BT-Drucksache 16/7506

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/3291- Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft

Vom 12. Dezember 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7506
16. Wahlperiode 12. 12. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/3291 –

Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung
der Vaterschaft

A. Problem

Der Gesetzentwurf sieht ein befristetes Anfechtungsrecht durch eine öffentliche
Stelle für die Fälle vor, in denen durch die Anerkennung der Vaterschaft recht-
liche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt
des Kindes oder eines Elternteiles geschaffen werden. Die Anfechtung und ge-
richtliche Überprüfung der Vaterschaft setzt außerdem voraus, dass zwischen
dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht
oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs mit den vom Ausschuss angenommenen Ände-
rungen. Die Änderungen sind vor allem aus Anpassungsgründen erforderlich.
So wird u. a. die Mitteilungspflicht anderer Behörden gegenüber den Ausländer-
behörden ohne inhaltliche Änderung an das Aufenthaltsgesetz in der Fassung
vom 19. August 2007 angepasst.

Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Ablehnung des Gesetzentwurfs und Beibehaltung der Rechtslage.
D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 16/7506 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/3291 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. In der Eingangsformel werden nach dem Wort „hat“ die Wörter „mit Zustim-
mung des Bundesrates“ eingefügt.

2. Artikel 2 (Änderung sonstigen Bundesrechts) wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden die Wörter „in der Fassung der Bekanntmachung vom
8. August 1957 (BGBl. I S. 1125)“ durch die Wörter „in der im Bundes-
gesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 211-1, veröffentlichten bereinig-
ten Fassung“ ersetzt.

b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:

‚(2) Das Personenstandsgesetz vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122)
wird wie folgt geändert:

1. Dem § 44 Abs. 1 wird folgender Satz 3 angefügt:

„Der Standesbeamte soll die Beurkundung ablehnen, wenn offenkun-
dig ist, dass die Anerkennung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5
des Bürgerlichen Gesetzbuchs anfechtbar wäre.“

2. § 73 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 25 wird die Angabe „(§ 77 Abs. 2 Satz 1, § 78 Abs. 2)“
durch die Angabe „(§ 77 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 3, § 78)“ er-
setzt.

b) In Nummer 26 werden das Wort „Eheeintrag“ durch das Wort
Heiratseintrag“ und die Angabe „(§ 77 Abs. 2 Satz 3)“ durch die
Angabe „(§ 77 Abs. 2 Satz 1)“ ersetzt.‘

c) Die bisherigen Absätze 2 bis 4 werden Absätze 3 bis 5.

d) Der neue Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa) Nummer 2 wird wie folgt geändert:

aaa) In Buchstabe a werden die Wörter „Absatz 2 wird wie folgt
gefasst“ durch die Wörter „In Absatz 2 wird Satz 1 wie folgt
gefasst“ ersetzt, die Angabe „(2)“ wird gestrichen und es wer-
den im Satzteil vor Nummer 1 nach dem Wort „sie“ die Wörter
„im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Aufgaben“ einge-
fügt.

bbb) In Buchstabe b wird die Angabe „Absatz 5“ durch die Angabe
„Absatz 6“ und die Angabe „(5)“ durch die Angabe „(6)“ ersetzt.

bb) In Nummer 3 wird die Angabe „Absatz 4“ durch die Angabe „Ab-
satz 5“ und die Angabe „(4)“ durch die Angabe „(5)“ ersetzt.

cc) Nach Nummer 3 wird folgende Nummer 4 angefügt:

,4. In § 105a wird die Angabe „§ 87 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2,
Abs. 4 Satz 1, 2 und 4, Abs. 5,“ durch die Angabe „§ 87 Abs. 1,
Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1, 2 und 4, Abs. 5 und 6,“ er-
setzt.‘

e) Im neuen Absatz 4 Nr. 2 wird § 640d Abs. 2 Satz 2 wie folgt gefasst:

