BT-Drucksache 16/5929

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Omid Nouripour, Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/4445- Europäische Datenschutzstandards bei der Weitergabe von Fluggastdaten an die USA sicherstellen b) zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/4577- Stärkung des Daten- und Rechtsschutzes bei der Weitergabe von Fluggastdaten an die USA

Vom 4. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5929
16. Wahlperiode 04. 07. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Omid Nouripour, Silke Stokar von Neuforn,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/4445 –

Europäische Datenschutzstandards bei der Weitergabe von Fluggastdaten
an die USA sicherstellen

b) Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/4577 –

Stärkung des Daten- und Rechtsschutzes bei der Weitergabe von Fluggastdaten
an die USA

A. Problem

In den Anträgen wird dargelegt, dass das bis zum 31. Juli 2007 befristete Inte-
rimsabkommen zwischen den USA und der EU über die Weitergabe von Flug-
gastdaten (Passenger Name Records, PNR) den Datenschutz für die Bürgerin-
nen und Bürger der EU nicht genügend berücksichtigt. Zudem werden Zusagen
seitens der USA, wie die Umstellung vom Pull- auf das datenschutz-
freundlichere Push-Verfahren, nicht eingehalten.

Vor diesem Hintergrund soll die Bundesregierung mit den Anträgen insbesonde-
re aufgefordert werden, sich im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft für die
Verbesserung des Datenschutzes der im PNR-Verfahren eingeholten personen-
bezogenen Daten einzusetzen sowie auf die unverzügliche Umstellung vom
Pull- auf das Push-Verfahren hinzuwirken. Bezüglich der Verhandlungen über
das Nachfolgeabkommen wird u. a. eine strikte Zweckbindung der übermittelten
Daten gefordert.

Drucksache 16/5929 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4445 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4577 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksa-
che 16/4445 bzw. Annahme des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache
16/4577.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5929

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 16/4445 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 16/4577 abzulehnen.

Berlin, den 4. Juli 2007

Der Innenausschuss

Sebastian Edathy
Vorsitzender

Beatrix Philipp
Berichterstatterin

Wolfgang Gunkel
Berichterstatter

Ernst Burgbacher
Berichterstatter

Jan Korte
Berichterstatter

Silke Stokar von Neuforn
Berichterstatterin

Drucksache 16/5929 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Beatrix Philipp, Wolfgang Gunkel, Ernst Burgbacher,
Jan Korte und Silke Stokar von Neuforn

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 16/4445 und der Antrag der Fraktion der FDP
auf Drucksache 16/4577 wurden in der 85. Sitzung des
Deutschen Bundestages am 8. März 2007 an den Innenaus-
schuss federführend sowie an den Auswärtigen Ausschuss,
den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung, den Ausschuss für Tourismus und den Ausschuss
für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur Mitbe-
ratung überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 43. Sitzung am
13. Juni 2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den
Antrag auf Drucksache 16/4445 abzulehnen, sowie mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen FDP
und DIE LINKE. empfohlen, den Antrag auf Drucksache
16/4577 abzulehnen.

Der Rechtsausschuss hat in seiner 67. Sitzung am 13. Juni
2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4445
empfohlen sowie mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Druck-
sache 16/4577 empfohlen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat in sei-
ner 40. Sitzung am 20. Juni 2007 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/4445 empfoh-
len sowie mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des An-
trags auf Drucksache 16/4577 empfohlen.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat in seiner 42. Sitzung am 13. Juni 2007 jeweils mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung der Anträge auf Druck-
sachen 16/4445 und 16/4577 empfohlen.

Der Ausschuss für Tourismus hat in seiner 36. Sitzung am
13. Juni 2007 jeweils mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen,
die Anträge auf Drucksachen 16/4445 und 16/4577 abzuleh-
nen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 35. Sitzung am 13. Juni 2007 jeweils mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung der Anträge
auf Drucksachen 16/4445 und 16/4577 empfohlen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat die Anträge auf Drucksachen 16/
4445 und 16/4577 in seiner 46. Sitzung am 4. Juli 2007 ab-
schließend beraten.

Bei den Beratungen lag dem Ausschuss eine schriftliche In-
formation des Bundesministers des Innern vom 28. Juni
2007 einschließlich des Textes des paraphierten Abkom-
mens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten
Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Fluggastda-
tensätzen (PNR) und deren Übermittlung durch die Flugge-
sellschaften an das United States Department of Homeland
Security (DHS) auf Ausschussdrucksache 16(4)244 vor. Auf
Wunsch der Fraktionen gab der Bundesbeauftragte für den
Datenschutz und die Informationsfreiheit dem Innenaus-
schuss eine datenschutzrechtliche Einschätzung des Abkom-
mens.

