BT-Drucksache 16/826

1-Euro-Jobs aus der Berechnungsgrundlage für die Rentenanpassung herausnehmen

Vom 8. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/826
16. Wahlperiode 08. 03. 2006

Antrag
der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Katja Kipping,
Kornelia Möller, Dr. Lothar Bisky und der Fraktion DIE LINKE.

1-Euro-Jobs aus der Berechnungsgrundlage für die Rentenanpassung
herausnehmen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die so genannten 1-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsent-
schädigung nach § 16 Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II)
aus der Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des aktuellen Rentenwerts
herauszunehmen und die Rentenanpassung auf Basis der solchermaßen berei-
nigten Berechnungsgrundlage durchzuführen.

Berlin, den 7. März 2006

Volker Schneider (Saarbrücken)
Klaus Ernst
Katja Kipping
Kornelia Möller
Dr. Lothar Bisky
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts, der für die jährliche Anpassung
der gesetzlichen Renten relevant ist, wird neben den Veränderungen bei den
Aufwendungen für die geförderte private Altersvorsorge (Altersvorsorgeanteil
bzw. so genannter Riester-Faktor) sowie dem Nachhaltigkeitsfaktor die Ver-
änderung der Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigtem
Arbeitnehmer im vergangenen Jahr gegenüber dem vor vergangenen Jahr zu
Grunde gelegt. Zudem wird ab der Rentenanpassung 2006 eine Gewichtung mit
der Entwicklung des „beitragspflichtigen Entgelts“ nach § 68 Abs. 2 und 7

SGB VI vorgenommen. In diese Bezugsgröße für die Rentenanpassung gehen
für das Jahr 2005 auch die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädi-
gung nach § 16 Abs. 3 SGB II (die so genannten 1-Euro-Jobs) ein.

Nach Aussagen des Statistischen Bundesamtes dämpfen die „1-Euro-Jobs“ in
beträchtlichem Maße die Entwicklung der Bruttodurchschnittsverdienste und
damit einen zentralen Faktor für die Rentenanpassung.

Drucksache 16/826 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Nach ersten Berechnungen des Amtes sind die Bruttodurchschnittsverdienste
aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2005 um
0,4 Prozent gestiegen, während die Tariflöhne nach Schätzungen des Sachver-
ständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung um
1,2 Prozent gestiegen sind. Der im Vergleich zur Tariflohnentwicklung ausge-
sprochen moderate Anstieg der Durchschnittsverdienste ist nach Ansicht des
Statistischen Bundesamtes (siehe Pressemitteilung Nr. 76 vom 23. Februar
2006) vor allem auf den deutlichen Zuwachs der Beschäftigten in den so ge-
nannten 1-Euro-Jobs zurückzuführen. Würde man den „Ein-Euro-Effekt“ rech-
nerisch ausschalten, ergäbe sich nach Aussagen des Statistischen Bundesamtes
ein Zuwachs der Durchschnittsverdienste um 0,8 Prozent gegenüber 2004.

„1-Euro-Jobs“ sind keine Beschäftigungsverhältnisse, sondern Arbeitsgelegen-
heiten nach dem SGB II, für die neben dem Arbeitslosengeld II und den Kosten
der Unterkunft eine Mehraufwandsentschädigung (in der Regel in der Höhe von
einem Euro pro Stunde) gezahlt wird. Mit ihnen wird kein Beschäftigungs-
verhältnis im arbeitsrechtlichen Sinne begründet. Der eine Euro stellt kein Ent-
gelt, sondern eine Entschädigung für Aufwendungen dar, die mit der Aufnahme
einer gemeinnützigen und zusätzlichen Arbeitsgelegenheit verbunden sind. Die
„1-Euro-Jobs“ gehören daher ebenso wenig in die Statistik der Bruttolöhne und
-gehälter der Beschäftigten wie in die Beschäftigtenstatistik.

Die Berücksichtigung der „1-Euro-Jobs“ in der Lohn- und Gehaltsstatistik hat
eine sachlich nicht zu rechtfertigende Minderanpassung der Renten zur Folge.
Die Arbeitslosenstatistik darf aber nicht auf Kosten der Rentnerinnen und Rent-
ner, von denen sich viele nur durch Vorruhestand oder Frühverrentung aus der
Arbeitslosigkeit retten können, geschönt werden. Die Rentenanpassung muss
auf einer realistischen Datenbasis erfolgen und der Anpassungsspielraum voll
ausgeschöpft werden. Dies gilt umso mehr, als den Rentnerinnen und Rentnern
in den letzten Jahren ohnehin bereits mehrere Nullrunden zugemutet wurden.

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