„Dem Jugendamt sind alle Entscheidungen des Gerichts bekannt zu ma-
chen, zu denen es nach dieser Vorschrift zu hören ist.“

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7506

Berlin, den 12. Dezember 2007

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Dr. Jürgen Gehb
Berichterstatter

Klaus Uwe Benneter
Berichterstatter

Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

fügt worden. Dr. Johannes Richter Leiter der Abteilung für
Gemäß Artikel 84 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG)
regeln grundsätzlich die Länder das Verwaltungsverfahren,
wenn sie die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten
ausführen. Wenn Bundesgesetze das Verwaltungsverfahren

Rechtsangelegenheiten und
bürgerschaftliche Eingaben,
Einwohner-Zentralamt, Hamburg

Dirk Siegfried Rechtsanwalt und Notar,
Drucksache 16/7506 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb, Klaus Uwe Benneter, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Jörn Wunderlich und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 16/3291 in seiner 79. Sitzung am 1. Februar 2007 be-
raten und an den Rechtsausschuss zur federführenden Bera-
tung und an den Innenausschuss, Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend sowie an den Ausschuss für
Gesundheit zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss (55. Sitzung), der Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend (46. Sitzung) und
der Ausschuss für Gesundheit (69. Sitzung) haben die Vor-
lage am 12. Dezember 2007 beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Gesetzentwurf
auf Drucksache 16/3291 anzunehmen.

III. Beratung im Rechtsausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 46. Sitzung
am 28. Februar 2007 beraten und beschlossen, eine öffent-
liche Anhörung hierzu durchzuführen, die am 23. Mai 2007
(65. Sitzung) stattfand. An der Anhörung haben folgende
Sachverständige teilgenommen:

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das
Protokoll der 65. Sitzung vom 23. Mai 2007 verwiesen.

Bei seinen Beratungen lagen dem Rechtsausschuss zwei
Petitionen vor.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 81. Sitzung
am 12. Dezember 2007 abschließend beraten und mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN beschlossen, die Annahme zu empfehlen.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

1. Allgemeines

Aufgrund der Beratungen des Gesetzentwurfs empfiehlt der
Ausschuss in erster Linie zwei Änderungen in Artikel 2:

Zum einen ist das Recht des Standesbeamten, die Beurkun-
dung in offenkundigen Missbrauchsfällen nach § 29a des
Personenstandsgesetz-Entwurfs (PStG-E) abzulehnen, in das
neue PStG aufzunehmen, das am 1. Januar 2009 in Kraft tritt
(Artikel 2 Abs. 2 – neu).

Zum anderen ist der Änderungsbefehl für § 87 Abs. 2 des
Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) an die Fassung anzupassen,
die durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufent-
halts- und asylrechtlicher Richtlinien der EU vom 19. Au-
gust 2007 (BGBl. I S. 1969) in Kraft getreten ist (Artikel 2
Abs. 3 – neu).

2. Im Einzelnen

Im Folgenden werden lediglich die vom Rechtsausschuss
beschlossenen Änderungen gegenüber der ursprünglichen
Fassung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung erläutert.
Soweit der Ausschuss den Gesetzentwurf der Bundesregie-
rung unverändert angenommen hat, wird auf die jeweilige
Begründung des Gesetzentwurfs (Bundestagsdrucksache
16/3291) S. 9 ff. verwiesen.

Zu Nummer 1 (Eingangsformel)

Das Gesetz wird zustimmungsbedürftig, weil § 105a
AufenthG-E vorsieht, dass von § 79 Abs. 2, § 87 Abs. 2
Satz 1 Nr. 4 und Abs. 6 und § 90 Abs. 5 AufenthG durch
Landesrecht nicht abgewichen werden kann. § 105a
AufenthG ist durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung
aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der EU einge-

Berthold Gaaz Leitender Ministerialrat a. D.,
Hannover
Präsident der Deutschen Sektion
der Internationalen Kommission
für das Zivilstandswesen (CIEC),
Berlin

