BT-Drucksache 16/5678

Deutsche Kolumbien-Politik auf die Stärkung ziviler Friedensinitiativen und der sozialen, demokratischen und Menschenrechte ausrichten

Vom 14. Juni 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5678
16. Wahlperiode 14. 06. 2007

Antrag
der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, Hüseyin-
Kenan Aydin, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Cornelia Hirsch, Inge Höger,
Dr. Hakki Keskin, Katrin Kunert, Michael Leutert, Kornelia Möller, Dr. Norman
Paech, Paul Schäfer (Köln), Alexander Ulrich, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine
und der Fraktion DIE LINKE.

Deutsche Kolumbien-Politik auf die Stärkung ziviler Friedensinitiativen und der
sozialen, demokratischen und Menschenrechte ausrichten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Kolumbien ist eines der Länder mit der größten Zuspitzung sozialer Gegen-
sätze weltweit. Das ärmste Fünftel der kolumbianischen Bevölkerung verfügt
über weniger als 3 Prozent des nationalen Einkommens, das reichste Fünftel hin-
gegen über mehr als 60 Prozent. Der nationale Entwicklungsplan weist aus, dass
die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt, 15 Prozent leben
gar in „extremer Armut“. Dem gegenüber steht ein hoch konzentrierter und
stetig wachsender Reichtum in Form von Geld- und Kapitalvermögen und Groß-
grundbesitz und die Bereitschaft von Teilen der Besitzenden, diesen Reichtum
auch unter Anwendung von Gewalt zu verteidigen und zu mehren. Entsprechend
zugespitzt sind die sozialen Auseinandersetzungen. Vor diesem Hintergrund
muss auch der seit mehr als 40 Jahren andauernde bewaffnete Konflikt in
Kolumbien betrachtet werden, an dem linke Guerilla-Gruppen, rechte paramili-
tärische Verbände und die kolumbianische Regierung als Konfliktparteien betei-
ligt sind. In diesem Kontext entwickelte sich in Kolumbien eine dramatische
Menschenrechtssituation, die von politischen Morden, zahllosen Verschwunde-
nen sowie gewaltsamer Vertreibung, willkürlichen und Massenverhaftungen
und Einschränkungen der Meinungsfreiheit gekennzeichnet ist. Die Comision
Colombiana de Juristas weist für den Zeitraum Juni 1996 bis Juni 2006 über
30 000 sozio-politisch motivierte Morde, extralegale Hinrichtungen und Ver-
schleppungen aus. Für über 70 Prozent der Fälle, in denen eine Zuordnung mög-
lich war, zeichnen rechte paramilitärische Gruppen verantwortlich, für 21 Pro-
zent linke Guerillaverbände, für die übrigen Fälle staatliche Organe. Die gewalt-
same Vertreibung hat in Kolumbien seit Jahren dramatische Ausmaße. Laut dem
UN Hochkommissariat für Flüchtlinge gibt es in Kolumbien über 3 Millionen
Binnenflüchtlinge, die weltweit größte Zahl nach dem Sudan.

Die kolumbianische Regierung unter Präsident Alvaro Uribe setzt in der Kon-
frontation mit den Guerilla der FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de
Colombia) auf eine Fortsetzung der militärischen Aktionen gegen die FARC.
Ohne eine Einbeziehung der FARC in den Friedensprozess wird jedoch kein
dauerhafter Frieden hergestellt werden können. Das erfordert einerseits, die
FARC von der Terrorliste der EU zu streichen. Andererseits müssen die FARC

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ihre Bereitschaft zu Friedensverhandlungen und zur Freilassung ihrer Geiseln
glaubhaft machen.

Mit den rechten Paramilitärs, die für zahllose Massaker und politische Morde,
für Vertreibungen und illegale Landnahme verantwortlich zeichnen, schloss die
Regierung Abkommen, die unter dem Deckmantel einer scheinbaren Demobili-
sierung vor allem der Straflosigkeit, einer Neustrukturierung der paramilitäri-
schen Gruppen und dem Ausbau ihres Einflusses in zivilen Institutionen und im
gesellschaftlichen Leben Vorschub leisten.

