BT-Drucksache 16/5174

Transporte und Lagerung von Uranhexafluorid

Vom 27. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5174
16. Wahlperiode 27. 04. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Dr. Gesine
Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Roland Claus,
Katrin Kunert, Michael Leutert, Dorothee Menzner, Dr. Kirsten Tackmann und der
Fraktion DIE LINKE.

Transporte und Lagerung von Uranhexafluorid

Die so genannte Konsensvereinbarung zum Atomausstieg beinhaltet Regelun-
gen über den Reaktorbetrieb und die Atommüll-Entsorgung. Gefahren, die mit
der Versorgung von Reaktoren verbunden sind, wurden aber weitgehend ausge-
klammert. Doch bereits beim Abbau des Uranerzes, der häufig in Gebieten indi-
gener Völker stattfindet, wird Radioaktivität freigesetzt sowie Luft, Boden und
Wasser kontaminiert. Strahlenerkrankungen in diesen Gebieten liegen teilweise
um ein Vielfaches über dem jeweiligen Landesdurchschnitt. Das für die Uran-
anreicherung benötigte Vorprodukt Uranhexafluorid (UF6) besitzt zusätzlich zur
Radioaktivität und Giftigkeit des Urans ein hohes chemisches Gefahren-
potential. Es handelt sich um eine hoch reaktive Substanz, die bei Freisetzung
mit der Luftfeuchtigkeit einen Nebel aus ätzender giftiger Flusssäure und radio-
aktiven Uranylfluorid-Partikeln bildet. Bei einem Unfall eines UF6-Transports,
in dem UF6 freigesetzt wird, wird das Auftreten lebensgefährlicher Konzentra-
tionen bis zu mindestens zwei Kilometer Entfernung von der Unfallstelle be-
fürchtet.

Im beschlossenen Atomausstiegspapier der Bundesrepublik Deutschland findet
die Urananreicherungsanlage (UAA) im westfälischen Gronau keine Erwäh-
nung. Dort wird seit 1985 mittels Zentrifugenkaskaden – ähnlich wie in der
umstrittenen iranischen Anlage Natans in der Provinz Isfahan praktiziert – die
Uranverbindung UF6, die einen Isotopenanteil von 0,7 Prozent Uran-235 ent-
hält, auf UF6 mit einem Anteil von bis zu 5 Prozent U-235 angereichert. Das
angereicherte, chemisch aber unveränderte UF6 kann nun – nach Weiterverar-
beitung zu Pellets und Brennstäben, die andernorts stattfindet – zur Energie-
erzeugung in Leichtwasserreaktoren eingesetzt werden. Höhere Anreicherungen
auf waffenfähiges Material wären aber theoretisch in Gronau genauso möglich,
wie es für die Anlage in Isfahan von verschiedenen Seiten unterstellt wird. Das
Ausgangsmaterial – nicht angereichertes UF6 – wird in andern Ländern aus
Urankonzentrat hergestellt und nach Deutschland importiert.

Nach Auskunft der Bundsregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der

PDS-Fraktion im Jahr 2001, veröffentlicht auf Bundestagsdrucksache 14/6692,
ist jeder Kernbrennstoff in der EU Eigentum der Euratom. Die Betreiber der
Kernkraftwerke hätten lediglich die Nutzungs- und Verbrauchsrechte. Daher
unterliege auch die Versorgung der Kernkraftwerke mit Uran der Kontrolle
durch die Euratomversorgungsagentur, so die Bundesregierung. Unklar ist aber,
ab wann Uran und Uranverbindungen unter die Kontrolle von Euratom geraten,
welchen Status Abfälle aus der Kernbrennstoffproduktion haben und wann sol-

Drucksache 16/5174 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

che Abfälle wieder aus der Kontrolle durch die Euratomversorgungsagentur ent-
lassen werden.

