BT-Drucksache 16/7062

Konsequenzen der geplanten Außerbetriebnahme von Nachtstromspeicherheizungen

Vom 7. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7062
16. Wahlperiode 07. 11. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Michael Kauch, Detlef Parr, Patrick Döring, Gudrun Kopp,
Horst Meierhofer, Angelika Brunkhorst, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger,
Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Patrick Meinhardt, Jan
Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max
Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil,
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Konsequenzen der geplanten Außerbetriebnahme von Nachtstromspeicher-
heizungen

Im Rahmen der „Eckpunkte für ein Integriertes Energie- und Klimaprogramm“
plant die Bundesregierung, einen Ersatz der von ihr als „extrem klimaschädlich“
bezeichneten Nachtstromspeicherheizungen in Wohnhäusern zu erzwingen. Er-
läuterungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit (BMU) vom 23. August 2007 zu diesem Vorhaben ist zu entnehmen,
dass Nachtstromspeicherheizungen von den Energieversorgungsunternehmen in
der Vergangenheit insbesondere in der Nähe von Großkraftwerken gezielt geför-
dert worden seien, um diese nachts auf Grund der Lasttäler nicht zu sehr dros-
seln zu müssen bzw. das Netz vor Überspannung zu schützen. Vor allem aber
seien elektrische Speicherheizungen seinerzeit auf Grund der geringen Investi-
tionsaufwendungen und quasi Nullemissionen im Gebäude als ideales Hei-
zungssystem empfunden worden. In bundesweit mutmaßlich unzähligen Fällen
wurde im Rahmen der jeweiligen Baugenehmigungen mit diesen Argumenten
deshalb der Einbau von Nachtstromspeicherheizungen – in der Regel verbunden
mit anspruchsvollsten Dämmschutzauflagen – zwingend vorgeschrieben. Damit
verbunden war in der Regel auch die Vorschrift, in den betreffenden Neubauten
keine Kamine und in den Kellerräumen keine Möglichkeit zur Unterbringung
von Heizkesseln oder Tanks vorzusehen. Außerdem wurden Gebäude errichtet,
welche mit so genannten Betonkernheizungen ausgerüstet sind, bei denen also
keine mehr oder weniger freistehenden Heizkörper existieren, sondern die
Nachtstromspeicherung innerhalb des Gebäudebetonkörpers vonstatten geht.

Mittlerweile – so das BMU – habe sich jedoch herausgestellt, dass die betreffen-
den Heizsysteme die mit Abstand klimaschädlichste Art zu heizen seien. Auch

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die sonstigen Rahmenbedingungen für die Versorgung mit Elektrizität hätten
sich seit der Liberalisierung der Energiewirtschaft Ende der neunziger Jahre
grundlegend geändert, weswegen der Kabinettsbeschluss nunmehr vorsehe,
Nachtstromspeicherheizungen zur Erzeugung von Raumwärme stufenweise in
einem Zeitraum von mindestens zehn Jahren außer Betrieb zu nehmen.

Da eine Heizungsumstellung durch die nachträgliche Ausstattung der Gebäude
z. B. mit einer Pumpenwarmwasserheizung (Verrohrung, Heizkörper, Warm-
wasserspeicher etc.) vergleichsweise kostspielig ist, sei vorgesehen, den Aus-
tausch von Nachtstromspeicherheizungen im Gebäudebestand durch Förder-
maßnahmen zu flankieren, die die Investition für den Bauherrn in Verbindung
mit der Energiekosteneinsparung rentabel machen. Außerdem seien Härtefall-
und Befreiungsregeln vorgesehen. Dazu gehöre auch, dass die Außerbetriebnah-
me nicht erfolgen muss, wenn selbst unter Berücksichtigung von Fördermög-
lichkeiten der Austausch unwirtschaftlich sei. Eine Konkretisierung der Eck-
punkte zum Ersatz von Nachstromspeicherheizungen solle im Rahmen der
nächsten Novellierung der Energieeinsparverordnung erfolgen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele private Wohnhäuser
von der eingangs beschriebenen Situation in einem Sinne betroffen sind, wo-
nach bei deren Errichtung im Rahmen der jeweiligen Baugenehmigungen der
Einbau von Nachtstromspeicherheizungen zwingend vorgeschrieben worden
ist?

2. Wenn ja, um wie viele Wohnhäuser handelt es sich, und wenn nein, beabsich-
tigt die Bundesregierung, sich in diesem Sinne kundig zu machen und ggf.
auf welchem Wege und bis wann?

3. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, in wie vielen Fällen damit die
Vorschrift verbunden war, in den betreffenden Neubauten keine Kamine und
in den Kellerräumen keine Möglichkeit zur Unterbringung von Heizkesseln
oder Tanks vorzusehen?

4. Wenn ja, um wie viele Fälle handelt es sich, und wenn nein, beabsichtigt die
Bundesregierung, sich in diesem Sinne kundig zu machen und ggf. auf wel-
chem Wege und bis wann?

5. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele private Wohnhäuser im
Sinne von Frage 1 mit so genannten Betonkernheizungen ausgerüstet worden
sind?

6. Wenn ja, um wie viele Wohnhäuser handelt es sich, und wenn nein, beabsich-
tigt die Bundesregierung, sich in diesem Sinne kundig zu machen und ggf.
auf welchem Wege und bis wann?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung, dass im Fall der betref-
fenden Wohnhäuser wegen fehlender Heizleitungen, Radiatoren, Kamine
und Kellerräume sowie der Notwendigkeit, für die geforderten Maßnahmen
Erdarbeiten durchzuführen, Geschossbetondecken durchbohrt bzw. beschä-
digt sowie Fußböden und Beläge erneuert werden müssten, was einer Entker-
nung der betreffenden Gebäude gleichkäme?

8. Wie sollen derartige Maßnahmen nach den Vorstellungen der Bundesregie-
rung von den betroffenen Eigentümern finanziert werden, zumal dann, wenn
diese beispielsweise als Ruheständler über kein Erwerbseinkommen mehr
verfügen, aus dem mögliche Kredite bedient werden könnten?

9. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie hoch die durch-
schnittlichen Kosten der Beseitigung bzw. des Ersatzes einer Betonkernhei-

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zung in einem Wohngebäude ggf. wären, und wie bewertet die Bundesregie-
rung die Einschätzung, dass die Beseitigung einer Betonkernheizung der
Beseitigung des betreffenden Gebäudes gleichkäme, und welche Schluss-
folgerungen leitet die Bundesregierung daraus ab?

10. Trifft es zu, dass eine Konkretisierung der Eckpunkte zum Ersatz von
Nachtstromspeicherheizungen im Rahmen der nächsten Novellierung der
Energieeinsparverordnung erfolgen soll, und wenn ja, bis wann wird dieser
Entwurf vorliegen, und welche konkreten Regelungen erwägt die Bundes-
regierung im Hinblick auf das eingangs beschriebene Problem?

11. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Zwangsverpflichtung zum Ersatz kli-
maschädlicher Nachtstromheizungen auch dann vorzusehen, wenn die be-
treffende Anlage ausschließlich mit Strom aus so genannten erneuerbaren
Energien betrieben würde, und wenn ja, weshalb?

12. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Zwangsverpflichtung zum Ersatz
klimaschädlicher Nachtstromheizungen auch dann vorzusehen, wenn die
betreffende Anlage erst vor kürzester Zeit und nach modernstem Stand der
Technik installiert wurde, und wenn ja, weshalb?

13. Beabsichtigt die Bundesregierung, dass von den geplanten Vorschriften
auch Anlagen zur Kühlung oder Beheizung von gewerblich genutzten oder
Verwaltungsgebäuden betroffen sein sollen, zumal diese ebenfalls mit elek-
trischem Strom betrieben werden?

14. Wenn nein, wie beurteilt die Bundesregierung diese Ungleichbehandlung
aus rechtlicher Sicht, und weshalb werden Nachtstromheizungen privat ge-
nutzter Wohngebäude im Vergleich zu den vorgenannten anders behandelt?

15. Wer überwacht die Umsetzung der geplanten Vorschriften, und welche Kos-
ten werden damit voraussichtlich verbunden sein?

16. Wie ist nach den Vorstellungen der Bundesregierung ein Härtefall definiert
– falls so genannte Härtefallregelungen vorgesehen werden sollen – und wer
soll über das Vorliegen eines Härtefalls auf welcher Rechtsgrundlage ent-
scheiden?

17. Falls vorgesehen sein sollte, dass eine Pflicht zur Außerbetriebnahme von
Nachtstromspeicherheizungen entfallen kann, wenn sie auch unter Berück-
sichtigung von Fördermöglichkeiten unwirtschaftlich ist, wie ist nach den
Vorstellungen der Bundesregierung Unwirtschaftlichkeit definiert – falls so
genannte Härtefallregelungen vorgesehen werden sollen –, und wer soll
über das Vorliegen von Unwirtschaftlichkeit auf welcher Rechtsgrundlage
entscheiden?

Berlin, den 6. November 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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