BT-Drucksache 16/7336

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/6000, 16/6002, 16/6424, 16/6425 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2008 (Haushaltsgesetz 2008)

Vom 27. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7336
16. Wahlperiode 27. 11. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Jürgen Koppelin, Ulrike Flach, Otto Fricke, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund
Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut
Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Harald
Leibrecht, Ina Lenke, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt
Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Jörg
Rohde, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Volker
Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/6000, 16/6002, 16/6424, 16/6425 –

Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans
für das Haushaltsjahr 2008 (Haushaltsgesetz 2008)

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Haushalt 2008 profitiert von der überaus positiven konjunkturellen Ent-
wicklung mit Steuereinnahmen von annähernd 240 Mrd. Euro. Damit verzeich-
net die Bundesregierung seit Amtsantritt fast 50 Mrd. Euro an zusätzlichen
Steuereinnahmen; die Neuverschuldung hingegen ist nur um rund 28 Mrd. Euro
auf 11,9 Mrd. Euro reduziert worden.

Dies zeigt: Ein Bundeshaushalt 2008 ohne Neuverschuldung wäre möglich
gewesen!

Diese Chance wird durch eine undisziplinierte Ausgabenpolitik, haushaltspoli-
tisch leichtfertiges Agieren und einen offenkundigen Wettlauf zwischen den
Regierungsfraktionen der CDU/CSU und SPD bei der Verteilung von Ausgaben

im sozialen Bereich vertan.

Der Haushalt 2008 ist gekennzeichnet durch vier Dinge:

– Mangelnder Ergeiz bei der Haushaltskonsolidierung mit einer Nettokredit-
aufnahme von 11,9 Mrd. Euro,

– Bereicherung am Haushalt der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Höhe von
5 Mrd. Euro,

Drucksache 16/7336 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

– Disziplinlosigkeit auf der Ausgabenseite mit einem Ausgabenwachstum von
4,7 Prozent,

– Rekordsteuereinnahmen in Höhe von rund 240 Mrd. Euro.

Eine ausgabenseitige Konsolidierung im Bundeshaushalt 2008 erfolgt nicht.
Dies ist umso problematischer, da die Wirtschaftsprognosen für das Jahr 2008
nach unten revidiert werden mussten und damit die Grenzen des dauerhaften
Einnahmewachstums erreicht zu sein scheinen. Mit einer Ausgabenerhöhung
von 4,7 Prozent liegt das Ausgabenwachstum über der Zuwachsrate des nomi-
nalen Bruttoinlandproduktes. Die deutlichen Ausgabensteigerungen werden
zwar teilweise durch Sondereffekte hervorgerufen, doch hätte der Bund im Be-
reich der Postbeamtenversorgungskasse ausreichend Vorsorge betreiben müs-
sen. Dies gilt ebenso im Gesundheitssektor oder bei familienpolitischen Leistun-
gen; von der Koalition der CDU/CSU und SPD werden dauerhaft neue Lasten
für den Bundeshaushalt beschlossen, ohne dass diese dauerhaft an anderer Stelle
durch Einsparungen gedeckt sind. Dies ist alles andere als eine Nachhaltigkeit
der Haushaltspolitik.

Gerade in Zeiten wirtschaftlichen Wachstums ist es erforderlich, strukturelle
Defizite dauerhaft abzubauen. Im Stabilitätspakt ist festgeschrieben, dass es Ziel
der Finanzpolitik sein muss, in wirtschaftlich guten Zeiten Überschüsse zu er-
zielen und über den Konjunkturzyklus hinweg einen annähernd ausgeglichenen
Haushalt zu erreichen.

Dazu müsste der Ausgabenzuwachs in den öffentlichen Haushalten – vor allem
aber im Bundeshaushalt –, anders als in den beiden letzten Jahren, flacher ver-
laufen als der des mittelfristigen Produktionspotenzials. Wenn die Wirtschaft
mittelfristig nominell um etwa 2,5 Prozent wachsen sollte, der Ausgabenanstieg
aber auf 1,5 Prozent begrenzt wird, blieben rund 10 Mrd. Euro pro Jahr zum
Absenken der Neuverschuldung, für Steuersenkungen oder für zusätzliche In-
vestitionen.

