BT-Drucksache 16/7938

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Eckart von Klaeden, Dr. Wolf Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Detlef Dzembritzki, Gert Weisskirchen (Wiesloch), Niels Annen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -16/6602(neu)- Deutsche Personalpräsenz in internationalen Organisationen im nationalen Interesse konsequent stärken

Vom 28. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7938
16. Wahlperiode 28. 01. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Eckart von Klaeden,
Dr. Wolf Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Detlef Dzembritzki, Gert Weisskirchen (Wiesloch),
Niels Annen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 16/6602 (neu) –

Deutsche Personalpräsenz in internationalen Organisationen im nationalen
Interesse konsequent stärken

A. Problem

Die Antragsteller stellen fest, dass im nationalen Interesse eine Stärkung der
deutschen Personalpräsenz in internationalen Organisationen erforderlich ist.
Hintergrund sind der wachsende Einfluss internationaler Institutionen auf die In-
nenpolitik der Staaten und deren zunehmend tiefer und umfassender Einfluss auf
unser alltägliches Leben. Als Beispiele auf regionaler Ebene werden vor allem
die EU und die Europäische Zentralbank aufgeführt, auf globaler Ebene die
Welthandelsorganisation (WTO), der Internationale Währungsfonds (IWF) wie
auch NATO und OECD.

Die Antragsteller verweisen darauf, dass die Inhalte heutiger Politikentschei-
dungen auf internationaler Ebene immer komplexer werden und dass zu deren
Vorbereitung ein Wissens- und Erfahrungsschatz gefordert ist, der häufig nur in
den Institutionen selbst vorhanden ist. Die Politik ist daher auf kooperationsbe-
reite Ansprechpartner angewiesen.

Die Antragsteller erkennen an, dass die vom Deutschen Bundestag 1998 be-
schlossenen Forderungen weitgehend umgesetzt wurden. So haben nach Auffas-
sung der Antragsteller die Einrichtung der informellen Staatssekretärsrunde
„Deutsches Personal in internationalen Organisationen“ im Bundeskanzleramt,
des Koordinators für Internationale Personalpolitik im Auswärtigen Amt sowie
weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Vorbereitung und der Attraktivität

von Tätigkeiten bei internationalen Organisationen bereits erhebliche Fortschrit-
te mit sich gebracht.

Trotzdem ist nach Meinung der Antragsteller Deutschland bei vielen internatio-
nalen Organisationen quantitativ und qualitativ nicht mehr oder noch nicht
angemessen repräsentiert. Sie fordern daher eine Personalstrategie der Bundes-
regierung zum Aufbau eines Pools an deutschen Experten, die in internationale
Organisationen abgeordnet werden können, und die Einrichtung eines Netz-

Drucksache 16/7938 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

werks von deutschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in internationalen
Organisationen.

Die Bundesregierung wird daher aufgefordert,

● zur Erstellung einer langfristig angelegten deutschen Personalstrategie für
eine verbesserte Positionierung deutschen Personals in internationalen Orga-
nisationen sowohl in Spitzenpositionen als bei Laufbahn- und Nachwuchs-
beamten;

● zur fortlaufenden Analyse der Personalentwicklung in internationalen Orga-
nisationen;

● zur Erhöhung der Attraktivität bei der Aufnahme auch von befristeter Arbeit
in internationalen Organisationen für deutsches Personal und einer verbesser-
ten Reintegration zurückkehrender deutscher Bediensteter, u. a. durch Erhö-
hung der Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und privater Wirt-
schaft, systematischere Nutzung der Erfahrung von Rückkehrern und
Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Renten;

● zur stärkeren Ausrichtung von Regelstudiengängen, postuniversitären
Kursen und Praktika an deutschen Hochschulen auf eine Tätigkeit in interna-
tionalen Organisationen;

● zum Aufbau eines intranetgestützten Netzwerks mit den Deutschen in den
internationalen Organisationen;

● zur Ausweitung des Programms für beigeordnete Sachverständige als strate-
gisches Personalinstrument der Bundesregierung zur Erleichterung des Ein-
stiegs deutscher Nachwuchskräfte in internationalen Organisationen;

● zur Erhöhung der deutschen Personalpräsenz vor allem bei NATO, NATO-
Rat, OECD, EU, Vereinten Nationen, einschließlich WHO;

● zur Sicherstellung einer stärker inhaltlich ausgerichteten Schwerpunkt-
setzung deutscher Politik in internationalen Organisationen;

● zur Vorlage eines Berichts an den Deutschen Bundestag (demnächst und dann
folgend alle zwei Jahre) über die aktuellen Entwicklungen beim deutschen
Personal in internationalen Organisationen.

