BT-Drucksache 16/5133

Rein-Biokraftstoffe von Besteuerung bis 2009 befreien und den Bericht zur Steuerbegünstigung für Biokraft- und Bioheizstoffe umgehend vorlegen

Vom 25. April 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5133
16. Wahlperiode 25. 04. 2007

Antrag
der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Hermann Otto Solms,
Hans-Michael Goldmann, Dr. Edmund Peter Geisen, Jens Ackermann, Christian
Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike
Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Miriam Gruß, Joachim Günther
(Plauen), Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Michael Kauch, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan
Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Rein-Biokraftstoffe von Besteuerung bis 2009 befreien und den Bericht zur
Steuerbegünstigung für Biokraft- und Bioheizstoffe umgehend vorlegen

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Förderung von Biokraftstoffen vorzu-
legen;

– die Rein-Biokraftstoffe aus Gründen des Vertrauensschutzes bis 2009 von der
im Energiesteuergesetz eingeführten Besteuerung zu befreien. Für die Zeit
danach kann eine proportionale Besteuerung eingeführt werden, die in einem
festen Prozentsatz vom Marktpreis besteht, und

– den Bericht zur Steuerbegünstigung für Biokraft- und Bioheizstoffe (Bio-
kraftstoffbericht) umgehend und noch vor der parlamentarischen Sommer-
pause vorzulegen.

Berlin, den 24. April 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion
Begründung

Nach Angaben des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffenergie (VDB) hat die
Biokraftstoffindustrie in der gesamten Verarbeitungskette 150 000 Arbeitsplätze
in Deutschland geschaffen. Laut VDB kann mit der deutschen Biodieselkapa-

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zität von 4,8 Mio. Jahrestonnen bereits heute der CO2-Ausstoß um 10 Mio. t
jährlich reduziert werden. Den seit Jahresbeginn festgestellten Einbruch bei der
Biodieselproduktion um 30 bis 40 Prozent führt der VDB auf die gesetzlichen
Änderungen im vergangenen Jahr zurück. Diese Kritik bezieht sich auf das
Gesetz zur Neuregelung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Än-
derung des Stromsteuergesetzes (Energiesteuergesetz) und das Gesetz zur Ein-
führung einer Biokraftstoffquote (Biokraftstoffquotengesetz). Beide Gesetze
wurden im vergangenen Jahr verabschiedet. Mit dem Inkrafttreten des Energie-
steuergesetzes wird Rein-Biodiesel als Kraftstoff seit dem 1. August 2006 mit
9 Cent je Liter besteuert. Im Jahr 2012 wird die Besteuerung von Biodiesel bis
dahin jährlich steigend 45 Cent je Liter betragen. Das Gleiche gilt für Pflanzenöl.
Mit dem zum 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Biokraftstoffquotengesetz er-
folgte ein weitgehender Ersatz der Steuerbegünstigung der Biokraftstoffe durch
eine unternehmensbezogene Quotenpflicht. Beide Gesetze werden von der Bio-
diesel- und Pflanzenölbranche wegen negativer Auswirkungen auf deren Unter-
nehmen kritisiert. In diesem Zusammenhang verweist die Arbeitsgemeinschaft
Qualitätsmanagement Biodiesel (AG QM) darauf, dass der Verkauf von Biodie-
sel an öffentlichen Tankstellen im vergangenen Jahr gegenüber 2005 um
8,5 Prozent auf 476 000 t zurückgegangen sei (Agra-Europe 6-07, 5. Februar
2007). Der Bundesverband Biogene und Regenerative Kraft- und Treibstoffe
e. V. (BBK) befürchtet, dass 25 Prozent der deutschen Biodiesel-Produktions-
kapazitäten bereits stillgelegt bzw. heruntergefahren worden und erste Betriebs-
schließungen die Folge seien (BBK-Pressemitteilung vom 20. Februar 2007).