Die Bundesregierung jedoch tut das Gegenteil von dem was haushaltspolitisch
geboten ist. Sie steigert die Ausgaben, obwohl sie die Wirtschaftsprognose für
das kommende Jahr gesenkt hat.

Mit dem Haushalt 2008 ist keine klare wirtschafts- und haushaltspolitische
Strategie zu erkennen. Die Bundesregierung folgt eher wahltaktischen Über-
legungen. Beispielhaft hierfür steht der Personalaufwuchs von 73 Stellen in den
Grundsatzabteilungen fast aller Bundesministerien. Mit dem Haushalt 2008 be-
ginnt der Wahlkampf. Anders ist es nicht zu bewerten, wenn insgesamt 73 neue
Stellen für die Grundsatzabteilungen in den jeweiligen Bundesministerien ge-
nehmigt werden. Dies wird den Steuerzahler jährlich 5 bis 6 Mio. Euro kosten.
Ähnlich verhält es sich mit der im Auswärtigen Amt neu geschaffenen Stelle
eines Staatssekretärs.

Kritisch zu sehen ist das Vorgehen der Bundesregierung im Zusammenhang mit
dem von der Bundesagentur für Arbeit zu entrichtenden Eingliederungsbeitrag
in Höhe von 5 Mrd. Euro. Damit wird der Haushalt der Bundesagentur für Arbeit
zum Selbstbedienungsladen der Bundesregierung. Ausgabenseitig sind der
Wegfall der Kostenübernahme für die Berücksichtigung von Kindererziehungs-
zeiten in der Arbeitslosenversicherung durch den Bund und eine hälftige Betei-
ligung der Arbeitslosenversicherung an den Kosten für Ausgaben des Bundes
für Verwaltung und Eingliederung der Empfänger von Arbeitslosengeld II (Ein-
gliederungsbeitrag) beschlossen. Zwar wird im Gegenzug der Aussteuerungsbe-
trag entfallen, doch per Saldo werden dem Haushalt der Bundesagentur für Ar-
beit allein durch diese ausgabenseitige Änderung etwa 3,2 Mrd. Euro entzogen.
Dieser Betrag entspricht 0,4 Beitragspunkten in der Arbeitslosenversicherung.

Damit fehlt dieses Geld zur weiteren Entlastung der Arbeitnehmer und zur Ver-
billigung des Faktors Arbeit.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7336

Der Haushalt 2008 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2011 setzen weiter-
hin auf Ausgabensteigerung statt auf Ausgabenminderung. In der mittelfristigen
Finanzplanung ist ein Anwachsen der Ausgaben um rund 20 Mrd. Euro auf rund
290 Mrd. Euro zu verzeichnen. Damit setzt sich die ungünstige Strukturenent-
wicklung der Ausgaben auch mit dem Haushalt 2008 fort. Das Verhältnis der
Zins-, Personal- und Sozialausgaben zu den Gesamtausgaben von 283,2 Mrd.
Euro bleibt unverändert auf hohem Niveau. Strukturell wirksame Maßnahmen
auf der Ausgabenseite sind Fehlanzeige. Seit dem Regierungsantritt sind die
Ausgaben um insgesamt 23,3 Mrd. Euro gestiegen.

Dieser ungehemmten Ausgabenpolitik setzt die Fraktion der FDP ein Konzept
der haushaltspolitischen Vernunft entgegen. Die von der Bundesregierung be-
triebene prozyklische Politik muss beendet werden. Statt die Konjunktur durch
Mehrausgaben zu stimulieren, sind Ausgabenreduzierungen notwendig. Mit
dem von der Fraktion der FDP erstellten „Liberalen Sparbuch“ könnte der Bun-
deshaushalt in Höhe von 11,8 Mrd. Euro entlastet werden.

Damit könnte der Haushalt 2008 erstmals fast ohne neue Schulden auskommen
und zum Impulsgeber für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt werden. Dieses
Vorgehen entspricht dem Prinzip der Nachhaltigkeit und ist haushaltspolitisch
geboten.

Berlin, den 30. November 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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