B. Lösung

Annahme des Antrags in geänderter Fassung mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7938

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:

den Antrag auf Drucksache 16/6602 (neu) in geänderter Fassung anzunehmen:

Deutsche Personalpräsenz in internationalen Organisationen im nationalen Inte-
resse konsequent qualitativ und quantitativ stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Einfluss internationaler Institutionen auf die Innenpolitik der Staaten
nimmt kontinuierlich zu. Zum großen Teil greifen sie immer tiefer und um-
fassender in unser alltägliches Leben ein. Als Beispiele sind auf globaler Ebe-
ne die Welthandelsorganisation (WTO), deren Regelsetzung und Streit-
schlichtung den Welthandel auf neue Grundlagen gestellt hat, und der
Internationale Währungsfonds (IWF), der großen Einfluss auf die monetären
Bedingungen der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Schwellen-
ländern und Ländern der Dritten Welt hat, zu nennen. Eine überragende Rolle
für Deutschland spielt die Europäische Union, die immer mehr nationale
Regelungskompetenzen von den EU-Mitgliedstaaten übertragen bekommt.
So sind z. B. mit der Einführung des Euro wesentliche Aufgaben der Deut-
schen Bundesbank von der Europäischen Zentralbank übernommen worden.
Auch die OECD, die NATO und viele weitere internationale Organisationen
sind zu berücksichtigen.

2. Deshalb ist es für die Mitgliedstaaten von großer Wichtigkeit, die Politik die-
ser Institutionen genau zu verfolgen und mitzugestalten. Die bloße Mitglied-
schaft in den institutionellen Lenkungsgremien reicht hierfür nicht aus. Zum
einen werden die Mechanismen und Inhalte heutiger Politikentscheidungen
auf internationaler Ebene immer komplexer. Ein Wissens- und Erfahrungs-
schatz ist gefordert, der häufig nur in den Institutionen selbst vorhanden ist
oder maßgeblich nur dort aufgebaut werden kann. Zum anderen ist man in-
nerhalb der Institutionen auf kooperationsbereite Ansprechpartner angewie-
sen, wenn man sich als Mitgliedstaat frühzeitig bei der Vorbereitung und
Ausformulierung der Politik internationaler Organisationen einbringen will.

Dies erfordert erstens die Existenz eines Netzwerks von deutschen Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern in internationalen Organisationen, die im Rahmen
einer umfassenden Personalstrategie der Bundesregierung an ihre internatio-
nalen Aufgaben herangeführt und während ihrer dortigen Laufbahn zielge-
richtet gefördert werden, und zweitens einen Pool an deutschen Experten, die
in internationale Organisationen abgeordnet werden können.

Dem widerspricht, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern und
insbesondere zu seinen finanziellen Beiträgen in vielen internationalen Orga-
nisationen quantitativ und qualitativ nicht mehr oder noch nicht angemessen
repräsentiert ist. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass vor allem bei
globalen Organisationen wie etwa der UNO der Personalanteil nicht dem
Beitragsanteil gleichgesetzt werden kann, denn sonst wären mehr als zwei
Drittel der Länder dieser Welt wegen ihrer geringen Finanzkraft kaum oder
gar nicht vertreten.

3. Die in internationalen Organisationen tätigen Deutschen müssen besser mit
der Agenda der deutschen Politik vertraut gemacht werden. Ein regelmäßig

stattfindender Dialog zwischen ihnen muss gefördert und ausgebaut werden,
wobei den deutschen Vertretungen hier eine zentrale Funktion zufällt. Nur so

Drucksache 16/7938 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

können wir vom deutschen Humankapital in internationalen Organisationen
profitieren. Das schließt auch die zu verbessernde Integration von Rückkeh-
rern aus internationalen Organisationen und ihres Know-hows ein.