Seit Beginn des sog. Demobilisierungsprozesses im Jahr 2002 haben nach offi-
ziellen Statistiken rund 30 000 Paramilitärs ihre Waffen abgegeben. Trotzdem
hält die Gewalt, die von den paramilitärischen Gruppen ausgeht, an. In ihrem
Sechsten Bericht weist die Misión de Apoyo al Proceso de Paz (MAPP) der Or-
ganisation Amerikanischer Staaten auf neu entstandene und weiter existierende
paramilitärische Gruppen hin. Zugleich wird die Verstrickung der politischen
Elite mit den Paramilitärs zunehmend evident: Seit Jahren weisen Menschen-
rechtsorganisationen auf die engen Verbindungen von Paramilitärs zu den staat-
lichen Streitkräften hin. Im Februar 2007 musste die kolumbianische Außen-
ministerin wegen der zu großen Nähe ihrer Familie zu den Paramilitärs zurück-
treten. Der Präsident selbst sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert, er habe als
Gouverneur der Region Antioquia (1995 bis 1997) mit paramilitärischen Grup-
pen kooperiert. Rund 20 Parlamentsabgeordnete der Regierungsmehrheit sind
derzeit der Kooperation mit Todesschwadronen angeklagt.

Opferverbände sehen in der Ausgestaltung des Demobilisierungsprozesses ihr
Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung missachtet. Nur die
wenigsten Paramilitärs werden überhaupt zur Rechenschaft gezogen und diese
wiederum profitieren von den Strafnachlässen, die im umstrittenen Gesetz
„Gerechtigkeit und Frieden“ festgelegt wurden. Vertriebene Familien erhalten
nur rund 40 Prozent des Betrags, den ein ehemaliges Mitglied der Paramilitärs
und seine Familie erhalten. Das heißt: Täter erhalten mehr staatliche Zuwendun-
gen als Opfer. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat kontinuier-
lich auf die Widersprüche zu internationalen Normen hingewiesen.

Ein wesentliches Problem des Demobilisierungsprozesses ist auch die Fest-
schreibung des Landraubs, der mit massenhaften Vertreibungen verbunden war.
Nicht nur sind bisher verschwindend geringe Mengen Land für die Rückgabe
und Entschädigung von den Paramilitärs zur Verfügung gestellt worden. Da-
rüber hinaus ist auch nicht geklärt, inwiefern dieses Land wirklich den Vertrie-
benen und Opfern zugute kommt, oder ob es auch für die Ansiedlung Demo-
bilisierter verwendet wird. Parallel hat die Regierung ein Landgesetz auf den
Weg gebracht, dass die Übertragung eines Eigentumstitels nach mehrjähriger
Nutzung auf fünf Jahre herabsetzt; de facto würde dieses Gesetz die Ansprüche
von Binnenflüchtlingen, die sich mehr als fünf Jahre nicht um ihr Land
kümmern konnten, ausschließen und viele Teile der illegalen Landaneignung
durch oder mit Unterstützung von Paramilitärs rechtlich absichern.

Bislang haben die Bundesregierung und die EU solche Hinweise weitgehend
ignoriert und kaum Kritik an den massiven Menschenrechtsverletzungen in
Kolumbien, an der weit gehenden Straflosigkeit für Paramilitärs und an ihrem
wachsenden Einfluss verlauten lassen. Auch der Bundespräsident verzichtete
darauf, bei seinem Besuch im März 2007 öffentlich Kritik in diesem Sinne zu
äußern. Damit verliert die Kritik der deutschen Politik und der EU am Zustand
der Menschenrechte nicht nur in anderen Staaten Lateinamerikas an Glaubwür-
digkeit.

