BT-Drucksache 16/8342

Verantwortung für die aus der IKB-Krise resultierenden Schäden

Vom 27. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8342
16. Wahlperiode 27. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Herbert Schui, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, Dr. Axel Troost,
Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Verantwortung für die aus der IKB-Krise resultierenden Schäden

Die Mittel für die Stützung der Deutschen Industriebank AG (IKB) sind im
Februar 2008 erneut aufgestockt worden. Erstmals sollen auch Bundesmittel
beziehungsweise Dividendenansprüche des Bundes für diesen Zweck in An-
spruch genommen werden. Die noch Ende Januar 2008 von der Bundesregie-
rung formulierte Aussage, dass die Bankengruppe (KfW) die IKB-Krise allein
bewältigen könne, hat sich innerhalb von zwei Wochen als falsch erwiesen. Da-
mit stellt sich erneut und verstärkt die Frage nach der politischen Verantwor-
tung für die aus der IKB-Krise resultierenden Schäden für die Bundesrepublik
Deutschland.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie erklärt die Bundesregierung ihre am 6. Februar 2008 als Antwort auf
eine Kleine Anfrage der Fraktion der FDP übermittelte Fehleinschätzung,
dass es keine Anzeichen dafür gebe, dass die KfW die IKB-Krise nicht
allein bewältigen kann (Bundestagsdrucksache 16/7977)?

2. Wer trägt die politische Verantwortung für diese Fehleinschätzung, die zu
einer erheblichen Belastung des Bundeshaushalts beziehungsweise des Ver-
mögenshaushalts des Bundes führen wird?

3. Auf welchen näherungsweisen Betrag schätzt die Bundesregierung den aus
der IKB-Krise insgesamt resultierenden Schaden

a) für die KfW,

b) für andere Anteilseigner der IKB und

c) für den Bundeshaushalt beziehungsweise für den Vermögenshaushalt des
Bundes?

4. Welche Personen tragen nach Auffassung der Bundesregierung die Verant-
wortung für die IKB-Krise, und mit welchen Mitteln will die Bundesregie-
rung dazu beitragen, dass die verantwortlichen Personen zur Rechenschaft
gezogen werden?
5. Wer trägt nach Auffassung der Bundesregierung die politische Verantwor-
tung für die aus der IKB-Krise resultierenden Schäden, und wie begründet
die Bundesregierung ihre Haltung?

6. Mit welcher Strategie, mit welchen Mitteln und welchem Ergebnis hat die
Bundesregierung versucht, private Geschäftsbanken angemessen und im
Interesse der Schonung der KfW und des Bundeshaushalts an der Stützung
der IKB zu beteiligen?

Drucksache 16/8342 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

7. Warum hat sich die Bundesregierung nicht massiv dafür eingesetzt, invol-
vierte private Geschäftsbanken möglichst weitgehend an den IKB-Ret-
tungsaktionen zu beteiligen?

8. Hält die Bundesregierung den Anteil privater Geschäftsbanken an den
IKB-Rettungsaktionen für angemessen, und wie begründet die Bundes-
regierung ihre Haltung?

9. Beabsichtigt die Bundesregierung, den mit öffentlichen Mitteln bestritte-
nen Anteil an Aktivitäten der Stützung von Banken und anderen Finanz-
dienstleistern künftig zu verringern?

10. Weshalb hat die Bundesregierung im Zeitraum 2005 bis 2007 im Interesse
des Werterhalts des KfW-Anteils an der IKB keine kritische Bewertung
des IKB-Engagements auf dem US-Hypothekenmarkt vorgenommen, ob-
wohl in allen IKB-Geschäftsberichten seit 2001/2002 auf das Conduit Rhi-
neland Funding Capital Corporation hingewiesen und im Geschäftsbericht
2006/2007 – trotz der spätestens seit Ende 2006 unübersehbaren Anzei-
chen eines dramatischen Wertverfalls von US-Immobilien – sogar eine
weitere erhebliche Ausweitung des Investmentvolumens als Ziel formu-
liert worden ist?

11. Trifft es zu, dass bis zum 27. Juli 2007 weder der Vertreter des Bundes-
ministeriums der Finanzen noch die Vertreter der KfW im Aufsichtsrat
der IKB dahingehend interveniert haben, dass das Engagement der IKB
auf dem US-Hypothekenmarkt nicht ausgebaut, sondern reduziert wird?

Falls ja, wie erklärt die Bundesregierung dieses Versäumnis?

12. Inwieweit hat die Bundesregierung im Zeitraum 2005 bis 2007 Bewertun-
gen des US-Immobilienmarktes vorgenommen, und welche Schlussfolge-
rungen hat die Bundesregierung zu welchem Zeitpunkt aus diesen Bewer-
tungen gezogen?

13. Welche Optionen hat die Bundesregierung zu welchem Zeitpunkt und un-
ter Beteiligung welcher Personen als Reaktion auf die IKB-Krise erwogen,
und mit welchen Kostenschätzungen wurden diese Optionen gegeneinan-
der abgewogen?

14. Mit welchen Mitteln, mit welchen Daten und mit welchen Methoden hat
die Bundesregierung den Schaden ermittelt, der im Falle eines Konkurses
der IKB entstanden wäre?