Hubert Heinhold Rechtsanwalt, München

Klaus Heinz Fachdienstleiter Aufenthaltsrecht
und Integration, Märkischer
Kreis, Lüdenscheid

Prof. Dr. Tobias Helms Philipps-Universität Marburg,
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht

Dr. Thomas Meysen Fachlicher Leiter des Deutschen
Instituts für Jugendhilfe und
Familienrecht e.V., Heidelberg

Günter Piening Der Beauftragte des Berliner
Senats für Integration und
Migration, Berlin

Hiltrud Stöcker-Zafari Verband binationaler Familien
und Partnerschaften iaf e.V.,
Frankfurt am Main.
regeln, dann können die Länder davon abweichende Rege-
lungen treffen (Artikel 84 Abs. 1 Satz 2 GG). In Ausnahme-

Republikanischer Anwältinnen-
und Anwälteverein e.V., Berlin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/7506

fällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses
nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfah-
ren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln
(Artikel 84 Abs. 1 Satz 5 GG). Diese Gesetze bedürfen der
Zustimmung des Bundesrates (Artikel 84 Abs. 1 Satz 6 GG).

Der Gesetzentwurf erweitert zum einen die Regelungen zum
Verwaltungsverfahren in § 79 Abs. 2 AufenthG (um die
Pflicht zur Aussetzung des Verfahrens bei Anfechtungs-
klage) sowie § 87 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und § 90 Abs. 5
AufenthG (um Informationspflichten bei „Scheinvater-
schaftsverdacht“). Da diese Bestimmungen bereits in § 105a
AufenthG für abweichungsfest erklärt worden sind, erstreckt
sich die Abweichungsfestigkeit auch auf die Ergänzung
dieser Vorschriften. § 105a AufenthG erhält infolge der Er-
weiterung der in Bezug genommenen Vorschriften eine we-
sentlich andere Bedeutung und Tragweite. Außerdem wird
die Abweichungsfestigkeit in § 105a AufenthG durch Auf-
nahme von § 87 Abs. 6 (Informationspflicht betreffend An-
fechtungsklage) um eine weitere Regelung des Verwaltungs-
verfahrens erweitert. Diese Änderungen machen das Gesetz
zustimmungsbedürftig.

Zu Nummer 2 (Artikel 2 – Änderung sonstigen Bundes-
rechts)

Zu Buchstabe a (Absatz 1 – PStG von 1957)

Die Zitierung des PStG wird auf den korrekten Stand ge-
bracht.

Zu Buchstabe b (Absatz 2 – neu – PStG von 2007)

Nummer 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass das geltende
PStG mit Ablauf des 31. Dezember 2008 außer Kraft tritt.
Das Recht des Standesbeamten zur Ablehnung der Beur-
kundung in offenkundigen Missbrauchsfällen nach § 29a
PStG-E soll deshalb in § 44 Abs. 1 des ab dem 1. Januar
2009 geltenden PStG verankert werden.

Nummer 2 bereinigt redaktionelle Unklarheiten im neuen
PStG. Zu diesem Zweck wird die Ermächtigung zum Erlass
von Rechtsverordnungen über die Abgabe und die Anforde-
rung der Familienbücher (§ 73 Nr. 25) und die Fortführung
des Familienbuchs (§ 73 Nr. 26) präzisiert.

Zu Buchstabe c

Hier wird die aufgrund des neu eingefügten Absatzes 2 erfor-
derliche Umnummerierung vorgenommen.

