BT-Drucksache 16/7007

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/5576, 16/5848- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften (Investmentänderungsgesetz)

Vom 7. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7007
16. Wahlperiode 07. 11. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Christine Scheel, Britta Haßelmann,
Kerstin Andreae, Nicole Maisch, Margareta Wolf (Frankfurt) und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/5576, 16/5848, 16/6874 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Investmentgesetzes
und zur Anpassung anderer Vorschriften (Investmentänderungsgesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung an den Finanzmärkten und der
dort sich zuspitzenden Vertrauenskrisen gewinnt der Satz „Das Vertrauen der
Anleger ist zentral für das Funktionieren des Fondsmarktes.“ in der allgemeinen
Begründung im Entwurf des Investmentänderungsgesetzes der Bundesregie-
rung, Bundestagsdrucksache 16/5576 vom 11. Juni 2007, Seite 51, eine ganz
besondere und herausragende Bedeutung. Die Anlegerinnen und Anleger benö-
tigen stabile und transparente Finanzmärkte, um eine erfolgreiche und sichere
Vermögensbildung für ihre private Vorsorge, beispielsweise für die Altersvor-
sorge, vornehmen zu können. Der Fondssektor hat hier in den letzten Jahren
eine bedeutende Entwicklung erfahren. Viele Bürgerinnen und Bürger haben
Fondssparpläne. Nun ist es die Aufgabe der Regierung, die Anlegerinnen und
Anleger in die Lage zu versetzen, durch ausreichende Transparenz und Infor-
mationen vernünftige Anlageentscheidungen zu treffen.

Umso enttäuschender ist es, dass der jetzt vorliegende Gesetzentwurf nicht ge-
eignet ist, das notwendige Vertrauen der Marktteilnehmer in den Finanzmarkt
zu unterstützen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, folgende Vor-
schriften in den Gesetzentwurf aufzunehmen:

1. Die Fondsgesellschaften müssen alle Kosten im Rahmen der Gesamtkosten-
quote ausweisen. Wenn Kosten wie z. B. Transaktionskosten in besonderen
Fällen nicht ermittelbar sind, muss dies in allen Prospekten der jeweiligen
Fondsgesellschaft explizit angegeben werden. Da erfolgsabhängige Gebüh-
ren aber in jedem Fall ermittelbar sind, müssen diese auch in der Gesamt-
kostenquote enthalten sein. Denn die Gesamtkostenquote (TER = Total Ex-
pense Ratio) muss ihrem Wortsinn gerecht werden.

Drucksache 16/7007 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Die Aktivität der Fondsgesellschaften muss transparent gemacht werden.
Dafür muss auch die Umschichtungsrate (PTR = Portfolio Turnover Rate),
also das Umschichtungsvolumen in Relation zum Fondsvermögen, ebenfalls
in allen Verkaufsprospekten der Fondsgesellschaften veröffentlicht werden.
Jeder Anleger muss darüber informiert werden, wie häufig ein Fonds-
manager in der Vergangenheit im Laufe eines Jahres das Fondsvolumen um-
geschichtet hat.

3. Nicht nur inländischen, sondern auch ausländischen Fonds, die in Deutsch-
land vertrieben werden, soll es untersagt sein, den Anlegern schon zu Be-
ginn der Vertragslaufzeit die Kosten in einem Betrag aufzubürden.

4. Depotbank und Fondsgesellschaft dürfen nicht ein und demselben Konzern
angehören. Nur so können Interessenkonflikte wirksam vermieden werden.

5. Im Aufsichtsrat einer Fondsgesellschaft muss auch ein Mitglied einer all-
gemein anerkannten Anlegerschutzorganisation vertreten sein. Nur so kön-
nen die Anlegerinteressen auch angemessen berücksichtigt werden.

6. Auf die Aufhebung der Kreditinstitutseigenschaft von Kapitalanlagegesell-
schaften und die damit verbundene Herausnahme der Fondsgesellschaften
aus der Bankenaufsicht sollte verzichtet werden.

7. Die Bundesregierung muss sich auf EU-Ebene mit Nachdruck dafür ein-
setzen, dass die zahlreichen Kann-Bedingungen in den EU-Richtlinien und
Empfehlungen für finanzmarktrelevante Regelungsbereiche nicht zu einer
Harmonisierung des Anlegerschutzes auf minimalem Niveau führen und da-
mit zu wettbewerbswidriger Aufsichtsarbitrage genutzt werden. Um dies
künftig zu verhindern, müssen die Kann-Bedingungen zu eindeutigen Vor-
schriften im Sinne von mehr Anlegerschutz umgewandelt werden, damit die
Anleger auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften in der Praxis
auch vertrauen können.