In der Antwort der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 16/4712) auf eine
Kleine Anfrage der Fraktion der FDP „Auswirkungen des Energiesteuer- und
des Biokraftstoffquotengesetzes auf die Biodieselbranche“ (Bundestagsdruck-
sache 16/4475) sieht sich die Bundesregierung wegen angeblich fehlender
Daten nicht zu einer fundierten Bewertung der wirtschaftlichen Situation der
Biokraftstoffbranche in der Lage. Im Gegensatz dazu stellt die „Frankfurter All-
gemeine Zeitung“ (FAZ) in einem Bericht vom 20. März 2007 fest, dass es zu
drastischen Kurseinbrüchen für Aktien von Biodiesel- und Bioethanolherstel-
lern im Nachgang zu der Mitte 2006 eingeführten Steuer auf Biodiesel von
9 Cent je Liter gekommen sei. Bestätigt wird der FAZ-Bericht durch Berechnun-
gen der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP). Aus dem
UFOP-Bericht geht zudem hervor, dass sich der Wettbewerbsnachteil für die
Biodieselhersteller von Januar bis Februar des Jahres 2007 im Mittel auf 8 Cent
je Liter erhöht habe. Die Unterkompensation für die Hersteller betrug laut
UFOP-Angaben von August bis Dezember vergangenen Jahres 5 Cent je Liter
und sei einhergehend mit den weiter sinkenden Dieselpreisen zum Jahresauftakt
2007 auf 8 Cent je Liter gesunken (Agra-Europe vom 26. März 2007). Diese
Zahlen entsprechen den Bewertungen des BBK, der ebenfalls auf die dramati-
schen Auswirkungen dieser „Sondersteuer“ im Energiesteuergesetz für die
Rein-Biokraftstoffe hinweist (BBK-Pressemitteilung vom 27. März 2007).
Schließlich befürchtet der Deutsche Bauernverband e. V. (DBV), dass Deutsch-
land Gefahr laufe, eine in den vergangenen Jahren mit viel Engagement und
Eigenmitteln aufgebaute Distributionsstruktur im Handel sowie die zurzeit noch
ca. 1 900 öffentlichen Tankstellen zu verlieren. In diesem Zusammenhang stellt
der DBV in einer Entschließung des Präsidiums vom 6. März 2007 fest, dass das
am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Biokraftstoffquotengesetz mit der vorge-
schriebenen Beimischung von Biodiesel in Dieselkraftstoff insbesondere für die
kleineren und mittleren Hersteller keine Absatzalternative sei. Nur etwa die
Hälfte der bestehenden Biodieselproduktionskapazität stehe dieser Verkaufs-
alternative offen, da Zumischungen von mehr als 5 Prozent gegenwärtig von der
Mineralölwirtschaft und der Automobilindustrie abgelehnt werden.
Nur durch die Umsetzung eines schlüssigen Gesamtkonzeptes sind eine effi-
ziente Förderung der Markteinführung und breite Nutzung von Biomasse im

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Rahmen einer Strategie „weg von den fossilen Kraftstoffen“ in Deutschland zu
erzielen und die Abhängigkeit der Energiewirtschaft vom Import fossiler Ener-
gieträger zu mindern. Die aktuellen Trends belegen, dass die ehemals positive
Entwicklung der mittelständisch geprägten Biodieselbranche in Deutschland
maßgeblich auf die geltende Steuerbefreiung zurückzuführen war. Die damit
verbundene Sicherung und Schaffung von langfristig zukunftsfähigen Arbeits-
plätzen in der mittelständischen Wirtschaft sowie der sehr erfolgreiche Export
dieser Technologien müssen auch zukünftig wieder durch die Wiedereinführung
der Steuerbefreiung von Rein-Biokraftstoffen bis 2009 gewährleistet werden.

Die Besteuerung von Biodiesel nach einer vorab festgelegten Staffelung ist nicht
marktgerecht. Denn im Gegensatz zu den Annahmen der Bundesregierung sind
die Ölpreise nach Einführung der Steuer auf Biokraftstoffe nicht stetig gestie-
gen, sondern tatsächlich gesunken. Parallel zu den sinkenden Mineralölpreisen
sind gleichzeitig die Preise für Pflanzenöle gestiegen, so dass die Biokraftstoffe
wegen der starren Besteuerung ihren Preisvorteil gegenüber fossilem Diesel ein-
gebüßt haben. Dieser Konstruktionsfehler im Energiesteuergesetz muss drin-
gend behoben werden, um weiteren Schaden von der heimischen Biokraftstoff-
branche abzuwenden und die Wettbewerbsfähigkeit reiner Biokraftstoffe zu
sichern. Dazu müssen die Rein-Biokraftstoffe aus Gründen des Vertrauensschut-
zes bis 2009 von der im Energiesteuergesetz eingeführten Besteuerung wieder
befreit werden. Für die Zeit danach kann ab 2010 eine proportionale Besteue-
rung eingeführt werden, die in einem festen Prozentsatz vom Marktpreis besteht.

Daher ist es zwingend erforderlich, dass die Vorlage des Biokraftstoffberichtes
der Bundesregierung umgehend und noch vor der parlamentarischen Sommer-
pause erfolgt. Ansonsten verliert die Bundesregierung weitere Zeit zur über-
fälligen Korrektur des Energiesteuergesetzes, das sich wegen der dort festge-
schriebenen Steuersätze für Biokraftstoffe immer negativer auf die Entwicklung
der ganzen Biokraftstoffbranche mit verheerenden volkswirtschaftlichen und
klimapolitischen Konsequenzen auswirkt.

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