BT-Drucksache 16/5278

Mehr Park- und Stellplätze für Lkw auf Bundesautobahnen

Vom 9. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5278
16. Wahlperiode 09. 05. 2007

Antrag
der Abgeordneten, Horst Friedrich (Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring,
Joachim Günther (Plauen), Jens Ackermann, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen,
Paul K. Friedhoff, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-
Kasan, Heinz-Peter Haustein, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich
L. Kolb, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Ina Lenke, Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg
Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Florian Toncar, Christoph
Waitz, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Mehr Park- und Stellplätze für Lkw auf Bundesautobahnen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Auf dem bundesdeutschen Autobahnnetz herrscht ein Mangel an Park- und Stellplät-
zen für Lkw. Dieser Mangel wird sich durch die vorläufig ungebremste Zunahme des
Aufkommens im Güterfernverkehr nochmals verschärfen. Davon sind insbesondere
die Hinterlandanbindungen für die boomenden Seehäfen in Deutschland betroffen.
Der Park- und Stellplatzmangel wird außerdem durch die neuen Regelungen zu
Lenk- und Ruhzeiten sowie durch die neuen Dokumentationspflichten (digitaler
Tachograph) verschärft. Lkw-Fahrer sind nunmehr gezwungen, häufiger und in kür-
zeren Intervallen Pausen einzulegen, gleichzeitig wird die Einhaltung der Ruhevor-
schriften genauer kontrolliert. Ohne eine Anpassung der Park- und Stellplatzkapa-
zitäten auf den Bundesautobahnen ist es nicht möglich, den schon jetzt bestehenden
und zukünftig nochmals steigenden Bedarfsanforderungen gerecht zu werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. dem Deutschen Bundestag bis zum 14. September 2007 einen Bericht über die
Versorgung auf Bundesautobahnen mit Park- und Stellplätzen für Lkw zu geben;

2. zeitgleich dem Deutschen Bundestag ein Konzept vorzulegen, wie die beste-
hende und zunehmende Knappheit an Park- und Stellplätzen für Lkw auf deut-
schen Autobahnen beseitigt werden soll;

3. die im Mittelfristzeitraum 2007 bis 2011 gegenüber der Planung sich ergebenden

Mehreinnahmen aus der Lkw-Maut zweckgebunden für Investitionen in Bundes-
fernstraßen, insbesondere für den Ausbau von Park- und Stellplätzen für Lkw zu
verwenden.

Berlin, den 2. Mai 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

Drucksache 16/5278 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Begründung

Der Bau und Ausbau von Autobahnrastanlagen, insbesondere von Park- und
Stellplätzen für Lkw auf Bundesautobahnen, hat bereits in der Vergangenheit
nicht mit der Zunahme des Verkehrs Schritt gehalten. In den letzten zwanzig
Jahren hat sich der Straßengüterfernverkehr (gewerblicher Fernverkehr und
Werkfernverkehr) mehr als verdoppelt; seit der Wiedervereinigung hat der Fern-
verkehr auf der Straße um über 20 Prozent zugenommen. Anzahl und Kapazität
der Rastanlagen an Bundesfernstraßen haben im gleichen Zeitraum jedoch nur
geringfügig zugenommen. 2004 gab es an den Bundesautobahnen 429 bewirt-
schaftete Rastanlagen und rund 1 520 unbewirtschaftete Rastanlagen. Die
Anzahl der Lkw-Stellplätze belief sich auf rund 21 000. Bei einem geschätzten
Volumen von über 11 Millionen Lkw-Fahrten jeden Tag auf dem Gesamt-
straßennetz, von denen ein Großteil über die Bundesautobahn führt, ist die An-
zahl der Park- und Stellplätze für Lkw viel zu gering. Dieses Problem ist auch
seit langem bekannt. Es ist anzuerkennen, dass die Bundesregierung bereits im
Jahr 1995 ein erstes Sonderausbauprogramm für Autobahnrastanlagen in Gang
gesetzt hat. Gleichwohl konnte trotz des Ausbauprogramms mit der stürmischen
Aufkommensentwicklung im Güterfernverkehr nicht Schritt gehalten werden.

Besonders betroffen von der Zunahme des Lkw-Fernverkehrs sind die Hinter-
landanbindungen der deutschen Seehäfen. In allen deutschen Seehäfen spielt der
Lkw die wichtigste Rolle bei den Transporten ins Hinterland. Mehr als die
Hälfte der Containerverkehre wird auf der Straße abgewickelt. Prozentual be-
trachtet sind die Anteile der Verkehrsträger im Hinterlandverkehr in den letzten
Jahren ungefähr gleich geblieben. Absolut betrachtet fallen die Zuwächse beim
Lkw als mit Abstand wichtigsten Verkehrsträger besonders groß aus. Alle An-
zeichen deuten darauf hin, dass sich die deutschen Seehäfen weiterhin äußerst
dynamisch entwickeln werden. Die Anfang Mai vom Bundesminister für Ver-
kehr, Bau und Stadtentwicklung, Wolfgang Tiefensee, vorgelegte Seeverkehrs-
prognose kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Umschlag in den deutschen
Seehäfen bis 2025 mehr als vervierfachen wird.