Bereits im November 1998 wurde der Ausbau der UAA Gronau von einer
Kapazität von 1 000 t Urantrennarbeit pro Jahr (UTA/a) auf 1 800 t UTA/a
beschlossen. Gegenwärtig erweitert die UUA mit Genehmigung der Landsregie-
rung Nordrhein-Westfalen ihre Kapazitäten von 1 800 t auf 4 500 t Urantrenn-
arbeit. Über die Weiterverarbeitung des in Gronau angereicherten Uranhexa-
flourids können dann mehr als 35 Atomkraftwerke mit Kernbrennstoff versorgt
werden; die Zahl der verbundenen Atomtransporte steigt entsprechend. Der
Betrieb der UAA in Gronau birgt Gefahren für die Arbeiter und die Anwohner.
Da das UF6 dort in Behältern zum Teil unter freiem Himmel gelagert wird,
könnte es im Falle eines Lecks oder durch Einwirkungen von außen direkt in die
Umwelt freigesetzt werden.

Für jede Tonne angereichertes UF6 fallen während der Anreicherung zirka sie-
ben Tonnen abgereichertes UF6 (so genannte Tails) an. Dabei wird zwischen
Bürgerinitiativen, Umweltaktivisten, Behörden und Betreiber der UAA kontro-
vers diskutiert, ob die Tails als Atommüll gemäß des Atomgesetzes (AtG), als
gefährlicher Abfall oder als Wertstoff (Sekundärrohstoff für Kernbrennstoff)
einzustufen sind. Die jeweilige Zuordnung hätte unterschiedliche Folgen für den
Betrieb der UAA in Gronau.

Im Jahr 2005 wurde gleichzeitig mit der Kapazitätserhöhung der Neubau eines
Zwischenlagers neben der UAA für zirka 60 000 Tonnen Uranoxid genehmigt,
da bislang kein Endlager für den Abfall existiert. Uranoxid wird durch Um-
wandlung von abgereichertem UF6 in Rekonversionsanlagen gebildet, die sich
außerhalb Deutschlands befinden. Die Hin- und Rücktransporte waren Thema
des Genehmigungsverfahrens. Uranoxid ist chemisch weniger reaktiv als das
abgereicherte UF6 und darum nach Angaben der Betreiber besser zur Langzeit-
lagerung von Uranverbindungen geeignet.

Seit einigen Jahren wird das abgereicherte UF6 jedoch in Länder der Euro-
päischen Union und die Russische Föderation exportiert, nach Angaben der
Urenco Deutschland entweder zurück zu den Kunden oder in andere Anreiche-
rungsanlagen. Was in Russland mit den Tails geschieht ist allerdings weitgehend
unklar. Zum Teil sollen sie dort (erneut) auf den natürlichen Isotopengehalt an-
gereichert werden. Dieses wieder angereicherte UF6 könnte dann (nach weiterer
Anreicherung analog zur UAA Gronau) zur Kernbrennstoff-Herstellung einge-
setzt werden.

Angeblich wird solches UF6 aus Russland zurück zur UAA in Gronau verbracht.
Ein Nachweis dafür – und damit für den vorgeblichen Verwertungsweg – fehlt
jedoch offensichtlich. In der tageszeitung vom 6. Dezember 2005 wird ein
Geschäftsführer von Urenco mit den Worten zitiert, „Es kann sein, dass wir auch
Natururan zurückbekommen. Wir liefern Behälter hin, und wir bekommen Be-
hälter zurück“. Demnach könnte Russland die aus Deutschland stammenden
Tails anstatt sie wieder anzureichern gegebenenfalls auch auf seinem Territo-
rium ablagern – so wie es die Umweltorganisation Ecodefense vermutet. Die
Substanz sei in Bezug auf das Handeln von Urenco in Wirklichkeit nichts ande-
res, als Atommüll, der illegal entsorgt werde, so deren Vorwurf.

Selbst bei Rückführung eines wieder angereicherten Teils soll die übergroße
Menge an abgereicherten UF6 in Russland verbleiben. Schließlich fällt bei der
Neu-Anreicherung auf den natürlichen Isotopengehalt – ähnlich wie in der UAA
in Gronau – erneut in großen Mengen (nunmehr doppelt) abgereichertes Mate-
rial an. Und dieses verbleibt nach Antwort der Bundesregierung auf Bundestags-
drucksache 14/6692 „wie bei Anreicherungsverträgen international üblich“
beim Anreicherer, in diesem Fall also bei den Unternehmen in der Russischen

Föderation. Es drängt sich die Frage auf, warum die Regelungen zum Verbleib

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5174

von im Rahmen einer Anreicherung abgereicherten UF6 nur für die Anreicherer
in Russland, nicht aber für die UAA Gronau in Deutschland gelten.

