BT-Drucksache 16/6675

Bekämpfung des Feinstaubaufkommens - Planungen und Ergebnisse

Vom 10. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6675
16. Wahlperiode 10. 10. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Patrick Döring, Michael Kauch, Horst Friedrich (Bayreuth),
Jan Mücke, Joachim Günther (Plauen), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen,
Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit
Homburger, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Markus
Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk
Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde,
Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Bekämpfung des Feinstaubaufkommens – Planungen und Ergebnisse

Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat entschieden, dass einzelne Bürger
gegen die Kommune klagen können, wenn diese keine Aktionspläne gegen die
Feinstaubbelastung entwickelt hat und die europäischen Grenzwerte an mehr als
35 Tagen im Jahr überschritten werden.

Die Bundesregierung hatte mit Zustimmung des Bundesrates als ein Instrument
zur Bekämpfung des Feinstaubs bereits im vergangenen Jahr die Verordnung zur
Kennzeichnung von emissionsarmen Fahrzeugen beschlossen und damit die
Einrichtung so genannter Umweltzonen in den Kommunen ermöglicht. Derzeit
planen 21 Kommunen die Einrichtung einer solchen Umweltzone. Des Weiteren
wird seit Beginn des Jahres 2006 die Nachrüstung von Partikelfiltern für Diesel-
PKW steuerlich gefördert.

Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Maßnahmen zielführend und ausrei-
chend sind, da laut einer Studie des Fraunhofer-Institutes (im Auftrage der Bun-
desregierung) der Einfluss des Verkehrs auf die Überschreitung von Tagesgrenz-
werten eher gering ist. Der Anteil des Reduktionspotentials des Verkehrs bei
extrem hohen Feinstaubbelastungen liegt demnach bei nur etwa zehn Prozent.
Daher stellt sich die Frage, ob die geltende Grenzwertregelung überhaupt ein ge-
eignetes Instrumentarium einer praktikablen Luftreinhaltestrategie ist. So wird

zum Beispiel das Feinstaubaufkommen von Holz-Heizungen bisher nur unzu-
reichend berücksichtigt. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit (BMU) hat mit Versendung des Referentenentwurfes für eine
Neufassung der ersten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions-
schutzgesetzes (1. BimSchV) Ende Juni 2007 die Anhörung der beteiligten
Kreise eingeleitet. Eine Kabinettsvorlage steht aber noch aus.

Drucksache 16/6675 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Das Europäische Parlament hat Vorschläge zur Reform der EU-Feinstaubricht-
linie gemacht. Diese sehen in den Eckpunkten vor, die Tagesgrenzwerte zu fle-
xibilisieren und die Jahresgrenzwerte zu verschärfen. Die Bundesregierung hat
den Reformvorschlägen im EU-Minsterrat aber nicht zugestimmt.

Auch gab es in der letzten Zeit Berichte darüber, dass nicht alle auf dem Markt
erhältlichen Partikelfiltersysteme tatsächlich zu einer hinreichenden Minderung
des Rußpartikelausstoßes führen. Außerdem ist durch diese Maßnahmen mut-
maßlich nur ein Bruchteil des Feinstaubaufkommens erfasst.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sieht die Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerich-
tes Leipzig Handlungsbedarf auf Seiten des Bundes?

2. Wenn nein, warum nicht?

3. Wenn ja, was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun?

4. Wann will die Bundesregierung den Kabinettsbeschluss über die Änderung
der 1. BimSchV zur Verschärfung der Anforderungen an Kleinfeuerungs-
anlagen fällen, um das Feinstaubaufkommen zu mindern?

