BT-Drucksache 16/4654

Stand der Verlagerung des Heimrechts an die Länder

Vom 9. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4654
16. Wahlperiode 09. 03. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Britta Haßelmann, Elisabeth Scharfenberg, Markus Kurth,
Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, Grietje Bettin, Ekin Deligöz, Kai Gehring,
Katrin Göring-Eckardt, Priska Hinz (Herborn), Krista Sager und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand der Verlagerung des Heimrechts an die Länder

Mit der Föderalismusreform (Bundestagsdrucksache 16/813) wurde unter Punkt 7
beschlossen, „das Heimrecht“ in die Gesetzgebungskompetenz der Länder zu
überführen. Nach der Grundgesetzänderung lautet der neue Artikel 74, Abs. 1,
Nr. 7 des Grundgesetzes (GG) nunmehr: „die öffentliche Fürsorge (ohne das Heim-
recht)“.

Allerdings bleibt die Bundeszuständigkeit noch so lange erhalten, bis ent-
sprechende Regelungen in den Ländern existieren.

In der öffentlichen Anhörung zur Föderalismusreform, in der auch das Heim-
recht behandelt wurde, wiesen Expertinnen und Experten darauf hin, dass eine
Verlagerung des „Heimrechts“ an die Länder nicht ohne weiteres möglich sei.
Denn das bisher bundeseinheitlich geregelte Heimgesetz enthält eine Vielzahl
an Regelungen aus verschiedenen Rechtsmaterien. So lassen sich Regelungen,
die dem Privatrecht zuzuordnen sind, nicht aus der Bundeskompetenz heraus-
lösen. Dies betrifft insbesondere Bestimmungen und Ausführungen zum Ver-
tragsrecht, die für die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Heim und Be-
wohnerinnen und Bewohnern zentral ist. Darüber hinaus fallen verschiedene
Einzelregelungen, die über das Heimgesetz hinausgehen, unter den Gesamt-
komplex „Heimrecht“. Wie ein Experte in der Anhörung deutlich machte, gebe
es keine exakte Rechtsdefinition des Begriffs „Heimrecht“, weswegen die Ab-
grenzung entsprechend undeutlich sei.

In den Fragestunden des Deutschen Bundestages vom 8. März 2006 und
15. März 2006 sowie in einer Kleinen Anfrage vom 7. April 2006 (Bundestags-
drucksache 16/1214) wurden Nachfragen nach dem Reformbedarf des Heim-
gesetzes und nach Möglichkeiten der Entbürokratisierung damit beantwortet,
dass die Belange der Heime nicht mehr in die Zuständigkeiten des Bundes fallen,
sobald die Verlagerung im Zuge der Föderalismusreform beschlossen würde
(Bundestagsdrucksache 16/1298).

Erst auf Nachfrage räumte der zuständige Parlamentarische Staatssekretär

Dr. Hermann Kues in der Fragestunde vom 18. Oktober 2006 ein, dass das
Heimrecht lediglich aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 7 GG herausgenommen worden
sei, also aus dem Bereich der öffentlichen Fürsorge und damit nicht vollständig
auf die Länder übertragen worden sei (Plenarprotokoll 16/56, S. 5434 B).

Drucksache 16/4654 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Entgegen vorheriger Äußerungen der Bundesregierung wurde hier bestätigt,
dass Teile des Heimrechts im Kompetenzbereich des Bundes verbleiben und
derzeit an einer Klärung der Zuständigkeiten gearbeitet würde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Vorhaben auf Länder-
ebene, eigene Bestimmungen zum Heimrecht zu erlassen?

2. Wie oft tagte bereits die in der Fragestunde vom 18. Oktober 2006 vom Par-
lamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend, Dr. Hermann Kues, erwähnte Bund-Länder-Ar-
beitsgruppe zur Neugestaltung des Heimrechts?

Welche Ergebnisse wurden dabei bisher erzielt?

3. Auf welche Art und Weise gedenkt die Bundesregierung eine klare Kompe-
tenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern in Bezug auf Fragen des
Heimrechts herzustellen, und wie begründet die Bundesregierung dies?

4. Sieht die Bundesregierung aufgrund der unklaren Abgrenzung der Kompe-
tenzen von Bund und Ländern in Bezug auf das Heimrecht Gefährdungs-
potenziale für die Wahrung von Bestimmungen des Verbraucherschutzes,
der Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie der Qualitäts-
sicherung in Heimen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche Gegenmaßnahmen plant die Bundesregierung, und wie be-
gründet sie diese?

5. Welche Abgrenzungsprobleme sieht die Bundesregierung zwischen dem
Vertragsrecht einerseits, das in Bundeskompetenz verbleibt, und dem
Ordnungsrecht andererseits, das in Landeskompetenz fällt in Bezug auf die
Ausgestaltung der Heimverträge?

Wie gedenkt die Bundesregierung diese Abgrenzungsprobleme zu lösen?

6. Welche Reformen plant die Bundesregierung in Bezug auf die Bereiche des
Heimrechts, die in Bundeskompetenz verbleiben?

Sind hier Überlegungen vorgesehen, sich vom bisherigen Konzept des
Heimgesetzes zu lösen und beispielsweise in Richtung eines Einrichtungen-
und Dienstegesetzes zu gehen?

7. Welche Gesetzesregelung kann nach Meinung der Bundesregierung am bes-
ten die problematische Abgrenzung zwischen stationären und ambulanten
Einrichtungen und Diensten sowie Heimen und Nichtheimen aufheben?

Werden diese Ansätze bei einer Neukonzeption berücksichtigt?

Wenn ja, in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

8. Welche Rolle soll das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend oder auch ein anderes Ressort (wenn ja, bitte benennen) in Zukunft
in Fragen des Heimrechts spielen?

Sind hier Koordinierungs- oder andere Aufgaben vorgesehen, und wenn ja,
welche?

Berlin, den 9. März 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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