2. Im Rahmen des im Jahr 2000 beschlossenen und seither mit 4,7 Mrd. US-Dol-
lar ausgestatteten Plan Colombia leisten die USA massive Militär- und Polizei-
hilfe zur Drogen- und Aufstandsbekämpfung in Kolumbien. Damit wird die

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Militarisierung der sozialen Konflikte vorangetrieben. Die wichtige Frage der
Bodenreform wird in der politischen Strategie der Regierung und im Plan
Colombia durch die „Bekämpfung des illegalen Drogenanbaus“ überlagert, die
sich ganz wesentlich gegen die Kleinbauern richtet. Es gibt in Kolumbien zwei
Millionen Kokabauern, die nach Angaben des United Nations Office on Drugs
and Crime im Durchschnitt 1,13 ha Land bestellen. Für diese Bauern ist der
Koka-Anbau unter den gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen überlebens-
notwendig. Die Vernichtung von Anbauflächen und Wäldern durch großflächige
Besprühungen fügt ihnen und auch solchen Bauern beträchtlichen Schaden zu,
die keine Koka anbauen. Die Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen für den
Anbau der Ölpalme im Rahmen des Plan Colombia verstärkt überdies soziale
und ökologische Verwerfungen: Die Projekte sind mit großem Verlust an
Wäldern und kleinbäuerlicher Nutzfläche verbunden. Die Plantagen stehen
zudem überwiegend unter der Kontrolle von Paramilitärs. Unter Ausnutzung des
Umstands, dass viele Kleinbauern über keine Besitztitel über die von ihnen be-
arbeiteten Felder verfügen, und des vielerorts durch die bewaffneten Konflikte
entstandenen Rechtsvakuums, kam es im Zusammenhang mit der Anlage von
Ölpalm-Plantagen zu breit angelegten Vertreibungen der Landbevölkerung.

3. Seit Mitte der 90er Jahre geriet der Coca-Cola-Konzern international unter
starke Kritik. Dem Management der Coca-Cola-Abfüllanlagen in Kolumbien
wird vorgeworfen, gewerkschaftlich aktive Arbeiterinnen und Arbeiter massiv
bedroht und dabei auch mit paramilitärischen Gruppen zusammengearbeitet zu
haben. Acht Gewerkschafter/Gewerkschafterinnen, die sich für bessere Arbeits-
bedingungen und das Recht auf gewerkschaftliche Organisation in den Abfüll-
anlagen einsetzten, wurden ermordet. Auch anderen multinationalen Konzernen
wie Drummond, BP und Chiquita wird von Menschenrechtsorganisationen vor-
geworfen, mit paramilitärischen Gruppen kooperiert zu haben.

4. Als bedeutendste Maßnahme der Entwicklungszusammenarbeit der EU in
Kolumbien und als Beitrag zu einer zivilen Konfliktbewältigung gelten allge-
mein die so genannten Friedenslabors (Laboratorios de Paz). Der Anspruch die-
ser Friedenslabors ist es, eine Friedenskultur zu etablieren, Bürgerbeteiligung zu
fördern und eine nachhaltige sozioökonomische Entwicklung in Gang zu setzen.
2006 gab es drei Friedenslabors, die mehr als 100 Gemeinden umfassten. Die
ursprüngliche Intention der Friedenslabors ist ausdrücklich zu begrüßen, die
Konzeption wurde jedoch seit Antritt der Regierung Alvaro Uribe deutlich ver-
ändert. Zudem ergibt sich aus der Integration der Maßnahmen in die regionalen
„Programme für Entwicklung und Frieden“ (Programas de Desarrollo y Paz) der
kolumbianischen Regierung ein strukturelles Problem: In allen Regionen, in de-
nen die Friedenslabors implementiert wurden, herrscht Krieg und die Regierung
ist in diesem Krieg Konfliktpartei. Die Spielräume für soziale Organisation sind
daher äußerst gering. Dazu kommt, dass alle Friedenslabors sich in Regionen be-
finden, die unter paramilitärischer Kontrolle stehen und in denen auch wesent-
liche Bereiche des zivilen Lebens paramilitärisch unterwandert sind. Eine Stüt-
zung der paramilitärischen Strukturen auch durch die Projekte der Friedensla-
bors kann daher nicht ausgeschlossen werden, das diesbezügliche Monitoring
der EU ist bisher nicht ausreichend. Vor diesem Hintergrund sollten die Frie-
denslabors als wichtigster Entwicklungs- und Friedensbeitrag der EU in Kolum-
bien kritisch reflektiert und diskutiert werden. Ein systematisches Monitoring
und eine Wirkungsbeobachtung durch unabhängige Instanzen unter Beteiligung
der europäischen und kolumbianischen Menschenrechts- und Friedensorganisa-
tionen könnten dazu beitragen und sollten insbesondere die Wechselwirkungen
mit dem Konfliktgeschehen betrachten.