5. Stimmt die Bundesregierung der im Auftrag des Bundesministeriums für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) durchgeführten Studie zu den
„Auswirkungen ordnungsrechtlicher Verkehrsmaßnahmen auf die lokale
Feinstaubbelastung unter Berücksichtigung meteorologischer Einflüsse“ zu,
dass

a) der PKW-Verkehr im innerstädtischen Bereich für einen Anteil der
PM10-Immissionen von 4 Prozent verantwortlich ist,

b) der Anteil des LKW-Verkehrs zwischen 17 und 30 Prozent liegt,

c) die Ausstattung von Diesel-PKW mit Partikelfiltern „unerheblich“ zur
Reduktion der PM10-Immissionen beiträgt?

6. Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung ihre abweichende Ansicht?

7. Stimmt die Bundesregierung der im Auftrag des BMVBS durchgeführten
Studie zu den „Auswirkungen ordnungsrechtlicher Verkehrsmaßnahmen
auf die lokale Feinstaubbelastung unter Berücksichtigung meteorologischer
Einflüsse“ zu, dass

a) überwiegend Inversionswetterlagen für Grenzwertüberschreitungen ver-
antwortlich sind,

b) und daher die geltende Grenzwertregelung kein geeignetes Instrument
einer praktikablen Luftreinigungsstrategie ist?

8. Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung ihre abweichende Ansicht?

9. Wenn ja, hält die Bundesregierung eine Flexibilisierung der Tagesgrenz-
werte und eine Verschärfung der Jahresgrenzwerte für eine tauglichere
Grundlage von Luftreinigungsstrategien?

10. Beabsichtigt die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für ein
anderes Grenzwertmodell einzusetzen, beispielsweise die Erforderlichkeit
von Maßnahmen an die Tageskonzentration von Feinstaub im Jahresdurch-
schnitt zu knüpfen?

11. Wie begründet die Bundesregierung ihre bisherige Ablehnung der vom
Europäischen Parlament beschlossenen Reformvorschläge?

12. Welche Alternativen zur Einrichtung einer Umweltzone hält die Bundes-

regierung für geeignet, um die Feinstaubkonzentration in der Innenstadt zu
senken?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6675

13. Welche Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland haben nach Kennt-
nis der Bundesregierung in diesem und im vergangenen Jahr die Grenzwerte
an mehr als 35 Tagen überschritten?

14. Welche von diesen Kommunen haben nach Kenntnis der Bundesregierung
bereits Aktionspläne entwickelt?

15. Welche Kommunen planen nach Kenntnis der Bundesregierung in abseh-
barer Zeit die Einführung einer Umweltzone?

16. Wie viele Fahrzeuge des Bundes (Bundesregierung und nachgeordnete
Bundesbehörden) sind direkt von der Einführung von Umweltzonen betrof-
fen bzw. werden in Umweltzonen und deren näherer Umgebung verkehren?

a) Wie viele dieser Fahrzeuge sind bzw. waren für eine Nachrüstung ge-
eignet?

b) Wie viele von diesen Fahrzeugen sind zum jetzigen Zeitpunkt mit Par-
tikelfiltern ausgerüstet?

c) Wie viele dieser Fahrzeuge werden bis zum Ende des Jahres mit Partikel-
filtern ausgerüstet sein?

17. Wie viele Fahrzeuge des Bundes erfüllen insgesamt nicht die Anforderun-
gen zur Erlangung einer grünen Feinstaubplakette?

a) Wie viele von diesen wurden bisher mit Partikelfiltern ausgerüstet?

b) Wie viele von diesen werden bis Ende des Jahres mit Partikelfiltern aus-
gerüstet?

c) Wie hoch sind die Kosten durch diese Umrüstung insgesamt?

18. Wie viele Fahrzeuge des Bundes, die nicht den Anforderungen der Kenn-
zeichnungsverordnung genügten, wurden im Laufe des Jahres ausgemustert
und durch neue Fahrzeuge ersetzt?

Wie hoch waren die Kosten für diese Neuanschaffungen?

