Weichenstellung für die Zukunft“, formuliert.

Als Hauptziele werden u. a. die garantierte Transparenz und Leistungsfähigkeit
öffentlicher Personenverkehrsdienste genannt, was den ursprünglichen Wettbe-
werbsregeln entspricht. In der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 werden diese
Hauptziele jedoch im Sinne von Qualitätsstandards präzisiert. Hier heißt es, dass
soziale, umweltpolitische und raumplanerische Faktoren berücksichtigt werden
müssen. Herausragend ist, dass als Qualitätsziel „das Angebot spezieller Tarif-
bedingungen zugunsten bestimmter Gruppen von Reisenden“ benannt wird. Als
Beispielgruppe werden Rentner angeführt.

Diese Ausführung lässt den Schluss zu, dass der Begriff „bestimmte Gruppen“
ebenso Hartz-IV-Empfänger, Sozialhilfeempfänger, Geringverdienende etc.
(Anspruchsgruppen nach Sozialgesetzbuch II und XII – SGB II und SGB XII)
umfassen kann, die dann in den Genuss „spezieller Tarifbedingungen“ kommen
können.

Auch wenn die für den öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zuständigen
Behörden gemäß dem Subsidiaritätsprinzip frei sind, soziale Kriterien und Qua-
litätskriterien festzulegen, um letztendlich Qualitätsstandards für gemeinwirt-
schaftliche Verpflichtungen aufrechtzuerhalten und zu erhöhen, so ist die
Bundesregierung trotzdem gehalten, durch die Umsetzung der Verordnung (EG)
Nr. 1370/2007 in deutsches Recht für einen Rechtsrahmen zu sorgen, in dem
benannte Qualitätsstandards im öffentlichen Nahverkehr festgelegt werden kön-
nen.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie weit ist die Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in deutsches
Recht gediehen?

Drucksache 16/8351 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Wann wird die Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in deutsches
Recht abgeschlossen sein?

3. Inwieweit sind bereits Umsetzungsverhandlungen mit den Bundesländern
eingeleitet worden?

4. Rechnet die Bundesregierung mit Widerständen der Bundesländer bei der
Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in deutsches Recht?

Wenn ja, mit welchen?

5. Wie will die Bundesregierung in der Umsetzung der Verordnung (EG)
Nr. 1370/2007 sicherstellen, dass die zuständigen Behörden unter Einhal-
tung des Gemeinschaftsrechts im Bereich des ÖPNV allgemein gültige
Qualitätsstandards einrichten?

6. Welche Qualitätsstandards aus der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 werden
unter Berücksichtigung sozialer Faktoren in deutsches Recht übernommen?

7. Was versteht die Bundesregierung unter dem „Angebot spezieller Tarifbe-
dingungen zugunsten bestimmter Gruppen von Reisenden“?

8. Zählt zum „Angebot spezieller Tarifbedingungen zugunsten bestimmter
Gruppen von Reisenden“ ein „Sozialticket“ (Angebot) für bestimmte An-
spruchsgruppen (Gruppen von Reisenden)?

9. Wie definiert die Bundesregierung „spezielle Tarifbedingungen“?

10. Wie sollen „spezielle Tarifbedingungen“ unter Berücksichtigung der Subsi-
diarität konkret eingeführt werden?

11. Ist die Bundesregierung bereit, in Anlehnung an die Beispielgruppe Rent-
ner, auch Anspruchsgruppen nach SGB II und SGB XII in „spezielle Tarif-
gruppen“ aufzunehmen?

Wenn nein, warum nicht?

12. Wird die Bundesregierung die finanzielle Abgeltung gemeinwirtschaft-
licher Verpflichtungen bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen aus dem
Anwendungsbereich der Verordnung ausnehmen, wenn „Höchsttarife für
bestimmte Gruppen von Fahrgästen“ (z. B. sog. Anspruchsgruppen nach
SGB II und SGB XII) festgelegt werden?

Wenn nein, warum nicht?

13. Welchen Einfluss hat die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf das Regiona-
lisierungsgesetz sowie das Personenbeförderungsgesetz?

Berlin, den 3. März 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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