Die Verbringung der Tails nach Russland wird dadurch erleichtert oder gar erst
ermöglicht, dass abgereichertes UF6 als „Wertstoff“, und nicht als Atommüll be-
trachtet wird. So auch durch die Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache
14/6692. Eine Wiederanreicherung würde erfolgen, wenn sie z. B. aufgrund
eines geringen Uranangebots und freier Anreicherungskapazitäten wirtschaft-
lich wäre, so die Antwort auf Frage 10 der PDS-Fraktion. Nach Untersuchungen
von Peter Diehl (2007) vom WISE Uranium Projekt habe Urenco in der UAA
Gronau allerdings in den letzten Jahren bei der Anreicherung die Ausbeute von
U-235 je UF6-Einheit erhöht, was die Firma selbst bestätige. Im Umkehrschluss
sei der Restgehalt von U-235 in den Tails gesunken. Stimmen die Angaben,
wäre die Anreicherung auf ein natürliches Isotopenniveau wirtschaftlich deut-
lich unattraktiver geworden. Da es auch sonst (außer zur umstrittenen Herstel-
lung panzerbrechender Munition) keine Verwendungsmöglichkeit für abgerei-
chertes UF6 gibt, würde der Abfallcharakter des abgereicherten UF6 immer
offensichtlicher. Es stellt sich die Frage, ob durch die vorgebliche oder tatsäch-
liche weitere An- und Abreicherung in Russland lediglich eine teure Atommüll-
entsorgung in der Bundesrepublik Deutschland und in Verantwortung der
Urenco Deutschland umgangen werden soll.

Nach Berichten des General Anzeiger Lüchow Dannenberg vom 25. März 2007
exportiert Deutschland seit 1996 abgereichertes Uranhexafluorid UF6 nach
Russland – „angeblich zur Urananreicherung, faktisch aber zur Entsorgung“.
Das bemerken in der Zeitung die russischen Experten Andrey Ozharovsky und
Vladimir Slivyak von der Umweltorganisation Ecodefense. Über 20 000 Tonnen
seien auf diesem Wege aus Deutschland „verschwunden“ und lagerten seitdem
teilweise in korrodierten Stahlgebinden unter freiem Himmel in Russland. Nach
einem Bericht der tageszeitung vom 18. April 2007 wird der Abfall dort an vier
Standorten gelagert, unter anderem bei Tomsk und bei Irkutsk am Baikalsee.

Im General Anzeiger Lüchow Dannenberg vom 25. März 2007 wird weiter be-
richtet, dass der deutschen Urananreicherungsanlage in Gronau bei dieser Praxis
nach Ansicht von Ecodefense ein russisches Gesetz zugute käme: Sobald Atom-
müll die russische Landesgrenze passiere, gehe der Atommüll in russischen Be-
sitz über. Ecodefense habe im November 2006 bei der Staatsanwaltschaft Müns-
ter Strafanzeige gegen die Urenco Deutschland GmbH (Betreiberin der UAA
Gronau) wegen des Verdachts auf illegalen Atommüllexport von Gronau nach
Russland erstattetet.

In der Ausgabe wird auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zitiert. Da-
nach behandele das BfS den Export von abgereichertem UF6 aus Gronau nach
Russland als „nicht genehmigungspflichtig“, da nach geltender Rechtsauffas-
sung abgereichertes Uran – im Gegensatz z. B. zu abgebrannten Brennelemen-
ten – grundsätzlich kein in AKWs verwendbarer Kernbrennstoff sei. Die
Urenco-Gruppe selbst bezeichne nach diesem Artikel die Exporte als sinnvolles
und notwendiges „Recycling“ eines „Wertstoffes“, der diesen der Weiterver-
wendung in Reaktoren zuführen solle. Von einem Kreislauf könne jedoch laut
Ecodefense angesichts des äußerst geringen Anteils wiederangereicherten Urans
kaum gesprochen werden. Ferner habe Urenco die tatsächliche Rückführung des
exportierten Materials bisher nie belegen können. Was mit dem in Russland ver-
bleibenden Material geschehe, sei unklar. Eine Rücknahmeverpflichtung der
Urenco Deutschland gebe es nicht, gibt das Blatt die Auffassung der russischen
Umweltschützer wieder.