19. Wie hoch ist das gegenwärtige Durchschnittsalter der Fahrzeuge des Bun-
des?

20. Wie hat sich das Durchschnittsalter der Fahrzeuge des Bundes seit 1998
entwickelt?

21. Welche Unternehmen stellen nach Kenntnis der Bundesregierung Partikel-
filter her?

22. In welchem Maß müssen Partikelfilter den Ausstoß von Rußpartikeln min-
destens verringern?

23. Welche Partikelminderungen bzw. -ausstoß sind für die Einfahrt in Umwelt-
zonen erforderlich?

24. Welche gesetzlichen Bedingungen müssen Partikelfilter außerdem erfüllen?

25. Welche Tests werden vor einer Zulassung eines Partikelfilters durchgeführt?

26. Welche Behörden oder Organisationen führen diese Tests durch?

27. Wird in diesem Rahmen auch ein Langzeittest durchgeführt?

28. Wenn ja, unter welchen Bedingungen?

29. Wie bewertet die Bundesregierung Messungen im so genannten verschärf-
ten Dauerlauf?

30. Gibt es über die bisher genannten Messungsverfahren hinaus weitere an-

erkannte Testverfahren?

Drucksache 16/6675 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

31. Von wem wurden solche Tests bisher durchgeführt, insbesondere waren
Bundesbehörden an Tests, die außerhalb des Zulassungsverfahrens durch-
geführt wurden, beteiligt?

32. Wenn ja,

a) wurde(n) diese Behörde(n) und/oder Organisation(en) mit den Tests
beauftragt?

b) Wenn ja, wann, und von wem?

c) Welche Ergebnisse hatten diese Tests?

d) Seit wann sind die Testergebnisse der Bundesregierung bekannt?

33. Wie unterschieden sich die bisher genannten Testverfahren voneinander?

34. Sind der Bundesregierung Testergebnisse von Filtersystemen bekannt, nach
welchen die technischen Mindestanforderungen in Bezug auf die Minde-
rung des Partikelausstoßes nicht eingehalten wurden, die aber dennoch als
von der zuständigen Behörde zugelassen auf dem Markt erhältlich sind?

35. Wenn ja,

a) um welche Hersteller handelt es sich und welche Werte erreichten die
getesteten Systeme bei der Partikelminderung?

b) Wird die Bundesregierung auch diese eingebauten Systeme steuerlich
begünstigen oder sind diese bereits steuerlich begünstigt?

36. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die derzeit angewandten Testver-
fahren ausreichend sind, um eine den Vorschriften entsprechende Qualität
der Partikelfilter sicherzustellen?

37. Werden die eingebauten Partikelfilter bei regelmäßigen Untersuchungen,
zum Beispiel im Rahmen der zweijährigen Haupt- oder Abgasuntersuchung
überprüft?

38. Wie beabsichtigt die Bundesregierung sicherzustellen, dass die Partikelfilter
auch langfristig die geforderten Minderungseffekte beim Rußpartikelaus-
stoß erzielen?

39. Wie viele Partikelfilter wurden bisher in Diesel-PKW nachgerüstet (bitte in
absoluten und relativen Zahlen im Hinblick auf den Bestand an Diesel-
PKW ohne Partikelfilter)?

40. Wie hoch ist die Summe, mit der der nachträgliche Einbau von Partikel-
filtern in PKW mit Dieselmotor insgesamt gefördert wird?

41. Wie hoch ist der bisher in Anspruch genommene Anteil der gesamten För-
derungssumme?

42. Wie beurteilt die Bundesregierung diese Quote?

43. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Nachrüstung von LKW mit Partikel-
filtern steuerlich zu fördern?

44. Wenn ja, bei welchen LKW, in welcher Höhe und wie soll die Partikelfilter-
Nachrüstung gefördert werden, insbesondere ist es richtig, dass für die Par-
tikelfilternachrüstung für LKW ab einem zulässigen Gesamtgewicht von
12 Tonnen zinsverbilligte Kredite aus dem ERP-Umwelt- und Energiespar-
programm der KfW-Bankengruppe vergeben werden sollen?

Berlin, den 10. Oktober 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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