BT-Drucksache 16/7859

Jugendmigrationsdienste stärken - für bessere Perspektiven zugewanderter Jugendlicher sorgen

Vom 23. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7859
16. Wahlperiode 23. 01. 2008

Antrag
der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Miriam Gruß, Jens Ackermann,
Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen,
Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen,
Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael
Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst
Meierhofer, Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele,
Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Jugendmigrationsdienste stärken – Für bessere Perspektiven zugewanderter
Jugendlicher sorgen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Jugendliche und Heranwachsende werden bis zu ihrem 27. Lebensjahr durch die
Jugendmigrationsdienste über institutionelle Beratungsangebote informiert,
wenn sie zum ersten Mal nach Deutschland einwandern oder sich bereits in
Deutschland befinden, aber einen entsprechend hohen Integrationsbedarf auf-
weisen.

Die 383 Jugendmigrationsdienste, die seitens des Bundesministeriums für Fa-
milie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert werden, haben die Aufgabe der
individuellen Beratung und Begleitung neu zugewanderter Jugendlicher mit
Hilfe eines Förderplans. Es sollen ganzheitlich Kompetenzen und Ressourcen
der Jugendlichen festgestellt, Ziele abgestimmt und weitere Handlungsschritte
festgelegt werden. Die Ausländer und Aussiedler, die neu nach Deutschland
kommen, sollen so im Wege des Case Managements begleitet werden. Zur Un-
terstützung individueller Beratung und Begleitung werden auch Gruppenange-
bote wie Berufswegplanung, PC-Kurse oder Sprach- und Kommunikations-

trainings angeboten, an denen auch Jugendliche teilnehmen können, die sich be-
reits länger in Deutschland aufhalten.

Mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz wurden auch die Regelungen für die In-
tegrationskurse in § 43 ff. des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) neu gefasst; die
Integrationskursverordnung wurde entsprechend geändert. Hiernach ist es mög-
lich, dass die Integrationskurse für bestimmte Zielgruppen bis zu 900 Stunden

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umfassen können; bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern, bei denen nicht zu
erwarten ist, dass sie das Kursziel innerhalb der Regelzeit von 600 Stunden er-
reichen, kann die Dauer eines Förderkurses ebenfalls bis zu 900 Stunden betra-
gen.

Die Jugendmigrationsdienste stellen damit das zentrale Scharnier da zwischen
der Feststellung des individuellen Integrationsbedarfs der Jugendlichen und der
Vermittlung von Förder- und Hilfsangeboten. In dieser Funktion müssen sie die
Unterstützung aller beteiligten staatlichen Stellen erhalten und als kompetente
Begleiter der Jugendlichen anerkannt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Deutsche Bundesregierung auf,

1. die Jugendmigrationsdienste so weiterzuentwickeln, dass

a) eine Individualisierung und Flexibilisierung der Förderung nach den un-
terschiedlichen Bedarfslagen der Jugendlichen ermöglicht wird;

b) die Jugendmigrationsdienste mit ihrem Case Management auf alle Ju-
gendlichen mit Migrationshintergrund ausgedehnt werden;

c) verstärkt vertrauensbildende Maßnahmen und niedrigschwellige Ange-
bote angeboten werden, um auf dieser Grundlage im Sinne eines Case Ma-
nagements einen individuellen Förderplan zu erstellen;

d) Jugendliche gleich bei Einreise auf die Jugendmigrationsdienste hinge-
wiesen werden und eine Kontaktaufnahme möglichst noch im ersten hal-
ben Jahr nach der Einreise stattfindet;

2. mit Blick auf einen integrierten fachübergreifenden Ansatz dafür Sorge zu
tragen,

a) dass die Kooperation zwischen den Fallmanagerinnen und -managern der
ARGEn bzw. Optionskommunen sowie den Arbeitsagenturen und den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendmigrationsdienste gemäß
den Gemeinsamen Handlungsempfehlungen der Bundesministerien für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Arbeit und Soziales vom
16. Januar 2006 verbessert wird;

b) dass bei der Ausbildungssuche eine bessere Vernetzung zwischen ARGEn
bzw. Optionskommunen, den Arbeitsagenturen, den Integrationskursträ-
gern, den Betrieben, den Trägern der Jugendberufshilfe, Ämtern, Jugend-
migrationsdiensten, sowie den (Ganztags-)Schulen und Eltern der Jugend-
lichen stattfindet;

c) dass in den Schulen besser und an den Fähigkeiten der Einzelnen orientiert
eine Ausbildungs- bzw. Berufsberatung stattfindet, um sog. Maßnahme-
karrieren zu vermeiden;

d) dass die Zusammenarbeit mit den Stellen der Migrationserstberatung und
den Trägern der Integrationskurse, wie im Nationalen Integrationsplan an-
gekündigt, verbessert wird;

3. in regelmäßigen Abständen Zwischenberichte und Handlungsempfehlungen
vorzulegen über

a) das Projekt „Ausbildungsorientierte Elternarbeit“;

b) das Modellprojekt „Freiwilligendienste von jungen Menschen mit Migra-
tionshintergrund in den Jugendmigrationsdiensten“, das im Herbst 2005
begonnen hat;

c) die momentan stattfindende Evaluierung der Jugendmigrationsdienste;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7859

4. Indikatoren zur Messbarkeit der Effizienz von Integrationsmaßnahmen zu
entwickeln und Studien dahingehend aufzulegen,

a) wie sich das Deutschlandbild von jugendlichen Migrantinnen und Mig-
ranten nach der Einreise ggf. geändert hat, und welche Auswirkungen sich
hieraus für die Integration in Deutschland bzw. eine Weiterwanderung in-
nerhalb der Europäischen Union ergeben;

b) wie sich die Gewaltbereitschaft und die Gewaltdelikte der jugendlichen
Zuwanderer und Zuwanderinnen abhängig von den Herkunftsstaaten im
Vergleich zu anderen Jugendlichen während der letzten zwanzig Jahre ver-
ändert haben;

c) dass die bestehenden Integrationsprojekte im Hinblick auf ihre Zielgenau-
igkeit und Effizienz evaluiert werden, um auf dieser Grundlage Vor-
schläge für eine bessere interkulturelle Öffnung unserer Gesellschaft zu
erarbeiten;

5. bei den Trägern der Integrationskurse dafür zu werben, dass verstärkt Kurse
für jugendliche Migrantinnen und Migranten mit einer höheren Dauer als der
Regelstundenzahl angeboten werden;

6. zu prüfen, wie Jugendmigrationsdienste insbesondere in den neuen Bundes-
ländern besser in Projekte gegen Rechtsextremismus eingebunden werden
können.

Berlin, den 23. Januar 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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