Der nach alledem ohnehin steigende Bedarf an Lkw-Park- und Stellplätzen wird
durch die neuen Sozial- und Dokumentationsvorschriften im Güterkraftver-
kehrsgewerbe nochmals verschärft. Seit dem 1. Mai 2006 ist die EU-Verordnung
(VO EG Nr. 561/2006) über die Einführung des digitalen Tachographen in Kraft.
Die Umrüstung der gesamten Lkw-Flotte auf den digitalen Tachographen ist
durch die laufende Inbetriebnahme von Neufahrzeugen bereits im Gange und
der Abschluss der Umrüstung nur eine Frage der Zeit. Im digitalen Tacho-
graphen werden Lenk-, Arbeits-, Bereitschafts- und Ruhezeiten, sowie deren
Unterbrechungen und zurückgelegten Entfernungen gespeichert. Außerdem
werden die gefahrenen Geschwindigkeiten festgehalten. Die gesamten Daten
können von den Kontrollbehörden digital ab- und ausgelesen werden. Außer-
dem müssen seit dem 1. Mai 2006 – soweit noch kein digitaler Tachograph
eingebaut ist – die beschriebenen Tachoscheiben und die Fahrerkarten der
laufenden Woche und der vorausgegangen 15 Kalendertage auf dem Lkw
mitgeführt werden. Ab Januar 2008 wird die Mitführungspflicht auf die ausge-
gangenen 28 Tagen ausgedehnt. Der Lkw-Unternehmer muss die beschriebenen
Tachoscheiben bzw. die digitalisierten Aufzeichnungen zwei Jahre aufbewah-
ren. Alle diese Neuregelungen führen dazu, dass Manipulationen bei der Auf-
zeichnung, das „Vergessen des Einlegens“ oder unerlaubte Tachoscheibenwech-
sel schwieriger bzw. ausgeschlossen werden. Diese wichtige und notwendige
Entwicklung führt jedoch auch dazu, dass der Bedarf an Park- und Stellplätzen
an Bundesautobahnen steigen wird. Dies gilt ganz besonders vor dem Hinter-
grund der seit April 2007 geltenden Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten.
Die maximale Lenkzeit pro Kalenderwoche ist seither auf 56 Stunden begrenzt.

Die Tageslenkzeit beträgt höchstens 9 Stunden am Tag mit der Option, sie zwei-
mal pro Woche auf 10 Stunden zu verlängern. Auch die Vorschriften zur Tages-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5278

lenkzeit und zur täglichen Ruhezeit sind geändert worden. Es müssen nunmehr
mindestens 9 Stunden Ruhzeit innerhalb eines 30-Stunden-Zeitraums eingehal-
ten werden. Schließlich ist auch die zweiwöchentliche Gesamtlenkzeit geändert
worden. Die neuen EU-Lenk- und Ruhezeiten haben die Flexibilität im Straßen-
transport reduziert. Dadurch wird insbesondere das Auffinden freier Parkplätze
auf Autobahnraststätten erschwert. Gerade im internationalen Fernverkehr ist
damit zu rechnen, dass Fahrer im Zeitraum von 56 Stunden Lenkzeit ihren Hei-
matort nicht mehr erreichen werden. Die Folge ist, dass die gesamte Wochenru-
hezeit auf Rastanlagen verbracht werden muss.

Die rot-grüne Bundesregierung hat sich im Jahr 2004 auf den Standpunkt ge-
stellt, es gebe keine Verpflichtung des Bundes, alle für die Ruhezeiten der Lkw-
Fahrer notwendigen Stellplätze vorzuhalten (Antwort der Bundesregierung auf
die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP „Rastanlagen an Bundesfernstraßen“,
Bundestagsdrucksache 15/3623). Ob diese Einschätzung im juristischen Sinne
zutreffend ist oder nicht, mag dahinstehen. Angesichts der auch durch politische
Entscheidungen verschärften Parkplatzsituation auf Bundesautobahnen und der
fortschreitenden Verschärfung dieses Problems in naher Zukunft besteht jedoch
eine politische Verpflichtung der Bundesregierung, die für das Güterkraftver-
kehrsgewerbe und die dort tätigen Fahrer entstehenden Probleme zu entschärfen
und zu lösen. Das gilt umso mehr, als die Einnahmen des Bundes aus der Lkw-
Maut inzwischen deutlich höher liegen, als ursprünglich angenommen. Im Jahr
2006 sind die Mauteinnahmen um über 200 Mio. Euro höher ausgefallen, als ge-
plant. Für das Jahr 2007 zeichnet sich schon jetzt ab, dass die im Bundeshaushalt
eingeplanten 3,1 Mrd. Euro deutlich übertroffen werden. Nach § 11 des Geset-
zes über die Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung
von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen müssen die Nettoeinnah-
men aus der Lkw-Maut „zusätzlich“ für Verkehrsinvestitionen zur Verfügung
gestellt werden. Die Fraktion der CDU/CSU hatte beispielsweise in ihrem An-
trag auf Bundestagsdrucksache 15/5022 in der letzten Legislaturperiode darauf
hingewiesen, dass „die Nettoeinnahmen aus der Lkw-Maut zusätzlich zu den
Haushaltsansätzen für Verkehrsinvestitionen zur Verfügung zu stellen sind“. Die
Verwendung der Mauteinnahmen für eine Aufstockung der Investitionsmittel
war ein Kernbestandteil des „Mautkompromisses“ aus dem Jahr 2003.
Tatsächlich wurden allerdings bisher die Einnahmen aus der Lkw-Maut dazu
verwendet, vormals steuerfinanzierte Investitionen durch nunmehr mautfinan-
zierte Investitionen zu ersetzen. In keinem Fall ist es jedenfalls gerechtfertigt,
die zukünftig durch das Verkehrswachstum erzeugten Mehreinnahmen gegen-
über der Planung für allgemeine Haushaltszwecke zu verwenden, statt sie
zweckgebunden für Verkehrsinvestitionen zur Verfügung zu stellen. Dabei wäre
insbesondere der Ausbau von Park- und Stellplatzkapazitäten auf Bundes-
fernstraßen eine sachgerechte Verwendung der Mautmittel, da sie gerade aus
dieser Nutzergruppe stammen.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.