BT-Drucksache 16/6497

zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - 16/5587 - Für einen sicherheitspolitischen Kurswechsel in Afghanistan - Nebeneinander von ISAF und OEF beenden

Vom 21. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6497
16. Wahlperiode 21. 09. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Trittin, Winfried Nachtwei, Kerstin Müller
(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/5587 –

Für einen sicherheitspolitischen Kurswechsel in Afghanistan –
Nebeneinander von ISAF und OEF beenden

A. Problem

Die den Antrag stellende Fraktion stellt fest, dass das internationale Engagement
in Afghanistan, zu dem zivile und humanitäre Maßnahmen sowie die sicher-
heitspolitische Unterstützung durch ISAF gehörten, viele Teilerfolge vorweisen
könne. Hierzu gehöre auch, dass Afghanistan nicht mehr der Rückzugsort und
das Trainingslager des internationalen Terrornetzwerkes von Al Qaida sei.
Gleichwohl verübte ein gewaltbereites Spektrum von Al-Qaida-Kräften, alten
und neuen Talibangruppen und anderen fundamentalistischen Kräften überwie-
gend von Pakistan aus Angriffe in Afghanistan, wobei sie vor Ort auf alte Netz-
werke, Drogenkartelle und eine Schar von Enttäuschten, Entmachteten und
Kriminellen zurückgreifen könnten. Die Zahl der Anschläge und sicherheits-
relevanten Zwischenfälle habe seit 2005 spürbar zugenommen. Mit gezielten
Anschlägen gegen die Zivilbevölkerung begingen die Aufständischen zuneh-
mend Kriegsverbrechen. Bei ihren Angriffen gegen militärische Ziele seien in
erster Linie afghanische Zivilisten und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen inter-
nationaler Hilfsorganisationen sowie auch deutsche Soldaten, zivile Helfer und
afghanische Partner die Opfer.

Die den Antrag stellende Fraktion stellt ebenfalls fest, dass auch infolge von
Militäroperationen der OEF, der NATO oder anderer Koalitionskräfte Zivilisten
ums Leben gekommen seien. Internationale Sicherheitskräfte hätten mit Unter-
stützung afghanischer Sicherheitskräfte Bodenoffensiven oder Luftangriffe
durchgeführt, bei denen es wiederholt und teils in erheblichem Umfang zu
Opfern unter der Zivilbevölkerung gekommen sei. Bei einigen Zwischenfällen

sei die Abgrenzung zwischen der US-geführten OEF, der VN-mandatierten
ISAF oder weiterer in Afghanistan operierender US-Spezialeinheiten selbst für
Experten nur schwer erkennbar. Für die afghanische Bevölkerung sei eine Un-
terscheidung der Truppen und Missionen gar nicht möglich.

Vieles deute darauf hin, dass neben den Luftangriffen vor allem die Art und
Weise des militärischen Vorgehens von US- und OEF-Truppen für die hohe Zahl
der Zivilopfer verantwortlich seien. Die Wut und die Enttäuschung über das

Drucksache 16/6497 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

rücksichtslose militärische Vorgehen eines Teils der internationalen Truppen in
Afghanistan wendeten sich gegen alle internationalen Streitkräfte. Auch die
Zentralregierung und die internationalen Hilfskräfte verlören so weiter an Rück-
halt in der Bevölkerung. OEF und die Kommandoaktionen gefährdeten zuneh-
mend die ISAF-Mission und untergrüben so die Unterstützung in den Heimat-
ländern. Das Nebeneinander getrennt geführter und unterschiedlichen Aufträgen
folgender Missionen im gleichen Operationsgebiet widerspreche allen militäri-
schen Regeln und erweise sich immer mehr als kontraproduktiv und unverant-
wortlich. Nach dem Abschluss des Petersberg-Prozesses und der Ausweitung
der ISAF-Verantwortung auf ganz Afghanistan gebe es für OEF in Afghanistan
keine rechtlich und keine sachlich tragfähige Grundlage mehr.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die deutsche Beteiligung an OEF zu be-
enden und gegenüber den USA, in der NATO und gegenüber den ISAF-Partnern
darauf zu drängen, das Nebeneinander von ISAF und OEF zu beenden, die Ge-
samtverantwortung für die militärische Sicherheitsunterstützung der Regierung
allein bei ISAF anzusiedeln sowie die ISAF-Mission weiterhin durch die Res-
sourcen der an OEF beteiligten Staaten zu stärken. Die Bundesregierung wird
des weiteren aufgefordert darauf hinzuwirken, dass afghanische Kräfte und
ISAF bei ihrem Vorgehen gegen militante Oppositionsgruppen künftig alles zur
Vermeidung von Opfern unter der Zivilbevölkerung unternehmen, gegenüber
der Bevölkerung respektvoll und zurückhaltend auftreten sowie die universellen
Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht einhalten. Die Bundesregie-
rung wird ebenfalls aufgefordert, den Aufbau und die Ausbildung afghanischer
Militär- und Polizeikräfte landesweit voranzutreiben, die strukturellen Defizite,
insbesondere im Bereich der Besoldung, zu beseitigen, die Rückstände beim
Justizaufbau und der Korruptionsbekämpfung abzubauen und darauf hinzuwir-
ken, dass die pakistanische Regierung und ihre Sicherheitskräfte glaubwürdig
und mit aller Kraft gegen die von Pakistan aus den friedlichen Wiederaufbau Af-
ghanistans störenden Netzwerke vorgehen.

B. Lösung

Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6497

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/5587 abzulehnen.

Berlin, den 19. September 2007

Der Auswärtige Ausschuss

Ruprecht Polenz
Vorsitzender

Bernd Schmidbauer
Berichterstatter

Gert Weisskirchen (Wiesloch)
Berichterstatter

Dr. Werner Hoyer
Berichterstatter

Dr. Norman Paech
Berichterstatter

Jürgen Trittin
Berichterstatter

Drucksache 16/6497 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Bernd Schmidbauer, Gert Weisskirchen (Wiesloch),
Dr. Werner Hoyer, Dr. Norman Paech und Jürgen Trittin

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/5587 in seiner 102. Sitzung am 13. Juni 2007 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem Aus-
wärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Innenausschuss,
dem Verteidigungsausschuss, dem Ausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe, dem Ausschuss für wirt-
schaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, dem Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
und dem Haushaltsausschuss überwiesen.

II. Stellungnahmen des mitberatenden Ausschusses

Der Innenausschuss hat den Antrag in seiner 49. Sitzung am
19. September 2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. ge-
gen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung.

Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag in seiner

CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 44. Sitzung am
19. September 2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und DIE LINKE. ge-
gen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag in seiner 40. Sitzung am 19. September
2007 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag in seiner 49. Sit-
zung am 19. September 2007 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung.
59. Sitzung am 19. September 2007 beraten und empfiehlt
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag in seiner 41. Sitzung am 19. September 2007
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/

III. Beratung im Auswärtigen Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 49. Sit-
zung am 19. September 2007 beraten. Er empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung.

Berlin, den 19. September 2007

Bernd Schmidbauer
Berichterstatter

Gert Weisskirchen (Wiesloch)
Berichterstatter

Dr. Werner Hoyer
Berichterstatter

Dr. Norman Paech
Berichterstatter

Jürgen Trittin
Berichterstatter

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