BT-Drucksache 16/5475

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - 16/4664, 16/5447 - Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der ERP-Wirtschaftsförderung (ERP-Wirtschaftsförderungsneuordnungsgestz)

Vom 23. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5475
16. Wahlperiode 23. 05. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Herbert Schui, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer,
Dr. Axel Troost, Sabine Zimmermann, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine
und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/4664, 16/5447 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der ERP-Wirtschaftsförderung
(ERP-Wirtschaftsförderungsneuordnungsgesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das vorgesehene Gesetz ist abzulehnen. Die geplante Neuordnung der ERP-Wirt-
schaftsförderung wird einer effizienteren Wirtschaftsförderung nicht gerecht und
führt zu einer Reihe von Verschlechterungen: Das Verfügungsrecht des Parlaments
wird eingeschränkt, die Möglichkeiten der Wirtschaftsförderung durch das ERP-
Sondervermögen werden verringert, die KfW wird durch vermehrte Eigenmittel
gestärkt, ohne dass ihr politischer Auftrag hinreichend klar definiert wäre.

II. Der Deutsche Bundestag beschließt:

1. Das ERP-Sondervermögen bleibt in seiner jetzigen Form erhalten. Die Bundes-
regierung wird aufgefordert, eine Übertragung von Teilen des ERP-Sonder-
vermögens auf die KfW zu unterlassen. Ebenfalls unterbleibt eine Zuführung von
2 Mrd. Euro aus dem ERP-Sondervermögen an den Bundeshaushalt.

2. Die Aufgaben der KfW werden erweitert und klarer definiert. Ihre Geschäftspolitik
ist Gegenstand parlamentarischer Kontrolle, ähnlich, wie dies gegenwärtig beim
ERP-Sondervermögen der Fall ist. Die wesentlichen Aufgaben der KfW sind:

a) Unterstützung einer wirksamen Industrie- , Regional- und Strukturpolitik;

b) solidarische Entwicklungspolitik;

c) Intensivierung des Wettbewerbs in Zusammenarbeit mit dem öffentlich-recht-

lichen Sektor der Kreditwirtschaft. Ziel ist hierbei insbesondere, überhöhte
Zinsspannen der Geschäftsbanken vor allem im Geschäft mit wirtschaftlich
schwächeren Kreditnachfragern zu unterbinden.

Berlin, den 22. Mai 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Drucksache 16/5475 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Begründung

Zu Nummer 1

Eine Übertragung des ERP-Sondervermögens an die KfW und den Haushalt der
Bundesrepublik Deutschland führt nicht zu Verbesserungen in der Nutzung des
Sondervermögens. In der Anhörung zur Neuregelung am 23. April 2007 vertrat
mit Ausnahme der KfW niemand den Standpunkt, die Übertragung an die KfW
würde zu Effizienzgewinnen führen. Im Gegenteil wird der Substanzerhalt des
Sondervermögens durch die Übertragung gefährdet. Auch die Mitwirkungs-
rechte des Parlaments werden beschnitten. Insbesondere durch die Regelung
wichtiger Inhalte im sog. Durchführungsvertrag wird das Verfügungsrecht des
Parlaments eingeschränkt, da es selbst nicht Vertragspartner ist und folglich aus
dem Vertrag heraus keine Einwirkungsrechte auf diesen besitzt. Wenn im Rah-
men des Gesetzes zukünftig der ERP-Wirtschaftsplan allein durch die KfW und
das BMWi erarbeitet wird, dann ist laut Aussage des Bundesrechnungshofes
fraglich, ob das Parlament gegen den Willen der KfW überhaupt Änderungen
durchsetzen kann. Darüber hinaus hält der Bundesrechnungshof die Übertra-
gung von Teilen des Sondervermögens an den Bund für haushaltsrechtlich und
fiskalpolitisch äußerst bedenklich. Die Nachteile, die die Neuregelung mit sich
bringt, werden somit nicht durch Verbesserungen an anderer Stelle aufgewogen.

Zu Nummer 2

Die geplante Neuregelung sieht eine Eigenkapitalerhöhung und damit eine
erhebliche Stärkung der KfW vor. Unklar bleibt aber, worin die Aufgaben einer
gestärkten KfW bestehen sollen. Wir lehnen eine solche Eigenkapitalerhöhung
ab. Die KfW benötigt auch nach eigener Aussage keine Erhöhung ihres Eigen-
kapitals. Unabhängig davon müssen die Aufgaben der KfW im öffentlich-recht-
lichen Bankensektor klarer definiert und überzeugend wahrgenommen werden,
um die KfW als industriepolitisches Instrument gezielt einsetzen zu können.
Dies muss in einer Gesetzesnovelle geregelt werden.

