BT-Drucksache 16/7315

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/6000, 16/6002, 16/6413, 16/6423- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2008 (Haushaltsgesetz 2008) hier: Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Vom 27. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7315
16. Wahlperiode 27. 11. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Inge Höger, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan
Aydin, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, Dr. Hakki Keskin, Katrin
Kunert, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Norman Paech, Alexander Ulrich,
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/6000, 16/6002, 16/6413, 16/6423 –

Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans
für das Haushaltsjahr 2008 (Haushaltsgesetz 2008)

hier: Einzelplan 14
Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der für das Haushaltsjahr 2008 vorgestellte Einzelplan 14 ist mit 29,3 Mrd.
Euro (einschließlich der Versorgungsausgaben) der drittgrößte Einzelplan im
Bundeshauhalt. Nach NATO-Kriterien und unter Miteinbeziehung weiterer
Haushaltstitel aus anderen Einzelplänen werden sogar 31,7 Mrd. Euro für
Verteidigungsaufgaben ausgegeben. Insgesamt handelt es sich somit um über
zehn Prozent des Bundeshaushaltes 2008, die die Steuerzahler ausschließlich
für die Bundeswehr und deren Transformation in eine „Armee im Einsatz“
zahlen müssen. Dieser Etat ist damit eindeutig überdimensioniert und der
sicherheitspolitischen Lage nach dem Wegfall der Blockkonfrontation unan-
gemessen. Statt weiter aufzurüsten, besteht erheblicher Spielraum für weit-
reichende Abrüstungsschritte, wie z. B. die Reduzierung des Personalum-
fangs der Bundeswehr durch die Abschaffung der Wehrpflicht, die auch mit
mehr als 600 Mio. Euro ein erheblicher Kostenfaktor ist. Die möglichen Ein-
sparpotenziale sollten genutzt werden, um die Ausgaben für die zivile Ent-
wicklungszusammenarbeit und die Rüstungskonversion erhöhen zu können.

2. Der Bundeswehrplan 2008 fordert trotz geringem Spielraum im Gesamthaus-
halt und massiven sozialpolitischen Defiziten eine mittelfristige (bis 2012)

Investitionssteigerung in den Bereichen Rüstungsbeschaffungen, militäri-
sche Anlagen sowie Forschung, Entwicklung und Beschaffung von derzeit
6 Mrd. Euro auf nahezu 8 Mrd. Euro, was einer Steigerung der Investitions-
quote innerhalb des Einzelplans 14 von derzeit 25 auf 30 Prozent bedeuteten
würde. Beschafft werden sollen vor allem Waffensysteme und andere Rüs-
tungsgüter, die der Verbesserung der Interventionsfähigkeit der Bundeswehr

Drucksache 16/7315 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dienen. Aber das was Europa heute braucht sind neue Abrüstungsinitiativen
– und nicht qualitative Aufrüstung.

3. Die Bundesregierung hält nach wie vor daran fest, die Bundeswehr für ein
Einsatzspektrum auszurüsten, das von der Katastrophenhilfe bis zu massiven
Kampfeinsätzen reicht. Dabei liegt das Schwergewicht eindeutig auf der
Befähigung der Bundeswehr zu Groß-Einsätzen rund um den Globus. Not-
wendig wäre stattdessen eine Konzentration der deutschen Streitkräfte auf
den grundgesetzlich vorgegebenen Verteidigungsauftrag. An einer mili-
tärisch gestützten „Weltordnungspolitik“, die zudem durch das Völkerrecht
nicht gedeckte Militäroperationen einschließen würde, darf sich Deutschland
nicht beteiligen. Dies wäre auch im Einklang mit der überwiegenden Mei-
nung der Bürger und Bürgerinnen des Landes, die den Auslandseinsätzen der
Bundeswehr skeptisch bis ablehnend gegenübersteht. Allein die laufenden
Auslandseinsätze werden den Steuerzahler laut Haushaltsentwurf im Jahre
2008 über 600 Mio. Euro kosten. Die tatsächliche Summe dürfte, wie die
Erfahrung der Jahre 2006 und 2007 zeigen, nahezu 1 Mrd. Euro betragen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. auf die im Haushaltsplan 2008 vorgesehene Aufstockung des Verteidigungs-
haushalts um 911 Mio. Euro zu verzichten und stattdessen den Verteidigungs-
haushalt um 10 Prozent zu kürzen. Hierbei sind insbesondere die Beendigun-
gen der Auslandseinsätze der Bundeswehr, die Beendigungen der deutschen
Beteiligungen an der NATO-Response-Force, an den EU-Battle-Groups und
an der Europäischen Verteidigungsagentur sowie die Abschaffung der Wehr-
pflicht sicherheits- und haushaltspolitisch von hoher Relevanz. Die so mög-
lichen Einsparungen von etwa 3,9 Mrd. Euro sind in Konversions-, Entwick-
lungs-, sozial- und bildungspolitische Projekte zu investieren;