Diese Kritikpunkte gehen Hand in Hand mit der Beobachtung, dass eine
systematische Personalpolitik der Bundesregierung gegenüber internationa-
len Organisationen nicht immer erkennbar ist. Vernünftige Reformansätze,
wie z. B. die Einführung des „Spiralmodells“ in der deutschen Ministerialad-
ministration, sind bisher im personalpolitischen Tagesgeschäft steckenge-
blieben.

4. Dieser Antrag schließt an den Beschluss des Deutschen Bundestages von
1998 an und entwickelt ihn weiter. Die Bundesregierung hat die vom Bundes-
tag 1998 beschlossenen Forderungen weitgehend umgesetzt. Die Einrichtung
der informellen Staatssekretärsrunde „Deutsches Personal in internationalen
Organisationen“ im Bundeskanzleramt, des Koordinators für Internationale
Personalpolitik im Auswärtigen Amt und eines regelmäßig tagenden Ressort-
kreises unter Einbeziehung der Länder haben die innerdeutsche Koordination
gestärkt. Die Einführung von Vorbereitungskursen für Tätigkeiten bei der EU
und internationalen Organisationen, die Novellierung der Entsenderichtlinien
und der Bundeslaufbahnverordnung, die Verbesserung der sozialen Absiche-
rung von Rückkehrern, die Ausweitung des Programms für die Beigeordne-
ten Sachverständigen, die alljährlich im Rahmen der Botschafterkonferenz
stattfindenden Diskussionen mit den Leitern der deutschen Ständigen Vertre-
tungen bei Internationalen Organisationen („internationale Personalfragen
sind Chefsache“), die Einrichtung zentraler Datenbanken über freie Stellen
(„Internationaler Stellenpool“) und des „Internationalen Personalpools“ für
mögliche Interessenten und die Schaffung des „Carlo-Schmid-Programms“
für Praktikanten haben zu messbaren quantitativen und qualitativen Verbes-
serungen geführt.

5. Diese positiven Maßnahmen müssen aber durch eine integrierte deutsche
Personalstrategie für internationale Organisationen ergänzt werden. Weiter
vorhandene Defizite in der deutschen Personalpolitik gegenüber internatio-
nalen Organisationen müssen identifiziert werden. Die vorhandenen positi-
ven Handlungsansätze sind zu einem System der Personal- und Nachwuchs-
förderung weiterzuentwickeln, das die Nutzung des Potentials der Rückkeh-
rer (des Rückkehrerkapitals) mit einbezieht. Diesen dürfen vor allem keine
beruflichen Nachteile entstehen. Am Ende müssen eine quantitativ und qua-
litativ angemessene deutsche Präsenz in internationalen Organisationen und
eine systematische Nutzung des erworbenen Wissens über die Arbeit inter-
nationaler Organisationen stehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. unter Einbeziehung der Länder eine langfristig angelegte deutsche Personal-
strategie für eine verbesserte Positionierung deutschen Personals in interna-
tionalen Organisationen sowohl bezüglich Spitzenpositionen als auch im
Hinblick auf Laufbahn- und Nachwuchsbeamte auszuarbeiten und umzuset-
zen. Die Förderung von deutschen Bewerbern sowohl aus dem öffentlichen
Dienst als auch aus dem nicht öffentlichen Bereich soll weiter ausgebaut wer-
den;

2. die Koordination der Internationalen Personalpolitik innerhalb der Bundesre-
gierung weiter auszubauen, damit der zukünftige Personalbedarf und die Per-
sonalentwicklung in internationalen Organisationen fortlaufend analysiert

und die Informationsgrundlage zur stetigen Aktualisierung der unter Num-
mer 1 erwähnten Personalstrategie geschaffen werden können;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/7938

3. die Aufnahme auch von befristeter Arbeit in internationalen Organisationen
für deutsches Personal attraktiver zu machen und eine verbesserte Reintegra-
tion zurückkehrender deutscher Bediensteter aus internationalen Organisa-
tionen zu erreichen mittels

● einer konsequenteren Anwendung des „Spiralmodells“ im Bereich des
öffentlichen Dienstes. Die Bundesregierung wird aufgefordert aufzuzei-
gen, welche Maßnahmen sie in diesem Zusammenhang zu ergreifen beab-
sichtigt und welche Voraussetzungen für die Weiterentwicklung des Mo-
dells erfüllt sein müssen;

