BT-Drucksache 16/6216

Reservistinnen und Reservisten in Auslandseinsätzen der Bundeswehr

Vom 9. August 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6216
16. Wahlperiode 09. 08. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Brigitte Pothmer, Alexander Bonde,
Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Thilo Hoppe, Ute Koczy,
Renate Künast, Fritz Kuhn, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour,
Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Jürgen Trittin und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Reservistinnen und Reservisten in Auslandseinsätzen der Bundeswehr

Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r

Die Aufgaben der Bundeswehr haben sich mit dem Ende der Ost-West-
Bedrohung grundlegend gewandelt. Derzeit sind etwa 7 550 Soldatinnen und
Soldaten der Bundeswehr in multilateralen Einsätzen zur Friedensstabilisierung
und Gewalteindämmung im Rahmen des Vereinte Nationen (VN)-Systems auf
dem Balkan, in Afghanistan, im Sudan, Georgien oder im Rahmen von United
Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) an der libanesischen Küste einge-
setzt. In fast jedem Einsatzkontingent befinden sich auch Reservistinnen und Re-
servisten, die freiwillig als Wehrübende/Übende in Auslandseinsätzen der Bun-
deswehr ihren Dienst versehen. Personen mit besonderen zivilberuflichen Kennt-
nissen und Fähigkeiten, die in der aktiven Truppe nicht ausreichend oder kaum
vorhanden sind, wie beispielsweise Agraringenieure/Agraringenieurinnen, wer-
den von der Bundeswehr gezielt als Wehrübende für einen Auslandseinsatz ge-
sucht (Bundestagsdrucksache 16/5867 und http://www.n-tv.de/710477.html).

Bei der Suche nach qualifiziertem Personal für Auslandseinsätze spricht die Bun-
deswehr dabei auch arbeitsuchende ehemalige Soldatinnen und Soldaten an. In
einer Stellenausschreibung der Wehrbereichsverwaltung Nord an das JobCenter
Region Hannover werden unter dem Titel „Die Chance! Wehrübungen für Fach-
arbeiter/Facharbeiterinnen“ neben Klimatechniker/Klimatechnikerinnen auch
Elektriker/Elektrikerinnen und Schlosser/Schlosserinnen für einen viermonati-
gen Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan und Kosovo für 2008 ge-
sucht. In der Ausschreibung heißt es, dass auch ein wiederholter Einsatz möglich
sei und neben dem Wehrsold ein steuerfreier Auslandsverwendungszuschlag für
den Einsatz gezahlt werde. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Aus-
landsverwendungszulage nicht als Einkommen zu berücksichtigen und darüber
hinaus grundsätzlich zu prüfen sei, „inwieweit für die Dauer der Wehrübung ggf.
Anspruch auf weitere vorrangige Leistungen nach dem USG (Unterhaltssiche-
rungsgesetz) bestehen, die zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit führen“.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele der aktiven Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr haben bis-
her an einem Auslandseinsatz der Bundeswehr teilgenommen, und wie viele
waren noch nicht im Auslandseinsatz (bitte aufgeschlüsselt nach Häufigkeit,
Teilstreitkraft, Tätigkeitsbereichen und Dienstgradgruppen)?

Drucksache 16/6216 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Wie viele der aktiven Soldaten und Soldatinnen waren bereits in mehr als
vier Auslandseinsätzen eingesetzt (bitte aufgeschlüsselt nach Einsatzort,
Teilstreitkraft, Tätigkeitsbereichen und Dienstgradgruppen)?

3. Wie viele der derzeitigen Zivilbeschäftigten der Bundeswehr haben bisher
an einem Auslandseinsatz der Bundeswehr teilgenommen, und wie viele
waren noch nicht im Auslandseinsatz (bitte aufgeschlüsselt nach Häufig-
keit, Tätigkeitsbereichen und Status)?

4. Welche konkreten Maßnahmen und Veranstaltungen bietet die Bundeswehr
in den Arbeitsagenturen und Jobcentern an, um Arbeitsuchende für die
Bundeswehr zu gewinnen?

5. Inwieweit ist die Teilnahme an diesen Veranstaltungen und Maßnahmen für
die Arbeitsuchenden „freiwillig“?

Wenn nein, warum nicht?

6. Welche Folgen hat die Nichtteilnahme an einer Veranstaltung oder Maß-
nahme für grundsätzlich geeignete Arbeitsuchende?

7. Nach welchen Kriterien wählt die Bundeswehr die Veranstaltungs- und
Werbungsorte aus?

8. Wie gestalten sich Zusammenarbeit und Informationsaustausch zwischen
Arbeitsagentur, Jobcenter und Bundeswehr bei der Anwerbung von Arbeit-
suchenden?