Die aktuelle Geschäftspolitik der KfW zeigt, dass sich die KfW immer mehr wie
eine private, an reinen Profitinteressen orientierte Bank verhält. So sieht die
KfW sich selbst als eine Treibkraft der Privatisierung (Zitat Reich, damals Prä-
sident der KfW) sowie als ihre Unterstützerin (KfW-Kompass); sie wirkte bei-
spielsweise maßgeblich am Verkauf der Telekom-Aktien des Bundes mit. Bei
weiteren Verkäufen dieser und anderer Aktien aus dem Bundesbesitz sieht sie
den Kauf durch Private Equity Fonds als künftige Option an. Auch ihr Verhalten
im Fall KarstadtQuelle passt in dieses Bild: Die KfW hatte ihre Kredite an dem
Konzern mitten in seiner schwersten Krise verkauft und war dem Konzern so in
den Rücken gefallen. Das kurzfristige Interesse der KfW an der Vermeidung von
Verlusten führte in diesem Fall zu einer erheblichen Gefährdung vieler Arbeits-
plätze. Studienkredite vergibt die KfW beispielsweise in der Regel nicht an Stu-
dierende sog. Orchideenfächer, da bei diesen nicht mit einem sicheren Einkom-
men nach Beendigung des Studiums gerechnet werden könne. Außerdem wird
vor Vergabe u. a. die Lernbereitschaft nach einem strengen Rating-System abge-
prüft (FTD, 14. März 2007).

Die wesentliche Aufgabe der KfW muss es sein, dort einzugreifen, wo der Markt
nicht zu politisch gewünschten Ergebnissen führt. Auch die kreditwirtschaftli-
chen Verbände fordern ein Eingreifen bei Marktversagen in ihrer Stellungnahme
zur Neuregelung des ERP-Sondervermögens. Die KfW selbst formuliert in ih-
rem KfW-Kompass ähnlich: „Wenn der Markt dies (die Sicherung der Lebens-
qualität der Menschen) nicht leistet, muss Förderung im Interesse der Menschen
ausgleichend eingreifen.“ Die Möglichkeit zum Eingreifen bei Marktversagen
besteht also bereits; sie muss aber noch deutlicher betont und herausgearbeitet

werden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5475

Dazu müssen folgende Forderungen verwirklicht werden:

a) Die KfW als staatseigene Förderbank muss industriepolitisch aktiver werden.
§ 2 des KfW-Gesetzes (KredAnstWiAG) gibt ihr dazu bereits eine Reihe von
Möglichkeiten. Im Bereich des Umweltschutzes beispielsweise ist die KfW
schon sehr aktiv. Notwendig ist, der KfW weitere Aufgaben zuzuweisen bzw.
diese Aufgabe zu vertiefen, so die Infrastruktur- und Innovationsförderung, die
Regional- und Strukturpolitik. Die jeweils zu fördernden Projekte müssen auf
ihren gesellschaftlichen Nutzen hin untersucht werden. Entsprechende Kriterien
sind im Gesetz festzulegen.

b) Die KfW-Entwicklungsbank muss eine solidarische Entwicklungspolitik
betreiben. Die Förderung von Privatisierungen in Entwicklungsländern führt
nahezu ausnahmslos zu einer erheblichen Verschlechterung der Versorgung der
Bevölkerung und kann damit nicht zum Aufgabenbereich der KfW gehören.
Finanzierungen von Privatisierungsprojekten, wie jüngst in Bahrain, sind daher
einzustellen.

c) Der öffentlich-rechtliche Bankensektor in Deutschland muss für angemessen
niedrige Zinsspannen sorgen. Die KfW als ein sehr bedeutendes Kreditinstitut
innerhalb dieses Sektors ist hierbei besonders gefordert. Das Institut muss mit
seiner Zinspolitik überhöhte Zinsspannen der Geschäftsbanken verhindern. Dies
gilt besonders für Kreditnachfrager, die eine schwache Stellung am Markt
haben.

d) Die KfW muss unmittelbar durch das Parlament kontrolliert werden. Aufgabe
der KfW ist, die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt zu fördern. Dies ist ohne
ein weitreichendes Verfügungsrecht des Parlaments nicht möglich. Das gegen-
wärtige Verfahren bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sonderver-
mögens kann hier als Vorlage dienen. Wichtig ist vor allem, dass die Leitlinien
des Geschäftsplans der KfW vom Parlament vorgegeben werden und dass der
Geschäftsplan schließlich als Gesetz verabschiedet wird. Eine bloß nachträg-
liche Verabschiedung des Geschäftsplans, ähnlich wie dies jetzt für das ERP-
Sondervermögen geplant ist, wird grundsätzlich der Aufgabe des Parlaments
nicht gerecht.

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