2. die in Kapitel 14 16 aufgeführten Beschaffungsmaßnahmen, die der militäri-
schen Machtprojektion und Kriegführungsfähigkeit dienen, zu streichen,

a) insbesondere im Bereich der Luftwaffe

● auf die Beschaffung der zweiten Tranche des EF 2000 gänzlich zu ver-
zichten und damit die angesetzten Beschaffungskosten für 2008 in
Höhe von 1,015 Mrd. Euro plus 130 Mio. Euro Entwicklungskosten
(Vertragsstrafen hierbei unberücksichtigt) einzusparen sowie aus dem
EF-2000-Projekt (einschließlich der Bewaffnungsmodule) in Gänze
auszusteigen, um auf diese Weise bis zu 10 Mrd. Euro einzusparen;

● auf die Beschaffung des Militärtransporters A 400 M gänzlich zu ver-
zichten und damit die anfallenden Kosten für das Haushaltsjahr 2008
in Höhe von 170 Mio. Euro (Beschaffung) sowie die anzunehmenden
Gesamtkosten von nahezu 8,8 Mrd. Euro einzusparen;

b) insbesondere im Bereich der Marine auf die Beschaffung der Fregatte
Kl.125 gänzlich zu verzichten und aus dem Projekt sofort auszusteigen.
Die damit verbundenen Einsparungen für das Haushaltsjahr 2008 be-
trügen 70 Mio. Euro und langfristig nahezu 2,7 Mrd. Euro;

c) insbesondere im Bereich des Heeres auf die Beschaffung und Entwick-
lung des 2. Loses (Stückzahl 405) des Schützenpanzers Puma zu verzich-
ten und damit die Kosten in Höhe von 125 Mio. Euro für das Haushaltsjahr
2008 sowie die anzunehmenden Gesamtkosten von über 3,4 Mrd. Euro
einzusparen;

d) den Übungsbetrieb im Gefechtsübungszentrum Altmark (GÜZ) sofort
einzustellen, den Ausbau im Süden zu stoppen und die militärische Nut-

zung des Geländes zu beenden, um auf diese Weise die Kosten für den
südlichen Ausbau in Höhe von 10 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7315

sowie 9 Mio. Euro in den Folgejahren einzusparen, sowie jegliche Aus-
gaben für die militärische Nutzung der Kyritzer Heide einzustellen;

e) auf die deutsche Beteiligung an der Entwicklung und der Erprobung
respektive auf die spätere Beschaffung des Waffensystems MEADS gänz-
lich zu verzichten und aus dem Projekt sofort auszusteigen. Dadurch
würden 185 Mio. Euro an Entwicklungs- und Erprobungskosten sowie wei-
tere 4,4 Mio. Euro für die Verwaltungskosten der Agentur NAMEADSMA
im Haushaltsjahr 2008 eingespart. Eine Einstellung dieses Vorhabens
wird langfristig zur Einsparung von Steuergeldern in Höhe von mindestens
4,1 Mrd. Euro führen;

3. die Investitionen in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Erprobung
von Waffensystemen stark einzuschränken;

4. eine Ost-West-Tarifangleichung für die Angehörigen der Bundeswehr (Be-
rufssoldatinnen und Berufssoldaten, Soldatinnen und Soldaten auf Zeit sowie
zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) noch für das Haushaltsjahr 2008
vorzunehmen und diese nicht weiter aufzuschieben;

5. die in den letzen Jahren erfolgten sozialpolitischen Kürzungen für die Sol-
datinnen und Soldaten sowie die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
(Weihnachts- und Urlaubsgeld etc.) rückgängig zu machen.

Berlin, den 27. November 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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