Als Ergebnis der Beratungen wurde der Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/4445 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD ge-
gen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/4577
wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

II. Zur Begründung

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD lehnen
die Anträge ab, da das dem Ausschuss vorliegende para-
phierte Abkommen zur Fluggastdatenübermittlung offenbar
das Optimum dessen darstelle, was in den Verhandlungen für
die EU erreichbar gewesen sei. Aus der Perspektive des eu-
ropäischen Datenschutzrechts hätte man sich zwar ein Mehr
an Datenschutz vorstellen können. Einige Forderungen seien
aber ersichtlich gegenüber den USA nicht durchsetzbar ge-
wesen, die als souveräner Staat grundsätzlich berechtigt sei-
en, die Bedingungen für eine Einreise selbst zu definieren.
Positiv hervorzuheben sei vor allem die Rechtssicherheit, die
man durch den Abschluss eines verbindlichen Abkommens
gewonnen habe. Auch die Festlegung des Zieldatums 1. Ja-
nuar 2008 für die Umstellung vom Pull- auf das datenschutz-
freundlichere Push-Verfahren, die Verpflichtung zur unver-
züglichen Löschung bestimmter sensibler Daten und die
Gleichstellung von EU- mit US-Bürgern im Hinblick auf
Auskunfts- und Schutzmöglichkeiten bezüglich der Daten-
speicherung stellten Verbesserungen dar.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/5929

Die Fraktion der FDP kritisiert das ausgehandelte Abkom-
men. Ihre im Antrag dargelegten Forderungen, wie nach
einer Evaluierung der Datenweitergabepraxis, seien nicht
erfüllt. Das Abkommen lasse Verbesserungen bei Daten-
schutzstandards nicht erkennen, die USA hätten sich viel-
mehr in allen Punkten gegenüber der EU durchgesetzt. Bei
den zu übermittelnden Datensätzen gebe es sogar Ansätze zu
einer Ausweitung. Zudem könnten in Zukunft alle US-Be-
hörden auf die Datensätze zugreifen, was ebenso wie die
Verlängerung der Speicherdauer eine Verschlechterung dar-
stelle. Die EU hätte mehr Druck in den Verhandlungen aus-
üben können, da die USA auf die Einreise von EU-Bürgern
angewiesen seien.

Die Fraktion DIE LINKE. sieht in dem Abkommen eben-
falls eine Verschlechterung der bisherigen Situation und
stimmt daher den Anträgen der beiden anderen Oppositions-
fraktionen zu. Bei den Verhandlungen hätten erkennbar
Sicherheitsaspekte einseitig Vorrang erhalten. Wenn jetzt
überlegt werde, in Anlehnung an die im Abkommen gefun-

denen Lösungen ein System der Fluggastdatenübermittlung
auf europäischer Ebene einzurichten, solle damit offenbar
versucht werden, europäische Datenschutzstandards abzu-
senken. Als Grundlage einer weiteren Diskussion sei zu-
nächst eine Evaluierung erforderlich, welche Daten unter
Sicherheitsaspekten wirklich erforderlich seien.

Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht
dem Abkommen kritisch gegenüber und hält an ihren For-
derungen aus dem Antrag fest. Die Konstruktion des Ab-
kommens mit einem ergänzenden Schriftwechsel und die
einzelnen Regelungen gewährleisteten keine hinreichende
Rechtssicherheit, sondern eröffneten jeder Seite zu weit ge-
hende Interpretationsmöglichkeiten. Das Abkommen stehe
nicht mit europäischem und deutschem Datenschutzrecht in
Einklang. Es sei auch zu befürchten, dass europäische Bür-
ger infolge der Datenübermittlung gravierende Einschrän-
kungen ihrer Reisefreiheit in die USA hinnehmen müssten,
wenn sog. No-flight-Listen auf Unionsbürger ausgeweitet
würden.

Berlin, den 4. Juli 2007

Beatrix Philipp
Berichterstatterin

Wolfgang Gunkel
Berichterstatter

Ernst Burgbacher
Berichterstatter

Jan Korte
Berichterstatter

Silke Stokar von Neuforn
Berichterstatterin

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