5. Als direkte Reaktion auf die kriegerischen Konflikte, die Vertreibungen und
gewaltsame Landnahme entstand in den 90er Jahren das Konzept der Friedens-
gemeinden. Die Bürgermeisterin der Stadt Apartadó, Gloria Cuartas, wurde für
ihre Unterstützung der ersten Friedensgemeinde San José de Apartadó von der

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UNESCO 1996 als „Bürgermeisterin des Friedens“ ausgezeichnet. Die Friedens-
gemeinden berufen sich auf das humanitäre Völkerrecht; sie wollen das Recht
der Zivilbevölkerung, nicht in kriegerische Konflikte einbezogen zu werden,
durchsetzen. In den Friedensgemeinden gilt ein striktes Waffenverbot, bewaff-
nete Konfliktakteure erhalten keinen Zutritt in den Dorfkern und keine Infor-
mationen von den Gemeindemitgliedern. Die Friedensgemeinden sehen sich
großem Druck und gewaltsamen Übergriffen der Paramilitärs ausgesetzt. Orga-
nisationen, die die Friedensgemeinden in Kolumbien unterstützen, werden mas-
siv bedroht. Der Deutsche Bundestag sieht in den Friedensgemeinden einen
wichtigen alternativen Ansatz zur Überwindung der Gewalt in Kolumbien, der
internationale Unterstützung und Schutz verdient.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. auf internationaler Ebene und im Rahmen der bilateralen Beziehungen mit
Kolumbien für die Verbesserung der Menschenrechtssituation dort einzutre-
ten und in diesem Sinne

– sich dafür einzusetzen, dass das Mandat des Büros der UN-Hochkommis-
sarin für Menschenrechte in Kolumbien in vollem Umfang verlängert
wird und dass Kolumbien im Rahmen des UN-Menschenrechtsrats mit
höherer Priorität behandelt wird als bislang in der Menschenrechtskom-
mission;

– darauf zu drängen, dass die kolumbianische Regierung die Empfehlungen
der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte in Kolumbien umsetzt,
und den Grad der Umsetzung der Empfehlungen zu einem wesentlichen
Maßstab für die Beurteilung des Handelns der kolumbianischen Regie-
rung zu machen;

– insbesondere darauf zu drängen, dass die kolumbianische Regierung,
wie von der UN-Hochkommissarin seit langem gefordert, einen Aktions-
plan zur Verbesserung der Menschenrechtssituation vorlegt und – beglei-
tet durch ein Monitoring seitens der internationalen Gemeinschaft – um-
setzt;

– von der kolumbianischen Regierung zu fordern, dass sie das Leben und
die Sicherheit der Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Menschen-
rechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten sowie Aktivistinnen
und Aktivisten von sozialen Organisationen garantiert und ihre Arbeit
schützt und respektiert;

– insbesondere Einschüchterungsversuche der kolumbianischen Regierung
gegen Mitglieder der Opposition scharf zurückzuweisen;

– von der kolumbianischen Regierung zu fordern und sie dabei zu unterstüt-
zen, dass sie gegenüber Coca-Cola und anderen internationalen Konzernen
die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen, insbesondere des Rechts auf
Vereinigungsfreiheit und auf Kollektivverhandlungen durchsetzt;

– darüber hinaus in geeigneter verbindlicher Form in Kolumbien tätige in-
ternationale und deutsche Unternehmen dazu anzuhalten, Gewerkschafts-
vertretungen aktiv zu schützen und jegliche Zusammenarbeit mit parami-
litärischen Gruppen zurückzuweisen;

2. aktiv für eine Entmilitarisierung des Konflikts in Kolumbien einzutreten und
sich im Rahmen der Europäischen Union für einen wirklichen Friedens-
prozess einzusetzen, der alle Interessen einbezieht, und in diesem Sinne

– den Konflikt in Kolumbien als einen sozialen und politischen Konflikt zu
begreifen, entsprechend ihre Unterstützung für die Repressionspolitik der

