BT-Drucksache 16/6482

Haltung der Bundesregierung zum US-indischen Nuklearabkommen

Vom 19. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6482
16. Wahlperiode 19. 09. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Dr. Karl Addicks, Christian
Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst
Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam
Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger,
Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link
(Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Volker Wissing, Hartfrid
Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Haltung der Bundesregierung zum US-indischen Nuklearabkommen

Die USA und Indien haben mit dem sog. 123 Agreement einen Vertrag über eine
zivile Nuklearkooperation geschlossen. Im Zuge dieses Nuklearabkommens soll
der Kernwaffenstaat Indien, der dem nuklearen Nichtverbreitungsvertrag nicht
angehört, Zugang zu modernster Nukleartechnologie und nuklearem Brennstoff
sowie zu entsprechendem wissenschaftlichen Know-how erhalten. Eine solche
indische Sonderregelung muss von den 45 Mitgliedstaaten der Nuclear
Suppliers Group (NSG) im Konsens beschlossen werden, da diese einen Export
von Nuklearmaterial an Indien aufgrund fehlender umfassender IAEO (Interna-
tionale Atomenergie-Organisation)-Safeguards bislang untersagt. Eine solche
Sonderregelung würde einen finalen Glaubwürdigkeitsverlust für das nukleare
Nichtverbreitungsregime bedeuten, wenn diese für Indien nicht verbindliche
Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) und dem Nichtver-
breitungsregime enthält. Denn so würden die Grundsätze des NPT ohne Not aus-
gehebelt, ohne dass Indien einen Schritt näher an das Nichtverbreitungsregime
herangeführt wird. Der veröffentlichte Vertragstext zwischen den USA und
Indien sieht ebensolche Verpflichtungen aber bislang nicht vor.

Die Bundesregierung hat sich bisher in ihrer Position zum US-indischen Nukle-
arabkommen offiziell noch nicht festgelegt. In seiner Ausgabe vom 20. August
2007 berichtet „DER SPIEGEL“ nun, dass sich in der Bundesregierung Zustim-

mung zu einer Sonderregelung für Indien abzeichne. Die Bundesregierung hat
dieser Berichterstattung in ihrer Antwort vom 27. August 2007 auf die schrift-
liche Frage 18 auf Bundestagsdrucksache 16/6303 widersprochen.

Drucksache 16/6482 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung den Vertragstext des US-indischen
Nuklearabkommens hinsichtlich der internationalen Abrüstungs- und
Nichtverbreitungsbemühungen?

2. Welche Anforderungen muss ein Safeguardsabkommen zwischen Indien
und der IAEO, das die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die schriftliche
Frage 18 auf Bundestagsdrucksache 16/6303 für eine abschließende Be-
wertung des US-indischen Nuklearabkommens als mit ausschlaggebend
bezeichnet, erfüllen, um eine Zustimmung der Bundesregierung zu ermög-
lichen?

3. Welche weiteren, in der Antwort auf die schriftliche Frage 18 auf Bundes-
tagsdrucksache 16/6303 nicht benannten Vorrausetzungen müssen für eine
abschließende Bewertung des US-indischen Nuklearabkommens durch die
Bundesregierung vorliegen?

4. Welche Anforderungen muss das US-indische Nuklearabkommen nach
Ansicht der Bundesregierung erfüllen, um eine Zustimmung seitens der
Bundesregierung zu ermöglichen?

5. Welchem Zweck dient nach Einschätzung der Bundesregierung dieses US-
indische Nuklearabkommen?

6. Ist eine Zustimmung zum US-indischen Nuklearabkommen, das die von der
Bundesregierung erwarteten Voraussetzungen erfüllt, im nationalen Interes-
se der Bundesrepublik Deutschland?

7. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das US-indische Nuklearab-
kommen ein effektives und angemessenes Mittel ist, um Indien näher an den
nuklearen Nichtverbreitungsvertrag heranzuführen?

8. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das US-indische Nuklear-
abkommen keine negativen Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit der in-
ternationalen Abrüstungs- und Nichtverbreitungsbemühungen im Allge-
meinen und den nuklearen Nichtverbreitungsvertrag im Besonderen haben
wird?

9. Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Nichterfüllung der drei
Punkte (Beitritt zum CTBT (Comprehensive Nuclear Test-Ban Treaty), Pro-
duktionsmoratorium für Spaltmaterial für Waffenzwecke, Verpflichtungen
zur Beschränkung und Abrüstung des Kernwaffenprogramms), die vom
Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier auf einer
SPD-Fachkonferenz am 26. Juni 2006 benannt und für eine positive Bewer-
tung des US-indischen Nuklearabkommens als wichtig erachtet wurden,
durch den vorliegenden Vertragstext zwischen den USA und Indien?

11. Wird die Bundesregierung sich im Rahmen der Verhandlung und Formulie-
rung einer Sonderregelung für Indien in der NSG dafür einsetzen, dass die
vom Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier genann-
ten Punkte doch noch Berücksichtigung finden werden?

12. Wenn ja, welche Auswirkungen würde eine Nichtberücksichtigung dieser
Punkte auf das deutsche Abstimmungsverhalten in der NSG haben?

13. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass dem Kernwaffenstaat
Indien im Zuge des Nuklearabkommens keine generellen Abrüstungsver-
pflichtungen für sein Nuklearpotential auferlegt werden?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6482

14. Wie würde die Bundesregierung eine Zustimmung zum US-indischen
Nuklearabkommen in ihre außenpolitische Zielsetzung einordnen, sich für
eine Stärkung der internationalen Abrüstungs- und Nichtverbreitungsbemü-
hungen einzusetzen, insbesondere für eine Stärkung des nuklearen Nicht-
verbreitungsregimes?

15. Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen des US-indischen Nu-
klearabkommens und einer Zustimmung der NSG zu einer indischen Son-
derregelung auf den Konflikt um das iranische Atomprogramm ein?

16. Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen des US-indischen Nu-
klearabkommens auf die Stabilität der Region und die Sicherheitsarchitek-
tur zwischen Indien und seinen Nachbarstaaten ein?

17. Gedenkt die Bundesregierung Indien offiziell als Kernwaffenstaat anzuer-
kennen?

18. Plant die Bundesregierung eine nationale restriktive Exportpolitik für Nuk-
leartechnologie gegenüber Indien weiterhin auch nach einer möglichen in-
dischen Sonderregelung in der NSG aufrechtzuerhalten?

19. Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung diese Entscheidung?

20. Plant die Bundesregierung im Falle einer indischen Sonderregelung in der
NSG nuklearen Brennstoff an Indien zu liefern?

21. Wenn ja, gedenkt die Bundesregierung solche Lieferungen davon abhängig
zu machen, dass Indien auch weiterhin keine Nukleartests durchführen
wird?

22. Unterstützt die Bundesregierung die Bemühungen der US-Regierung eine
Sondersitzung für das Plenum der NSG noch in diesem Jahr einzuberufen,
um über eine indische Sonderregelung im Sinne des Nuklearabkommens zu
beraten?

23. Wenn ja, wie begründet die Bundesregierung ihre Unterstützung?

Berlin, den 18. September 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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