Der Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau zieht in einem Schreiben an die Staats-
anwaltschaft Münster vom 13. Februar 2007 in Analyse bisheriger Antworten

der Bundesregierung sowie von Dokumenten aus Genehmigungsverfahren den
Schluss, dass Transporte von abgereichertem UF6 „maximal nur vertragsgemäß

Drucksache 16/5174 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

an Kunden“ zulässig seien. Transporte zur Neuanreicherung in Russland (oder
anderswo) hätten bislang keinerlei Erwähnung gefunden und seien folglich offi-
ziell weder geplant noch genehmigt worden.

Die für den Transport von natürlichem und abgereichertem UF6 verwendeten
48Y-Behälter erfüllten mindestens bis zum Jahr 2001 nicht die Richtlinien der
International Atomic Energy Agency (IAEA). In einem Feuertest konnte nicht
ausgeschlossen werden, dass die 48Y-Behälter bei einem Brand (800 °C, 30
min) bersten (vergleiche Bundestagsdrucksache 14/6692). Ab 1. Januar 2002
sind diesbezüglich neue IAEA-Richtlinien in Kraft. Seit dem unterliegen Behäl-
ter, die UF6 transportieren, einer Zulassungspflicht, wobei im Zulassungsverfah-
ren unter anderem die Integrität bei einem Brand (800 °C, 30 min.) nachzuwei-
sen ist. Die Bundesregierung wies in der Antwort auf die damalige Anfrage der
PDS-Fraktion darauf hin, dass an der Gewährleistung der Brandsicherheit der
48Y-Behälter im internationalen Rahmen gearbeitet werde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch ist der Anteil der einzelnen Uranförderländer/Minen derzeit an
der Uranversorgung der Bundesrepublik Deutschland?

2. Wie viel und welche aus Natururan zur Kernbrennstoffversorgung herge-
stellte Zwischenprodukte wurden seit 2000 in die Bundesrepublik Deutsch-
land importiert (bitte aufschlüsseln entsprechend der Tabelle Antwort auf
Frage 2 in der Bundestagsdrucksache 14/6692)?

3. In welche Länder (Ort und Anlage) wurde seit 2000 aus Deutschland abge-
reichertes UF6 mit welchem Abreicherungsgrad exportiert, und um welche
Mengen handelt es sich (bitte aufschlüsseln entsprechend der Antwort auf
Frage 7 in der Bundestagsdrucksache 14/6692)?

4. War die Urenco Deutschland der einzige Exporteur (wenn nein, bitte
Frage 3 zusätzlich aufschlüsseln nach Exporteuren)?

5. Welche Mengen des aus abgereichertem UF6 wieder auf den natürlichen
Uran-235-Gehalt angereicherten Materials wurden aus welchen Ländern
seit 2000 importiert (bitte aufschlüsseln entsprechend der Antwort auf Frage
9 in der Bundestagsdrucksache 14/6692)?

6. War die Urenco Deutschland der einzige Importeur (wenn nein, bitte
Frage 3 zusätzlich aufschlüsseln nach Importeuren)?

7. Warum soll das abgereicherte UF6 im Falle einer Anreicherung in Russland
beim Anreicherer verbleiben, wie es die Antwort der Bundesregierung in
der Bundestagsdrucksache 14/6692 nahelegt, nicht aber im Falle einer
Anreicherung in der UAA im westfälischen Gronau?

8. Verbleibt das bei der Wiederanreicherung der Tails auf ein natürliches
Isotopenniveau anfallende doppelt abgereichertes Material grundsätzlich in
diesen Ländern, wenn ja, auf welcher gesetzlichen oder vertraglichen
Grundlage?

