BT-Drucksache 16/8058

Umsetzung der Genehmigung für das Endlager Schacht Konrad

Vom 12. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8058
16. Wahlperiode 12. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, Ulla
Lötzer, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder, Heidrun Bluhm,
Roland Claus, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dorothee Menzner, Dr. Kirsten
Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Umsetzung der Genehmigung für das Endlager Schacht Konrad

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(BMU) hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am 30. Mai 2007 schrift-
lich beauftragt, die Einrichtung von Schacht Konrad als Endlager zu beginnen.
Das BfS gibt auf seiner Webseite an, in einer etwa zweijährigen Vorbereitungs-
phase insbesondere die für den Umbau zu einem Endlager erforderliche Infra-
struktur sowie die vergaberechtlichen Voraussetzungen schaffen zu wollen. Des
Weiteren müsse der 2002 genehmigte und bereits 1990 vorgelegte Plan für das
Endlager Schacht Konrad zunächst auf den aktuellen technischen Stand ge-
bracht werden. Hierzu sind auch Genehmigungs- und Antragsunterlagen zu
überarbeiten. So entsprechen die EDV und die Leittechnik dem Standard von
1990 und müssen nach dem Stand der Technik überarbeitet werden. Der eigent-
liche Umbau des Schachtes Konrad zu einem Endlager soll dann noch etwa vier
Jahre in Anspruch nehmen.

Seit dem Bescheid des Bundesverwaltungsgerichtes vom März 2007 ist durch
Anwohner eine erhöhte Abfuhr von Gesteinsmaterial von Schacht 1 beobachtet
worden.

In einem Vortrag auf der Jahrestagung Kerntechnik 2007 des Deutschen Atom-
forums hatten Mitarbeiter der Wissenschaftlich-Technischen Ingenieurberatung
(WTI) aus Jülich in einer Präsentation die Vorteile einer Konditionierungs-
anlage direkt am Endlager Schacht Konrad dargestellt. Das BfS hatte auf
Pressenachfragen mitgeteilt, dass es Überlegungen und Anfragen der Atomin-
dustrie gäbe, das BfS aber keine solche Anlage planen würde. Die Gesellschaft
für Nuklear-Service (GNS), die mit der Konditionierung der atomaren Abfälle
beauftragt ist, will in diesem Jahr darüber entscheiden, ob sie eine dezentrale
Konditionierung bei den Standorten, oder eine zentrale beim Atommülllager
Schacht Konrad einrichten will.

Ein Atommülllager zieht eine große Anzahl von Transporten auf sich. Obwohl
die Transporte und ihre Gefahren entgegen vielen Einwendungen von Bürge-
rinnen und Bürgern und Stellungnahmen von Sachbeiständen nicht Teil der
Genehmigung der Schachtanlage Konrad waren, müssen nun auch die Vorbe-
reitungen für die Atommülltransporte eingeleitet werden. Die Planungen für die
Transporte haben sich in den Jahren der Genehmigungsphase mehrfach ge-
ändert, sowohl was die Verteilung Schiene/Straße, sowie die Wegstrecken be-
trifft. Derzeit wird eine Autobahn-Raststätte an der A39 zwischen Sauingen

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und Schacht Konrad 1 geplant. Sie firmiert in den Planungsunterlagen unter
dem Namen „Salzgau“.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Diskrepanz zwischen der Vorgabe,
dass laut Atomgesetz ein Endlager bei der Genehmigung dem Stand von
Wissenschaft und Technik zu entsprechen hat, und dem Tatbestand, dass
die mit der Umsetzung betraute nachgeordnete Behörde nun für zunächst
zwei Jahre zur Aktualisierung der offensichtlich veralteten Unterlagen von
Anfang der 90er Jahre ansetzt?

2. Welche Teile der Antragsunterlagen müssen, neben EDV und Leittechnik,
noch auf einen aktuellen Stand gebracht werden?

3. Welche technischen Einrichtungen der Schachtanlage Konrad, die für das
Endlager genutzt werden sollen, entsprechen nicht mehr dem Stand der
Technik und müssen erneuert werden, und welche Genehmigungen sind
hierfür erforderlich?

4. Inwieweit gehen neue nationale und internationale Erkenntnisse zu den
Problemen der Endlagerung in die Umsetzungsarbeiten des BfS mit ein,
oder werden die Arbeiten nach Plan ausgeführt, unabhängig vom Stand der
Wissenschaft und Technik?

5. Welche unterirdischen Arbeiten werden derzeit in der Schachtanlage ge-
tätigt, die zur erhöhten Abfuhr von Gesteinsmaterial führen?