● einer verbesserten Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und pri-
vater Wirtschaft. Hierzu muss angestrebt werden, dass sich insbesondere
der politische und ministerielle Bereich deutlich stärker auch für solche
Rückkehrer aus internationalen Organisationen öffnen, die zuvor nicht im
öffentlichen Dienst tätig waren;

● der Entwicklung eines Konzepts zur systematischeren Nutzung der Erfah-
rung von Rückkehrern bei der Besetzung wichtiger Inlandspositionen mit
internationalem Bezug;

● einer Überprüfung, ob durch die künftige Besteuerung von Renten in
Deutschland Fälle von Doppelbesteuerung für bestimmte deutsche Perso-
nengruppen in internationalen Organisationen auftreten könnten, so dass
eine entsprechende Tätigkeit für die Betroffenen künftig weniger attraktiv
erscheinen würde;

● der Aufrechterhaltung der Zugangsmöglichkeit für Bedienstete internatio-
naler Organisationen zu den deutschen Sozialsystemen, insbesondere zur
gesetzlichen Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung sowie der
Berücksichtigung rentenversicherungsrechtlicher Zeiten aus deutschen
und internationalen Systemen in beide Richtungen;

4. in Zusammenarbeit mit den Ländern und deutschen Hochschulen eine Initia-
tive zu starten mit dem Ziel, Regelstudiengänge, postuniversitäre Kurse und
Praktika an deutschen Hochschulen stärker auf eine Tätigkeit in internationa-
len Organisationen auszurichten;

5. über das Auswärtige Amt und die Ständigen Vertretungen Deutschlands bei
internationalen Organisationen und unter Beteiligung der betreffenden Res-
sorts ein Intranetgestütztes Netzwerk mit den Deutschen in den internationa-
len Organisationen aufzubauen, das die Kommunikation der deutschen Be-
diensteten in internationalen Organisationen untereinander, aber auch den
Dialog mit der Bundesregierung und den gegenseitigen Informationsfluss
fördern soll und über das beispielsweise Informationen zum zukünftigen
Personalbedarf aus der jeweiligen Organisation abgefragt werden können;

6. das Programm für beigeordnete Sachverständige als strategisches Personal-
instrument der Bundesregierung zur Erleichterung des Einstiegs deutscher
Nachwuchskräfte in internationalen Organisationen deutlich auszuweiten;

7. auch bei der NATO, besonders im NATO-Rat, bei der OECD, der EU und den
Vereinten Nationen (einschließlich der WHO), bei denen das Missverhältnis
zwischen dem deutschen Beitragsanteil und dem Personalanteil seit Jahren
wächst, auf eine bessere und hochrangige deutsche Personalpräsenz nach-
drücklich zu drängen;

8. eine stärker inhaltlich ausgerichtete Schwerpunktsetzung deutscher Politik in
internationalen Organisationen und europäischen Institutionen sicherzustel-
len, die ihrerseits Voraussetzung für eine strategisch angelegte internationale
Personalpolitik ist;
9. dem Bundestag demnächst einen Bericht und dann folgend alle zwei Jahre je-
weils einen weiteren Bericht vorzulegen, in dem unter Berücksichtigung der

Drucksache 16/7938 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

inhaltlichen Schwerpunktsetzungen über die aktuellen Entwicklungen beim
deutschen Personal in internationalen Organisationen im Vergleich zu unse-
ren Partnerländern, bei den Rückkehrern aus internationalen Organisationen
in die Bundes- oder Landesadministration, bei der Förderung des deutschen
Nachwuchses für internationale Organisationen sowie beim Aufbau von
Netzwerken mit Deutschen in internationalen Organisationen berichtet wird.

Berlin, den 23. Januar 2008

Der Auswärtige Ausschuss

Ruprecht Polenz
Vorsitzender

Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
Berichterstatter

Gert Weisskirchen (Wiesloch)
Berichterstatter

Marina Schuster
Berichterstatterin

Wolfgang Gehrcke
Berichterstatter

Dr. Uschi Eid
Berichterstatterin

politik der Staaten nimmt kontinuierlich zu. Zum großen
Teil greifen sie immer tiefer und umfassender in unser

ren. Das schließt auch die zu verbessernde Integration
alltägliches Leben ein. Als Beispiele sind auf globaler
Ebene die Welthandelsorganisation (WTO), deren Regel-
setzung und Streitschlichtung den Welthandel auf neue
Grundlagen gestellt hat, und der Internationale Wäh-

von Rückkehrern aus internationalen Organisationen und
ihres Know-hows ein.

