BT-Drucksache 16/5607

Die wirtschaftlichen und arbeitsplatzschaffenden Erfolge der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" nutzen - Regionales Wachstum und Beschäftigungseffekte intensivieren

Vom 13. Juni 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5607
16. Wahlperiode 13. 06. 2007

Antrag
der Abgeordneten Laurenz Meyer (Hamm), Andreas G. Lämmel, Klaus Hofbauer,
Rita Pawelski, Albert Rupprecht (Weiden), Veronika Bellmann, Alexander Dobrindt,
Thomas Dörflinger, Ingrid Fischbach, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land),
Erich G. Fritz, Dr. Michael Fuchs, Dr. Reinhard Göhner, Peter Götz, Ernst Hinsken,
Robert Hochbaum, Hartmut Koschyk, Dr. Martina Krogmann, Wolfgang
Meckelburg, Dr. h. c. Hans Michelbach, Franz Obermeier, Ulrich Petzold,
Dr. Joachim Pfeiffer, Ronald Pofalla, Dr. Heinz Riesenhuber, Dr. Norbert Röttgen,
Anita Schäfer (Saalstadt), Christian Freiherr von Stetten, Lena Strothmann,
Andrea Astrid Voßhoff, Kai Wegner, Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer
und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Andrea Wicklein, Doris Barnett, Engelbert Wistuba,
Dr. Rainer Wend, Ludwig Stiegler, Christian Lange (Backnang), Klaus Barthel,
Dr. Axel Berg, Ute Berg, Willi Brase, Edelgard Bulmahn, Ulla Burchardt,
Martin Dörmann, Dr. Carl-Christian Dressel, Garrelt Duin, Petra Ernstberger,
Rolf Hempelmann, Dr. Bärbel Kofler, Ute Kumpf, Lothar Mark, Marko Mühlstein,
Dr. Sascha Raabe, Olaf Scholz, Reinhard Schultz (Everswinkel), Dr. Ditmar Staffelt,
Dr. Rainer Tabillion, Jörg Tauss, Lydia Westrich, Manfred Zöllmer, Dr. Peter Struck
und der Fraktion der SPD

Die wirtschaftlichen und arbeitsplatzschaffenden Erfolge der
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“
nutzen – Regionales Wachstum und Beschäftigungseffekte intensivieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirt-
schaftsstruktur“ (GA) ist das zentrale Instrument der regionalen Wirtschafts-
politik in Deutschland. Sie trägt maßgeblich dazu bei, dass in strukturschwachen
Regionen das Wirtschaftswachstum befördert und durch Investitionen neue
Arbeitsplätze geschaffen oder vorhandene gesichert werden. Die GA hat sich
bewährt, um den regionalen Angleichungsprozess in Deutschland zu unterstüt-

zen und eine geordnete Regionalpolitik sicherzustellen. Sie leistet einen wichti-
gen Beitrag, um die regionale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, regionale Dis-
paritäten abzubauen und das gesamtwirtschaftliche Wachstum zu unterstützen.
Gleichzeitig gibt sie den Menschen eine Perspektive und dient damit auch un-
mittelbar dem grundgesetzlich verankerten Ziel der Herstellung gleichwertiger
Lebensverhältnisse.

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Die GA ist dabei Strategie-, Ordnungs- und Koordinierungsrahmen zugleich.
Sie koordiniert und bündelt die regionalpolitischen Interessen innerhalb
Deutschlands, aber gerade auch gegenüber der Europäischen Union. Sie stellt
zudem die innerstaatlich abgestimmte Umsetzung des europäischen Rechts, ins-
besondere der beihilferechtlichen Bestimmungen, sicher. Die Erfolge der GA
sind messbar und beeindruckend: Zum Beispiel konnten seit 1991 durch die GA-
Förderung Investitionen in Höhe von rund 197 Mrd. Euro angestoßen und über
979 000 zusätzliche Dauerarbeitsplätze in Deutschland geschaffen sowie rund
1,5 Millionen gesichert werden. Besonders die kleinen und mittleren Unterneh-
men (KMU) profitieren von dieser Förderpolitik – sie allein machen über
85 Prozent der Förderfälle aus.