6. Um welche konkrete Kampfmittelräumung bei Schacht 2 handelt es sich,
die in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Frak-
tion der FDP auf Bundestagsdrucksache 16/7695 angesprochen wird (bitte
Menge, Art, Herkunft und Zuführungszeitraum des Materials aufführen)?

7. Wie ist das Bundesamt für Strahlenschutz in die Entscheidung über die Be-
antragung einer Konditionierungsanlage am Standort Schacht Konrad ein-
gebunden, und welche Position vertritt das Amt hierzu?

8. Sollte die GNS eine Konditionierungsanlage am Standort Schacht Konrad
beantragen, wer entscheidet über diesen Antrag auf welcher Gesetzes-
grundlage, und gibt es dazu ein Genehmigungsverfahren mit Öffentlich-
keitsbeteiligung?

9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass sich mit einer Konditionie-
rungsanlage am Schacht Konrad eine neue Gefährdungslage ergibt, da der
radioaktive Abfall unkonditioniert angeliefert würde und vor Ort mit un-
konditioniertem strahlenden Müll hantiert werden müsste?

Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

Wenn nein, wie begründet sie ihre Auffassung?

10. Müssen die aus der ersten Wiederaufarbeitungskampagne mit Rücknahme-
verpflichtung stammenden bituminierten Abfälle aus La Hague nach aktu-
ellem Stand zurückgenommen werden?

Wenn nein, durch welche Abfälle werden diese ersetzt?

Um welche Mengen an Abfällen würde es sich dabei jeweils handeln?

11. Welche Mengen Plutonium (insbesondere Pu-239 und Pu-241) und U-236
dürfen laut Planfeststellungsbescheid in Schacht Konrad eingelagert wer-
den, und welche Mengen werden nach der derzeitigen Abfallprognose,
gebunden in die Abfallmatrix, tatsächlich eingelagert (Angaben bitte je-
weils in kg und Bq)?

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12. Mit welchem Prozentanteil Straßentransporte und mit welchem Prozentteil
Schienentransporte rechnet die Bundesregierung bei den Planungen für die
Atommülltransporte zum Endlager Schacht Konrad, und wie hoch ist das
Transportaufkommen in Tonnen pro Jahr insgesamt?

13. Welche Unternehmen haben eine Genehmigung für den Transport „konrad-
gängiger“ radioaktiver Abfälle auf der Straße?

14. An welchem Bahnhof oder welchen Bahnhöfen sollen nach derzeitigen
Planungen die Waggons mit radioaktivem Abfall zu Ganzzügen zusam-
mengestellt werden, und wird es an dem betreffenden Bahnhof oder den
betreffenden Bahnhöfen Umbaumaßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit
der Bevölkerung vor erhöhter radioaktiver Niedrigstrahlung und vor poten-
ziellen Auswirkungen von Transport- und Rangierunfällen mit dem radio-
aktiven Abfall geben?

15. Welche genaue Streckenführung soll es auf dem Stadtgebiet Salzgitter
geben, wird die vorhandene Bahnstrecke der Verkehrsbetriebe Peine-Salz-
gitter AG (VPS), die an dem Stadtteil Salzgitter-Beddingen und am VW-
Werk Salzgitter vorbeiführt, genutzt bzw. ausgebaut, und gibt es Alterna-
tiven dazu?

16. Welche Umbaumaßnahmen sind geplant, um insbesondere die Einwohner
des Stadtteils Salzgitter-Beddingen und die Beschäftigten des VW-Werks
Salzgitter vor erhöhter radioaktiver Niedrigstrahlung und vor potenziellen
Auswirkungen von Transportunfällen mit dem radioaktiven Abfall zu
schützen?

17. Mit wie vielen Ganzzügen pro Tag und mit wie vielen Containern rechnet
die Bundesregierung ab Beginn des geplanten Einlagerungsbetriebs?

18. In welcher Form wird in der geplanten Genehmigung der Autobahn-Rast-
stätte „Salzgau“ an der A39 in unmittelbarer Nähe des Schachtes Konrad 1
die Tatsache berücksichtigt, dass es an dieser Raststätte zu einer Anhäufung
von Lastkraftwagen mit radioaktiven Abfällen kommen kann, und welche
Vorsorgemaßnahmen vor erhöhter radioaktiver Niedrigstrahlung und vor
potenziellen Auswirkungen von Unfällen mit diesen Lkw sollen getroffen
werden?

19. Wodurch soll ausgeschlossen werden, dass es zu längeren Standzeiten von
Transportern mit radioaktiven Abfällen an der Raststätte „Salzgau“
kommt?

Berlin, den 7. Februar 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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