Berlin, den 7. November 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Begründung

Die noch im ursprünglichen Entwurf des Finanzministeriums enthaltenen
wesentlichen Verbesserungen zugunsten der Anlegerinnen und Anleger sind im
vorliegenden Gesetzentwurf wieder zurückgenommen worden:

● Statt wie ursprünglich vorgesehen, eine Offenlegung aller Kostenbestand-
teile vorzuschreiben, die der Anleger für Investmentfondsanteile zu ent-
richten hat, muss die Kapitalanlagegesellschaft nun nur noch darauf hinwei-
sen, dass die Gesamtkostenquote – entgegen ihrem Wortsinn – nicht alle
Kosten enthält. Dieser Hinweis wiederum muss nur im ausführlichen Fonds-
prospekt, nicht aber im vereinfachten Verkaufsprospekt enthalten sein.

● Statt offensichtlich bestehende Interessenkonflikte zurückzuführen, sollen
Kapitalanlagegesellschaft und Depotbank auch weiterhin ein und demselben
Konzern angehören dürfen.

● Statt wie im ersten Diskussionsentwurf der Regierung vorgeschlagen, die
Kontrolle der Investmentfondsgesellschaften und seiner Fonds wirksamer
auszugestalten, indem im Aufsichtsrat der Kapitalanlagegesellschaft auch
ein Mitglied einer allgemein anerkannten Anlegerschutzorganisation ver-
treten sein muss, soll im Aufsichtsrat nun nur noch ein wie auch immer
„unabhängiges“ Mitglied vertreten sein.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7007

Zu Nummer 1

Auch wenn Transaktionskosten z. B. bei Festpreisgeschäften über Anleihen
nicht immer explizit ermittelt werden können, ist dies doch eher der Einzelfall.
So haben auch unterschiedliche Studien des Zentrums für Europäische Wirt-
schaftsforschung und der Forschungsgesellschaft Fitzrovia in Großbritannien
für die Höhe der Transaktionskosten in der Praxis eine durchschnittliche
Spanne von 1,1 bis 1,4 Prozent des Fondsvermögens ergeben, welche die An-
leger von Fondsgesellschaften zu tragen haben, ohne dass sie darüber im
Rahmen der Gesamtkostenquote informiert werden. Diese Erkenntnis hat die
öffentliche Anhörung von Sachverständigen in der 66. Sitzung des Finanz-
ausschusses des Deutschen Bundestages zu diesem Gesetzentwurf am 4. Juli
2007 ergeben.

Auch gibt es Fonds, die einen relativ leicht zu übertreffenden Index als Ver-
gleichsgröße für den Erfolg der Fondsmanager setzen und darauf ausgerichtet
weitere Gebühren berechnen. Auch diese erfolgsabhängigen Gebühren (PF =
Performance Fees) werden nicht im Rahmen der Gesamtkostenquote ausgewie-
sen. So ermittelte Finanztest in seiner Ausgabe 7/2007 erfolgsabhängige Ge-
bühren, die bisher nicht in der Gesamtkostenquote enthalten sind, von durch-
schnittlich 1,5 bis 2 Prozent des Fondsvermögens.

Zu Nummer 2

Da nicht alle Kosten – wie z. B. die Transaktionskosten, die bei sogenannten
Festpreisgeschäften anfallen – tatsächlich ermittelt werden können, ist es für die
Beurteilung der Anlagestrategie eines Fonds sehr hilfreich, das Umschichtungs-
verhalten eines Fondsmanagers zu kennen. Denn je öfter ein Depot umgeschich-
tet wird, desto höher sind die Transaktionskosten, die bei der Umschichtung
anfallen. Wenn diese Transaktionskosten aber aufgrund der Besonderheit der
Geschäfte und der Preisgestaltung bei ihrer Abwicklung nicht quantitativ aus-
gewiesen werden können, dann kann nur die Umschlagsrate einen Eindruck
über das Ausmaß dieser Kosten vermitteln. Offensichtlich wird diese Um-
schlagsrate auch schon in einigen Ländern wie z. B. in der Schweiz, in Öster-
reich und in den USA von den Fondsgesellschaften ausgewiesen. Diese Er-
kenntnis hat ebenfalls die öffentliche Anhörung von Sachverständigen in der
66. Sitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zu diesem Ge-
setzentwurf am 4. Juli 2007 erbracht.

