BT-Drucksache 16/4409

Gerechtigkeit für die Opfer der SED-Diktatur

Vom 28. Februar 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4409
16. Wahlperiode 28. 02. 2007

Antrag
der Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Jens Ackermann,
Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther
(Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner
Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Michael Link (Heilbronn),
Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt
Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper,
Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele,
Christoph Waitz, Dr. Volker Wissing, Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Gerechtigkeit für die Opfer der SED-Diktatur

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit dem Ende der SED-Diktatur hat das vereinte Deutschland sich der Aufgabe
gestellt, 40 Jahre Unrecht, Verfolgung und Behördenwillkür aufzuarbeiten und
den Opfern des SED-Regimes späte Genugtuung zu geben. Es besteht Einigkeit
darüber, dass ihr Einsatz für Demokratie und Freiheit zu würdigen ist. Die bis-
herigen Regelungen zum Ausgleich des erlittenen Unrechts stellen sich jedoch
als unzureichend dar.

Gut 17 Jahre nach der friedlichen Revolution ist es an der Zeit, die bisherigen
Probleme bei der Bewältigung des vom SED-Regime geschaffenen Unrechts ei-
ner befriedigenden Lösung zuzuführen. Maßstab mögen die mahnenden Worte
des früheren Bundespräsidenten Johannes Rau sein, die er anlässlich der Ge-
denkveranstaltung zur 50. Wiederkehr des 17. Juni 1953 an alle politischen Ent-
scheidungsträger richtete: „50 Jahre danach müssen die Opfer Anerkennung
erfahren, die Opfer des 17. Juni und alle die, die in der DDR Unrecht erlitten ha-
ben. Manches geschieht dafür, dennoch begegne ich immer wieder Opfern des
DDR-Regimes, die nicht bekommen haben, worauf sie auch nach meinem Ein-
druck billigerweise einen Anspruch haben sollten. Da ist manches hinter dem

zurückgeblieben, was wir uns unter Gerechtigkeit vorstellen – so schwierig das
oft rechtlich zu regeln sein mag. Haben wir alle genug dafür getan, dass niemand
verbittert ist, weil er sich ein zweites Mal bestraft und dazu missachtet fühlt?“

Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Opfer der SED-Diktatur müssen
diesem Anspruch gerecht werden. Sie haben die herausragende Bedeutung des
Einsatzes der Betroffenen bei ihrem Widerstand gegen die zweite deutsche Dik-
tatur zu würdigen und die Bedeutung dieses Einsatzes für eine rechtsstaatliche,

Drucksache 16/4409 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
freiheitliche Demokratie herauszustellen. Der von diesen Menschen bewusst ge-
wagte Einsatz ihres Lebens und die Inkaufnahme erheblicher sozialer und beruf-
licher Nachteile für Freiheit und Demokratie müssen in angemessener Weise an-
erkannt werden. Es darf deshalb keine fiskalpolitisch motivierte Betrachtungs-
weise geben.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

in Umsetzung der Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und
SPD vom 11. November 2005 sowie in Umsetzung ihrer Absichtserklärung in
ihrer Antwort vom 18. Juli 2006 (Bundestagsdrucksache 16/2248) auf die
Kleine Anfrage der Fraktion der FDP vom 29. Juni 2006 (Bundestagsdruck-
sache 16/2124) einen Gesetzentwurf für ein Drittes SED-Unrechtsbereinigungs-
gesetz vorzulegen, das sich an folgenden Eckpunkten orientiert:

1. Einführung einer SED-Opferpension auf der Grundlage des Entwurfs eines
Dritten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht der Fraktion der FDP
vom 25. Juni 2003 (Bundestagsdrucksache 15/1235). Die Opferpension soll
500 Euro betragen. Sie soll den Opfern politischer Verfolgung ungeschmälert
verbleiben und ihnen unabhängig von wirtschaftlicher Bedürftigkeit zuste-
hen. Die monatliche Leistung ist unabhängig von anderen Ansprüchen und
nicht auf sie anrechenbar zu gewähren. Der Anspruch ist unpfändbar. Er ist
nicht übertragbar und nicht vererbbar;

2. Erhöhung der Mittel der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge um einen
Betrag, der es erlaubt, Opfergruppen, die bislang von der Inanspruchnahme
der Stiftung ausgenommen wurden oder nur schwer Zugang zu ihren Leistun-
gen gefunden haben, angemessen finanziell zu unterstützen;

3. Verlängerung der Antragsfristen nach dem Strafrechtlichen, Verwaltungs-
rechtlichen und dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz in Anlehnung an die
vorgenommene Verlängerung der Aufbewahrungsfrist für Lohnunterlagen
von DDR-Betrieben bis zum 31. Dezember 2011.

Berlin, den 28. Februar 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.