Das GA-Regelwerk stellt ein modernes und leistungsfähiges Instrument der
Wirtschaftsförderung mit klarer Aufgabenverteilung dar. Ohne die Zustimmung
des Bundes kann dieses Regelwerk nicht geändert werden. Die Finanzierung der
in der Regel als Zuschuss erfolgende Förderung wird von Bund und Ländern zu
gleichen Teilen aufgebracht, während die Umsetzung allein Angelegenheit der
Länder ist. Sie entscheiden, welche Projekte in ihrem Land gefördert werden
und ob sie regionale und sachliche Schwerpunkte setzen. Die GA bietet den Län-
dern damit innerhalb eines bundeseinheitlichen Ordnungsrahmens flexible
Handlungsmöglichkeiten zur Bewältigung regionaler wirtschaftlicher Probleme
mit dem Vorzug einer systematischen und regelgebundenen Handlungsweise. In
enger Abstimmung zwischen Bund und Ländern gewährleistet sie so die Gleich-
behandlung von Regionen mit gleich gelagerten Problemen. Besonders für die
neuen Bundesländer wurde die GA zu einem zentralen Instrument der gezielten
Investitionsförderung für den Umstrukturierungsprozess. Sie leistet einen wich-
tigen Beitrag, um die regionale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, regionale Dis-
paritäten abzubauen und das gesamtwirtschaftliche Wachstum zu unterstützen.

Die GA ist bewusst auf die Förderung ausgewählter strukturschwacher Regio-
nen beschränkt. Im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe sollen über die Unterstützung
der regionalen Investitionstätigkeit Standortnachteile ausgeglichen, die regio-
nale Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gestärkt sowie dauerhaft wettbewerbs-
fähige Arbeitsplätze geschaffen und regionale Entwicklungsunterschiede abge-
baut werden. Die strukturstarken Regionen sind gefordert, aus eigener Kraft den
Anschluss an die Wettbewerbsfähigkeit zu halten und notwendige Umstruktu-
rierungsprozesse zu vollziehen. Strukturstarke Regionen brauchen dafür vor
allem günstige allgemeine Rahmenbedingungen. Außerdem profitieren sie in
besonderer Weise von bestehenden Technologie-, Netzwerk- und Clusterförde-
rungsprogrammen.

Mit der Ausrichtung der gezielten Regionalförderung auf strukturschwache Re-
gionen ist die GA Ausgleichs- und Wachstumspolitik in einem. Sie ist Aus-
gleichspolitik, weil sie nach dem Prinzip der Subsidiarität auf strukturschwache
Regionen beschränkt ist und Standortnachteile ausgleicht. Sie ist Wachstums-
politik, weil sie einen investiven – nicht konsumtiven – Ansatz verfolgt: Über
die GA werden gewerbliche Investitionen und Investitionen in die kommunale
wirtschaftsnahe Infrastruktur gefördert.

Die GA wird von Bund und Ländern gemeinsam fortlaufend weiterentwickelt
und an neue Herausforderungen angepasst. Der Bund-Länder-Planungsaus-
schuss der Gemeinschaftsaufgabe hat z. B. zum 1. Januar 2006 die Erweiterung
des GA-Förderangebots um die Markteinführung von innovativen Produkten so-
wie bereits zum 1. Januar 2005 um die Förderung von Clustermanagement-Vor-
haben beschlossen. Dies unterstreicht die Bedeutung, die die regionale Vernet-
zung der Akteure für die regionale Entwicklung hat.

Darüber hinaus haben sich Bund und Länder auf Grundlage neuer EU-beihilfe-

rechtlicher Vorgaben im vergangenen Jahr einvernehmlich über die Neuabgren-
zung des deutschen Regionalfördergebiets ab 2007 verständigen können. Die

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Neuabgrenzung der Fördergebiete erfolgte nach objektiven und transparenten
Kriterien. Erstmals wurden dabei die Regionen nicht nach Ost und West getrennt,
sondern im Rahmen eines gesamtdeutschen Modells bewertet. Die aktuelle För-
dergebietskarte macht damit deutlich, dass es auch in den alten Bundesländern
regionale Problemlagen gibt, die der besonderen Unterstützung bedürfen. Zu-
gleich unterstreicht sie die zentrale Bedeutung, die die GA nach wie vor für die
gezielte Investitionsförderung in den neuen Bundesländern einnimmt. Diese
sind, da sie noch immer besonderen Aufholbedarf haben, weiterhin in Gänze
Höchstfördergebiet.

