BT-Drucksache 16/4611

Einheitlicher europäischer Zahlungsverkehrsraum - Einfach, schnell und günstig für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen

Vom 7. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4611
16. Wahlperiode 07. 03. 2007

Antrag
der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Birgitt Bender, Dr. Thea Dückert, Anja
Hajduk, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Elisabeth Scharfenberg, Christine Scheel,
Margareta Wolf (Frankfurt) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einheitlicher europäischer Zahlungsverkehrsraum – Einfach, schnell und günstig
für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Ein einheitlicher europäischer Zahlungsverkehrsraum ist ein wesentlicher Bestand-
teil eines funktionierenden EU-Binnenmarktes. Grenzüberschreitende Zahlungs-
ströme sind mit einem Anteil von rund 2 Prozent immer noch sehr gering. Verant-
wortlich hierfür sind noch immer künstliche Barrieren, die vor allem durch techni-
sche, aber auch kulturell gewachsene Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaa-
ten erklärt werden können.

Die EU-Kommission hat deshalb Ende 2005 einen Entwurf für eine EU-Zahlungs-
verkehrsrichtlinie (Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt) vorgelegt. Mit
dieser Richtlinie sollen einheitliche Bedingungen für grenzüberschreitende Zah-
lungsströme definiert werden. Gleichzeitig hat sich die europäische Kreditwirtschaft
grundsätzlich auf einheitliche Standards für Überweisungen, Kartenzahlungen und
Lastschriften Ende 2006 verständigt. Dieses gemeinsame Ziel, nämlich die Errich-
tung eines einen einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraumes (Single Euro
Payments Area – SEPA) soll 2008 starten und bis Ende 2011 die nationalen Zah-
lungsverkehrsinstrumente vereinheitlichen.

Die Verhandlungen gestalten sich schwierig. Nationale Besonderheiten sowie Son-
derwünsche der Kreditwirtschaft erschweren die Einigung zwischen EU-Kommis-
sion, EU-Parlament und EU-Mitgliedstaaten. Für den 27. März 2007 ist die Ent-
scheidung der EU-Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union in der Zusam-
mensetzung „Wirtschaft und Finanzen“ (ECOFIN) geplant. Im April 2007 soll das
EU-Parlament abschließen.

Da die Bedingungen für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr die Verbrau-
cherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen in der Europäischen Union unmit-
telbar betreffen, ist es umso wichtiger, dass sich die deutsche EU-Ratspräsident-
schaft ganz besonders für die Durchsetzung möglichst verbraucher- und unterneh-
mensfreundlicher Bedingungen einsetzt, ohne die notwendigen Erfordernisse für die

Kreditwirtschaft zu vernachlässigen, die letztlich für den Aufbau und die Funktions-
fähigkeit verantwortlich ist.

Die grenzüberschreitenden Zahlungsströme müssen sich für Verbraucherinnen und
Verbraucher sowie Unternehmen mindestens so einfach, schnell und günstig gestal-
ten wie die Zahlungsströme, die innerhalb eines Landes fließen. Durch diese Stan-
dardsetzung wird ein EU-weiter Markt für Finanzdienstleistungen mit einem fairen
Wettbewerb erst möglich. Die Preise für Zahlungsverkehrsdienstleistungen dürfen

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durch die Einführung einer SEPA aber keinesfalls steigen, denn der Abbau der
künstlichen Barrieren und die Ausweitung des Finanzdienstleistungsmarktes inner-
halb der EU ermöglichen allen Beteiligten Effizienzgewinne, welche die Kosten für
den Aufbau und die Funktionsfähigkeit des einheitlichen europäischen Zahlungsver-
kehrsraumes weit übertreffen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

im Rahmen der Beratungen der EU-Zahlungsverkehrsrichtlinie im ECOFIN fol-
gende Forderungen einzubringen:

1. Der Anwendungsbereich der Richtlinie soll zunächst nur für alle EU-Mitgliedstaa-
ten gelten. Langfristig muss die Perspektive, die Bedingungen auch auf die Zah-
lungsströme zwischen der EU und Drittstaaten anzuwenden, angestrebt werden.

2. Die Kundengelder müssen hinreichend abgesichert sein. Zahlungsinstitute, die
keine Banken sind und deshalb die Regelungen zur Unterlegung von Eigenkapi-
tal (Basel II) nicht anwenden, sollen dennoch entsprechende Vorsorge treffen
müssen. Im Interesse des Schutzes der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie
der Unternehmen, die grenzüberschreitende Zahlungen vornehmen, müssen an-
gemessene Eigenkapitalanforderungen auch für diejenigen Zahlungsinstitute gel-
ten, die keine Banken sind.

3. Es darf grundsätzlich nicht zu Kreditgeschäften außerhalb der für diese Ge-
schäftstätigkeit zugelassenen Banken kommen. Deshalb dürfen Kredite im Rah-
men von Zahlungsverkehrsinstrumenten nur zulässig sein, wenn sie mit einer be-
stimmten Zahlungstransaktion in enger Verbindung stehen. Dies ist zum Beispiel
bei einem Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung über eine Kreditkarte
der Fall, wenn dabei vom Kreditkartenbetreiber ein bestimmtes Zahlungsziel ein-
geräumt wird. Das Zahlungsziel darf nicht länger als 6 Monate sein, der Karten-
kredit muss somit spätestens nach 6 Monaten zurückgezahlt werden.

4. Die Ausführungszeit, innerhalb der die Zahlung vom Ausgangskonto abgebucht
und auf dem Empfängerkonto gutgeschrieben wird, darf nicht länger als 2 Tage
betragen. Dies bedeutet, dass die Zahlung am übernächsten Bankarbeitstag auf
dem Empfängerkonto eintreffen muss.

5. Die Haftung dafür, dass die Zahlung innerhalb der vorgegebenen Zeit auf dem
Empfängerkonto richtig ankommt, muss sich für die ausführenden Zahlungsins-
titute bis zum Eingang auf dem Empfängerkonto erstrecken.

6. Allen Verbraucherinnen und Verbrauchern in der EU sollte das Recht auf ein Gi-
rokonto auf Guthabenbasis eingeräumt werden. Denn nur wenn alle Bürgerinnen
und Bürger auch ein Recht auf ein solches Konto haben, kann der Zugang zum
einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum gesichert werden.

7. Aktuell hält SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommuni-
cations) das faktische Monopol bei innereuropäischen Zahlungsvorgängen. Die
belgische Datenschutzkommission und das Europäische Parlament haben festge-
stellt, dass SWIFT mit der Weitergabe von Überweisungsdaten an die US-Behör-
den gegen belgische und europäische Datenschutzbestimmungen verstoßen hat.
Solange keine ausreichenden datenschutzrechtlichen Vereinbarungen zwischen
der EU und den USA abgeschlossen sind, soll die Bundesregierung bei der Ein-
führung des einheitlichen europäischen Zahlungsraumes dafür Sorge tragen, dass
das SWIFT-Monopol nicht weiter verfestigt wird.

Berlin, den 7. März 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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