9. Seit wann, wie oft und in welchem Stellenumfang hat die Bundeswehr über
welche Arbeitsagenturen freiwillige Wehrübungen im Ausland für ehe-
malige Soldaten und Soldatinnen ausgeschrieben?

10. Wie viele Reservistinnen und Reservisten hat die Bundeswehr bisher über
die Arbeitsagenturen für eine Wehrübung in einem Auslandseinsatz der
Bundeswehr rekrutiert?

11. Wie bewertet die Bundesregierung dieses oder ähnliches Vorgehen der
Wehrbereichsverwaltungen, arbeitsuchende ehemalige Soldaten und Solda-
tinnen über die Arbeitsagenturen für Wehrübungen in Auslandseinsätzen
der Bundeswehr zu gewinnen?

12. Wie hoch ist der Bedarf an Reservisten und Reservistinnen für Auslands-
einsätze der Bundeswehr insgesamt, und für welche konkreten Aufgaben-
und Tätigkeitsbereiche in Auslandseinsätzen der Bundeswehr werden
Reservistinnen und Reservisten mit welchen Qualifikationen gesucht?

13. Wie viele Reservisten und Reservistinnen leisteten in den vergangenen
zehn Jahren im Rahmen der deutschen Einsatzkontingente eine Wehrübung
(bitte aufgeschlüsselt nach Jahr, Einsatzort, Anzahl, Tätigkeits- und Ver-
wendungsbereich sowie Dienstgradgruppe)?

14. Wie hoch ist die Anzahl der Reservisten und Reservistinnen, die zum Zeit-
punkt der Einberufung zur Wehrübung in einem Auslandseinsatz arbeit-
suchend waren (bitte aufgeschlüsselt für den Zeitraum von 2000 bis 2007)?

15. Wie viele Reservisten und Reservistinnen haben in welchen Tätigkeits-
und Verwendungsbereichen bereits mehr als einmal an einem Auslands-
einsatz der Bundeswehr teilgenommen?

Gibt es sogenannte „Dauerwehrübende“, die bereits häufiger an Auslands-
einsätzen der Bundeswehr teilgenommen haben, und wenn ja, wie viele
und in welchen Aufgaben- und Tätigkeitsbereichen?

16. Gibt es für Reservistinnen und Reservisten, die Interesse an einer mehr-

maligen Auslandsverwendung haben, eine sogenannte Karenzzeit zwi-
schen den Einsätzen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6216

Wenn ja, von welcher Dauer und wird diese immer eingehalten?

Wenn nein, warum wird diese nicht eingehalten?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung – beispielsweise durch
bundeswehrinterne Befragungen – über die Motivation von ehemaligen
Soldatinnen und Soldaten an einem Auslandseinsatz der Bundeswehr als
freiwillig Wehrübende/r teilzunehmen?

18. Wie und nach welchen Kriterien wird die Personalauswahl von Reservisten
und Reservistinnen für einen Einsatz der Bundeswehr im Ausland ge-
troffen?

19. Welche Erkenntnisse hat die Bundeswehr über Erfahrungen mit Reser-
visten und Reservistinnen in Auslandseinsätzen der Bundeswehr?

20. a) In welcher Form und in welchem Umfang werden Reservisten und
Reservistinnen auf ihren jeweiligen Einsatz im Ausland vorbereitet?

b) Wie wird sichergestellt, dass Reservisten und Reservistinnen nach der
Rückkehr aus dem Einsatzland an Reintegrations- und Betreuungsmaß-
nahmen der Bundeswehr teilnehmen können, und wie hoch ist im Ver-
gleich mit den aktiven Soldatinnen und Soldaten die Anzahl derjenigen
Reservisten und Reservistinnen, die diese Angebote wahrnehmen?

c) Welche Leistungen und Entschädigungen erhalten Reservisten und
Reservistinnen bei einer Wehrdienstbeschädigung während ihrer Wehr-
übung im Auslandseinsatz?

Sind dabei Reservisten und Reservistinnen den aktiven Soldaten und
Soldatinnen gleichgestellt, und wenn nein, warum nicht?

21. Wie viele Reservistinnen und Reservisten sind in einem Auslandseinsatz
der Bundeswehr zu Tode gekommen und wie viele sind verletzt worden?

22. Wie viele Reservistinnen und Reservisten, die an einem Auslandseinsatz
teilgenommen haben, leiden nach Kenntnis der Bundesregierung unter
Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und wie werden diese be-
handelt?

Berlin, den 9. August 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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