Die demographische Entwicklung, die zunehmende Globalisierung, der be-
schleunigte Strukturwandel und der europäische Erweiterungsprozess verschär-
fen den Wettbewerb um Investitionen und Arbeitsplätze und tragen zu einer Ver-
stärkung der regionalen Disparitäten bei. Ziel der Bundesregierung muss es je-
doch sein, Wachstum und Beschäftigung für alle Regionen in Deutschland an-
zustreben. Dieser Anspruch ergibt sich sowohl aus dem grundgesetzlichen Ziel
gleichwertiger Lebensverhältnisse als auch aus der Lissabon-Strategie, deren
Ziel es ist, dauerhaftes Wirtschaftswachstum und mehr und bessere Arbeits-
plätze mit einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen. Die aktuellen
Herausforderungen unterstreichen, dass die Bedeutung einer koordinierten und
geordneten Regionalförderung in Zukunft eher zu- als abnehmen wird. Denn
dauerhafte oder sich verfestigende Disparitäten zwischen Regionen schwächen
nicht nur die gesamtstaatliche Wachstumsperspektive. Sie sind zugleich Basis
für gesellschaftliche und politische Instabilitäten. Eine ausgewogene regionale
Entwicklung dagegen unterstützt das gesamtstaatliche Wachstum und trägt zum
sozialen Frieden und zur politischen Stabilität bei.

Der Deutsche Bundestag teilt die Auffassung, dass europäische Strukturpolitik
nationale Anstrengungen nur ergänzen, nicht ersetzen kann. Die europäische
Regionalpolitik muss sich daher wieder stärker am Prinzip der Subsidiarität und
in Verbindung damit am Gedanken des europäischen Mehrwerts orientieren. Re-
gionalpolitischer Handlungsspielraum kann dadurch wiedergewonnen werden.
Dabei wird es immer regionale Unterschiede geben. Dennoch gilt es, den Rück-
stand von wirtschafts- und strukturschwachen Regionen zu mindern und einen
wichtigen Beitrag zu leisten, um das Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensver-
hältnisse zu erreichen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,

1. am grundgesetzlich verankerten Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhält-
nisse festzuhalten und dessen Ausgestaltung zwischen den Fachpolitiken zu
koordinieren;

2. das erfolgreiche Konzept der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbes-
serung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ als Instrument der gezielten
Regionalförderung für strukturschwache Regionen in Deutschland weiterzu-
führen;

3. die regionale Wirtschaftsförderung als eine der Prioritäten der Wirtschafts-
politik in Bund und Ländern zu stärken, indem die Regionen ermutigt wer-
den, regionale Entwicklungsstrategien und -konzepte aufzustellen, um die ei-
genen Potentiale zu stärken;

4. gemeinsam mit den Bundesländern die Interessen der benachteiligten Wirt-
schaftsräume Deutschlands auf europäischer Ebene zu vertreten und dafür zu
werben, dass auch in Zukunft ausreichende regionalpolitische und beihilfe-
rechtliche Spielräume für die Regionen erhalten bleiben;

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5. auch auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass regionale Struktur-
politik auf strukturschwache Gebiete konzentriert und ineffizienter Umver-
teilung vorgebeugt wird;

6. die besondere Situation in den strukturschwachen Gebieten und im länd-
lichen Raum zu berücksichtigen und Möglichkeiten eines stärkeren regiona-
len Wirtschaftswachstums aufzuzeigen;

7. die Ergebnisse der Infrastrukturförderung intensiver als bisher zu evaluieren.

Berlin, den 13. Juni 2007

Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion
Dr. Peter Struck und Fraktion

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