Diese Kritikpunkte gehen Hand in Hand mit der Beob-
achtung, dass eine systematische Personalpolitik der
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/7938

Bericht der Abgeordneten Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Gert
Weisskirchen (Wiesloch), Marina Schuster, Wolfgang Gehrcke und Dr. Uschi Eid

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/6602 (neu) in seiner 119. Sitzung am 12. Oktober 2007 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem
Auswärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Haushalts-
ausschuss, dem Verteidigungsausschuss, dem Ausschuss für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
Der Haushaltsausschuss hat den Antrag in seiner 53. Sit-
zung am 25. Oktober 2007 beraten und empfiehlt einstimmig
die Annahme.

Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag in seiner
70. Sitzung am 16. Januar 2008 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Annahme.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 50. Sitzung am
14. November 2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. die Annahme.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag in seiner 45. Sitzung am 14. Novem-
ber 2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die
Annahme.

III. Beratung im Auswärtigen Ausschuss
Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 56. Sit-
zung am 23. Januar 2008 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Annahme in geänderter Fassung:

Deutsche Personalpräsenz in internationalen Organisationen
im nationalen Interesse konsequent qualitativ und quantitativ
stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Einfluss internationaler Institutionen auf die Innen-

lung in Schwellenländern und Ländern der Dritten Welt
hat, zu nennen. Eine überragende Rolle für Deutschland
spielt die Europäische Union, die immer mehr nationale
Regelungskompetenzen von den EU-Mitgliedstaaten
übertragen bekommt. So sind z. B. mit der Einführung
des Euro wesentliche Aufgaben der Deutschen Bundes-
bank von der Europäischen Zentralbank übernommen
worden. Auch die OECD, die NATO und viele weitere
internationale Organisationen sind zu berücksichtigen.

2. Deshalb ist es für die Mitgliedstaaten von großer Wich-
tigkeit, die Politik dieser Institutionen genau zu verfolgen
und mitzugestalten. Die bloße Mitgliedschaft in den insti-
tutionellen Lenkungsgremien reicht hierfür nicht aus.
Zum einen werden die Mechanismen und Inhalte heuti-
ger Politikentscheidungen auf internationaler Ebene im-
mer komplexer. Ein Wissens- und Erfahrungsschatz ist
gefordert, der häufig nur in den Institutionen selbst vor-
handen ist oder maßgeblich nur dort aufgebaut werden
kann. Zum anderen ist man innerhalb der Institutionen
auf kooperationsbereite Ansprechpartner angewiesen,
wenn man sich als Mitgliedstaat frühzeitig bei der Vorbe-
reitung und Ausformulierung der Politik internationaler
Organisationen einbringen will.

Dies erfordert erstens die Existenz eines Netzwerks von
deutschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in interna-
tionalen Organisationen, die im Rahmen einer umfassen-
den Personalstrategie der Bundesregierung an ihre inter-
nationalen Aufgaben herangeführt und während ihrer
dortigen Laufbahn zielgerichtet gefördert werden, und
zweitens einen Pool an deutschen Experten, die in inter-
nationale Organisationen abgeordnet werden können.

Dem widerspricht, dass Deutschland im Vergleich zu an-
deren Ländern und insbesondere zu seinen finanziellen
Beiträgen in vielen internationalen Organisationen quan-
titativ und qualitativ nicht mehr oder noch nicht ange-
messen repräsentiert ist. Dabei ist allerdings zu berück-
sichtigen, dass vor allem bei globalen Organisationen wie
etwa der UNO der Personalanteil nicht dem Beitragsan-
teil gleichgesetzt werden kann, denn sonst wären mehr
als zwei Drittel der Länder dieser Welt wegen ihrer gerin-
gen Finanzkraft kaum oder gar nicht vertreten.