9. Welche Menge an abgereichertem UF6 fällt an, wenn eine Tonne UF6 mit
natürlichem Isotopenniveau auf Kernbrennstoffniveau angereichert wird?

10. Welche Menge an doppelt abgereicherten UF6 fällt an, wenn eine Tonne der
Tails auf ein natürliches Isotopenniveau neu angereichert wird?

11. Ist der Transport von abgereichertem UF6 im Zuge der Anlagengenehmi-
gung genehmigungspflichtig, und war er Gegenstand des Genehmigungs-
verfahrens im Zuge der Erweiterung der Gronauer UAA, wenn ja, wurde der

Transport nach Russland genehmigt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/5174

12. Teilt die Bundesregierung den Schluss des Arbeitskreises Umwelt (AKU)
Gronau, nach dem Transporte von abgereichertem Uran nur an Kunden zu-
lässig seien und Transporte zur Neuanreicherung in Russland (oder anders-
wo) offiziell weder geplant noch genehmigt worden seien, wenn nein, war-
um nicht?

13. Sieht die Bundesregierung die Abnehmer der Tails in Russland in ihrer Ver-
tragsbeziehung zu Urenco Deutschland als Kunden?

14. Gibt es eine Rücknahmeverpflichtung der Urenco Deutschland für in Russ-
land erneut angereichertes UF6, welches ursprünglich in Gronau im Zuge
der Anreicherung von UF6 als Nebenprodukt in Form von abgereichertem
UF6 anfiel?

15. Kann die Bundesregierung die Angaben der russischen Experten Andrey
Ozharovsky und Vladimir Slivyak von der Umweltorganisation Ecodefense
bestätigen, nach denen von dem abgereicherten UF6, welches nach Russland
ging, seit 1996 über 20 000 Tonnen, „verschwunden“ seien und seitdem in
korrodierten Stahlgebinden unter freiem Himmel in Russland lagerten?

16. Welche Auffassung hat die Bundesregierung zu den Vorwürfen von Eco-
defense an die Urenco Deutschland, nach denen die Firma auf dem in den
Vorbemerkungen dargestellten Weg in Russland illegal Atommüll entsorgen
würde?

17. Teilt die Bundesregierung die Rechtsauffassung des Bundesamtes für Strah-
lenschutz (BfS), nach der der Export von abgereichertem UF6 aus Gronau
nach Russland „nicht genehmigungspflichtig“ nach § 4 des Atomgesetzes
sei, da abgereichertes Uran grundsätzlich kein in AKWs verwendbarer
Kernbrennstoff wäre?

18. Falls die Bundesregierung die Auffassung des BfS teilt: Sieht sie ein Sicher-
heitsproblem in der Tatsache, dass auch abgereichertes UF6 grundsätzlich
zur Verwendung als Kernbrennstoff bzw. atomwaffenfähiges Material ange-
reichert werden kann, jedoch nicht den strengen Regime des Atomgesetzes
unterliegt?

19. Wie sind die Begriffe „Kernbrennstoff“ und „atomare Abfälle“ im Hinblick
der Genehmigung und Kontrolle von Transport und Lagerungen nach Auf-
fassung der Bundesregierung definiert?

20. Wann (ab welchem Anreicherungsgrad bzw. in welchen -verbindungen)
geht in der Europäischen Union Uran oder Uranverbindungen als Kern-
brennstoff in das Eigentum von Euratom über, wann werden entsprechend
Uranverbindungen beziehungsweise die aus deren Verarbeitung stammen-
den Abfälle wieder aus dem Eigentum und der damit verbundenen Kon-
trolle der Euratomversorgungsagentur entlassen, und was passiert dies-
bezüglich beim Überschreiten der EU-Außengrenzen?

21. In welchem Eigentum (Euratom, Urenco, Kunden) befindet sich prinzipiell
das von der UAA in Gronau bezogene UF6 mit natürlichem Isotopengehalt,
das dort angereicherte UF6 sowie das dabei anfallende abgereicherte UF6,
und wann oder an welcher Stelle findet jeweils ein Eigentumsübergang
statt?