Zu Buchstabe d (Artikel 2 Abs. 3 – neu – AufenthG)

Zu Doppelbuchstabe aa (Nummer 2 – § 87 Abs. 2 und
Abs. 5 – alt –, Abs. 6 – neu –
AufenthG)

Die Beschränkung des Änderungsbefehls auf den Satz 1 des
Absatzes 2 in Dreifachbuchstabe aaa trägt dem Umstand
Rechnung, dass dem § 87 Abs. 2 AufenthG durch Artikel 1
des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher
Richtlinien der EU nach dem bis dahin einzigen Satz weitere
Sätze angefügt worden sind. Auch die Ergänzung des ersten
Satzteils um die Wörter „im Zusammenhang mit der Erfül-
lung ihrer Aufgaben“ dient der Anpassung von Satz 1 an die

die zuständige Ausländerbehörde unterrichten, wenn sie im
Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Aufgaben Kenntnis
erlangen von einer besonderen Integrationsbedürftigkeit im
Sinne einer nach § 43 Abs. 4 erlassenen Rechtsverordnung.“
In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es hierzu
u. a.: „Die Wörter „im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer
Aufgaben“ stellen klar, dass die öffentlichen Stellen nicht
verpflichtet sind, eigenständige Ermittlungen anzustellen,
sondern nur die Kenntnisse übermitteln sollen, die sie bereits
im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer bestehenden Auf-
gaben erlangt haben.“ (Bundestagsdrucksache 16/5065,
S. 195). Diese Erwägungen gelten auch für die Unterrich-
tungspflichten, die sich in Satz 1 des § 87 Abs. 2 AufenthG
finden. Der dortige Katalog wird nach dem vorliegenden
Entwurf um die Unterrichtung bezüglich solcher Tatsachen
erweitert, die es rechtfertigen anzunehmen, dass die Voraus-
setzungen für ein behördliches Anfechtungsrecht vorliegen
(§ 87 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AufenthG).

Die Änderung in Dreifachbuchstabe bbb trägt dem Umstand
Rechung, dass dem § 87 AufenthG bereits durch Artikel 1
des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher
Richtlinien der EU ein Absatz 5 angefügt worden ist. Dem-
entsprechend ist die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene
Ergänzung als Absatz 6 vorzusehen.

Zu Doppelbuchstabe bb (Nummer 3 – § 90 Abs. 4 – alt –,
Abs. 5 – neu – AufenthG)

Die Änderung trägt dem Umstand Rechung, dass dem § 90
AufenthG bereits durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umset-
zung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der EU ein
Absatz 4 angefügt worden ist. Dementsprechend ist die in
diesem Gesetzentwurf vorgesehene Ergänzung als Absatz 5
vorzusehen.

Zu Doppelbuchstabe cc (Nummer 4 – neu – § 105a
AufenthG)

Durch die Änderung wird der neu geschaffene § 87 Abs. 6
AufenthG (Informationspflicht betreffend Anfechtungs-
klage) in die Gruppe der Regelungen des Verwaltungsver-
fahrens aufgenommen, von denen durch Landesrecht nicht
abgewichen werden kann.

Das besondere Bedürfnis nach bundeseinheitlicher Rege-
lung im Sinne des Artikels 84 Abs. 1 Satz 5 GG ergibt sich
aus folgenden Erwägungen: § 87 Abs. 6 AufenthG steht im
Zusammenhang mit den bereits in § 87 Abs. 1, 2 Satz 1, 2
und 4, Abs. 4 Satz 1, 2 und 4 und Abs. 5 AufenthG gere-
gelten Unterrichtungspflichten anderer Behörden gegenüber
den Ausländerbehörden. Die Unterrichtung ist notwendig,
um die Ausländerbehörden in die Lage zu versetzen, ihren
gesetzlichen Prüfpflichten im Rahmen aufenthaltsrechtlicher
Entscheidungen nachzukommen. Da die materiellen Voraus-
setzungen aufenthaltsrechtlicher Entscheidungen bundes-
einheitlich vorgegeben sind, muss dies auch für die kom-
plementären Unterrichtungspflichten zur Erfüllung der
materiellen Vorgaben gelten. Dementsprechend ist § 87
Abs. 1, 2 Satz 1, 2 und 4, Abs. 4 Satz 1, 2 und 4, Abs. 5
AufenthG bereits für abweichungsfest erklärt worden.