Zu Nummer 3

Wenn Anlegerinnen und Anleger die gesamten Kosten schon zu Beginn der
Laufzeit eines Fondssparvertrages aufgebürdet bekommen, dann schmälert dies
ihre Ertragsaussichten deutlich stärker, als wenn dies im Laufe der Zeit über
den Ausgabeaufschlag auf den Preis des jeweils erworbenen Fondsanteils er-
folgt. Um diesen – für Anleger nicht unmittelbar sichtbaren – Nachteil von
vornherein abzuwenden, ist diese Art der Kostenbelastung für inländische
Fonds untersagt. Dies soll deshalb künftig auch für ausländische Fonds gelten.

Zu Nummer 4

Gehören die Fondsgesellschaft und die Depotbank demselben Konzern an,
dann sind Interessenkonflikte unvermeidlich. Denn die Fondsgesellschaft wie
die Depotbank profitieren davon, wenn z. B. die Umwälzung des Fondsver-
mögens möglichst häufig erfolgt und dabei auch entsprechende Gebühren ent-
stehen, die letztlich zwar den Gewinn des Konzerns erhöhen, aber die Rendite
der Anleger schmälern.

Drucksache 16/7007 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Zu Nummer 5

Wenn Anlegerinteressen im Aufsichtsrat einer Fondsgesellschaft durch ein
unabhängiges Mitglied vertreten sein sollen, dann wird dies nachvollziehbar am
besten durch ein Mitglied einer allgemein anerkannten Anlegerschutzorganisa-
tion sichergestellt. Eine generelle Unabhängigkeit eines Mitglieds lässt noch
keine Schlussfolgerung zu, ob das damit angestrebte Ziel, nämlich die Ver-
tretung der Anlegerinteressen im Aufsichtsrat der Fondsgesellschaft, auch er-
reicht wird. Eine allgemeine Unabhängigkeit ist insofern auch für andere Inte-
ressen beeinflussbar und deshalb nicht ausreichend.

Zu Nummer 6

Zur aktuellen Vertrauenskrise auf den Finanzmärkten hat die fehlende Kenntnis
der Aufsicht wie der Marktteilnehmer über Art und Umfang der Aktivitäten
sogenannter Zweckgesellschaften wesentlich beigetragen. Diese mangelnde
Kenntnis folgte daraus, dass diese Zweckgesellschaften außerhalb jeglicher
Bankenaufsicht stehen. Dieser Fehler sollte nicht ein zweites Mal und jetzt bei
den Kapitalanlagegesellschaften begangen werden.

Zu Nummer 7

Ein Beispiel, zu welchen Ergebnissen solche Kann-Bedingungen führen, ist die
„Empfehlung der EU-Kommission vom 27. April 2004 zu bestimmten An-
gaben, die nach Anhang I Schema C der Richtlinie 85/611/EWG im verein-
fachten Prospekt enthalten sein müssen“ (Amtsblatt L 144 vom 30. April 2004).
Dort steht im Anhang I zur Gesamtkostenquote unter Punkt 5, erfolgsabhängige
Verwaltungsvergütungen: „Erfolgsabhängige Verwaltungsgebühren sollten in
die TER einbezogen werden und gesondert als prozentualer Anteil des durch-
schnittlichen Nettovermögens ausgewiesen werden.“ In der Begründung zu den
einzelnen Vorschriften im Gesetz zur Modernisierung des Investmentwesens
und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungs-
gesetz) vom 19. September 2003 ist auf Seite 88 der Bundestagsdrucksache
15/1553 zu lesen: „Die erfolgsabhängige Verwaltungsvergütung ist in der TER
enthalten.“

Allerdings steht in den Erläuterungen zur TER nach BVI-Methode im Rahmen
der Wohlverhaltensregeln des Bundesverband Investment und Asset Manage-
ment (BVI): „Sofern dem Sondervermögen erfolgsabhängige Vergütungen
(performance fees) in Rechnung gestellt worden sind, so werden diese – eben-
falls als Prozentsatz des durchschnittlichen Fondsvolumens – in direktem Zu-
sammenhang mit der TER gesondert ausgewiesen.“ Auf Nachfrage bestätigte
der BVI, dass dies bedeutet, dass die erfolgsabhängigen Gebühren nicht in der
TER enthalten sind. Diese Wohlverhaltensregelungen will die Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht aber für allgemeinverbindlich für die gesamte
Branche erklären.

Obwohl also die EU-Kommission empfohlen hat, dass diese erfolgsabhängigen
Gebühren in der TER enthalten sein sollen, und obwohl sie nach der Begrün-
dung des Investmentmodernisierungsgesetzes 2003 auch in der TER enthalten
seien, trifft dies in der Praxis nicht zu.

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