15. Wessen Einlagen bei der IKB und wessen Forderungen an die IKB wären
im Falle eines IKB-Konkurses in welcher Höhe betroffen gewesen?

16. Für welche Einlagen bei der IKB beziehungsweise für welche Forderungen
an die IKB hätte im Falle eines IKB-Konkurses der Einlagensicherungs-
fonds der Banken in welcher Höhe haften müssen?

17. In welcher maximalen Höhe haftet der Einlagensicherungsfonds der Ban-
ken in der Bundesrepublik Deutschland

a) insgesamt und

b) aufgegliedert in einzelne Bereiche?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8342

18. Trifft es zu, dass die Bundesregierung unmittelbar nach Vorliegen des
Anfang Juni 2007 publizierten Geschäftsberichtes 2006/2007 der IKB,
in dem trotz des bereits kollabierenden US-Immobilienmarktes über eine
geplante drastische Ausweitung des IKB-Geschäfts mit verbrieften US-
Hypothekenkrediten berichtet wurde, den KfW-Vorstand nicht aufgefor-
dert hat, sich für eine möglichst schnelle und möglichst umfassende
Minderung der IKB-Risikopositionen einzusetzen?

Falls ja, wie erklärt die Bundesregierung dieses Versäumnis?

19. Welche Anstrengungen haben die Bundesregierung beziehungsweise ihre
Vertreter in den Aufsichtsräten der KfW und der IKB vor dem 27. Juli
2007 unternommen, um die Lage der IKB realistisch beurteilen zu
können?

20. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass weder das Bundesministerium
der Finanzen (siehe Interview mit dem Bundesminister der Finanzen,
Peer Steinbrück, in der Süddeutschen Zeitung vom 19. Dezember 2007)
noch der KfW-Vorstand (siehe Interview mit Ingrid Matthäus-Maier im
Handelsblatt vom 17. September 2007) bis zum 27. Juli 2007 von den
Existenz gefährdenden Risikopositionen der IKB etwas wusste, obwohl
das Engagement der IKB im US-Hypothekenmarkt in allen Geschäfts-
berichten seit 2001/2002 nachzulesen und zuletzt Anfang Juni 2007 im Ge-
schäftsbericht 2006/2007 mit 12,7 Mrd. Euro allein für Rhineland Funding
angegeben worden war?

21. Wie beurteilt die Bundesregierung die fachlichen Kompetenzen des KfW-
Vorstandes, der – gemäß wiederholtem Bekunden von Ingrid Matthäus-
Maier – zum ersten Mal nach Bekanntwerden der IKB-Krise von „Event of
Default Triggers“ und anderen Techniken der Vertragsgestaltung bei ver-
brieften Kreditpaketen gehört haben will?

22. Inwieweit hält die Bundesregierung den KfW-Vorstand dafür mitverant-
wortlich, dass die IKB bei einer Bilanzsumme von rund 60 Mrd. Euro
Positionen in extrem risikobehafteten Märkten in Höhe von mindestens
14 Mrd. Euro aufbauen konnte?

23. War der Bundesminister der Finanzen seit dem 15. März 2007 unmittelbar
an den Gesprächen und Verhandlungen mit der KfW beteiligt, um den aus
der IKB-Krise resultierenden Schaden für die KfW und für den Bundes-
haushalt so gering wie möglich zu halten?

24. Welche Abfindungen, Pensionen oder sonstige Vergütungen haben die
nach dem 27. Juli 2007 ausgeschiedenen IKB-Vorstandsmitglieder erhal-
ten, und welche Abfindungen, Pensionen oder sonstige Vergütungen wer-
den ihnen künftig zustehen?

25. Werden seitens der Bundesregierung oder der KfW nach der nunmehr drit-
ten IKB-Stützungsmaßnahme Schadensersatzansprüche gegen die Organe
und Prüfer der IKB geprüft?

Wenn nein, warum nicht?

26. Weshalb verzichtet die Bundesregierung bislang darauf, den KfW-Vor-
stand aufzufordern, eine Klage gegen die KPMG Deutsche Treuhand-Ge-
sellschaft einzureichen, die der IKB noch wenige Wochen vor dem 27. Juli
2007 eine Bilanz testierte, in der alle wesentlichen Risikopositionen der
IKB in eklatanter Weise falsch dargestellt wurden?

27. Inwieweit hält die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass der Ban-
kensektor einzelner Länder wie etwa Spaniens kaum und der Bankensektor

anderer Länder wie etwa der der Bundesrepublik Deutschland erheblich

Drucksache 16/8342 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
von der „US-Subprime-Krise“ betroffen ist, einen internationalen Ver-
gleich der Bankaufsichten für notwendig?

28. Wird die Bundesregierung dem Beispiel Spaniens folgen und auf eine
gesetzliche Regelung drängen, die von allen außerbilanziellen Vehikeln
beziehungsweise Conduits und von allen sonstigen, außerhalb der Bilanz
von Finanzdienstleistern geführten Gesellschaften, eine bankübliche Eigen-
kapitalunterlegung verlangt?

Berlin, den 22. Februar 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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