Das gleiche Bedürfnis für eine bundeseinheitliche Regelung
gibt es für die Unterrichtungspflichten, die sich aus diesem
Neufassung des § 87 Abs. 2 AufenthG. Dort wird jetzt in
Satz 2 bestimmt: „Öffentliche Stellen sollen unverzüglich

Gesetz ergeben: § 87 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und § 90 Abs. 5
AufenthG (Informationspflichten bei „Scheinvaterschafts-

Dr. Jürgen Gehb
Berichterstatter

Klaus Uwe Benneter
Berichterstatter

Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter
Drucksache 16/7506 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

verdacht“) sowie § 87 Abs. 6 AufenthG (Informationspflicht
bei Anfechtungsklage). Die Ergänzung des Rechts zur An-
fechtung der Vaterschaft erfolgt nämlich mit Blick auf die
Fälle, in denen die Vaterschaftsanerkennung nicht wegen der
leiblichen Abstammung des Kindes oder einer sozial-fami-
liären Beziehung, sondern zum Zwecke der Erteilung eines
Aufenthaltstitels durch die zuständige Behörde erfolgt. Die
Voraussetzungen für die Anfechtung der Vaterschaft sind in
§ 1600 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bundes-
einheitlich geregelt, was auch für das neue behördliche
Anfechtungsrecht gelten wird, das an dieser Stelle ins BGB
aufgenommen wird. Die Ausländerbehörden und die Aus-
landsvertretungen werden mit Anträgen auf Erteilung oder
Verlängerung von Aufenthaltstiteln befasst, zu deren Be-
gründung auf Vaterschaften verwiesen wird, die durch
Anerkennungen begründet wurden. Deshalb sollten Aus-
länderbehörden, Auslandsvertretungen und die anfechtungs-
berechtigten Behörden über bundesweit einheitliche Infor-
mationsquellen verfügen.

Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Vater-
schaftsanerkennung und Aufenthaltstitel soll auch die Pflicht
aus § 79 Abs. 2 AufenthG bundeseinheitlich gelten: Die zu-
ständige Ausländerbehörde soll danach das Verfahren auf
Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels ausset-
zen, solange ein Anfechtungsverfahren vorbereitet oder
durchgeführt wird.

Da die Regelungen zum Verwaltungsverfahren in § 79
Abs. 2, § 87 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und § 90 Abs. 5 AufenthG
bereits durch § 105a AufenthG in der Fassung des Gesetzes
zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien
der EU für abweichungsfest erklärt worden sind, erstreckt
sich die Abweichungsfestigkeit ohne Änderung des Wort-
lauts von § 105a AufenthG auch auf die Regelungen zum
Verwaltungsverfahren zum Umgang mit missbräuchlichen
Vaterschaftsanerkennungen. Der hier vorgeschlagene Ände-
rungsbefehl für § 105a AufenthG beschränkt sich deshalb
auf die Aufnahme von § 87 Abs. 6 AufenthG (Informations-
pflicht betreffend Anfechtungsklage).

Zu Buchstabe e (Artikel 2 Abs. 4 – neu – § 640d ZPO)

§ 640d Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung des Regierungsent-
wurfs verweist auf § 49a FGG.

Diese Verweisung bringt die gewollte Regelung nur un-
präzise zum Ausdruck. Dem Jugendamt sollen nach dem
Gesetzentwurf alle Entscheidungen des Gerichts bekannt
gemacht werden, zu denen es nach § 640d Abs. 2 Satz 1
ZPO zu hören ist. Dies erschließt sich bei einer Verweisung
auf § 49a FGG nur über die weitere Verweisung in Absatz 3
des § 49a FGG auf § 49 Abs. 3 FGG. Deshalb wird die
Bekanntmachungsvorschrift direkt in § 640d Abs. 2 ZPO
übernommen.

Berlin, den 12. Dezember 2007

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