22. Wie steht die Bundesregierung angesichts des offensichtlich immer weiter
abnehmenden U-335-Anteils in den Tails zur Aussage der Urenco-Gruppe,
nach der die Exporte von abgereichertem UF6 Teil eines sinnvollen und
notwendigen „Recycling“ eines „Wertstoffes“ seien, welches diesen der
Weiterverwendung in Reaktoren zuführen solle?

Drucksache 16/5174 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

23. Hat die Bundesregierung Kenntnis über Verwertungsnachweise russischer
Firmen bezüglich aus Deutschland importierten abgereicherten UF6, und
sind solche Nachweise notwendig, um die in der UAA anfallenden Tails als
Wertstoff zu klassifizieren?

24. Sieht die Bundesregierung abgereichertes UF6 als Atommüll, als Wertstoff
oder als gefährlichen Abfall an, und wie begründet sie dies angesichts der
extremen chemischen Reaktivität, der Giftigkeit und der radioaktiven Strah-
lung des Stoffes auf der einen Seite und des offensichtlich sehr geringen
Anteils abgereicherte UF6, welcher tatsächlich einer erneuten Anreicherung
zugeführt wird?

25. Welche Konsequenzen ergeben bzw. ergäben sich aus der Eingruppierung
von abgereichertem UF6 als Atommüll, als Wertstoff oder als gefährlichen
Abfall jeweils im Hinblick auf die Verbringung des Stoffes ins Ausland und
damit verbundener staatlicher Kontrollmechanismen?

26. Welche Verwendungsmöglichkeiten sieht die Bundesregierung für abgerei-
chertes UF6, und welche für doppelt abgereichertes UF6?

27. Nach welchen Gesetzen werden der Transport und die Ausfuhr von abgerei-
chertem UF6 im Hinblick auf sein Gefahrenpotential geregelt?

28. Welche Transporte von UF6 wurden seit Beginn des Jahres 2000 weltweit
grenzüberschreitend und innerhalb Deutschlands durchgeführt (bitte die
Einzeltransporte aufgeschlüsselt auflisten entsprechend den Spalten der
Anlagen 1 und 2 in der Antwort zu Frage 3 der Bundestagsdruck-
sache 14/6692), und welche Beförderer führten sie durch?

29. Welche Behältertypen werden in der Bundesrepublik Deutschland gegen-
wärtig an welchem Ort für die Lagerung von UF6 eingesetzt?

30. Welche Konsequenzen hatte der im Jahr 2001 nicht bestandene Feuertest für
die Verwendung von 48Y-Behältern?

31. Wurden die gegenwärtig verwendeten Behältertypen einem Feuertest
(800 °C, 30 min.) unterzogen, wenn ja, mit welchem Ergebnis?

32. Wie viel Tonnen nicht angereichertes und wie viel Tonnen abgereichertes
UF6 lagern in Deutschland und wo (bitte aufschlüsseln nach Jahren seit
2000)?

33. Wie viel Tonnen aus abgereichertem UF6 hergestellten Uranoxids lagern in
Deutschland und wo (bitte aufschlüsseln nach Jahren seit 2000), und sind
die mit der Rekonversion von UF6 in Uranoxid verbundenen Transporte
Gegenstand des Genehmigungsverfahrens der UAA in Gronau?

34. Wo findet derzeit die Umwandlung von in Deutschland abgereichertem UF6
in Uranoxid statt?

35. Wie viel Tonnen abgereichertes UF6 sind seit dem Jahr 2000 mit dem Ziel
exportiert worden, daraus Uranoxid herzustellen, und wie viel davon kamen
seit dem als Uranoxid wieder nach Deutschland zurück?

36. Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung vor dem Hintergrund
der problematischen Langzeitlagerung hinsichtlich der in der Bundes-
republik Deutschland existierenden UF6-Lager zu ziehen?

37. Welche Uranmengen in welcher Zusammensetzung waren bei der Still-
legung der Atomanlagen in Hanau vorhanden, und wo sind sie verblieben?

Berlin, den 24. April 2007
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.