3. Die in internationalen Organisationen tätigen Deutschen
müssen besser mit der Agenda der deutschen Politik ver-
traut gemacht werden. Ein regelmäßig stattfindender
Dialog zwischen ihnen muss gefördert und ausgebaut
werden, wobei den deutschen Vertretungen hier eine zen-
trale Funktion zufällt. Nur so können wir vom deutschen
Humankapital in internationalen Organisationen profitie-
rungsfonds (IWF), der großen Einfluss auf die monetären
Bedingungen der wirtschaftlichen und sozialen Entwick-

Bundesregierung gegenüber internationalen Organisatio-
nen nicht immer erkennbar ist. Vernünftige Reformansät-

Drucksache 16/7938 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ze, wie z.B. die Einführung des „Spiralmodells“ in der
deutschen Ministerialadministration, sind bisher im per-
sonalpolitischen Tagesgeschäft steckengeblieben.

4. Dieser Antrag schließt an den Beschluss des Deutschen
Bundestages von 1998 an und entwickelt ihn weiter. Die
Bundesregierung hat die vom Bundestag 1998 beschlos-
senen Forderungen weitgehend umgesetzt. Die Einrich-
tung der informellen Staatssekretärsrunde „Deutsches
Personal in internationalen Organisationen“ im Bundes-
kanzleramt, des Koordinators für Internationale Perso-
nalpolitik im Auswärtigen Amt und eines regelmäßig ta-
genden Ressortkreises unter Einbeziehung der Länder
haben die innerdeutsche Koordination gestärkt. Die Ein-
führung von Vorbereitungskursen für Tätigkeiten bei der
EU und internationalen Organisationen, die Novellierung
der Entsenderichtlinien und der Bundeslaufbahnverord-
nung, die Verbesserung der sozialen Absicherung von
Rückkehrern, die Ausweitung des Programms für die
Beigeordneten Sachverständigen, die alljährlich im Rah-
men der Botschafterkonferenz stattfindenden Diskussio-
nen mit den Leitern der deutschen Ständigen Vertretun-
gen bei Internationalen Organisationen („internationale
Personalfragen sind Chefsache“), die Einrichtung zentra-
ler Datenbanken über freie Stellen („Internationaler Stel-
lenpool“) und des „Internationalen Personalpools“ für
mögliche Interessenten und die Schaffung des „Carlo-
Schmid-Programms“ für Praktikanten haben zu mess-
baren quantitativen und qualitativen Verbesserungen ge-
führt.

5. Diese positiven Maßnahmen müssen aber durch eine in-
tegrierte deutsche Personalstrategie für internationale
Organisationen ergänzt werden. Weiter vorhandene Defi-
zite in der deutschen Personalpolitik gegenüber interna-
tionalen Organisationen müssen identifiziert werden. Die
vorhandenen positiven Handlungsansätze sind zu einem
System der Personal- und Nachwuchsförderung weiterzu-
entwickeln, das die Nutzung des Potentials der Rückkeh-
rer (des Rückkehrerkapitals) mit einbezieht. Diesen dür-
fen vor allem keine beruflichen Nachteile entstehen. Am
Ende müssen eine quantitativ und qualitativ angemessene
deutsche Präsenz in internationalen Organisationen und
eine systematische Nutzung des erworbenen Wissens
über die Arbeit internationaler Organisationen stehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung
auf,

1. unter Einbeziehung der Länder eine langfristig angelegte
deutsche Personalstrategie für eine verbesserte Positio-
nierung deutschen Personals in internationalen Organisa-
tionen sowohl bezüglich Spitzenpositionen als auch im
Hinblick auf Laufbahn- und Nachwuchsbeamte auszuar-
beiten und umzusetzen. Die Förderung von deutschen
Bewerbern sowohl aus dem öffentlichen Dienst als auch
aus dem nicht öffentlichen Bereich soll weiter ausgebaut
werden;

2. die Koordination der Internationalen Personalpolitik in-
nerhalb der Bundesregierung weiter auszubauen, damit
der zukünftige Personalbedarf und die Personalentwick-
lung in internationalen Organisationen fortlaufend analy-
siert und die Informationsgrundlage zur stetigen Aktuali-

3. die Aufnahme auch von befristeter Arbeit in internatio-
nalen Organisationen für deutsches Personal attraktiver
zu machen und eine verbesserte Reintegration zurück-
kehrender deutscher Bediensteter aus internationalen
Organisationen zu erreichen mittels

● einer konsequenteren Anwendung des „Spiralmo-
dells“ im Bereich des öffentlichen Dienstes. Die Bun-
desregierung wird aufgefordert aufzuzeigen, welche
Maßnahmen sie in diesem Zusammenhang zu ergrei-
fen beabsichtigt und welche Voraussetzungen für die
Weiterentwicklung des Modells erfüllt sein müssen;