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kolumbianischen Regierung (offiziell bezeichnet als „Politik der demo-
kratischen Sicherheit“ oder „Kampf gegen den Terrorismus“) zu wider-
rufen und die kolumbianische Regierung als Konfliktpartei im bewaff-
neten Binnenkonflikt einzuordnen;

– sich um eine Wiederbelebung der Friedensinitiative von Frankreich,
Spanien und der Schweiz aus dem Jahr 2006 für einen direkten Dialog der
kolumbianischen Regierung mit den FARC zu bemühen mit dem Ziel,
einen humanitären Gefangenenaustausch herbeizuführen und weiter-
gehende Verhandlungen zu ermöglichen;

– darauf zu drängen, dass die durch die USA finanzierte militärische
Drogen- und Aufstandsbekämpfung im Rahmen des Plan Colombia um-
gehend beendet wird;

– sich dafür einzusetzen, dass die Nennung der FARC auf der Terrorliste der
EU in ihrer Wirkung ausgesetzt wird, damit die Einbeziehung der FARC
in international moderierte Friedensverhandlungen möglich wird;

– den derzeitigen verfehlten Demobilisierungsprozess in Kolumbien nicht
zu unterstützen und sich stattdessen für eine wirkliche und vollständige
Demobilisierung der paramilitärischen Gruppen sowie für das Recht der
Opfer auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung einzusetzen;

– gegenüber der kolumbianischen Regierung darauf zu drängen, dass die
Rückgabe des von den paramilitärischen Verbänden geraubten Lands an
die rechtmäßigen Landbesitzerinnen und Landbesitzer zügig umgesetzt
und dass rechtlich klargestellt wird, dass durch illegale Landnahme und
Vertreibung angeeigneter Besitz nicht nachträglich legalisiert wird und die
Rechte der Vertriebenen auch dann geschützt werden, wenn sie zeitweilig
nicht auf ihr Land zurückkehren können;

3. die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Kolumbien konsequent auf
die Stärkung sozialer Rechte und eines von der Zivilgesellschaft gestützten
Friedensprozesses auszurichten und diesem Sinne

– auf eine weit reichende Bodenreform in Kolumbien zu drängen und im
Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit konkrete Unterstützung bei
der Durchführung zuzusagen;

– darauf hinzuwirken, dass der Anbau der traditionellen Nutzpflanze Koka
und ihre herkömmliche Nutzung nicht behindert werden und dass auf in-
ternationaler Ebene der Export von Chemikalien, die der Verarbeitung zu
Kokain dienen, nach Kolumbien wirkungsvoller verhindert wird;

– darauf hinzuwirken, dass die Friedenslabors in ihrer Konzeption und Ziel-
richtung einer Revision unterzogen und im Rückgriff auf die ursprüngli-
che Konzeption Basisinitiativen in die Lage versetzt werden, unabhängig
von den Konfliktparteien und ohne Vorgaben von außen über regionale
Friedensverhandlungen und Entwicklungsprogramme zu entscheiden;

– darauf hinzuwirken, dass die Friedenslabors einem systematischen Moni-
toring durch unabhängige Instanzen unter Beteiligung europäischer und
kolumbianischer Menschenrechts- und Friedensorganisationen unterzo-
gen werden und dabei die Einwirkungen der Friedenslabors auf das Kon-
fliktszenario besondere Berücksichtigung finden, insbesondere vor dem
Hintergrund ihrer Integration in die staatlichen Entwicklungsprogramme
und der paramilitärischen Kontrolle in den Projektregionen;

– im Rahmen der bilateralen und der Entwicklungszusammenarbeit der EU
mit Kolumbien zivilgesellschaftliche Friedensinitiativen finanziell und
politisch viel stärker zu unterstützen und insbesondere die Friedensge-
meinden in relevantem Umfang in die Entwicklungszusammenarbeit auf-

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zunehmen und sie im Rahmen einer abgewandelten Konzeption der Frie-
denslabors und unter solchen Auflagen, die ihren Charakter als von unten
getragene Initiativen bewahren, finanziell zu fördern.

Berlin, den 14. Juni 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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