BT-Drucksache 16/7778

Entwicklung der Zahlungsmoral der öffentlichen Hand

Vom 16. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7778
16. Wahlperiode 16. 01. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martin Zeil, Rainer Brüderle, Gudrun Kopp, Paul K. Friedhoff,
Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke,
Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Markus Löning, Horst Meierhofer, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Dr. Konrad Schily, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Rainer Stinner,
Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Entwicklung der Zahlungsmoral der öffentlichen Hand

Zahlungsmoral beschreibt die Bereitschaft, Forderungen fristgerecht einzulösen,
zu deren Erfüllung man im Rahmen eines Schuldverhältnisses verpflichtet ist.
Insbesondere mittelständisch und kleingewerblich organisierte Unternehmen
sind zum wirtschaftlichen Überleben auf eine hohe Zahlungsmoral ihrer Auf-
traggeber angewiesen. Zuzustimmen ist deshalb der Einschätzung der Bundes-
regierung, „dass vor allem handwerkliche Betriebe oft allein dadurch in
Schwierigkeiten geraten können, dass ihre Auftraggeber fällige Zahlungen nicht
rechtzeitig erbringen oder unter Berufung auf angebliche Mängel versuchen,
Zahlungen ganz oder teilweise zu vermeiden.“ (Bundestagsdrucksache 16/511,
S. 28). Vor diesem Hintergrund ist zunächst eine konsequente Weiterentwick-
lung des gesetzlichen Rahmens zur Verbesserung der Zahlungsmoral notwendig.

Der Bund trägt darüber hinaus eine besondere Verantwortung, in expliziter
Kenntnis der einschlägigen Problematik grundsätzlich darauf zu dringen, dass
staatliche Institutionen frist- und leistungskonform die Zahlung ausstehender
Rechnungen vollziehen. Bundesinstitutionen müssen innerhalb der Gruppe
öffentlicher Auftraggeber eine besonders hohe Zahlungsmoral aufweisen und
dadurch Benchmark für Kommunen und Landesinstitutionen sein. Mit einem
jährlichen Beschaffungsvolumen von rund 300 Mrd. Euro zählen staatliche
Institutionen zu den wesentlichen Auftraggebern in der Bundesrepublik

Deutschland. Der deutsche Mittelstand ist auf die Verlässlichkeit der öffent-
lichen Hand als Vertragspartner angewiesen, da er oftmals durch eine geringe
Eigenkapitaldecke und eine moderate Liquidität gekennzeichnet ist.

Drucksache 16/7778 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Rechnungen an Bundesinstitutionen wurden in den Jahren 2005
bis 2007 nicht fristgerecht durch diese bezahlt (Angaben absolut und pro-
zentual an Gesamtheit der zugestellten Rechnungen; sollten Kenntnisse
nicht vorliegen sind Schätzungen erbeten)?

2. Nach wie vielen (Werk-)Tagen werden Rechnungen an Bundesinstitutio-
nen durchschnittlich bezahlt (Darstellung Jahresdurchschnittswerte der
Jahre 2005 bis 2007)?

3. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, ob die Zahlungsmoral
öffentlicher Institutionen auf Bundesebene schlechter oder besser ist, als
auf Kommunal- oder Landesebene?

Wenn nein, warum verfügt die Bundesregierung trotz der Bund-Länder-
Arbeitsgruppe „Verbesserung der Zahlungsmoral“ nicht über derartige In-
formationen?

4. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, ob öffentliche Institutionen
in Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen und Island eine höhere Zah-
lungsmoral aufweisen als die Bundesrepublik Deutschland?

Wenn nein, bis wann plant die Bundesregierung sich im Rahmen eines
Best-Practice-Prozesses derartige Informationen zu beschaffen und dem
Deutschen Bundestag unaufgefordert darüber Bericht zu erstatten?

5. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, ob die Zahlungsmoral
öffentlicher Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland niedriger ist,
als bei privaten Auftraggebern, wie dies beispielsweise eine Umfrage des
VBI Verband Beratender Ingenieure aus 2006 verdeutlicht?

Wenn nein, verfügt die Bundesregierung über diametrale Kenntnisse?

Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung dies aus ordnungspolitischer
Sicht?

6. Kann die Bundesregierung garantieren, dass säumige Bundesinstitutionen
Mahnkosten und Zinsen an die Vertragspartner bezahlen?

7. Wie viele Vertragspartner von Bundesinstitutionen haben zwischen Rech-
nungsstellung und gegebenenfalls erfolgter Bezahlung in 2007 Insolvenz
angemeldet?

8. Wie viele Beschwerden gegenüber der Zahlungsmoral von Bundesinstitu-
tionen sind jeweils in den Jahren 2005, 2006 und 2007 von Unternehmen
und Verbänden an den Bund gerichtet worden?

9. Wie viele dieser Verfahren wurden seitens der betroffenen Bundesinstitu-
tionen gewonnen bzw. in wie vielen Verfahren wurden die betroffen Bun-
desinstitutionen zur Zahlung verurteilt oder ein Vergleich abgeschlossen?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung die Erfahrungen mit dem Gesetz zur
Beschleunigung fälliger Zahlungen?

Hat sich die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand seit Inkrafttreten positiv
verändert?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, Gebietskörperschaften,
die Zahlungsfristen nicht einhalten, auf den Internetseiten des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zu veröffentlichen?

12. Welche gesetzlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Zahlungsmoral
öffentlicher Institutionen hat die Bundesregierung in der laufenden 16. Le-
gislaturperiode im Deutschen Bundestag eingebracht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7778

13. Plant die Bundesregierung in den kommenden zwölf Monaten die Einbrin-
gung gesetzlicher Maßnahmen zur Verbesserung der Zahlungsmoral öf-
fentlicher Institutionen?

14. Welche Bundesministerien verfügen über eine Verwaltungsvorschrift, dass
alle Rechnungen zwingend innerhalb des Zahlungsziels bedient werden
müssen?

Werden diese Verwaltungsvorschriften eingehalten?

Berlin, den 16. Januar 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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