● einer verbesserten Durchlässigkeit zwischen öffent-
lichem Dienst und privater Wirtschaft. Hierzu muss
angestrebt werden, dass sich insbesondere der politi-
sche und ministerielle Bereich deutlich stärker auch
für solche Rückkehrer aus internationalen Organisa-
tionen öffnen, die zuvor nicht im öffentlichen Dienst
tätig waren;

● der Entwicklung eines Konzepts zur systematischeren
Nutzung der Erfahrung von Rückkehrern bei der Be-
setzung wichtiger Inlandspositionen mit internationa-
lem Bezug;

● einer Überprüfung, ob durch die künftige Besteue-
rung von Renten in Deutschland Fälle von Doppelbe-
steuerung für bestimmte deutsche Personengruppen
in internationalen Organisationen auftreten könnten,
so dass eine entsprechende Tätigkeit für die Betroffe-
nen künftig weniger attraktiv erscheinen würde;

● der Aufrechterhaltung der Zugangsmöglichkeit für
Bedienstete internationaler Organisationen zu den
deutschen Sozialsystemen, insbesondere zur gesetz-
lichen Krankenversicherung und zur Pflegeversiche-
rung sowie der Berücksichtigung rentenversiche-
rungsrechtlicher Zeiten aus deutschen und internatio-
nalen Systemen in beide Richtungen;

4. in Zusammenarbeit mit den Ländern und deutschen
Hochschulen eine Initiative zu starten mit dem Ziel,
Regelstudiengänge, postuniversitäre Kurse und Praktika
an deutschen Hochschulen stärker auf eine Tätigkeit in
internationalen Organisationen auszurichten;

5. über das Auswärtige Amt und die Ständigen Vertretun-
gen Deutschlands bei internationalen Organisationen und
unter Beteiligung der betreffenden Ressorts ein Intranet-
gestütztes Netzwerk mit den Deutschen in den interna-
tionalen Organisationen aufzubauen, das die Kommuni-
kation der deutschen Bediensteten in internationalen
Organisationen untereinander, aber auch den Dialog mit
der Bundesregierung und den gegenseitigen Informa-
tionsfluss fördern soll und über das beispielsweise Infor-
mationen zum zukünftigen Personalbedarf aus der jewei-
ligen Organisation abgefragt werden können;

6. das Programm für beigeordnete Sachverständige als stra-
tegisches Personalinstrument der Bundesregierung zur
Erleichterung des Einstiegs deutscher Nachwuchskräfte
in internationalen Organisationen deutlich auszuweiten;

7. auch bei der NATO, besonders im NATO-Rat, bei der
OECD, der EU und den Vereinten Nationen (einschließ-
sierung der unter Nummer 1 erwähnten Personalstrategie
geschaffen werden kann;

lich der WHO), bei denen das Missverhältnis zwischen
dem deutschen Beitragsanteil und dem Personalanteil seit

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/7938

Jahren wächst, auf eine bessere und hochrangige deut-
sche Personalpräsenz nachdrücklich zu drängen;

8. eine stärker inhaltlich ausgerichtete Schwerpunktsetzung
deutscher Politik in internationalen Organisationen und
europäischen Institutionen sicherzustellen, die ihrerseits
Voraussetzung für eine strategisch angelegte internatio-
nale Personalpolitik ist;

9. dem Bundestag demnächst einen Bericht und dann fol-
gend alle zwei Jahre jeweils einen weiteren Bericht vor-
zulegen, in dem unter Berücksichtigung der inhaltlichen
Schwerpunktsetzungen über die aktuellen Entwicklun-
gen beim deutschen Personal in internationalen Organi-
sationen im Vergleich zu unseren Partnerländern, bei den
Rückkehrern aus internationalen Organisationen in die
Bundes- oder Landesadministration, bei der Förderung
des deutschen Nachwuchses für internationale Organisa-
tionen sowie beim Aufbau von Netzwerken mit Deut-
schen in internationalen Organisationen berichtet wird.

Berlin, den 23. Januar 2008

Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
Berichterstatter

Gert Weisskirchen (Wiesloch)
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Marina Schuster
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Wolfgang Gehrcke
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